Читать книгу Die Rettung einer Jungfrau - Jenny Joquee - Страница 4

Kapitel I

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Sie sollte sich beeilen, sonst sperrte der Laden noch zu. So, wie sich die Wolken gerade herumzogen, würde es vielleicht auch zu regnen beginnen. Ach, das ging sich schon noch aus. Ein Windstoß kam auf, ungefähr wie vorhergesagt, und wirbelte den Staub und den herumliegenden Müll auf. Dämmrig war es noch nicht wirklich, aber am besten, sie nahm doch den kürzeren Weg.

Manuela bog um eine Ecke und hatte eine bröckelige Fassade vor sich. Auch die Häuser weiter vorne mussten ihre letzte Renovierung vor langer Zeit gesehen haben. Sie griff nach ihrem Handy und überlegte, ob sie hier doch noch was zum Mitnehmen essen oder lieber umdrehen sollte. Am besten, sie ging … auf die andere Straßenseite. Da war etwas, das nach einem halb geöffneten Imbisslokal aussah. Oder doch eher wie ein Laden, wo es auch ganz andere Dinge gab, wenn jemand danach frage. Ja, sie überlegte – und beschloss, umzukehren.

Noch einmal wollte sie auf den Plan nach dem Weg sehen und verglich ihn mit den Straßennamen. Als sie wieder aufblickte, tauchten vor ihr drei Männer auf. Die mussten gerade um die Ecke gebogen sein. Einer von ihnen blieb stehen und sah sie mit einem ganz speziellen Blick an. Niemand sonst war hier, noch ein Windstoß ließ sie zittern – und sie zuckte zusammen. Sie erstarrte, war wie gefesselt – denn der Typ zog eines dieser Klappmesser aus seiner Tasche! Manche spielten sich den ganzen Tag mit so etwas – aber er hatte es nun auf sie gerichtet. Die beiden anderen richteten nun ebenfalls ihre Aufmerksamkeit auf sie.

„Hey, schönes Handy!“, wurde sie von dem mit dem Messer angesprochen.

Gerade vorhin hatte sie ihr Smartphone in die Hand genommen und fand gerade erst heraus, wo sie genau war. Aber der machte doch sicher nur Spaß. Die wollten sie doch nicht mitten auf der Straße überfallen? Vielleicht auch noch ihr ganzes Geld nehmen? Aber sie sah noch einmal hin – und ein kalter Schauer lief plötzlich über ihren Rücken. Nun hatte der Typ auch noch seinen Blick auf ihre Handtasche gerichtet – und begann sich schneller mit dem Messer zu spielen. Sie musste rasch hier weg! Da musste doch …

„Wohin denn so schnell?“, wurde er ein wenig lauter und trat noch näher. „Hast du noch was vor?“

„Ja, also …“

„Was haben wir denn da?“

Er tat so, als wäre er beim Anblick ihrer Handtasche völlig erstaunt. Oh, klar, da war ihr ganzes Geld drinnen, und auch noch ihre Ausweise. Sie hätte das zuhause lassen sollen! Was, wenn sie einfach einen Schritt zurückmachte, und noch einen, und …

Manuela spürte, wie ihr Herz raste. Noch war doch nichts passiert, und vielleicht sollte sie von sich aus anbieten … und verwarf auch diesen Gedanken gleich wieder. Aber da vorne … war doch jemand! Hilfe, ganz schnell hierher! Sie dachte es nur und schrie nicht. Noch nicht? Ob sie dieser Mann dort drüben schon bemerkt hatte? Er sah sogar etwas größer und kräftiger als die hier aus.

Wieder lief ein Prickeln über ihre Haut, als er sich näherte. Sich fast anschlich und schon erkannt haben musste, worum es hier ging. Sollte sie schnell zu ihm laufen? Seinem Anzug nach sah er fast so aus, als käme er gerade von einem geschäftlichen Treffen. Ob er es mit denen hier aufnehmen konnte? Ja, er schien einen Plan zu haben. Aber kam da noch jemand von diesen Typen? Wo war hier die Polizei? Ob sie von diesem Mann schon angerufen worden war?

„Was soll denn das werden?“, brüllte er nun fast und stampfte auf den Boden. Er rückte seine Kleidung leicht zurück, als wollte er sich bereit für einen Kampf machen. Hatte er auch ein Messer dabei und wusste damit umzugehen? Er würde es denen schon zeigen! Nun war alles gut! Doch erst einmal drehten sich diese Typen hier ohne jede Eile zu ihm um.

Dieses Gefühl auf ihrer Haut wurde auf einmal viel stärker. Doch da vorne war noch jemand aufgetaucht. Sie sollte schreien, sollte weglaufen … oder lieber nicht? Es war ein Mann, der mindestens so kräftig wie diese Verbrecherbande hier aussah. Aber seine Kleidung war gepflegter. Er kam näher, gab auch ein lautes „Hey!“ von sich, und die Typen vor ihr drehten sich um.

„Was willst du denn hier?“, fragte der mit dem Messer.

„Hab ihr ein Problem?“

„Nein, sicher nicht.“

„Dann habt ihr gleich eines!“

Schnell zog auch er ein Messer aus der Tasche – und schien damit noch geschickter umgehen zu können. Hätte sie doch nur einmal so einen Pfefferspray gekauft. Er kam näher, fuchtelte damit herum, und die kleine Gruppe wich zurück.

„Okay, okay!“, gab der Anführer von sich. Er packte sein Messer ein, machte rasch einen Abgang um diese Ecke mit dem bröckelnden Verputz, und die anderen liefen ihm nach. Sollte er ihnen nicht nachlaufen? Die wurden sicher bald verhaftet. Nun stand nur noch dieser andere Mann vor ihr, während sich ihr Puls beruhigte. Sein dunkler Blick wandelte sich zu einem Lächeln.

„Alles in Ordnung?“, fragte er.

„Ja“, entgegnete Manuela nach einigen Sekunden und konnte kaum sprechen. „Alles bestens. Und … danke!“

Schnell klappte er das Messer zusammen und steckte es ein. Sie deutete einen Händedruck an, und das Kribbeln verschwand langsam. Obwohl … es wandelte sich eher in eine andere Art von Kribbeln. Wieder dachte sie an Männer, die vielleicht etwas von ihr wollten, und ihr Geld war das meistens nicht. Das wollte er auch nicht von ihr nicht, wie es aussah.

„Sie sollten aufpassen, meine Dame“, änderte sich sein Tonfall leicht, „das ist eine ungute Gegend hier.“

„Ja, ich weiß, ich hätte einmal so einen Pfefferspray kaufen sollen.“

„Ja, oder …“

Sein Blick wurde zu einem Lächeln – und dieses andere Kribbeln blieb. Er hatte sie von finsteren Typen beschützt. Vor einem versuchten Raubüberfall, mindestens. Sah er nicht ungefähr so aus wie …? Vielleicht beinahe süß, aber sie hatte gerade gesehen, dass er sich von niemand etwas sagen ließ. Drei Verbrecher waren gerade vor ihm geflüchtet. Vielleicht … sollte sie es ihm erzählen. Vielleicht sollte sie mit ihm …

„Ich bin auf der Durchreise“, wurde sie von seiner Antwort aus ihren Gedanken gerissen. „Wollte nur sehen, ob es hier wirklich so schlimm ist. Mein Hotel ist da drüben.“

„Oh, du meinst … ich meine, Sie meinen, mein Herr …“

Sein Lächeln wurde intensiver.

„Und ganz allein hier?“, fragte sie.

„Ja.“

Es sollte ihr missfallen, wie sich sein Blick nun wandelte. Worin lag der Unterschied zu dem Typen, der mit einem Messer beinahe vor ihrem Gesicht herumgefuchtelt hatte? Aber er verursachte bei ihr nur dieses angenehme Kribbeln. Wie jemand, der sie vor allen Gefahren beschützte und zur Stelle war, wenn er gebraucht wurde.

Vor zwei Jahren war sie erwachsen geworden und hatte bis heute nicht sehr viele Erfahrungen mit Männern. An sich gar keine. Beinahe schwach war sie schon einige Male geworden. Sicher nicht bei den Typen, die bis jetzt etwas von ihr gewollt hatten. Aber wollte der hier wirklich etwas von ihr? Er war stark und kräftig und … wohl auch sehr potent bei anderen Belangen. Sie sollte aufpassen, dass sie ihn nicht so anstarrte. Und nun?

Erneut bemerkte Manuela ein Geräusch. Die Strahlen der tief stehenden Sonne kamen durch, und ein neuer Windstoß fühlte sich nicht mehr kalt an. Sie sah einmal in die Richtung, die er wohl meinte. Er deutete es nur an, sie ihre Zustimmung – und er legte vorsichtig seine Hand auf ihre Schulter und drehte den Kopf zu ihr. Ein Schauer erfasste sie, wie Millionen von Nadelstichen. Wahrscheinlich musste sie erst herunterkommen von dieser Sache. Vielleicht gab es in seinem Hotel eine nette Lounge mit Bar, die um diese Zeit geöffnet war und wo sie mit ihm sitzen und vielleicht was trinken konnte.

Warum hatte sie nicht auf die Warnungen über diese Gegend gehört? Ihr Retter sah sie nun direkt an – und sie drehte sich in die Richtung, in die er wohl mit ihr gehen wollte. Auf einmal glaubte sie ein weiteres Geräusch zu vernehmen. Vielleicht das Klopfen ihres Herzens – aber da war nichts und niemand.

Manuela fragte sich, ob nun alles vorbei war. Ob da wirklich niemand mehr auftauchte – und ob er womöglich zu denen gehörte. Ob das alles ein Spiel war, dass die nun mit ihr spielten. Aber dieses Hotel lag doch auf der anderen Seite der Brücke, wenn es das war, was sie dachte. Dort war es auf den Straßen wahrscheinlich sichererer.

Wie naiv war sie nur zu glauben, sie könnte hier einfach so durchlaufen. Doch in seinen Gesichtszügen erkannte sie nichts, das ein ungutes Gefühl in ihr verursachte. Ja, es war nun einfach ein freundliches Lächeln. Und nun?

„Ich darf aber schon herumlaufen, wo ich will!“, entgegnete sie halblaut.

„Kann schon sein, aber dann solltest du dich einmal mit Selbstverteidigung beschäftigen.“

„Ich wollte ja nur …“

„Aber wenn du willst, kann ich dich gern begleiten.“

„Na dann … komme ich am besten mit“, meinte sie nach einer kurzen Pause.

Manuela schluckte und näherte sich diesem Mann. Vielleicht war es am Ende auch nur einer dieser Typen, die sich wichtig machen wollten. Womöglich glaubte er ihr ohnehin nicht, dass sie aus etwas besserem Haus war. War sie das noch, wenn sie sich in solche Abgründe wie hier begeben hatte? Dieser Mann, der sie vor den Verbrechern bewahrt hatte, war aber ganz anders als die anderen. Wie jemand, mit dem sie gerne was trinken würde. Und anschließend womöglich … und ihre Fantasie brach schon wieder los.

Er warf ihr noch einen Blick zu und ging voraus. Ob sie wirklich dafür bereit war? Zu dem, wo das enden konnte? Wenn er sie beschützen wollte, dann sicher auch vor Dummheiten, die sie vielleicht anstellen konnte. Nun legte sich sein Arm um ihren Rücken.

Die Rettung einer Jungfrau

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