Читать книгу Das Geheimnis der Dämonen - J.B. Brooklin - Страница 13

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Das Sonnenlicht war so hell, dass sie die Augen zusammenkneifen musste. Es strömte ungehindert durch eine riesige Fensterscheibe. So muss es aussehen, wenn man gestorben und in den Himmel gekommen ist, dachte sie, während sie sich aufrichtete und die Umgebung aufmerksam musterte.

Sie befand sich in einem seltsamen Raum. Hier fehlten rechte Winkel und glatte Wände, es war wie in einer luxuriösen Höhle. Dunkelgraues Schiefergestein rahmte das Gemach ein. Neugierig sah sie sich weiter um. Auf dem Fußboden sorgten bunte Teppiche für Kontrast zu dem grauen Stein. Ein Sessel und ein Tisch, beides aus Ästen hergestellt, bildeten eine Sitzgruppe. Das Zimmer war behaglich, verströmte aber eine Atmosphäre, als sei es seit Langem nicht mehr benutzt worden.

Erneut suchte ihr Blick die Glasfront, die eine atemberaubende Aussicht bot. Wie in einem Adlerhorst konnte sie von ihrem Bett aus das Panorama der Bergwelt genießen, das sich in seiner ganzen Pracht vor ihr ausbreitete. Schneebedeckte Gipfel und ein eisblauer Himmel erstreckten sich in einer unendlichen Weite.

Es dauerte mehrere Minuten, bevor sie es schaffte, sich von dem Anblick loszureißen und die Gedankenfetzen, die durch ihren Kopf wanderten, zusammenzusetzen. Alexander. Die Hand, die er ausstreckte. Und dann Dunkelheit.

Mit einem Ruck setzte sie sich auf. Das Bett, in dem sie gelegen hatte, war riesig. Weiche Kissen wollten sie dazu verführen, länger zu verweilen. Die Decke schmiegte sich an ihren Körper, als wolle sie sie ebenfalls überreden, zu bleiben und die Aussicht zu genießen.

Sie widerstand der Versuchung. Stattdessen ließ sie ein vertrautes Gefühl zu. Wut. Schon wieder hatte ein Mann seinen Willen über den ihren gestellt. Alexander hatte sie in eine Ohnmacht sinken lassen. Sie wusste nicht, wie er das geschafft hatte. Aber sie war sicher, er hatte sie in das schwarze Loch fallen lassen, als er mit seiner Hand auf ihren Kopf deutete. Danach musste er sie aus dem Haus ihres Onkels gebracht haben.

Wie hat er das geschafft, ohne von meinem Onkel daran gehindert zu werden? Torsten Halder mit seinen Bodyguards hätte in der Lage sein müssen, ihn aufzuhalten. Und dann war da noch Rosco.

Die Wut wurde von etwas anderem verdrängt. Angst. Dieser Mann hatte sie entführt. Auch wenn die Umgebung luxuriös war, so konnte dies nur eines bedeuten: Ihr Leben war in Gefahr. Ihre Muskeln, die eben noch bereit gewesen waren, ihren Körper mit einem Satz aus dem Bett zu befördern, gaben ihren Dienst auf. Sariel fiel in die Kissen zurück und ergab sich der Sturzflut der Gefühle, die über sie hinwegspülte. Es war seltsam. Nach dem Tod ihrer Eltern war sie in ein Vakuum geflüchtet, das sämtliche Emotionen aussperrte. Erst in den letzten Tagen hatten es zwei Gefühle geschafft, diese Mauer zu durchdringen: Wut und Angst.

Die Wut konnte ihr nützlich sein. Mit einem tiefen Atemzug versuchte sie, die Panik aus ihrem Kopf zu vertreiben. Was auch immer dieser Mann mit ihr vorhatte, sie würde es ihm nicht so leicht machen, wie er dachte. Sie war bereit zu kämpfen.

Mit einem Satz sprang sie aus dem Bett. Es wurde Zeit, Alexander zu konfrontieren.

Wenn sie geglaubt hatte, die Aussicht aus ihrem Zimmer sei atemberaubend, so wurde sie schnell eines Besseren belehrt. Der Raum, den sie nun betrat, war etwa zehnmal so groß. Die Felsdecke wölbte sich in einem hohen Bogen über ihrem Kopf, aber das war es nicht, was ihren Blick festhielt. Die gesamte vordere Front des Raumes wurde von fast zwanzig Meter breiten Panoramafenstern dominiert. Ohne sich dessen bewusst zu sein, verharrte sie und sog das Bild in sich auf.

„Guten Morgen. Ich hoffe, es geht dir gut.“ Die leisen Worte unterbrachen ihre Andacht.

„Gut?“ Noch während sie dieses eine Wort ausspuckte, wirbelte sie zu ihm herum. „Als gut würde ich es nicht bezeichnen, wenn ich aus einer Bewusstlosigkeit erwache, die von dir verursacht wurde.“

„Es tut mir leid.“ Alexander löste sich von der Felswand, an der er gelehnt hatte, und trat einen Schritt auf sie zu.

„Das ist mir egal. Ich will hier weg, nach Hause, und zwar sofort.“

„Das geht nicht.“

„Ach, ich vergaß. Mein Onkel hat deine Forderungen wohl noch nicht erfüllt. Das wird er nicht tun. Er verhandelt nicht mit Verbrechern.“

„Forderungen?“ Alexander sah sie irritiert an. „Ich will nichts von deinem Onkel.“

„Warum hast du mich dann entführt?“

„Entführen ist nicht das richtige Wort.“ Für einen Augenblick herrschte Stille.

„Dann sollte es kein Problem sein, mich wieder nach Hause zu bringen.“

„Ich sagte bereits. Es geht nicht.“ Alexander ging an ihr vorbei, bis er vor dem Fenster stand. Dann drehte er sich um und bedeutete ihr näher zu kommen. Den Teufel würde sie tun.

„Bitte“, sagte er schließlich, nachdem sie seiner Aufforderung nicht nachkam.

„Warum sollte ich?“

„Ich möchte dir etwas zeigen.“

Letztendlich siegte die Neugierde. Wenn ihre Vermutung stimmte, mussten sie sich hoch oben auf einem Berggipfel befinden. Zwei Schritte bestätigten ihre Vermutung. Fast wurde ihr schwindelig, als sie aus dem Fenster nach unten blickte. Wie hatte er an diesem Ort eine Behausung errichten können?

Frei. Obwohl er ihren Wunsch verweigert hatte, kam sie sich frei vor. Wie der Adler, der hoch am Himmel seine Kreise zog. Es war seltsam. Sie fühlte sich schwerelos, so als sei ihr Körper nicht mehr an die Erdanziehungskraft gebunden. Fast glaubte sie, sie könne sich ebenso wie der Vogel in die Lüfte erheben. Die Berge bewirkten, was er nicht vollbracht hatte: Ihre Wut löste sich auf.

Aber das war unwichtig. Alles, was zählte, war ihr Wille.

„Nein.“ Alexander sprach noch immer so leise, dass sie das Wort mehr erahnte, als es zu hören.

„Ich bin es leid, mir von Männern sagen zu lassen, was ich zu tun habe. Erst mein Onkel und nun du. Ich werde noch heute diesen Ort verlassen. Und du wirst mir helfen, von diesem Berg wieder herunterzukommen.“

„Wenn ich das tue …“ Alexander ließ den Rest des Satzes in der Luft hängen. Anstatt ihn zu vollenden, wechselte er das Thema. „Du hast etwas, was dein Onkel besitzen will. Das ist der Grund, weshalb du nicht gehen kannst. Zurzeit ist Halder nicht ganz er selbst.“

Während er diese seltsame Erklärung abgab, ging eine Veränderung in ihm vor. Sein Gesicht verzerrte sich und seine Hände ballten sich zu Fäusten. Er trat einen Schritt zurück. Wie schon zuvor hatte sie das Gefühl, er sei kurz davor, sich auf sie zu stürzen. Und dann geschah etwas Seltsames. Sie konnte sehen, wie dunkle Energie in einem Wirbel um seinen Körper floss. Es sah aus, als stünde er in einem Strudel aus schwarzem Nebel. Der Anblick war unheimlich.

Er zitterte. Und dann war der Spuk vorbei. Die Schwärze zog sich zurück. Fast war sie bereit zu glauben, sich alles nur eingebildet zu haben.

„Ich habe eher den Eindruck, als wärst du derjenige, der nicht er selbst ist.“ Die Worte waren heraus, bevor sie es sich anders überlegen konnte. Sie wollte nicht mit ihm reden, wollte nichts über diesen Menschen erfahren.

„Ich hielt es für eine gute Idee, mir die Energie eines anderen anzueignen. Leider stellt sich heraus, dass ich nicht so gut damit umgehen kann, wie ich dachte“, sagte er.

„Es soll Menschen geben, die aus ihren Fehlern lernen. Vielleicht gehörst du ja dazu. Aber, wenn ich ehrlich bin, interessiert mich das nicht. Wie ich schon sagte, ich will von hier weg.“

„Das ist schade, denn es geht nicht. Ich glaube, ich habe das bereits erwähnt.“

Wut überschwemmte sie erneut mit einer Heftigkeit, die sie erschreckte. Wie eine Welle brach die Emotion über Sariel herein. Ohne darüber nachzudenken, lenkte sie die Flut in Alexanders Richtung. Er taumelte zurück.

Aber sie hatte ihn nicht berührt. Sie hatte nur diese seltsame Kraft benutzt.

„Du bist stärker, als ich dachte.“ Alexander lächelte, aber es war eher eine verzerrte Grimasse. Er rieb sich die Rippen, so als habe sie ihn tatsächlich verletzt.

„Das war nicht ich“, protestierte sie.

„Doch. Ich weiß nicht, ob …“ Wieder dieses Zittern. Seine Augen veränderten ihre Farbe von blau zu fast schwarz. Ebenso wie die Wolke, die sie gesehen hatte, obwohl es so etwas nicht geben konnte.

Und dann war da nur noch Rauch. Plötzlich war sie allein.


Die Hitze der Sahara hüllte ihn ein wie ein schützender Kokon. Mit einem tiefen Atemzug ließ er sich in den Sand sinken.

Das war knapp. Einen Lidschlag länger und er hätte sich auf sie gestürzt. Die Energie Halders war so stark, dass er seine ganze Willenskraft aufbringen musste, um sie zu bezwingen. Sariels überraschende Attacke hatte dazu geführt, dass er die Kontrolle verlor.

Er war kurz davor gewesen, Sariel das anzutun, wovor er sie beschützen wollte.

Die glühenden Sonnenstrahlen taten ihm gut. Sie brannten Halders giftige Energie aus ihm heraus. Gut! Er musste Halders Einfluss loswerden, bevor er zu Sariel zurückkehrte. Im Moment war er für sie gefährlicher als der Banker.

„Ich bin ein verdammter Idiot.“ Ohne es zu wollen, hatte er diesen Gedanken laut ausgesprochen. Er verhallte in der unendlichen Weite, die ihn umgab. Die Wüste war geduldig, ein paar Worte konnten ihrer Macht nichts anhaben.

Er seufzte. Die letzten Tage hatten eines deutlich gezeigt: Er war bei Weitem nicht so stark, wie er geglaubt hatte. Der Banker hatte ihm wiederholt die Grenzen seiner Macht aufgezeigt. Und jetzt musste er feststellen, dass Halders schwarze Magie weitaus gefährlicher war, als er geglaubt hatte. Er hatte jede Faser seiner Kraft gebraucht, um ihr Herr zu werden. Fast hätte er versagt.

Die Sonnenstrahlen bohrten sich in seinen Körper, begannen ihre reinigende Arbeit. Mit ihnen kam der Schmerz. Ein müdes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Er hätte es wissen müssen, alles, was mit Torsten Halder zusammenhing, war schmerzhaft.


Sariel stand in der Mitte des Raumes. Sie war wütender als jemals zuvor in ihrem Leben. Wie konnte er es wagen zu verschwinden? Und sie hier, hoch oben in den Bergen, zurückzulassen.

Mit einem Aufschrei ließ sie ihren Gefühlen freien Lauf. Schleuderte die Energie in alle Richtungen. Wie ein Wirbelsturm rasten die Kräfte, die sie entfesselte, durch den Raum. Ein Tisch flog durch die Luft. Eine Couch krachte gegen die Glasfront. Bilder wurden von den Wänden gerissen.

Die Elemente tobten, von ihrem Willen entfesselt. Nie zuvor hatte sie sich so lebendig gefühlt. So machtvoll.

Das triumphale Gefühl sollte nicht lange andauern.

Ein Spiegel, einer der letzten Gegenstände, die ihrer Kraft widerstanden hatten, reflektierte sie.

Der Orkan, der eben noch in ihren Ohren geheult hatte, verstummte. Die Stille war beängstigend. Noch schlimmer aber war die Kreatur, die sie in dem Spiegel erblickte.

Das war kein Mensch, sondern ein Wesen, das aus Feuer bestand.

Wer war sie?


Es dauerte lange, bis er sie entdeckte. Sie kauerte in der hintersten Ecke ihres Zimmers, mit den Armen hielt sie ihre Knie fest umschlungen. Er konnte ihren Gesichtsausdruck nicht erkennen, denn die Flut ihrer Haare ergoss sich über ihren Körper, aber ihre Haltung war ein deutlicher Ausdruck ihrer Verzweiflung.

„Was ist passiert?“ Seine Stimme klang rau, als er diese Worte flüsterte. Angst jagte einen Schauer über seinen Rücken. Hatte es Halder trotz der starken Schutzzauber, die diesen Ort umgaben, geschafft, zu ihr vorzudringen. Hatte er …?

„Nichts. Nichts ist geschehen.“ Ihr Blick war leer. Die Worte mechanisch. Ganz so, als sei es ihr egal, ob sie glaubwürdig waren oder nicht.

Er setzte sich neben sie. Wollte ihr etwas von seiner Körperwärme abgeben, um sie aus der Erstarrung zu lösen, aber sie bemerkte ihn nicht. Ihre Augen blickten starr geradeaus.

„Was bin ich?“ Sie sprach, ohne ihn anzusehen, fixierte die Berggipfel, als könne sie dort die Antwort finden. Erst als er nicht antwortete, sah sie ihn an.

„Du weißt es. Nicht wahr?“

Alexander war sich nicht sicher, was er auf diese Frage antworten sollte. Natürlich wusste er, was sie war. Aber war es ratsam, ihr die Wahrheit zu sagen? Sariel sah aus wie ein hauchdünnes, zartes Porzellangefäß, dessen vollkommene Oberfläche bereits einen Sprung hatte. Wenn er das Falsche sagte, würde er das Gefäß zerstören.

„Sag mir die Wahrheit, Alexander.“ Als er noch immer schwieg, lachte sie. Es war kein fröhlicher Laut. „Du bist wie mein Onkel. Auch er erzählt nur Dinge, die ich seiner Meinung nach wissen darf.“

Mit einem Ruck hob er den Kopf. „Ich bin in nichts deinem Onkel ähnlich.“

„Sieht aus, als hätte ich einen wunden Punkt getroffen.“ Der Sarkasmus verriet mehr über ihren Gemütszustand, als sie dachte. Vielleicht war sie stärker, als er zunächst angenommen hatte. Außerdem hatte sie ein Recht, die Wahrheit zu erfahren, zumindest was die Frage ihrer Herkunft anbelangte.

„Du bist ein Halbdämon. Das Kind einer Dämonin und eines Menschen.“

„Eine Halbdämonin?“ Sie lachte wieder. Dieses Mal aber bewegte sich das Lachen auf dem schmalen Grat zwischen Hysterie und Wahnsinn. „Es gibt keine Dämonen. Was bedeutet, dass es mich nicht gibt.“

„Sieh mich an, Sariel. Ich bin ein Dämon, ein Ifrit.“

Sie schüttelte den Kopf. „Die Nummer also. Als Nächstes soll ich glauben, mein Onkel sei ein Vampir … und ach, ja, Werwölfe gibt es auch. Nicht wahr?“

„Du weißt, dass ich die Wahrheit sage. Warum also versuchst du, das Ganze ins Lächerliche zu ziehen?“

Dieses Mal war sie diejenige, die schwieg. Als sie sprach, war ihr Blick zum ersten Mal seit diesem seltsamen Zusammentreffen wieder klar. „Meine Mutter konnte das auch. Sich in Rauch auflösen. So wie du. Ich hatte es vergessen. Ich war noch ein Kind, als sie es das letzte Mal tat. Als ich anfing, darüber zu reden, hörte sie damit auf und behauptete ich hätte mich geirrt, wenn ich sie darauf ansprach. Warum hat sie mir nie gesagt, was ich bin?“

„Ich weiß es nicht. Ich wünschte, ich könnte dir diese Frage beantworten, aber ich kann nicht.“

„Kanntest du sie?“

„Nein. Aber das ist nicht ungewöhnlich. Dämonen leben in der Welt der Menschen meist allein, an entlegenen Orten.“ Mit einer Geste wies er auf die Fensterfront vor ihnen.

„Ifrit.“ Sie sprach das Wort, als wolle sie seinen Geschmack testen.

„Ich kann dir von uns, von unserer Art erzählen, wenn du möchtest“, bot er an.

Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Ich muss … ich muss darüber nachdenken.“

Die Tajine war fast fertig, als sie die Küche betrat. Seit ihrem Gespräch waren mehrere Stunden vergangen. In dieser Zeit war kein Laut aus ihrem Zimmer gedrungen. Er hatte sich Sorgen gemacht. Sariel hatte viel durchmachen müssen in den letzten Tagen. Er wünschte, er hätte ihr die Erkenntnis, dass sie eine Halbdämonin war, ersparen können. Aber nach der Verwüstung, die sie in seinem Wohnzimmer angerichtet hatte, war das unmöglich. Gegen seinen Willen musste er lächeln. Der Raum sah aus, als ob ein Tornado hindurchgefegt war. Sariel Halder hatte offensichtlich das erregbare Temperament der Ifrit geerbt. Er fragte sich, welche Charaktereigenschaften ihre Mutter ihr noch mitgegeben hatte.

„Das riecht gut.“ Sariel trat an seine Seite und betrachtete die Tajine, die auf einer Tonschale stand, in der die Holzkohle bereits zu einer weißlichen Glut heruntergebrannt war. „Was ist das?“

„Das ist eine Tajine, ein marokkanisches Tongefäß. In Marokko wird es fast täglich benutzt, um Speisen zuzubereiten. Ich mag diese Art des Essens, denn es ist sehr würzig, ohne allzu scharf zu sein.“

„Klingt gut.“

Mit einer einladenden Handbewegung wies er zum Tisch. „Setze dich. Das Essen ist fast fertig.“

„Danke! Ich hatte nicht erwartet, bekocht zu werden.“

„Dachtest du, ich würde dich verhungern lassen?“

„Nein. Ich war mir nur nicht sicher, ob Dämonen überhaupt essen.“ Sie sah ihn herausfordernd an.

„Wir essen, aber anders als Menschen können wir sehr lange ohne Nahrung auskommen. Wir sind nahezu unsterblich.“

„Unsterblich. Dafür siehst du ziemlich jung aus.“ Sariel musterte ihn. „Ich würde dich auf Mitte zwanzig schätzen.“

„Ich bin hundert Jahre alt. Es gibt Ifrit, die über tausend Jahre zählen, trotzdem sehen sie nach euren Maßstäben nicht alt aus. Für einen Ifrit bin ich jung.“ Was auch der Grund dafür war, dass Halder mich überlisten konnte.

„Und Halbdämonen? Was ist mit mir, bin ich auch unsterblich?“

„Möglicherweise. Es gibt Halbdämonen, die sehr alt werden und erst mit zweihundert oder dreihundert Jahren sterben. Manche sind ebenso wie wir unsterblich. Das hängt davon ab, welcher Erbteil in dir überwiegt. Die meisten Halbdämonen sind älter, als du es bist, bevor der Dämonenanteil in ihnen zutage tritt. Bei dir sind die Fähigkeiten früh ausgebrochen.“ Er runzelte die Stirn. „Zu früh.“

„Meine Mutter ist tot. Wie kann das sein, wenn sie doch unsterblich war?“

„Man kann einen Dämon töten. Es ist nicht einfach, aber es geht.“

„Meine Mutter starb bei einem Autounfall.“

„Das … kann sein.“

Er war ein miserabler Lügner. Innerlich verwünschte er sich dafür, aber er würde ihr nicht die Wahrheit sagen. Sie durfte nicht erfahren, dass Halder ihre Eltern ermordet hatte. Ebenso wenig wie die Tatsache, wer dazu bestimmt war, ihren letzten lebenden Verwandten zu töten. Zum Glück bemerkte sie seinen inneren Zwiespalt nicht, denn sie hing ihren eigenen Gedanken nach.

Das war gut. Sehr gut sogar, denn sie war noch nicht bereit, mit einer weiteren Wahrheit konfrontiert zu werden. Nicht, nachdem ihr Leben gerade auf den Kopf gestellt worden war.

„Was ist es, was mein Onkel von mir haben will?“, fragte sie und holte ihn in die Realität zurück. Das Gefühl der Erleichterung löste sich in Rauch auf.

„Das habe ich noch nicht herausgefunden“, versuchte er, der Frage auszuweichen. Sariel musterte ihn.

„Du bist ein schlechter Lügner“, stellte sie fest. „Mein Onkel will etwas von mir. Was angeblich der Grund ist, weshalb du mich nicht zu ihm zurückbringst. Wenn du in diesem Punkt die Wahrheit sagst …“ Sie brach ab und überlegte. „Wenn es also wahr ist, dann bin ich offensichtlich nicht bereit, ihm das zu geben, was er haben möchte. Was seltsam ist, denn ich besitze nichts, was für ihn von Wert ist. Außer den Aktien. Aber die verwaltet ohnehin er für mich.“ Sie starrte auf den Fußboden und runzelte die Stirn. „Vielleicht sollte ich das ändern“, murmelte sie.

Alexander schwieg. Es war besser, wenn Sariel glaubte ihr Onkel sei an ihren Aktien interessiert.

Das Geheimnis der Dämonen

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