Читать книгу Familien Finanz Kompass - Jasmina Dreißel-Ottnad - Страница 11
ОглавлениеFinanzen sind Kopfsache
Fast immer, wenn ich mit anderen über Geld spreche, höre ich Sätze wie: „Ich kann nicht gut mit Geld umgehen.“, „Ich kann einfach nicht sparen“, „Ich bin zu blöd, um Finanzen zu verstehen.“, „Das ist mir alles zu kompliziert.“, „Ich kann nicht mehr als 30 Euro im Monat sparen. Das lohnt sich doch eh nicht.“, „Bei uns ist am Ende des Geldes immer noch ziemlich viel Monat übrig.“, „Wir haben Schulden, wie sollen wir dann noch sparen?“. Die Liste dieser typischen Sätze ist ziemlich lang.
Vielleicht findest du dich in einer dieser Phrasen wieder. Doch soll ich dir was verraten? Stabile Finanzen beginnen im Kopf. Es ist natürlich nicht so, dass du dir ab heute mantramäßig vor dem Spiegel stehend einredest: „Ich bin ein Finanzexperte und habe meine Finanzen im Griff.“ und sich ab morgen dann all deine großen und kleinen Finanzdesaster in Luft auflösen. Über dein Geld nachzudenken ist aber der erste wichtige Schritt, um deine Finanzen auf stabile Beine zu stellen, dir kurzfristig eine bessere Organisation zu erschaffen, mittelfristig Rücklagen zu bilden und langfristig Vermögen aufzubauen.
So, dass du bald schon sagen kannst: Wir können entspannt 10% bis 30% unseres Einkommens zur Seite legen, eine defekte Waschmaschine ist für uns kein Weltuntergang, wir können uns auch Urlaube und etwas Schönes gönnen und bauen nebenher Vermögen auf. Vielleicht liest du dieses Buch, weil du die ewigen Probleme mit dem Geld satthast. Weil du fühlst, dass da was nicht richtig läuft. Weil du jede Woche 40 Stunden mit Arbeit verbringst und am Ende des Monats doch nichts übrigbleibt, um davon etwas zurückzulegen. Vielleicht aber werdet ihr bald Eltern und macht euch Gedanken, wie das finanziell funktionieren wird, wenn euer Kind da ist. Vielleicht ist euer Kind gerade erst geboren und ihr spürt, dass es jetzt an der Zeit ist, anders mit eurem Geld umzugehen. Ihr wollt die Sache besser im Griff im Haben und überblicken. Vielleicht möchtest du dir einfach keine Sorgen mehr um Geld machen müssen. Du möchtest ein Notfallpolster schaffen und trotzdem Geld zum Leben haben. Hast aber keine Ahnung, wie du das angehst.
Wenn du Lust hast, deine Finanzen endlich klar geregelt zu bekommen und noch etwas auf die hohe Kante zu legen, dann bist du hier genau richtig. Dieses Buch ist dein Fahrplan zu finanzieller Sicherheit, wenn nicht sogar finanzieller Unabhängigkeit. Es liegt allein an dir. Deshalb machen wir nun einen kleinen Ausflug in die Welt der Geldgedanken.
Übrigens: Solltest du auf der Suche nach einem Zaubertrick sein, der dir plötzlichen Reichtum beschert oder solltest du nicht bereit sein, deine Struktur und dein Verhalten zu hinterfragen, dann ist dieses Buch eher nichts für dich.
Chronischer Fehler, den du jetzt streichen kannst
Mit dem Geld ist es oft so wie mit dem Körpergewicht. Stellt man fest, dass die Waage schlichtweg zu viel davon anzeigt, möchte man unbedingt sofort in den Abnehm-Modus wechseln, um möglichst schnell Gewicht zu verlieren. Du beginnst von heute auf morgen zu verzichten und ernährst dich nur noch auf niedrigem Niveau. Schließlich soll das Fett so schnell wie möglich weg. Was passiert? Dein Energielevel sinkt, das Gefühl des Mangels macht dich fertig, deine Lebensqualität ist im Eimer und spätestens nach ein paar Wochen gibst du entkräftet und voller Heißhunger auf. Mit Glück hast du 2 oder 3 Kilogramm verloren. Du wechselst wieder in deinen Normal-Modus und nach ein paar weiteren Wochen winkt dir der Speck wieder fröhlich von den Hüften zu.
Hat es was genützt? Nein. War es anstrengend? Ja.
Mit dem Geld ist es nicht anders. Im Normal-Modus leben viele „von der Hand in den Mund“. Knapp bei Kasse ist sozusagen Alltag. Läuft die Sache aus dem Ruder, muss sich schnellstmöglich etwas ändern. Von heute auf morgen streichst du alle nicht lebensnotwendigen Ausgaben und fährst ebenfalls auf Mangelmodus. Auch hier das gleiche Spiel: Dein Energielevel sinkt, das Gefühl des Mangels macht dich fertig, deine Lebensqualität ist im Eimer und spätestens nach ein paar Wochen gibst du genervt und voller Shoppinglust auf. Du wechselst wieder in deinen „Normal-Modus“, ziehst los und gönnst dir erstmal eine neue
Klamotte, Möbel oder einen Wellness-Tag und spätestens nach ein paar weiteren Wochen schlägt dein Konto wieder Alarm.
Hat es was genützt? Nein. War es anstrengend? Ja.
Was wäre, wenn es da eine andere Lösung gäbe? Kein Zaubertrick, sondern einfach nur ein beständiger Überblick über deine Finanzen. Ein Plan, der dich und deine Familie auf finanziell sichere Beine stellt. Ein Plan, der es euch ermöglicht, eure Finanzen im Griff zu haben. Ein Plan, der nicht auf permanenten Verzicht ausgelegt ist, sondern euch einen klaren Rahmen für die Dinge gibt, die euch wichtig sind.
Klingt gut? Dann legen wir los.
Über Geld spricht man
Als ich damit anfing, dieses Buch zu schreiben, waren die Zeiten unsicher, chaotisch und für manche auch quälend. Seit März 2020 sind alle mit Corona beschäftigt. Existenzgrundlagen hat es einfach dahingerafft, ganze Branchen unterliegen dem Stillstand, Kunst und Kultur haben schwer zu kämpfen, Kitas und Schulen waren geschlossen und sind es immer mal wieder. Hier ein Verdachtsfall, da ein Erstkontakt. Ständig verändern sich die Bedingungen und Einschränkungen.
Die Börse ging im März 2020 erst kräftig auf Talfahrt, um sich später einigermaßen zu erholen. Was man vom Zustand rund um Kurzarbeit, dem Verlust vieler Jobs und starken Umsatzeinbrüchen in Unternehmen noch nicht behaupten kann. Und mitten in dieser Zeit schreibe ich ein Buch über Geld. Habe ich denn nichts Wichtigeres zu tun? Nein. Haben die Leute nicht andere Probleme? Nein. Also schon, aber vor allem haben derzeit viele Geldprobleme.
Ich führe seit 10 Jahren ein Unternehmen und klar, auch mir schlotterten die Knie in jenem März 2020. Niemand wusste, was da genau mit diesem Virus und all den Regulierungen nun genau geschehen würde. Wer ab März 2020 durch das Fernsehprogramm zappte, wurde permanent mit Ängsten konfrontiert. Manche kämpfen ums nackte Überleben. Wenn nicht gegen den Virus, dann darum, morgen die Miete und Lebensmittel zahlen zu können oder den Job zu behalten zwischen Home Schooling, Home Kita und Home Office.
Zu den sozialen Einschränkungen, die für uns alle hart und schwer zu tragen waren und sind, kamen Geldsorgen hinzu. Dabei sind Krisen nichts Ungewöhnliches. Es muss ja nicht gleich eine globale Krise sein, wie wir sie schon als Finanzkrise im Jahr 2008 erlebten - oder nun eben 2020 und 2021. Etliche persönliche, berufliche, private und gesundheitliche Krisen können uns ebenso treffen. Jederzeit. Warum um Himmels Willen sind wir finanziell so schlecht dagegen gewappnet? Warum sind vor allem Familien gegen Krisen oft so schlecht abgesichert? Und warum halten wir dennoch so typische Glaubenssätze wie “Über Geld spricht man nicht” aufrecht?
Für mich passt das nicht zusammen.
“Über Geld spricht man nicht” ist für mich der Inbegriff finanzieller Unbildung. Denn alles, was mit Geld zu tun hat, wird damit umgangen, nicht angesprochen, nicht weitergegeben.
Das geht so nicht.
Wir müssen endlich anfangen über Geld zu sprechen. Mit unseren Partner: innen und vor allem mit unseren Kindern. Und zwar so, dass sie daraus etwas lernen. Aber dazu müssen wir vorerst selbst etwas Wissen über Geld aneignen. Also lass uns über Geld sprechen und gemeinsam lernen.
Warum Geld wichtig UND unwichtig ist
Die meisten behaupten, dass Geld nicht wichtig ist und es nicht glücklich macht. Geld wird oft dann wichtig, wenn es nicht da ist. Wenn man darum kämpfen muss, es zu bekommen oder es zu behalten. Weil man sonst nichts zu essen, kein Dach über dem Kopf, keine Elektrizität oder keine Heizung hat. Dann nimmt es einen ungesunden Stellenwert ein.
Dass Geld nicht wichtig ist, wird häufig so dahingesagt. Jedoch ist das alles eine Frage des Blickwinkels, der Relation und der eigenen Realität. Für Familien ist ein gewisser Geldbetrag durchaus wichtig. Schließlich will man irgendwo wohnen, es warm haben, etwas Essen im Kühlschrank vorfinden, alle brauchen Kleidung und ab und an will man in den Urlaub fahren oder etwas unternehmen. Dafür ist Geld wichtig.
Damit besitzt Geld auch die Eigenschaft, bis zu einem gewissen Grad glücklich zu machen. Ich empfinde das jedenfalls so, wenn ich mir gesundes Essen leisten kann, wir uns in unserem Zuhause wohlfühlen, wir mit Reisen und Ausflügen die Welt entdecken, Konzerte besuchen und Bücher lesen können. Wie sieht es mit dir aus?
Sicher, dieser glücklich machende Effekt ist irgendwann erschöpft. Mehr Geld heißt nicht mehr Glück. Und neben Geld sind andere Dinge definitiv wichtiger. Das sind Zeit, Gesundheit und Menschen, die man liebt.
Merkst du? Das sind Dinge, die man nicht mit Geld kaufen kann.
Ich habe mal von einem Vater mit Sohn im Kindergartenalter gehört. Der Vater ist selbständig und vielbeschäftigt. Man möchte meinen, er sei glücklich, Zeit mit seinem Sohn auf dem Spielplatz zu verbringen. Doch stattdessen begleitet er ihn auf den Spielplatz, setzt sich auf eine Bank und arbeitet von dort aus auf seinem Smartphone. Fremde Eltern sprachen ihn deshalb schon an. Neben der Peinlichkeit ist es aber vor allem das Kind und die Beziehung zu diesem, welches unter solch einem Verhalten leidet. Offensichtlich ist, dass hier keine Balance existiert. Geld ist scheinbar wichtiger oder er glaubt vielleicht, dass es wichtiger ist. Denn im Grunde ist seine Arbeit der Lieferant für Geld. Zeit mit seinem Sohn wird er sich davon aber nie wieder kaufen können.
Du hast jederzeit die Möglichkeit, verlorenes Geld erneut zu verdienen. Doch verlorene Zeit ist und bleibt verloren. Glück ist die Balance aus allem. Und dazu gehört auch Geld.
Der Fehler, den wir jedoch auch nicht machen dürfen: Geld für so unwichtig zu halten, dass wir uns nicht darum kümmern. Denn das führt fast schon zwangsweise dazu, dass Schulden entstehen und Ausgaben uns daran hindern, Vermögen aufzubauen. Ein Teufelskreis. Oder wie heißt es so schön? „Kümmerst du dich nicht um dein Geld, tun es andere.“
Was Sprache mit dir und deinem Geld macht
Hat dir auch schon mal jemand folgenden Satz gesagt: „Ich habe in ein neues Auto investiert.“? Hast du schon mal darüber nachgedacht, ob das wirklich so ist? Investierst du wirklich, wenn du ein Auto kaufst oder finanzierst? Oder hast du auch schon mal beim Shoppen gespart? Ganz ehrlich, mir ist das noch nie passiert. Klar, all die bunten Schilder wollen uns glauben lassen, dass das so ist. Aber tatsächlich sparst du gar nichts, wenn du shoppen gehst. Du gibst Geld aus. Punkt. Du sparst nur, wenn du Geld bei dir behalten kannst. Und erst wenn du Geld behalten kannst und es investierst, hast du die Möglichkeit, es zu vermehren.
Merkst du, wie sehr uns der alltägliche Sprachgebrauch in die Irre führt?
Warum passiert das? Ich komme aus dem Marketing und weiß sehr genau, dass Sprache einer der Schlüssel ist, um Kaufentscheidungen herbeizuführen. Klar, Unternehmen wollen ihre Produkte verkaufen und damit Umsatz generieren. Das ist nichts Verwerfliches. Um das zu tun, nutzen sie unsere Emotionen. Und die erreicht man mit Bildern, Sprache, Düften, Tönen und Haptik. All das wird eingesetzt, um uns das gute Gefühl zu vermitteln, uns ginge es noch besser, wenn wir das Produkt XY kaufen. Und dazu wird eben auch suggeriert, man würde „sparen“, wenn man ein bestimmtes Angebot wahrnimmt.
Fakt ist jedoch, du gibst Geld aus. Du sparst gar nichts. Ein Beispiel: Du läufst durch eine Einkaufs-Mall ohne, dass du tatsächlich etwas brauchst. Dann siehst du ein Schild für ein Shirt auf dem steht: „Jetzt 30% sparen“. Das Shirt gefällt dir. Du kaufst es für 20 Euro.
Fakt 1: Du brauchst dieses T-Shirt nicht. Du hast noch 10 weitere im Schrank hängen. Du willst es, weil es dir gefällt.
Fakt 2: Du hast 20 Euro ausgegeben.
Fakt 3: Du fühlst dich gut, weil du glaubst, du hättest 30% - also 6 Euro - gespart.
Fakt 4: Du hast gar nichts gespart. Du hast weniger Geld als vor dem Betreten der Mall.
Ich weiß, dass das ein sehr überspitztes Bild ist. Es ist am Ende aber Tatsache und ein täglich tausendfach vorkommendes Beispiel, wie Sprache unser Geldverhalten und Gelddenken beeinflusst. Natürlich soll das nicht bedeuten, dass jede Shopping-Tour von nun an tabu ist. Ich möchte dich lediglich darauf aufmerksam machen, bestimmte Denkweisen bewusst wahrzunehmen und diese für dich zu reflektieren. Schon dadurch, dass du dein eigenes Verhalten bewusst wahrnimmst und einen Moment darüber nachdenkst, wird dein Verhalten ändern. Ähnlich ist es auch mit den Begriffen Investieren und Spekulieren. Per Duden wird „investieren“ damit beschrieben, Kapital langfristig in Sachwerte anzulegen. Das macht natürlich nur Sinn, wenn der Wert dieser Sache steigt oder mindestens gleichbleibt und nicht sinkt. Und wenn du im nächsten Kapitel noch die
Inflation und den Realzins kennenlernst, weißt du, dass die Anlage stärker steigen sollte als es die Inflation tut. Investiere ich also in ein Auto? Nein. Das Gegenteil ist der Fall. Ein Auto nutzt sich ab, es wird alt, es bekommt Gebrauchsspuren. Es ist nach 3 Jahren weniger wert. Definitiv. Fakt ist also, das Auto und damit auch dein Kapital verlieren jeden Tag an Wert. Klar, du bekommst als Gegenwert „individuelle Mobilität“. Von Investieren kann man hier aber nicht sprechen.
Im Gegenzug dazu wird der Begriff „spekulieren“ immer auf verpönende Art und Weise mit der Börse in Verbindung gebracht und damit ein Klima geschaffen, von dem „man lieber die Finger lässt“. Was wiederum dazu führt, dass die allermeisten Sparer ihr Geld lieber auf einem Tagesgeldkonto parken und durch die Inflation Geld verlieren, statt sich mit der Börse zu befassen, das gesparte Geld anzulegen und wachsen zu lassen. Beispielsweise bieten ETF-Sparpläne heute eine super einfache Möglichkeit, Geld regelmäßig an der Börse bei einem gestreuten Risiko zu investieren. Dazu aber später mehr. Nicht selten ist es ebenso pure Spekulation, eine Immobilie zu finanzieren und darauf zu wetten, dass sich der Wert der Immobilie in den nächsten 30 Jahren vervielfacht, dass die Immobilie permanent Mieteinnahmen generiert oder man selbst immer darin wohnen wird. Ich weiß, die Immobilie, das geliebte Eigenheim gilt immer als die absolut sichere Altersvorsorge. Aber ist das nicht oft auch schlichtweg Spekulation?
Wer weiß denn schon, ob ihr diese Immobilie in den nächsten 30 Jahren tatsächlich abbezahlen könnt? Wer weiß denn schon, ob sich eure Idee vom Leben in den nächsten 30 Jahren nicht ändert? Wer weiß denn schon, wie es in 30 Jahren um die Wohnumgebung steht? Ja, auch das ist überspitzt. Es gibt natürlich gute Möglichkeiten, in Immobilien zu investieren. Die gibt es aber auch an der Börse. Es gibt viele Fälle, in denen Leute mit Immobilien-Spekulationen auf die Nase gefallen sind. Und ja, die gibt es an der Börse auch. Ich möchte dir hier lediglich verdeutlichen, dass das Eine nicht grundlegend besser oder schlechter ist als das Andere.
Wichtig ist zu verstehen: Sprache beeinflusst unser Geldverhalten und Gelddenken. Deine Eltern haben dich mit ihren Ansichten über Geld ebenso beeinflusst, wie du deine Kinder mit deinen Ansichten und Verhaltensweisen prägst. Ein erster richtig guter Schritt ist, sich zu fragen, ob du wirklich die richtigen Worte verwendest für das, was du sagen möchtest und wie du bestimmte Begriffe für deine Kinder prägen willst. Sparen wir also wirklich, wenn wir einfach nur etwas weniger viel Geld ausgeben? Nein. Wir geben Geld aus. Nur eben etwas weniger. Spekulieren wir tatsächlich, wenn wir das Kindergeld über 18 Jahre an der Börse anlegen? Nein, mit einem breiten Portfolio mit etablierten Positionen, die über mindestens 10 Jahre gehalten werden, zeigen statistische Daten sogar etwas ganz anderes. Investieren wir zwangsläufig, wenn wir 5.000 Euro auf ein Festgeldkonto mit 1,00% p.a. für unser Kind anlegen? Nein, auch nicht wirklich. Wenn du im nächsten Kapitel die Inflation und den Realzins kennenlernst, wirst du feststellen, dass dein Geld nur wachsen wird, wenn die Inflation deutlich unter deinem Festgeldzins liegt.
Was du bisher über Geld gelernt hast
…und warum du deshalb kein Vermögen hast.
Wer hat dir bislang etwas über Geld beigebracht? Wahrscheinlich deine Eltern, deine Großeltern oder andere Familienmitglieder. Vielleicht hast du dir was bei Freunden oder Bekannten abgeguckt oder gestaunt, wie Arbeitskollegen es schaffen, trotz ähnlichen Gehalts, ein Haus zu bauen und drei Mal im Jahr zu verreisen? Hast du in der Schule wirklich Hilfreiches über Geld gelernt? Ich leider nicht. Ich kenne auch niemanden, der behauptet, er hätte in der Schule wirklich Nützliches über Geld erfahren. Ja, in Mathe haben wir mal den Zinseszins behandelt. Uns hat aber keiner erklärt, dass dieser einen bedeutsamen Einfluss auf unser eigenes Geld haben kann. Und in der 7.Klasse waren wir offensichtlich auch noch nicht vorausschauend genug, um das abzuleiten.
Mit Sicherheit werden dir in diesem Buch noch Aussagen begegnen, die du erst einmal durchdenken musst oder die du auf den ersten Blick nicht gut findest oder bei denen du dich fragst, wie du das machen sollst. Ich möchte dich bitten, bleib offen für neue Ideen. Bevor du sie abtust, durchdenke sie, probiere sie aus. Ich behaupte, viele von uns haben durch Eltern, Schule und andere Personen in ihrer Kindheit und Jugend kaum nützliches über Geld gelernt. Hätten wir sonst im Jahr 2020 eine Überschuldungsquote unter jungen Menschen unter 30 Jahren von knapp 10%1, die bis zum 39. Lebensjahr sogar auf ca. 18%2 steigt? Damit ist nicht einmal eine generelle Verschuldung gemeint, sondern die Überschuldung. Das bedeutet, der Schuldner kann seine Zahlungsverpflichtungen in absehbarer Zeit absolut nicht begleichen und es stehen ihm zur Deckung seines Lebensunterhalts keine weiteren Mittel aus Vermögen oder Krediten zur Verfügung. Da brennt die Luft so richtig. Und obendrein leben in ca. 35% der überschuldeten Haushalte ein oder mehrere Kinder3. Was werden sie wohl über Geld lernen und denken?
Ich wette, auch dir wurde mal gesagt, dass du sparen solltest. Aber was ist schon eine Aufforderung, wenn man den Sinn dahinter nicht versteht? Wenn man nicht weiß, wie man es denn überhaupt angehen soll? Besonders, wenn Preisschilder und Prospekte paradoxerweise auch noch suggerieren, du würdest sparen, wenn du Geld ausgibst. Dass man sparen sollte, ist wohl jedem irgendwie bekannt. Aber warum, wann und wie am besten? Das bleibt in aller Regel ein unerklärter wabernder Nebel.
In vielen Familien werden zum gemeinsamen Abendessen sehr gern die Finanzen der Politik, Steuern und Co. diskutiert. Sei ehrlich, da weiß auch fast jeder einen schlauen Satz zu sagen (Ich natürlich auch). Das Thema „private Finanzen“ steht aber oft auf einem ganz anderen Blatt. Da wird eher mit Phrasen hantiert, statt tatsächlich zu erklären. An diesem Punkt geht vielleicht auch dir ein Licht auf, wie stark wir alle bewusst und unbewusst durch das Geldverhalten unserer Eltern und engen Vertrauten geprägt werden. Wenn ich zurückdenke, bestehen meine Erinnerungen vielmehr aus Floskeln, die ich einfach so verinnerlicht habe.
Einige sehr berühmte allgemeine Floskeln lauten:
• „Für Geld muss man hart arbeiten.“
• „Du solltest sparen.“ (wie, wann und warum, hat aber keiner erklärt)
• „Über Geld spricht man nicht.“
• „Geld ist die Wurzel allen Übels.“
• „Geld verdirbt den Charakter.“
• „Geld stinkt.“
• …
Jetzt mal ehrlich. Da bekommt doch wirklich niemand Lust, sich mit dem eigenen Geld zu befassen. Mit einigen dieser Floskeln im Kopf begann also auch ich mein BWL-Studium und stellte fest: Hier spricht man ziemlich häufig über Geld. Vor allem darüber, es unternehmerisch zu vermehren. Heute denke ich anders über die Floskeln meiner Kindheit. Ich habe sie einfach aus meinem Floskel-Repertoire gestrichen. Mein Wunsch ist es, dass du ebenfalls genau dahin kommst. Wirf diese dämlichen (Pardon) Floskeln über Bord. Lerne, mit dir wichtigen Personen über Geld zu sprechen. Traue dir zu, dein Geld selbst zu managen. Hab keine Angst, dich mit deinen Finanzen zu befassen. Verinnerliche, dass du fähig bist, Finanzwissen zu erlernen – heute noch einfacher als jemals zuvor. Finanzielle Sicherheit ist auch für dich möglich. Und es kann sogar Spaß machen.
Unser Ziel lautet: Wir wollen Geld behalten und Klarheit über unsere Finanzen haben, um dir und deiner Familie ein bestmögliches Leben zu gestalten.
Goldener Käfig Do-It-Yourself
Ein sehr guter Freund sagte mir mal: „Ich finde diese Leute nicht clever, die sich selbst einen Käfig um ihr Einkommen bauen.“.
Er hat vollkommen recht. Das passiert, wenn man das Parkinsonsche Gesetz der Verschwendung nicht reflektiert. Kein Witz. Es gibt ein soziologisch untersuchtes Phänomen, warum wir mit unserem Geld umgehen, wie wir damit eben umgehen.
Es besagt, dass Ausgaben immer bis an die Grenze des Einkommens steigen. Und so kommt es, dass es viele Paare und Familien mit traumhaft guten Einkommen gibt, bei denen am Ende des Monats kein Geld mehr da ist. Geschweige denn, Geld zurückgelegt – also behalten – wurde.
Du kennst sicher auch eine ganze Menge dieser Familien, die im guten Glauben an ihre guten Gehälter riesige Kredite aufnehmen, weil das Eigenheim als „die Nonplusultra Altersvorsorge“ gilt und die nun riesige monatliche Tilgungsraten plus zusätzliche Eigenheimkosten zahlen. Im gleichen Atemzug wollen sie aber auch so weiterleben „wie vorher“, sich Dinge gönnen und kaufen, essen gehen und ohne schlechtes Gewissen shoppen und reisen.
Familien wie diese fiktive Familie haben sich etwas gebaut, das ich „Goldener Käfig DIY“ nenne. Betrachtet man es von außen, wohnen und leben sie wunderbar. Beneidenswert.
Betrachtet man es von innen, funktioniert das System nur, wenn auch weiterhin so viel Geld in die Kasse kommt, wie bislang. Keiner darf länger ausfallen, krank werden, eine andere Idee vom Leben entwickeln oder gar in Teilzeit gehen. Dann funktioniert das Konstrukt nämlich nicht mehr. Hallo Druck. Tschüss Flexibilität.
Die ganz grundlegende Frage lautet also: Baut ihr euch gerade eine Lebensidee um euer Einkommen? Oder baut ihr euch mit eurem Einkommen eine Lebensidee? An dieser Stelle kommst du nicht umhin, dich zu fragen, nach welchen Idealen du eigentlich lebst oder leben möchtest.
Willst du ein, zwei große Autos? Ein großes Haus? Eine Eigentumswohnung in bester Lage? Einen begehbaren Kleiderschrank? Sauteuren Schmuck und Kleidung? Muss das alles so sein? Oder sind das vielleicht alles von außen auferlegte Ideale, die uns suggerieren, wir seien damit glücklicher und zufriedener?
Schau hin. Sieh es dir genau an. Was denkst du, wenn du Leute siehst, die all diese Dinge besitzen? Schnell ist der Gedanke da: „Die haben es aber geschafft. Cooler Job, riesiges Einkommen, krasses Auto, dauerglückliche Kinder und noch dazu ein Eigenheim. Die müssen doch morgens schon mit einem großen Grinsen aufstehen und sich auf die Schulter klopfen. Sie sind frei darin, zu entscheiden, wohin die nächste Reise geht, um Geld müssen sie sich keinen Kopf machen. Die sind bestimmt so verdammt zufrieden, dass sie sich vor dem Schlafengehen mit einem High-Five abklatschen, weil sie es gepackt haben.“
Worum geht es bei solchen Gedanken tatsächlich? Es geht um diesen unglaublich befreienden Zustand der Zufriedenheit.
Es geht um Freiheit, um finanzielle Sicherheit, um ruhige Nächte und Glück. Diese Dinge fühlen wir, sie lassen sich nicht kaufen. Sie sind in uns, je nachdem wie wir auf uns und unser Leben blicken. Sind es also nicht vielmehr genau diese Aspekte, die wir für unser Lebensglück erreichen wollen: Zufriedenheit und Sicherheit?
Und ist es damit nicht eher so, dass wir uns in gewisser Weise blenden lassen und glauben, der Besitz all der materiellen Dinge führe uns zu Lebensglück, Zufriedenheit und Sicherheit. Denn genau das symbolisieren sie für uns.
Ich bin davon überzeugt, genau so läuft der Hase. Und falls du Instagram, Facebook & Co. nutzt: Das ist der Grund, warum du dich nach deinem täglichen kleinen Social-Media-Ausflug immer wieder so verdammt bescheuert fühlst und glaubst, dass alle anderen alles viel besser könnten, viel glücklicher sind und mehr erreicht haben als du.
Ein Beispiel.
Familien, die ein Eigenheim bauen, sind deshalb irgendwann vermögend, weil sie über einen langen Zeitraum eine extrem hohe Sparrate hatten.
Ihr erwerbt also ein Eigenheim. Für die nächsten 35 Jahre kommt ihr damit im Vergleich zu eurer Wohnung etwas teurer weg. Die Finanzierung kostet Zinsen, es fallen Kosten für die Instandhaltung an und ihr müsst nun ein wenig länger zur Arbeit pendeln. Aber hey, letztlich habt ihr ein Eigenheim und mehr Platz. Sind die Kinder flügge und ausgezogen, und das ist schließlich das Ziel, sitzen die Eltern in einem großen Haus. Das Kapital ist in der Immobilie gebunden und man lebt von der Rente und mit Glück von etwas zusätzlich Erspartem. Okay soweit.
Nicht zu vergessen: Für den Kauf des Grundstücks und den Bau der Immobilie haben die Eltern in der Zeit von ca. 35 Jahren zusätzliche Kosten für den Erwerb und die Finanzierung geleistet. Damit das alles bezahlt werden konnte, sind beide Eltern je 40 Stunden pro Woche arbeiten gegangen. Bis zum 67. Lebensjahr, versteht sich.
Das „Gegen-Beispiel“.
Ihr lebt weiterhin in eurer Wohnung und verzichtet auf einen Immobilienkredit. Stattdessen erhöht ihr aus eigenen Stücken eure Sparrate in den nächsten 20-35 Jahren auf 20% bis 40% - je nach Einkommen.
Aus dem Ersparten bildet ihr erst Rücklagen für eure finanzielle Sicherheit. Anschließend legt ihr eure Sparrate in Aktien, Anleihen, ETFs und/oder Fonds an und nutzt in diesem langen Zeitraum die Kraft des Zinseszinses. Je nach eurem persönlichen Ziel könnt ihr das Vermögen folglich nutzen, um früher in Rente zu gehen, finanzielle Unabhängigkeit zu genießen und eure Zeit für die Dinge einzusetzen, die euch wichtig sind. Läuft es mal nicht so im Job, bestimmen nicht eure Einnahmen (und damit eure Jobs), ob ihr ihn wechseln könnt, sondern ihr ganz allein.
Ihr seid dadurch flexibel genug, um euch weiterhin Reisen zu gönnen oder Hobbys auszuleben, müsst euch nicht für euer Eigenheim in anderen Dingen einschränken.
Ihr könnt gelassener den Job wechseln, entspannt schlafen, eure Arbeitszeiten nach den Entwicklungsphasen und Bedürfnissen eurer Kinder richten. Zufrieden sein. Umziehen, wenn die Kinder flügge sind.
Ich will nicht behaupten, dass man nur so glücklich sein kann. Jeder hat eine andere Definition davon. Was ich aber nicht verstehe ist, Glück allein aus der Tatsache abzuleiten, materielle Ideale zu erreichen, die ANDERE definiert haben. Sprich: Haus, Auto und ein begehbarer Kleiderschrank.
Willkommen im berühmten Hamsterrad. Eigentlich mag ich dieses Wort nicht. Aber wie so oft, helfen Bilder.
Hamsterrad bedeutet: Ihr wendet Kraft und Zeit auf, um Geld zu verdienen und seid leichtfertig dabei, dieses Geld wieder auszugeben. Von Monat zu Monat. Von Urlaub zu Urlaub. Ein ewiger Kreislauf. Vielleicht strampelt ihr irgendwann etwas schneller im Hamsterrad. Es kommt mehr Geld rein und es geht noch mehr Geld raus. Kann so Wachstum entstehen? Nein. So bleibst du abhängig davon, dass du das Rad schön weiter in Bewegung hältst. Kannst du so deine Träume verwirklichen? Nein. Kannst du so für einen entspannten Lebensabend vorsorgen? Nein.
Vom Goldenen Käfig ab in die Altersarmut
Klingt heftig, oder? Ist es auch. So sehr ich unseren Sozialstaat auch schätze, unser Rentensystem ist einfach nicht mehr up-to-date. Die Geschichte unserer Rentenversicherung geht bis in das Jahr – festhalten – 1889 zurück. Damals fiel der Startschuss für das „Gesetz betreffend der Invaliditäts- und Altersversicherung“ unter Otto von Bismarck. In Europa ein damals vorbildliches Projekt, das über die Jahrzehnte hinweg vielfach reformiert wurde.
Früher funktionierte das System. Damals, als es noch viel mehr Arbeiter als Rentner gab. Heute hat sich das Blatt längst gewendet. Die Menschen werden immer älter, was an sich schön ist. Es gibt aber auch immer mehr dieser älteren Menschen, die ihre wohlverdiente Rente genießen wollen, weil allmählich die „Babyboomer“4 in Rente gehen. Das Problem ist nur, es gibt immer weniger Menschen, die als Beitragszahler in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, weil die Geburtenraten seit 1975 sinken5. Das wiederum verlangt bereits heute eine enorme Subvention der Renten.
Was bedeutet das für uns? Das Rentenniveau wird auch in den kommenden Jahren drastisch sinken. Die Deutsche Rentenversicherung höchstpersönlich sagt voraus, dass das Rentenniveau im Jahr 2030 bei gerade mal 44,3%6 liegt. Im Jahr 2020 lag es noch bei ca. 47,6%7. Kannst du dir vorstellen, was das bedeutet, wenn wir in 20, 30 oder 40 Jahren in Rente gehen?
Schon im Jahr 2030 hat das zur Folge, dass wir von heute auf morgen mit nur 44,3% unseres letzten Nettogehalts zurechtkommen müssten. 44,3%! Das ist weniger als die Hälfte.
Diese Differenz wird auch ganz hübsch als Rentenlücke beschrieben. 55,7% weniger Lebensunterhalt. Rentenlücke? Ehrlich, für mich ist das ein Rentenkrater. Willst du dich nun immer noch allein auf die gesetzliche Rente verlassen und darauf hoffen, dass sich bis dahin schon irgendwas tut? Bist du jetzt immer noch bereit, all dein verdientes Geld wieder in Umlauf zu bringen? Oder hast du vielleicht große Lust, deinen persönlichen Rentenkrater ab heute zu füllen? Ich meine, es lohnt sich ab sofort für deine Familie vorzusorgen und heute wie später in finanzieller Sicherheit zu leben!
Was sind eigentlich Geldprobleme?
Wenn du hörst, jemand hätte Geldprobleme, woran denkst du? Wahrscheinlich daran, dass derjenige Schulden hat und seine Ausgaben höher sind als seine Einnahmen. Schulden und Verbindlichkeiten, die das eigene Einkommen übersteigen, sind aber in der Regel nur die Spitze des Eisbergs. Das Problem liegt tief darunter. Nämlich im Geldverhalten und im Unvermögen, Geld zu behalten. Hier findest du auch wieder den Zusammenhang zur Prägung durch unsere Familie und unser Umfeld, sowie zu den materiellen Idealen, die von außen aufgedrückt werden. Dabei ist es völlig egal, ob das Einkommen bei 2.000 Euro oder bei 5.000 Euro monatlich liegt. Wer es mit 2.000 Euro nicht schafft, einen minimalen Anteil seines Geldes zu behalten, wird es in den meisten Fällen auch mit 5.000 Euro nicht beherrschen. Warum? Weil die ganz simple Gewohnheit, einen Teil des Einkommens Monat für Monat beiseite zu legen, schlichtweg nicht verinnerlicht ist.
Die gute Nachricht lautet: Das kann man lernen.
Das Spannende daran: Viele, die sparen wollen, es aber nicht tun, sind der Meinung, sie müssten erst deutlich mehr Geld verdienen, um Geld sparen zu können. Gleiches wird in diesem Zusammenhang auch von Zufriedenheit und Glück angenommen. Heißt, jene Menschen sind zudem der Meinung, sie wären erst dann wirklich zufrieden und glücklich, wenn sie deutlich mehr Geld verdienen würden. Ist das wirklich so? Schauen wir uns das mal an.
Mehr Geld löst Unzufriedenheit nicht
Die Autoren Vicki Robin und Joe Dominguez brachten bereits im Jahr 1992 ein Buch namens „Mehr Geld für mehr Leben“ heraus. Mittlerweile längst schon ein New York Times-Bestseller und eines der Pionier-Werke in Sachen finanzieller Unabhängigkeit. Daneben führten sie etliche Seminare durch, in denen sie ihre Idee lehrten. Auch darin erlebten die Beiden immer wieder, dass die Teilnehmer annahmen, sie wären glücklicher und könnten erst dann sparen, würden sie mehr Geld verdienen. Also integrierten Robin und Dominguez eine Übung in ihren Seminaren. Die Teilnehmer sollten sich in Bezug auf ihr Einkommen auf einer Glücksskala selbst einschätzen. Dabei stand 1 für „jämmerlich“, 2 für „unzufrieden“, 3 für „sich nicht beklagen können“, 4 für „zufrieden“ und 5 für „fröhlich“ bzw. „erfüllt“. Diese Übung machten mehr als 1.000 Teilnehmer in den Vereinigten Staaten und Kanada.
Das Ergebnis?
Der durchschnittliche Glückswert lag bei gerade mal 2,7 Punkten8. Also irgendwo zwischen „unzufrieden“ und kurz vor „sich nicht beklagen können“. Der eigentliche Witz daran ist aber, dass dieser Wert völlig unabhängig vom Einkommen war. Leute mit einem Einkommen von unter 1.500 Dollar hatten in Bezug auf ihr Einkommen das gleiche Empfinden, wie Personen mit einem Einkommen von über 6.000 Dollar.
Im Anschluss daran wurden die Teilnehmer gefragt, welche Summe sie denn benötigen würden, um glücklich zu sein.
Die Antwort lautete fast immer, es müsste mehr sein als sie derzeit haben9. Damit gemeint war eine Summe von circa 50% bis 100% mehr.
Was können wir daraus für uns lernen? Mehr Einkommen zu haben, ist angenehm. Es würde uns aber nicht glücklicher machen als wir jetzt sind. Und mehr Einkommen würde auch nicht dazu führen, dass wir mit diesem Geld besser umgehen, als wir es jetzt tun.
Das, was du jedoch ändern kannst, ist deine Art über Geld zu denken und mit Geld umzugehen. Nur das wird dich langfristig zu finanzieller Sicherheit und Zufriedenheit führen.
Wie viel Geld ist genug?
Aber wie viel Geld ist denn nun genug, wenn mehr Geld im Grunde nicht glücklicher macht? Berechtigte Frage. Eine Frage, die sich auch Robin und Dominguez stellten. Ihre Antwort fanden Sie in der sogenannten Erfüllungskurve10. Was Robin und Dominguez mit dieser Darstellung insbesondere ausdrücken wollten: Geld ist nicht immer mit Erfüllung gleichzusetzen. Zu Beginn, wenn wir erstmals Geld verdienen, geht es um das reine Überleben. Es geht darum, sich Nahrung zu besorgen und ein Dach über dem Kopf zu haben. Wir geben nicht viel Geld aus, um unser Überleben zu sichern. Doch je mehr Geld reinkommt, umso mehr geben wir schließlich auch aus. Wir gelangen in einen Komfort-Bereich. In diesem Bereich geben wir Geld aus, um zu überleben und zusätzlich, um Komfort zu erleben. Verdienen wir noch mehr Geld und geben dementsprechend noch mehr aus, bewegen sich unsere Ausgaben in Richtung Luxus. Steigert sich das Ganze weiter, geraten wir in einen Überfluss, und der ist mit Blick auf Glück und Zufriedenheit ein gefährlicher Trugschluss!
Nach der Erfüllungskurve von Robin und Dominguez arbeitet ab einem Punkt namens „Genug“ jeder ausgegebene Euro für Luxus und Überfluss sogar gegen dich. Während dich vorher jeder ausgegebene Euro tatsächlich zufriedener machte, dreht sich das ab jenem Punkt. Weitere ausgegebene Euro können sogar deutlich unzufriedener machen. Warum? Weil damit auch finanzielle Verpflichtungen, Abhängigkeiten und vor allem der Zeiteinsatz dafür zunehmen. Hast du zwei statt einem Auto, müssen auch beide zum TÜV, zur Reparatur und gepflegt werden. Hast du ein Eigenheim statt einer Mietwohnung, musst du auch das in Schuss halten – mit Zeit und mit Geld. Hast du zwei riesige Flachbildfernseher, die nacheinander kaputt gehen, willst du natürlich nicht downgraden, sondern dir die aktuellen Modelle neu anschaffen. Bist du dann zufriedener? Vielleicht kurzweilig, im Grunde ärgerst du dich aber nur, weil der Mist einfach so die Grätsche macht und du im Grunde nur Luxus-Ersatz schaffen musstest. Wie so vieles im Leben sind Veränderungen oft eher fließend. Es gibt nicht schwarz und weiß, sondern etliche Graustufen. Anders als Robin und Dominguez betrachte ich den Zusammenhang von Einkommen, Ausgaben und Zufriedenheit ähnlich fließend. Nicht als punktuelle Erscheinung, sondern als einen Bereich. Ein Rahmen, den jeder anders empfindet, der sich aber bei jedem irgendwo zwischen Komfort und Luxus bewegt. Angelehnt an die Idee von Robin und Dominguez sehe ich den zusammenhängenden Verlauf von Einkommen, Ausgaben und Zufriedenheit vielmehr so:
Abbildung 1 – Verlauf von Einkommen, Ausgaben zu Zufriedenheit angelehnt an die Erfüllungskurve nach Robin & Dominguez
Wo liegt denn aber unser Genug? Können wir das an einem Euro-Wert festmachen? Ja, in etwa. Der Psychologe, Glücksforscher, Nobelpreisträger für Wirtschaft und Autor des Bestsellers „Schnelles Denken, langsames Denken“, Daniel Kahneman, hat exakt diese Frage gemeinsam mit einem Kollegen der Princeton University und 450.000 Teilnehmern im Jahr 2010 erforscht. Was kam heraus? Umgerechnet liegt unser Genug-Wert, der von da aus nicht zu mehr Glück führt bei einem Nettoeinkommen von 56.000 Euro11 pro Haushalt (ca. 75.000 USD zum durchschnittlichen Wechselkurs aus 2010). Kalkulieren wir hier noch die Inflation ab 2010 bis 2021 ein, liegt unser Genug-Wert im Jahr 2021 bei circa 65.000 Euro.
Die Forscher schlussfolgern, dass das emotionale Wohlbefinden der Menschen zwar mit dem Einkommen ansteigt, es aber keinen weiteren Glücksfortschritt bei einem NettoHaushaltseinkommen von umgerechnet in etwa 65.000 Euro gibt. Damit ermöglicht ein höheres Einkommen zwar Lebenszufriedenheit, aber kein Glück. Im Gegensatz dazu geht ein sehr niedriges Einkommen oft auch mit einer niedrigeren Lebensbewertung einher – zusätzlich zu einem geringeren emotionalen Wohlbefinden. Kurzum: Mit mehr Einkommen geht’s uns besser. Aber ab 65.000 Euro sind wir dann eigentlich auch am Höhepunkt angekommen. Jeder weitere Euro bedeutet ab dann nicht mehr zwingend proportional so viel Glück.
Ähnliche Zusammenhänge wurden übrigens auch schon im Rahmen des sogenannten Easterlin-Paradoxes untersucht. Hierbei stellte man das subjektive Glücksempfinden dem Bruttoinlandsprodukt entgegen.
Das Eine ist die Wissenschaft, die ich sehr schätze. Das Andere ist die persönliche Realität und Individualität. Ich will dir damit keinesfalls sagen, dass du bitte ab 65.000 Euro Netto-Haushaltseinkommen glücklich über rosa Wolken tanzen und dich nicht beschweren oder nach anderen Zielen recken sollst. Dennoch liefert uns die Forschung hier einen Ansatz, unser Geldverhalten zu überdenken und uns selbstbewusst aus dem Wettrennen um „immer höher-schneller-weiter-mehr“ herauszunehmen. Niemand muss an diesem Wettrennen teilnehmen.
Denn wenn es einen Punkt X gibt, ab dem ausgegebenes Geld nicht zufriedener macht, ist das umso mehr ein Indiz dafür, dass wir daran arbeiten sollten, jenes Geld zu behalten und es für uns zu nutzen.
Unser Ziel lautet nach wie vor: Wir wollen Geld behalten, um dir und deiner Familie ein bestmögliches Leben zu gestalten und finanzielle Sicherheit zu ermöglichen.
Welche Ausgaben machen eigentlich glücklich?
Werfen wir einen Blick auf die „andere Seite der Macht“. Unsere Ausgaben.
Hast du dir schon mal Gedanken darüber gemacht, welche Ausgaben dich eigentlich langfristig glücklich machen?
Notiere einfach mal die letzten 3 Dinge, die du neben Lebensmitteln und alltäglichem Bedarf gekauft hast. Kannst du dich noch an alle erinnern? Und wie happy bist du jetzt in diesem Moment darüber, dass du sie besitzt?
Es gibt etwas, das sich das „Phänomen der hedonistischen Adaption“ nennt. Was sagt das aus und was hat das mit unseren Ausgaben zu tun?
Dieses Phänomen beschreibt die Tendenz des Menschen, nach einer sehr positiven oder sehr negativen Erfahrung relativ flott wieder zu einem halbwegs stabilen Level von Glück zurückkehren zu können.
Ein praktisches Beispiel hierfür. Du hast sicherlich schon mal ein neues Smartphone, ein neues Auto, eine neue Küche, ein Möbelstück oder eine andere Sache erworben und dich darüber sehr gefreut. Du hast die Sache in den ersten Wochen sehr oft genutzt, allen davon erzählt und geschwärmt.
Wie fühlte sich das nach ein paar Monaten an? Immer noch so toll wie am ersten Tag? Mit Sicherheit nicht. Ein Gewöhnungseffekt tritt ein. Die einst tägliche Freude über die neue Sache nahm von Tag zu Tag ab.
Du bist nicht komisch. Das geht den meisten Menschen so. Mir auch. Dieser Effekt nennt sich das „Phänomen der hedonistischen Adaption“.
Was passiert danach? In der Regel braucht der Mensch irgendwann ein neues Glücksgefühl. Eines, das noch besser und größer ist als das vorige, weil das vorige eben nicht mehr die Glücksgefühle auslöst.
Nur weil du dieses Phänomen jetzt kennst, bedeutet das nicht, dass du dir nun bestenfalls nichts mehr kaufen und gönnen solltest. Es kann dir aber helfen, finanziell bessere Entscheidungen zu treffen. Ganz einfach indem du dir die Frage stellst: Wie viel nachhaltige Lebensfreude erkaufe ich mir, indem ich mein verdientes Geld für etwas einsetze? Erhalte ich überhaupt nachhaltige Lebensfreude? Denke immer daran: Du hast deine Lebenszeit eingesetzt, um dieses Geld zu verdienen. Es kann schwer sein, diese Frage zu beantworten und es mag sich anfänglich auch ungewohnt anfühlen. Aber wahrscheinlich gibt es diese eine Sache, die dir jeden Tag Freude bereitet. Daran kannst du dich orientieren. Bei mir ist das eine relativ hochpreisige Siebträgermaschine. Ich liebe das Geräusch, wenn die Maschine am Morgen nach dem Aufstehen an geht. Ich liebe den Duft von frisch gemahlenem Kaffee, der anschließend zu einem wunderbaren Espresso gebrüht wird, um darauf mit frisch geschäumter Milch zu einem perfekten Kaffee veredelt zu werden. Diese Maschine besitze ich nun seit 3 Jahren und jeden Tag freue ich mich über sie.
Bei der Entscheidung über Ausgaben solltest du also nicht nur den kurzfristigen und unmittelbaren Effekt vor Augen haben, sondern auch jenen, den die Ausgabe langfristig mit sich bringt. Schaffst du dir gerade Zeug an, das übermorgen im Regal landet und Platz wegnimmt? Oder schaffst du dir echte Lebensfreude?
Ich hatte mal eine Zeit Nackenschmerzen, lief durch einen Supermarkt und entdeckte ein Nackenwärmekissen. Gekauft. Damit würde es mir besser gehen. Weißt du was mit dem tollen Nackenwärmekissen passiert ist? Ich hatte am gleichen Tag keine Zeit mehr, das Kissen in die Mikrowelle zu legen, um es zu erwärmen und es zur Entspannung zu nutzen. Also legte ich es beiseite. Am nächsten Tag hatte ich keine Nackenschmerzen mehr. Das tolle Nackenwärmekissen geriet weiter in den Hintergrund. Es lag dann irgendwo rum. Das nervte mich. Also legte ich es in einen Schrank. Und rate mal, da liegt es heute noch – unbenutzt. 15 Euro liegen in Form eines Nackenwärmekissens im Schrank. Niemand braucht es. Niemandem bringt es Freude. Das ist Zeug ohne Lebensfreude.
Reichtum
Wenn ich dich frage, ob du reich sein willst. Was antwortest du? Na klar! Möchte nicht jeder reich sein?
Wenn man eine Runde von 10 Menschen fragt, ob sie reich sein wollen, werden wahrscheinlich mindestens 9 mit „Ja“ antworten. Ist ja auch super. Die eigentliche Frage ist aber, was jeder einzelne mit „reich sein“ verbindet.
Für den Einen bedeutet es, Unabhängigkeit von einem nervigen Job. Für den Anderen bedeutet es, keine existenziellen Ängste haben zu müssen. Für den Dritten, den Job und das Geldverdienen hinter die Zeit mit der Familie stellen zu können. Für den Vierten bedeutet es, ein Haus an der Côte d´Azur zu besitzen. Für den Fünften, die Welt zu entdecken. Für den Sechsten, tun zu können was ihm wirklich liegt. Für den Siebten bedeutet Reichtum, gesund zu sein und einen gesunden Lebensstil zu verfolgen. Für den Achten bedeutet es, die Familie um sich zu haben. Und für den Neunten, ein weiteres Stück für seine Sammlung erwerben zu können. Fakt ist, eigentlich wollen wir das, was wir mit Reichtum assoziieren. Und das sind meist Freiheit, Zeit, Gesundheit, Zufriedenheit. Die Freiheit, zu reisen, sich Zeit freier einzuteilen, Dinge zu tun oder zu besitzen, die wir lieben.
Die Frage ist nur: „Was ist „reich“? Wo beginnt reich sein? Viele würden wohl behaupten, man ist reich, wenn man eine Million Euro (oder mehr) auf dem Konto hat.
Millionär zu sein, bedeutet je nach Währung etwas anderes. In einigen Ländern gehört man mit einer Million auf dem Konto zu den oberen 10%. In anderen Ländern kommt man damit gerade so um die Runden. Tatsache ist, materiell reich ist man immer nur in einem Vergleich zu anderen. Aber bedeutet reich zu sein nicht auch, viel Zeit für die Familie und Kinder zu haben? Glücklich im Job zu sein? Sich montags nicht schon nach dem Wochenende zu sehnen? Sich seinen Leidenschaften widmen zu können? Zufriedenheit statt Unruhe, wenn du abends im Bett liegst?
André Kostolany brachte es in „Die Kunst über Geld nachzudenken“ ziemlich schlicht auf den Punkt. Reich bist du seiner Ansicht nach dann, wenn dich dein Vermögen befähigt, all deine Bedürfnisse durch dieses zu befriedigen12. Das ist ziemlich simpel und zeigt uns dennoch eines sehr deutlich: Reichtum ist nicht nur eine Frage des Vermögens, sondern auch eine Frage unserer Bedürfnisse.
Wir müssen also weg davon, „reich sein“ über einen Vergleich mit anderen zu definieren. Denn das Problem dabei ist: Es wird immer jemanden geben, der den Maßstab noch höher legen kann. Macht uns das glücklicher? Nein. Wie wir ja nun auch wissen, macht mehr Geld nur bis zu einem gewissen Punkt glücklicher. Aus diesem Grund gibt es eigentlich nur die Möglichkeit, materiellen Reichtum so zu betrachten, wie es André Kostolany getan hat. Du bist dann reich, wenn dein Kapital ausreicht, um deine tatsächlichen Bedürfnisse unabhängig von irgendwem zu erfüllen. So gesehen, war Kostolany damit lange schon ein Frugalist bevor es die Szene von heute überhaupt gab. Was bedeutet das für unser Hier und Jetzt? Du brauchst weder einen Lottogewinn noch die 1-Million-Dollar-Idee, noch musst du dich vom Geldadel adoptieren lassen. Die einzigen drei Dinge, die du dafür tun musst, sind:
1. Geld verdienen
2. Geld behalten
3. Geld für dich arbeiten lassen
Geht es darum, reich zu sein, existiert ebenso die fast schon reflexartige Annahme, man müsse dafür erstmal eine ganze Menge Geld verdienen. Das ist zwar eine Möglichkeit, aber eben nicht die einzige. In den allermeisten Fällen braucht es einfach nur Beständigkeit und Zeit.
Beispiel: Legt ihr als Paar zusammen 600 Euro für 34 Jahre in einen simplen MSCI World ETF an, könnt ihr hierfür eine wahrscheinliche durchschnittliche Rendite von 7,1% pro Jahr annehmen. Es gibt auch Berechnungen, die von einer durchschnittlichen Rendite von 9% ausgehen. Das ist immer ein wenig abhängig davon, von welchem Zeitraum jene Kalkulation ausgeht und ob darin bereits Kosten für den ETF oder die Inflation berücksichtigt sind. Wir gehen an dieser Stelle von den geringeren 7,1% aus. Legt ihr diese 600 Euro nun monatlich in einem MSCI World ETF mit einer jährlichen Entwicklung von 7,1% an, dürft ihr euch in 34 Jahren beglückwünschen, denn dann besitzt ihr ein stolzes Vermögen von 1.010.070 Euro. Und wir sprechen hier nur von einem durchschnittlichen, wenn auch breit gestreutem ETF. Ja, die Erhöhung deines Einkommens ist also ein Hebel für mehr Vermögen. Aber es kommt noch mehr darauf an, wie viel du von deinem Einkommen überhaupt behältst.
Geld verdienen & finanzieller Erfolg
Von da aus kommen wir direkt zum finanziellen Erfolg, der in der Regel mit dem 1. Schritt, dem Geldverdienen, verbunden wird.
Wer ist finanziell erfolgreich?
Wenn jemand 10.000 Euro im Monat verdient, würde man erstmal sagen: „Alter Schwede, die Person ist finanziell erfolgreich. Sie verdient sehr gut.“.
Aber ist das auch noch so, wenn du dir die Ausgaben jener Person ansiehst und feststellst, dass diese Person 9.500 Euro im Monat für Leben, Leasing-Raten und Luxus verschleudert? Ich behaupte, diese Person ist finanziell nicht erfolgreich.
Nehmen wir uns eine andere Person mit einem monatlichen Einkommen von 3.000 Euro. Da würden die meisten sagen: „Joa, oberer Durchschnitt.“. Was aber, wenn diese Person in der Lage ist, jeden Monat 1.000 Euro zur Seite zu legen und dieses Geld in ETFs und Aktien investiert? Diese Person hat bei durchschnittlichen 7,1% p.a. Rendite in 28 Jahren ein Vermögen von über einer Million Euro angehäuft und könnte sich theoretisch entspannt am Strand von Bali in einer Hängematte tummeln.
DAS ist finanziell erfolgreich.
Du siehst, reich zu sein und finanzieller Erfolg sind keine festen Werte, die für jedermann gleich sind. Wir bewerten sie nur viel zu oft im Vergleich zu anderen und fühlen uns dadurch schlecht und nicht handlungsfähig. Davon müssen wir weg. Unbedingt.
Klar, finanzieller Erfolg ist zwar auch, aber nicht nur vom Einkommen einer Person abhängig.
Denn letztendlich ist finanzieller Erfolg das, was du mit deinem Geld kontinuierlich machst. Und dazu musst du es in den nächsten Schritten vor allem BEHALTEN und für dich arbeiten lassen.
Laufen lernen 2.0
Erinnerst du dich an die Zeit, in der dein Kind laufen lernte? Oder falls du kein Kind hast, kannst du dir vorstellen, wie das in etwas funktioniert?
In erster Linie müssen Kinder dazu etwas ganz anderes beherrschen: Greifen und Festhalten. Denn, um zu Laufen, muss man erst einmal stehen können. Und um zu stehen, muss man sich als Kind an einem Hosenbein oder Stuhl hochziehen können. Und das geht nur durch Greifen und Festhalten. Frage: Was passiert, wenn das Kind es geschafft hat und das erste Mal steht? Klar, die Eltern feiern das unter tosendem Applaus.
Dein Kind steht nun also. Es gewinnt Selbstvertrauen und Stärke. Nun muss es nur noch laufen. Und dein Kind weiß ziemlich genau: Wenn meine Eltern das können, dann kann ich das auch. Es zieht sich eines Tages wieder am Stuhl hoch, steht und setzt einen wackeligen Schritt zur Seite. Wieder tosender Applaus der Eltern. So geht das einige Tage und Wochen weiter. Und ehe du dich versiehst, dreht dein Mini die ersten Runden um den Tisch, indem es sich festhält und einen Schritt nach dem anderen geht. Das Kind wird immer stärker, die Muskulatur kräftiger, sein Selbstvertrauen immer größer. Und dann kommt der Tag, da will es irgendwohin laufen, aber es gibt keine Möglichkeit sich festzuhalten. Vielleicht ermunterst du dein Kind auch zu dir zu kommen. Es fasst Mut und siehe da, der erste eigenständige Schritt ist getan. Vielleicht schwankend, vielleicht schon ziemlich sicher. Aber dieser Schritt ist getan. Wieder tosender Applaus der Eltern. Und nur kurze Zeit später - als wäre all das nie ein Problem gewesen - setzt es ganz selbstverständlich einen Fuß vor den anderen. Dein Kind läuft.
Bei diesem Prozess gibt es einen so bemerkenswerten Punkt, den ich an Kindern immer wieder bewundere: Kinder besitzen die Offenheit jeden Moment lernen zu wollen. Egal was im Umfeld geschieht, sie saugen es immer auf. Als wäre es selbstverständlich, das zu tun. Neben der Tatsache, dass Kleinkinder vorerst Muskulatur aufbauen müssen und das nur Training ermöglicht (Festhalten, Rumstehen, Beine bewegen), ist es vor allem ein offener Geist, der sie befähigt, laufen zu lernen. Vereint mit einer ganzen Menge Geduld. Das steht im völligen Gegensatz dazu, wie viele Erwachsene lernen oder eben nicht mehr lernen. Erwachsene lassen sich nur zu gern von Ohnmacht und fehlendem Vertrauen leiten und lernen nur aufgrund dessen nicht dazu. Nicht, weil sie es hunderte Male versucht hätten und gescheitert sind, sondern schlichtweg, weil sie denken, sie würden scheitern. Als Erwachsene sind wir oft kaum noch in der Lage, wirklich geduldig Fähigkeiten zu erlernen. Entweder versuchen wir es erst gar nicht oder wir brechen den Versuch nach dem ersten Scheitern ab. Würden Kinder das so angehen, hätten wir Eltern ein echtes Problem! Und genauso geht es uns auch mit unseren Finanzen. Wir glauben manchmal viel zu fest daran, Dinge nicht zu können. Und warum? Weil wir irgendwann vielleicht mal versucht haben, einen Schritt zu machen, das aber nicht funktionierte, weil wir einfach noch zu jung oder zu unwissend waren oder weil uns vielleicht jemand sagte, wir würden dieses oder jenes nicht verstehen. Das ist in etwa so, als würde dein Kind nach dem ersten Hinfallen nie wieder einen Schritt gehen wollen. Wäre das für dich als Elternteil akzeptabel? Würdest du nicht alles daran setzen, deinem Kind das Laufen beizubringen? Weil es so wichtig, so grundlegend ist. Weil es so vieles ermöglicht. Was würdest du deinem Kleinkind sagen, wenn es eigenständig laufen möchte? „Lauf einfach los. Probiere es.“ würdest du sagen, oder? Ich möchte dich bitten: Kehre emotional zum Kindsein zurück. Gestatte dir das Selbstvertrauen, jederzeit alles lernen zu können, was du lernen möchtest. Baue das Vertrauen in dich auf, jederzeit den ersten Schritt machen zu können. Und glaube daran, dass immer ein weiterer Schritt möglich ist. Solltest du dich von Geldthemen und Finanzkram eingeschüchtert fühlen, dann rate ich dir jedenfalls dringend: Lauf einfach los. Probiere es und lerne geduldig.
Vielleicht ist es schon passiert, vielleicht passiert es noch, dass du dir im Verlauf dieses Buches denkst: „Meine Güte, warum bin ich bislang nur so schlecht mit meinem Geld umgegangen? Ich habe eben keine Ahnung davon. Ich kann nicht gut mit meinem Geld umgehen.“. Bitte streiche solche Gedanken umgehend. Reue, Mutlosigkeit, schlechtes Gewissen, Scham, Schuld und Schuldzuweisungen bringen dich und euch als Familie überhaupt nicht voran. Es sind Widerstände, die dich hemmen. Also streiche sie. Finanzfehler macht man eben. Ich habe welche gemacht, Millionäre und Milliardäre haben Finanzfehler gemacht, Finanzminister haben solche Fehler gemacht, (verschuldete) Lottogewinner haben Finanzfehler gemacht und wahrscheinlich auch deine geliebte Oma. Jeder macht sie. Du kommst aber nur weiter, wenn du dich den Dingen stellst, du dazulernst und ein neues Kapitel aufschlägst. Alles beginnt mit einem ersten Schritt in die richtige Richtung.
Zusammenfassung
• Lerne, in deiner Familie über Geld zu sprechen. Authentisch und offen.
• Denke ehrlich über dein Geld und dein Geldverhalten nach.
• Geld ist wichtig, weil man bestimmte Dinge davon realisieren kann.
• Zeit ist wichtig, weil du sie nicht für Geld kaufen kannst.
• Die wertvollsten und wirklich glücklich machenden Dinge sind die, die man für Geld nicht kaufen kann. (Zeit, Gesundheit, Beziehungen)
• Achte auf deine Sprache in Bezug auf Geld.
• Wenn du bislang kein Vermögen angehäuft hast, solltest du jetzt mehr über Geld lernen.
• Mehr Geld allein, löst deine Probleme nicht.
• Reichtum ist, wenn du deine Bedürfnisse unabhängig und durch dein Kapital befriedigen kannst.
• Finanzieller Erfolg ist, clever mit deinem Geld umzugehen.
• Reaktiviere deine kindliche Offenheit alles lernen und verstehen zu können – auch Finanzkram.