Guten Morgen, Mitternacht
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Jean Rhys. Guten Morgen, Mitternacht
Schmerz bleibt nie allein
Erster Teil
Zweiter Teil
Dritter Teil
Vierter Teil
Über Jean Rhys
Impressum
Отрывок из книги
Vorwort von Leslie Jamison
Als ich Guten Morgen, Mitternacht zum ersten Mal las, war ich zweiundzwanzig und vollauf damit beschäftigt, ein innerlich wildbewegtes Leben zu führen: Liebesaffären, die zum Scheitern verurteilt waren, hochfahrende Ambitionen, unermessliche Traurigkeit. Niemand hat unermessliche Traurigkeit besser eingefangen als Jean Rhys, und keines ihrer Bücher zeigt sie so ungeschminkt wie Guten Morgen, Mitternacht – die Geschichte einer Frau, die sich in einem billigen Hotelzimmer beinahe zu Tode trinkt. Als ich das erste Mal die Anfangsszene las, in der Sasha, die Hauptfigur, von einer Fremden getadelt wird, weil sie in einer Bar weint (»Ich bin manchmal genauso unglücklich wie Sie. Aber das heißt nicht, dass ich es alle Leute merken lasse«), wusste ich, zu wessen Team ich gehörte: Team Sasha, Team Rhys, Team Betrunken-in-der-Öffentlichkeit-Weinen.
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Aber beim zweiten Lesen meinte ich, den Russen in Schutz nehmen zu müssen. Vielleicht sollte Sasha tatsächlich neue Freunde finden. Vielleicht war ihre Ablehnung solch gewöhnlicher Lösungen reine Arroganz.
Als der Gigolo sie fragt, wovor sie Angst habe, sagt sie unverblümt: »Ich habe sehr große Angst vor der ganzen verdammten menschlichen Rasse …«, aber innerlich antwortet sie mit einer träumerischen Vision: »Du gehst friedlich eine Straße entlang«, denkt sie. »Du stolperst. Du fällst in die Dunkelheit. Das ist die Vergangenheit – oder vielleicht auch die Zukunft. Und du weißt, es gibt keine Vergangenheit, keine Zukunft, es gibt nur diese Dunkelheit, die sich kaum merklich langsam verändert und doch immer dieselbe bleibt.« Bevor ich vom Alkohol loskam, glaubte ich an ein inneres Leben, das dieser Vision sehr ähnlich war: Gefühle passieren. Sie befördern dich mit einem Tritt in den Gully. Du fällst in die Dunkelheit. Dagegen kann man nichts tun, außer eine Existenz aus Täuschung und Lügen aufzubauen: Ich bin noch auf der Straße; nein, wirklich, das bin ich! Sonst müsste man die Wahrheit zugeben: Es gibt keine Hoffnung. Ich bin gefallen.
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