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3. Der sechzehnjährige Viktor wird auserwählt.

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Ich will kurz erzählen, wie das geschah.

Schon mehr als einmal war ich bei früheren Gelegenheiten eingeladen worden, im Hause Herder vor den Angestellten der grossen Verlagsanstalt Vorträge zu halten. Eine solche Versammlung konnte dann leicht fünf- bis sechshundert Zuhörer zählen.

Da war es mir wiederholt aufgefallen, dass ausser den Erwachsenen eine kleine Zahl, etwa zwölf bis vierzehn, uniformierte Knaben anwesend waren. Da sie jedesmal durch ihre äussere Erscheinung und ihre vorzügliche Haltung einen ungewöhnlich guten Eindruck auf mich machten, erkundigte ich mich, was das für Jungen seien.

Es wurde mir gesagt, es seien talentvolle Knaben, die für das Geschäftshaus erzogen und ausgebildet würden.

Nun sollte mir eine grosse Überraschung gerade aus den Reihen dieser Zöglinge zuteil werden.

An einem der ersten Tage meines Aufenthaltes in seinem Hause kam Herr Herder, der Inhaber der Firma, zu mir und sagte:

„Werden Sie diesmal allein nach Island fahren, oder nehmen Sie, wie bei Ihrer letzten Islandreise, einen Begleiter mit?“

„Ich werde diesmal die Reise allein machen müssen“, erwiderte ich ihm, „denn obwohl mehrere junge Leute mitfahren wollten, ist es keinem von ihnen geglückt, diesen Wunsch zu verwirklichen.“

„Dann hätte ich Ihnen einen Vorschlag zu machen: Ich bin bereit, einen der Jungen, die hier im Verlage erzogen und ausgebildet werden, mit Ihnen reisen zu lassen. Wollen Sie einen solchen Begleiter haben?“

Ich war so erstaunt über dieses grosszügige Anerbieten, dass ich zuerst nicht recht wusste, was ich antworten sollte.

Herr Herder merkte es und fuhr fort: „Von unserer Seite ist die Sache leicht. Es hängt nur von Ihnen ab, ob der Plan zur Wirklichkeit wird oder nicht.“

„Es ist ja ein ausserordentlich liebenswürdiges Angebot von Ihnen“, antwortete ich. „Es kommt mir aber so unerwartet, dass ich für den Augenblick nicht weiss, ob ich ja oder nein sagen soll. Ich muss jedenfalls etwas darüber nachdenken, bevor ich eine bestimmte Antwort geben kann.“

„Gut“, sagte Herr Herder, „dann können wir ja nach ein paar Tagen darauf zurückkommen. — Ich habe Ihnen diesen Vorschlag gemacht, weil ich meine, dass es für Sie angenehm sein würde, einen geweckten, frischen jungen Gesellschafter bei sich zu haben, einen kräftigen Jungen, der Ihnen auf der Reise auch in vielen Fällen zu Diensten sein könnte.“

Nach einer kleinen Pause zog er seine Uhr und sagte:

„Gerade jetzt sind alle Zöglinge beim Studium in ihrem Heim versammelt. Wenn Sie wollen, können wir beide dorthin gehen zu einem kleinen Besuch.“

Eine halbe Stunde später waren wir in dem Zöglingsheim. Alle Jungen waren da, die grossen und die kleinen — eine prächtige Schar.

Nachdem Herr Herder mich ihnen vorgestellt hatte, plauderten wir zwanglos eine kleine Weile mit den munteren Jungen.

„Ich reise bald nach Island. Möchte einer von euch mit?“ fragte ich sie auf einmal alle zusammen wie zum Scherz.

Da hätte man die leuchtenden Augen sehen sollen! Alle wollten mit, und ich bedauerte es, dass man nicht allen die Freude einer Islandreise gestatten konnte.

Auf dem Heimweg griff Herr Herder wieder auf die Frage der Reisebegleitung zurück:

„Um nun auf Ihren zukünftigen Reisebegleiter zurückzukommen, möchte ich Ihnen folgenden Vorschlag machen: Ich selber werde einen der Zöglinge auswählen und ihn zu Ihrer Verfügung stellen, solange Sie mein Gast sind. Er wird Sie begleiten und sonst zu Diensten sein, so oft Sie ausgehen. Sie werden dann selber sehen, ob er Ihnen auch auf Ihrer Islandreise als Begleiter passen würde. Wenn nicht, so könnten wir es mit einem andern versuchen.“

Es schien mir unbescheiden zu sein, so etwas anzunehmen. Doch meine Einwände halfen mir nichts. Und so musste ich diese liebenswürdige Aufmerksamkeit meines Gastgebers über mich ergehen lassen.

Ich hatte nun die Freude, solange ich mich im Hause Herder aufhielt, einen gut erzogenen, geweckten, intelligenten und liebenswürdigen kleinen Adjutanten bei meinen Ausgängen mitnehmen zu dürfen.

Dieser Junge hiess Viktor und war aus Horb, einem idyllischen Städtchen in Schwaben — also ein echter süddeutscher Junge. Er war gerade 16 Jahre alt geworden.

Wir kamen während meines Freiburger Aufenthaltes so gut miteinander aus, dass ich mir kaum einen geeigneteren Begleiter auf meiner Islandreise denken konnte.

Ich meldete also bald meinem Gastgeber, dass ich mit Viktor als zukünftigem Reisegefährten sehr zufrieden sein würde.

So wurde bestimmt, dass Viktor mich auf meiner grossen Reise nach Island begleiten sollte, wenn er selber nichts dagegen habe.

Als er dann kurz darauf in aller Form von Herrn Herder gefragt wurde, ob er mit dieser Abmachung einverstanden sei, konnte er seine überschäumende Freude kaum verbergen.

Auch Viktors Eltern gaben freudig ihre Zustimmung.

So war nun alles in Ordnung, die Fahrt Viktors in die nordische Zauberwelt war eine abgemachte Sache.

Die Begeisterung des Jungen wird man leicht verstehen: er war noch nie ausserhalb seines engeren Vaterlandes gewesen, und nun wird ihm auf einmal eine Reise angeboten, die man fast eine Weltreise nennen könnte.

Die Feuerinsel im Nordmeer

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