Читать книгу Der Selbst-Entwickler - Jens Corssen - Страница 10

Was ist Erfolg?

Оглавление

Ich kenne viele Menschen, die sich in ihrem Beruf über alle Maßen engagieren und dabei depressiv werden. Weil sie sich anstrengen und doch keinen Erfolg haben – eine persönliche Empfindung, die mehr und mehr Menschen wie ein Virus befällt. Wie ist das zu erklären?

Was vor einigen Jahren mit vergleichsweise einfachen Computer-Netzwerken begann, ist heute mit dem Internet zum Charakteristikum unserer Zeit geworden: Wir sind vernetzt, und das rund um den Erdball. Im schlimmsten Fall erleiden wir das Schicksal, das jeden Global Player treffen kann: In Singapur geht’s drunter und drüber, und Nokia bekommt keine Ersatzteile. Oder Währungs- und Börsenschwankungen haben Millionenverluste zur Folge. Alle Akteure haben ihr Bestes gegeben, aber unter dem Strich haben sie das gesteckte Ziel nicht erreicht.

Die Arbeit – und damit der Erfolg – insbesondere von weltweit vernetzten Unternehmen ist im Zeitalter der Globalisierung von so vielen Unwägbarkeiten abhängig, dass der Einzelne an seinem Arbeitsplatz oftmals machtlos geworden ist. Eines der bekanntesten Beispiele hierfür ist das Engagement von BMW bei Rover in Großbritannien. Nachdem die Sache ausgestanden war, zeigte sich, dass die betroffenen Mitarbeiter, vor allem diejenigen, die sich ihren Aufgaben mit aller Entschiedenheit gewidmet hatten, völlig frustriert waren. Sie hatten sich wirklich angestrengt, sich dem Projekt mit Begeisterung hingegeben und vieles dafür geopfert – und dennoch blieb ihnen der Erfolg auf Grund äußerer Einflüsse versagt.

Das ist nur ein Beispiel von vielen, aber stets zeigt sich das gleiche Muster: In einer vernetzten Welt kann der einzelne Mitarbeiter leicht zu einer »quantité négligeable«, zu einer vernachlässigbaren Größe werden. Nicht mehr allein seine Leistung ist entscheidend für das Fortkommen seines Unternehmens, sondern die Aktienkurse in New York, der Ölpreis in Rotterdam, ein Erdbeben in Japan ...

Die eigene hervorragende Leistung ist kein Garant mehr für das Erreichen von Zielen.

In der heutigen Zeit müssen Mitarbeiter, besonders jene in den großen Unternehmen, lernen, dass Leistungsfähigkeit und Erfolg oft nicht mehr direkt miteinander verbunden sind. Es gibt keine Garantie für Erfolg mehr: »Ich kann mich noch so leidenschaftlich und konsequent in eine Aufgabe verbeißen, trotzdem weiß ich nicht, ob diese Anstrengung sinnvoll ist. Das Unternehmen fusioniert vielleicht, und alles ändert sich. Mag sein, dass die Produkte, an deren Entwicklung ich mitarbeite, nie zur Marktreife gelangen und die Abteilung aufgelöst wird. Ich habe wegen der Arbeit meine Kinder vernachlässigt, ich habe meine Ehe aufs Spiel gesetzt – und alles war umsonst!«

Derlei resignierte Aussagen höre ich immer wieder. Nicht wenige Mitarbeiter kündigen in solchen Situationen innerlich oder verfallen in Sarkasmus – eine gefährliche Situation für jedes Unternehmen. Selbst die »Verantwortlichen« sind nicht vor Depressionen gefeit, wenn Sie mit Misserfolgen konfrontiert werden. »Sie haben es nicht geschafft – das sind die Fakten«, heißt es dann. Letztlich sind es jedoch nicht die Fakten, die eine innere Kündigung oder eine Depression auslösen, sondern das, was die Betroffenen der Situation ganz persönlich an negativer Beurteilung hinzufügen – und sich damit zum Opfer machen.

Wer hingegen diese Opferhaltung aufgibt, Eigenmacht aufbaut und seinen persönlichen Lernprozess fortsetzt, macht damit automatisch geistig-seelischen Umsatz, der Freude und materiellen Gewinn mit sich bringt, und kann trotz allem eine positive Bilanz ziehen: »Oft haben wir uns gefreut, wenn wir ein Problem gelöst hatten. Wir haben Erfolge gefeiert. Und dann lief es nicht mehr so, wie wir es erwartet hatten. Aber ich habe stets mein Bestes gegeben, ich habe mich überwunden.«

Hat man diesen Zusammenhang begriffen und verinnerlicht, kann man unverdrossen weitermachen, ohne Schaden an Seele, Geist und Körper zu nehmen.

Erfolg muss heute neu definiert werden.

Wer heute auf Dauer als Erfolgsmensch eingeschätzt werden und sich auch selbst so fühlen möchte, kommt nicht umhin, Erfolg neu zu definieren. Erfolg ist nicht mehr nur beruflicher Erfolg, Karriere, Verdienst, Anerkennung, Macht. Erfolgreich ist auch, wer eine stabile Gesundheit hat, wer zufrieden stellende Beziehungen zu anderen Menschen unterhält, wer Kinder zu glücklichen und selbstbewussten Persönlichkeiten erzieht, wer trotz Verantwortung in Beruf und Familie seine eigene Entwicklung nicht vernachlässigt.

Man fasst die Voraussetzungen, die hierfür notwendig sind, unter dem Schlagwort »emotionale Intelligenz« zusammen: Selbst-Reflexion, Selbst-Kontrolle, Motivation, Empathie und soziale Kompetenz sind heute die wichtigsten Erfolgsfaktoren, im Privatleben wie im Beruf.

Diese Neudefinition von Erfolg kommt einem Paradigmenwechsel gleich, der das Selbstwertgefühl nicht bedroht und das seelische Überleben garantiert. Überschaubare Bereiche, in denen der Einzelne selbstbestimmt und gestalterisch tätig sein kann, gewinnen damit an Bedeutung. Hier erschafft der SELBST-ENTWICKLER den Raum für Neues und hat die Gelegenheit, das eigene Leben und Erleben wieder selbst zu steuern. Und das erzeugt das notwendige Selbstvertrauen.

Ich habe Teilnehmer in meinen Seminaren gefragt: »Was, glauben Sie, zeichnet einen erfolgreichen Menschen aus?« Die folgenden Eigenschaften wurden immer wieder genannt:

• Offenheit

• Unvoreingenommenheit

• Zuversicht

• Lernbereitschaft

• Flexibilität

• Aufnahmefähigkeit

• Distanziertheit

• Disziplin

• Achtsamkeit

• Humor

• Religiosität

• Selbstvertrauen

• Toleranz

• Gelassenheit

• Dankbarkeit

• Freude

• Beseeltheit

• Stärke

• Mut

• Selbstbesinnung

• Neugier

• Kreativität

• Qualitätsbewusstsein

• soziale Kompetenz

Und auf die Frage, über welche Fähigkeiten ein erfolgreicher Mensch verfügt, antworteten die Teilnehmer mit folgenden Statements:

• Er kann zuhören.

• Er lebt bewusst.

• Er hat Freude an der Arbeit.

• Er kann aus Fehlern lernen.

• Er kann entspannen.

• Er kann sich spüren.

• Er kann konfrontieren.

• Er kann mitfühlen.

• Er kann Emotionen zeigen.

• Er kann Chancen wahrnehmen.

• Er ist kreativ.

• Er sieht Lösungen und nicht nur Probleme.

• Er kann Niederlagen wegstecken.

• Er blickt nach vorn.

• Er hat den Sinn des Ganzen begriffen.

• Er kann sich überwinden.

• Er bietet Halt.

• Er ist Vorbild und hat ein Vorbild.

• Er hat Spaß.

• Er ist selbstkritisch.

• Er kann Dinge in Frage stellen.

• Er denkt positiv.

• Er kann Nein sagen.

• Er kann loslassen.

• Er kann glücklich und zufrieden sein.

• Er ist motiviert und kann motivieren.

• Er ist selbstbestimmt.

Diese Aufzählung könnte entmutigen. Das alles sollen wir mitbringen, um aufgestellt und erfolgreich zu sein!? Zu fast jedem dieser Themen könnte ich ein Seminar anbieten: Flexibilität, Kreativität, Toleranz, Überwindung, Gelassenheit, Glück ... Schon die Religionen haben es nicht geschafft, Gut-Menschen aus uns zu machen. Und jetzt verpflichten die Unternehmen Management-Trainer, die ihre Mitarbeiter glücklich und erfolgreich machen sollen. Was für ein Anspruch!

Die meisten Menschen sammeln nur Informationen, um ihre eigene Wahrheit zu bestätigen.

Meiner Überzeugung nach entwickeln sich jene Tugenden, die den geistig-seelischen Umsatz fördern, als Nebenprodukte eines intensiven Lebens im (bewusst gelebten) Kontext des SELBST-ENTWICKLERS: Wer stets bereit ist, sein Denken und Handeln zu reflektieren, wer mit feuchten Händen die »Komfortzone« verlässt, wer zu seinen Gefühlen steht und sie auch zeigt, wer im Auf und Ab des Lebens sein Bestes gibt und nicht andere, sondern sich selbst entwickeln will – dem wird vieles von selbst zufallen!

Aber wer hat schon Lust, sich wirklich zu ändern? Wir neigen dazu, unser Glaubenssystem immer mit den Informationen zu verstärken, die in unsere Denkmuster passen. Das, wovon wir schon eine Idee haben, begreifen wir leichter. Deshalb ist es schwierig, etwas wirklich Neues anzunehmen, die eigenen Einstellungen für ein besseres Lebensgefühl und das Erreichen eines Zieles zu verändern. In einer Testreihe hat man ermittelt, wie sehr Menschen versucht sind, ihre eigene Meinung und ihre Glaubenssätze zu verteidigen: Personen, die sich für die Todesstrafe ausgesprochen hatten, legte man viele kluge Argumente gegen die Todesstrafe und einige wenige Argumente für die Todesstrafe vor. Das Ergebnis zeigte, dass sich das Urteil dieser Personen verfestigte; sie waren noch leidenschaftlicher für die Todesstrafe als zuvor. Wie gesagt: Wir suchen und merken uns eher das, was uns in unserem Urteil bestärkt – den Rest vergessen wir gern wieder.

Die Persönlichkeits-Entwicklung resultiert daher aus einer bewussten Einstellungsänderung: »Wenn ich positiv eingestellt bin und dem Leben freudig gestimmt begegne, werde ich meine Ziele leichter erreichen. Die beste Voraussetzung hierfür ist die bewusste Entscheidung, mich zu entwickeln: Ich bin ein SELBST-ENTWICKLER. Ich warte nicht, bis das Leben mich schmerzhaft entwickelt, bis Krisen mich voranbringen. Ich will schon vorher wachsen – meine Art zu denken, meine Stellungnahme zu den Dingen und damit auch mein Handeln entwickeln. Mein Ziel ist der erfolgreiche Umgang mit mir selbst: Wie schaffe ich es, trotz des Auf und Ab im Leben, freudige Gestimmtheit zu verspüren? Das zielt auf meine Grundstimmung ab: Kann ich mich dem Leben gegenüber freudig stimmen, so, wie ich eine Gitarre harmonisch zum Klingen bringen kann? Oder versinke ich immer wieder in Disharmonie, in Verstimmung?«

Wer sich aufstellt, erwirbt die besten Voraussetzungen, um sein Wissen und seine Erfahrung optimal zu nutzen. Mein Konzept der Persönlichkeits-Entwicklung zielt also darauf ab, sich selbst aufzustellen und Einstellungen wie »Das Leben, der Partner, die Firma soll mich glücklich machen« oder »Ich bin ein armer Hund« zu überwinden. Wer die Verantwortung für das eigene Erleben an andere delegiert, produziert lediglich Gedanken der Ohnmacht. Das führt ihn in eine Warteschleife und erzeugt Abhängigkeit, Wut, Trauer und Unzufriedenheit.

An dieser Stelle möchte ich noch auf einen Zusammenhang hinweisen, der den Nutzen von Persönlichkeits-Entwicklung und Eigen-Macht verdeutlicht: Die eigene Einstellung bestimmt nicht nur das Verhalten, sondern auch den Gesichtsausdruck, das Auftreten, die Überzeugungskraft, die Attraktivität, kurzum: die gesamte Erscheinung – ein weiterer Pluspunkt für den SELBST-ENTWICKLER!

Die folgenden Kapitel beschreiben die vier Instrumente des SELBST-ENTWICKLERs. Aus meiner Sicht heißt

Selbst-Verantwortung, sein eigenes Erleben und Tun selbst zu verantworten, auf diese Weise Eigen-Macht aufzubauen und in freudiger Gestimmtheit der Gestalter und Regisseur des eigenen Lebens zu sein.

Selbst-Bewusstheit, Zeuge und Kostenberechner des eigenen Denkens und Handelns zu sein, die eigenen Ziele zu benennen und die ihnen im Weg stehenden Glaubenssätze durch eine günstigere Denkhaltung zu ersetzen.

Selbst-Vertrauen, Vereinbarungen mit sich selbst zu schließen und sie konsequent einzuhalten sowie Visionen zu erschaffen und sie festzuhalten.

Selbst-Überwindung, das Tor zum »Mehr« aufzustoßen und selbstbewusst und mutig die schmerzfreie Komfortzone der alten und unzureichenden Lösungen zu verlassen.

Der Selbst-Entwickler

Подняться наверх