Читать книгу Nonni erzählt: Erlebnisse und Geschichten vom frohen Öresund. - Jón Svensson - Страница 5

3. Tapfere Dänen

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Schneller, als wir es haben wollten, war das Fest zu Ende, und wir mussten Abschied nehmen.

„Auf Wiedersehen in Kopenhagen, Nonni!“ sagten die beiden dänischen Kinder zu mir, als ich ihnen die Hand reichte.

„Auf baldiges Wiedersehen!“ antwortete ich.

Dann gingen wir alle nach Hause.

Ich war entzückt über die Bekanntschaft, die ich da gemacht hatte, und die Dänen stiegen immer höher in meiner Achtung.

Als ich nach Hause kam, erzählte ich meiner Mutter, wie ausnehmend gut die dänischen Kinder mir gefallen hatten.

„Das will ich schon glauben“, sagte sie mit einem freundlichen Lächeln. „Die dänische Liebenswürdigkeit ist überall bekannt.“

„Aber glaubst du, Mutter, dass alle dänischen Kinder so liebenswürdig sind wie diese?“

Die Mutter lachte über meine Frage und antwortete: „Die meisten von ihnen werden wohl so sein.“

Beim kleinen Feste im Hause des Amtmanns hatte ich mich aus eigener Erfahrung von der Liebenswürdigkeit des dänischen Charakters überzeugen können. Jetzt kam mir aber der Gedanke: Ob die Dänen auch energisch, männlich und tapfer sind?

Die herrlichen isländischen Sagas waren meine Lieblingslektüre. Dort aber spielen Starkmut und Männlichkeit eine gewaltig grosse Rolle. — Ich lief zu meiner Mutter. — „Mutter“, fragte ich, „sind wohl die Dänen auch ebenso mutig, wie sie liebenswürdig sind?“

Die Mutter erwiderte lachend:

„Aber, mein kleiner Nonni, du scheinst nur noch Dänen in deinem Kopf zu haben. — Doch ich begreife das schon, da du ja bald nach Dänemark reisen sollst“, fügte sie in einem etwas ernsteren Tone bei. „Nun, was deine Frage angeht, so kann ich dir sagen, dass die Dänen nicht nur liebenswürdige, sondern auch ganz hervorragend tüchtige, mutige und tapfere Menschen sind.“

Ich schaute die Mutter gespannt an, und sofort erinnerte ich mich wieder an König Knut und die Bauern am Öresund. Ich erzählte der Mutter, was ich wusste, und gleich fuhr sie begeistert fort:

„Ja, König Knut war nicht nur tapfer, er war auch gerecht. Er beschützte Dänemark mit seiner starken Hand und machte es zu einem grossen Reich. Schon mit zehn Jahren wurde er zum König von Dänemark ernannt. Mit dreizehn Jahren sammelte er ein gewaltiges Heer. Er sandte auch nach Norwegen Botschaft an seinen Schwager Fürst Erich und lud ihn ein, ebenfalls ein Heer zu sammeln und mit nach England zu fahren. Denn Erich war sehr berühmt wegen seiner Kriegstaten. König Knut steuerte mit seiner Flotte nach England, und die Saga erzählt:

Stürmischer zog nie

ein gepanzerter Krieger

in die Welt;

die Kampfschilde Knuts

färbten sich rot am Lande.

König Edmund von England wehrte sich heftig. Er kam König Knut so nahe, dass er ihn mit einem Schwerthieb erreichte. König Knut warf schnell den Schild über den Hals seines Pferdes. Aber der Hieb König Edmunds war so stark, dass er den Schild zerschnitt und das Pferd im Bug spaltete. Nun aber umringten die dänischen Krieger den englischen König so sehr, dass seine Soldaten ihn nicht mehr sahen. Sie glaubten, er wäre gefallen, und ergriffen die Flucht. König Knut aber drang mit seinem Heer immer tiefer in das Land ein und unterwarf das ganze englische Volk.“

Mein Staunen wurde immer grösser. Aber ich sah es der Mutter an, dass sie noch nicht fertig war mit dem Erzählen. Ohne dass ich lang zu waren brauchte, fuhr sie auch gleich weiter:

„Es ist wahr, König Knut war nicht nur ein tapferer Krieger und tüchtiger Herrscher, er war auch ein gottesfürchtiger Mann.

König Erich, ein Nachkomme König Knuts, liess die klügsten Männer in seinem Reiche alle zusammenrufen, gelehrte und ungelehrte, und erklärte, es sei sein Wille, dass die Gruft König Knuts untersucht würde, wenn die Priester nichts dagegen hätten.

Nun baten alle den König, zu bestimmen, und so zogen sie mit dem Einverständnis der Bischöfe und des ganzen Volkes auf Geheiss des Königs mit zahlreichem Gefolge nach Fünen, wo der König lag. Die besten Männer in Dänemark waren dabei.

Darauf wurde das Grab König Knuts geöffnet und der Sarg herausgenommen, und seine Überreste mit Lobgesängen um die Kirche herumgetragen. Vor der Kirche aber sass ein Mann, der seit langem ein Krüppel war. Er sass gerade am Wege, wo der Zug mit den Überresten vorbeiging, so dass die Männer den Sarg über ihn hinwegtragen mussten. Als der Sarg sich eben über dem armen Mann befand, stand dieser plötzlich auf und zog gesund mit den andern Männern um die Kirche und lobte Gott und den König Knut.

Jetzt wurde der Sarg in die Kirche getragen und mitten auf den Boden der Kirche gestellt. Darauf traten der König und die Priester hinzu. Der Sarg des Königs Knut wurde geöffnet, und siehe da, sein Leichnam war unversehrt, als ob er eben erst gestorben wäre. Allen, die zugegen waren, erschien das wie ein Wunder.

Nun wurde der Leichnam aus dem Sarge genommen und auf eine Bahre gelegt. Die Männer verlangten, dass man die Heiligkeit erproben solle, und alle riefen nach der Entscheidung des Königs. Der König sprach:

‚Ich bin dafür, dass die Probe gemacht wird, damit niemand sagen kann, das, was wir hier gesehen haben, sei eine Lüge der Dänen. Wir aber hoffen, dass Gott um der Verdienste des Königs Knut willen gewähren wird, dass seine Heiligkeit noch deutlicher und überzeugender werde, je mehr sie auf die Probe gestellt wird.‘

Da liess König Erich ungebleichte Leinwand nehmen und sie zu einer Puppe zusammenwickeln, so dass sie nicht länger und nicht kürzer war als König Knuts Leichnam. Darauf wurde diese Puppe auf den Leichnam gelegt, geweihtes Feuer genommen und die Leinwand angesteckt. Sie verbrannte vollständig, aber der Leichnam des grossen Königs Knut blieb unversehrt. Die Geistlichen stimmten das Tedeum an, und alle lobten den allmächtigen Gott und den heiligen König Knut.

Darauf wurde sogleich sein Todestag zu einem grossen Feiertag erhoben, und in ganz Dänemark wird sein Messetag gehalten wie die höchsten Festtage.“

Ich machte grosse Augen. Die Mutter fuhr fort:

„Das geschah alles vor vielen hundert Jahren. Und heute sind die Dänen nicht weniger tüchtig. Hast du nicht gehört, wie sie sich bei Düppel gegen die Preussen verteidigt haben? Da kämpften sie auf den Düppeler Schanzen in einem furchtbaren Handgemenge und wichen nicht eher, als bis 5200 der Ihrigen gefallen waren. Selbst ihre damaligen Gegner rühmten die Tapferkeit der Dänen bei dieser Gelegenheit.“

Einige Tage später sollte ich etwas erleben, wodurch mir der Starkmut und die Männlichkeit eines Dänen auf die erschütterndste Weise vor Augen geführt werden sollten. — Ich habe das tragische Erlebnis schon einmal erzählt, möchte es aber hier kurz wiederholen, weil es das Heldentum eines braven Dänen im schönsten Lichte zeigt.

Eines Morgens wurde ich von meiner Mutter mit einer dringenden Botschaft zu einem Hof geschickt, der hoch oben in den Bergen lag. — Ich sattelte mein Reitpferd Grani, rief mein Hündchen Fidel herbei, das auf allen meinen Reisen mein treuer Gefährte war, und ritt eiligst davon.

Kaum war ich aber eine kleine Strecke aus der Stadt hinausgeritten, da fängt auf einmal der Hund wütend zu bellen an. Auch das Pferd spitzte die Ohren. Ich warf scharfe Blicke nach vorn und entdeckte bald hinter einer kleinen Böschung einige fremde Gestalten. Ich erkannte sie gleich. Es waren dänische Matrosen vom grossen Kopenhagener Schiff „Hertha“, das eben auf der Reede gegenüber dem Städtchen lag. Sie hatten Landurlaub erhalten und gingen hier spazieren.

Ich kannte die wilde Art der jungen Matrosen und wollte ihnen in einem grossen Bogen ausweichen, aber es war zu spät. Sie fielen alle über mich her, umringten mich, ergriffen die Zügel meines Pferdes und hielten es fest. — Fidel bellte aus Leibeskräften die Fremden an.

„Herunter, du kleiner Isländer!“ riefen die Leute. „Wir wollen dein Pferdchen ein wenig probieren, ob es auch schnell laufen kann.“

„Nein, nein!“ rief ich, „ich kann nicht, ich darf nicht. Ich habe Eile. Ich muss voran.“

Und ich versuchte mich loszureissen und das Pferd voranzutreiben.

Da hatte ich aber nicht mit der Leidenschaft der Matrosen gerechnet. Diese Leute, die sonst immer auf dem Wasser leben, sind leidenschaftlich darauf erpicht, sobald sie ans Land kommen, sich unsere kleinen Ponys zu verschaffen, um Vergnügungsritte zu machen. Jetzt war eben eine gute Gelegenheit da. Ich war ihnen in die Hände gefallen, und sie waren nicht gesonnen, mich so ohne weiteres wieder entschlüpfen zu lassen.

Einer von ihnen fasste mich schon mit kräftigen Armen um den Leib und wollte mich vom Pferde herunterziehen. Ich wehrte mich, so gut ich konnte, und schlug sogar mit dem Schafte meiner Reitpeitsche um mich. — Der Mann liess mich los, aber nur für einen Augenblick. Mein Widerstand hatte ihn gereizt, und mit einigen Kameraden machte er Miene, mich jetzt etwas kräftiger anzupacken.

„Ihr kennt das Pferd nicht“, schrie ich den Angreifern zu, „es wird sich von euch losreissen und davonlaufen, und dann kann ich nicht weiter... Lasst mich doch los — ich darf mich nicht aufhalten ...“

Meine Lage fing an, gefährlich zu werden, und die Dänen schienen mir hier nicht so liebenswürdig wie sonst zu sein.

Da auf einmal trat einer der Leute an mich heran. Es war ein riesengrosser Mensch mit gewaltigem, blondem Vollbart. Er schob mit einem kräftigen Stoss seine hitzigen Landsleute von mir weg und sagte:

„Nein, das machen wir nicht. Der Junge hat Eile; wir wollen ihn weiterziehen lassen.“

Dann wandte er sich an mich und redete mich sanft an:

„Du kannst uns wohl dein Pferd nicht gut leihen, mein kleiner Freund?“

„Ihnen wollte ich es gern leihen. Doch diesmal kann ich es leider nicht. Ich darf keine Zeit verlieren.“

„Dann ist’s gut. Reite nur weiter. Du sollst von uns nichts zu fürchten haben.“

„Ich danke Ihnen herzlich“, sagte ich zu meinem freundlichen Befreier und sprengte davon.

Fidel stiess ein Freudengeheul aus. Dann lief er neben mir her, versäumte es aber nicht, einige Male noch den Kopf umzudrehen und ein zorniges Bellen nach der Richtung der Matrosen zurückzuschleudern.

Die Freundlichkeit des grossen dänischen Matrosen mit dem blonden Vollbart konnte ich nicht mehr vergessen. „Wenn ich ihm noch einmal begegne“, sagte ich zu mir selbst, „dann biete ich ihm sogleich mein Pferd an.“ —

Ich führte meinen Auftrag aus und kehrte bald wieder nach Hause zurück.

Auf dem Heimweg begegnete ich den Matrosen nicht mehr. Sie waren schon alle wieder auf ihr Schiff, die „Hertha“, zurückgekehrt.

Sobald ich meiner Mutter Rechenschaft abgelegt und mein Pferd wieder auf die Weide getrieben hatte, lief ich zum Meeresstrande hinunter, wo eine Menge meiner kleinen Kameraden auf dem reinen, trockenen Sande am Spielen war.

Es war sonniges, warmes Sommerwetter, und der glatte Meeresspiegel glänzte im Sonnenschein wie Silber und Gold.

Auf einmal drang zu uns von den Schiffen her, die auf der weiten Reede vor Anker lagen, ein starkes, dumpfes Geräusch, gefolgt von lautem, durchdringendem Geschrei. ...

Sofort hörten wir mit unserem Spiel auf und warfen angstvolle Blicke nach den Schiffen.

„Wo ist das gewesen?“ riefen einige.

Ein Junge zeigte mit der Hand nach der „Hertha“ und rief:

„Schaut doch, die Matrosen laufen ganz wirr durcheinander auf dem Deck herum.“

Aller Augen waren auf die „Hertha“ gerichtet.

Man war dort eben noch mit dem Ausladen grosser Weinfässer beschäftigt gewesen. Die schweren, vollen Fässer wurden mit starken Eisenketten aus dem Lastraum in die Höhe gehoben und dann in die Boote draussen an der Schiffswand heruntergelassen.

Ein Knabe rief:

„Ein Fass muss wohl von oben her auf dar Deck hinuntergefallen sein.“

„O Gott“, riefen einige, „dann ist aber gewiss ein Mann dabei zu Schaden gekommen!“

Nur zu bald sollten wir mit eigenen Augen sehen, dass diese Vermutung richtig war.

Ein Mann — offenbar ein Verunglückter — wurde nach einiger Zeit vorsichtig an der Schiffswand hinuntergelassen, um gleich darauf von einigen Matrosen ans Land gerudert zu werden.

Wir liefen alle zur Landungsstelle hin und sahen nun, als das Boot die Landungsbrücke erreichte, dass sechs dänische Matrosen einen Verwundeten ans Land brachten.

Der Verunglückte lag unbeweglich auf einer Strohmatratze mitten im Kahn unter einer grossen wollenen Decke. Seine Kameraden banden das Boot an der Brücke fest und stiegen aus. Der Sýslumaður, einer der höheren Beamten der kleinen Stadt, war schon zur Stelle.

Ich drängte mich näher heran, um hören zu können, was gesprochen wurde.

„Was ist mit dem Manne geschehen?“ fragte der Beamte.

„Ein Weinfass ist auf ihn heruntergefallen und hat ihm den ganzen Unterkörper zerquetscht“, antwortete einer der Matrosen.

„Schade, dass wir augenblicklich keinen Arzt hier im Orte haben. Doch es ist eine Hebamme da, die sich etwas auf Heilkunde versteht. Der Verwundete muss sofort zu ihr gebracht werden.“

Nun wurde der Mann aus dem Boot gehoben. Als er auf die Landungsbrücke niedergelegt wurde, kam sein Gesicht zum Vorschein.

Ich stiess einen lauten Schrei aus. ... Ich hatte nämlich in ihm sofort den freundlichen, grossen Dänen mit dem blonden Vollbart erkannt, der mich einige Stunden vorher aus den Händen seiner Kameraden befreit hatte.

Ich wurde so bestürzt, dass ich gleich nach Hause lief und meiner Mutter alles erzählte. Auch sie wurde sehr ergriffen und sagte, ich solle ohne Verzug nach dem Hause der Hebamme gehen und, nachdem der Mann verbunden worden sei, fragen, wie es mit ihm stehe.

Ich lief hin und wartete draussen, bis die Matrosen das Haus verliessen, um wieder an Bord zu gehen. Sie sahen alle sehr ernst und niedergeschlagen aus und sprachen nur ganz leise miteinander.

„Wie geht es ihm?“ fragte ich sie.

„Schlecht!“ war die einzige Antwort.

Ich ging ins Haus hinein und wurde freundlich von der Hebamme, die ich gut kannte, empfangen.

„Ist es wahr, dass es dem armen Manne schlecht geht?“ fragte ich sie.

„Ja, leider, mein kleiner Nonni; er wird kaum am Leben bleiben. Der ganze Unterkörper ist vollständig zerquetscht. Er ist schrecklich zugerichtet. Hier würde auch der beste Arzt nichts ausrichten können.“

Es traten mir Tränen in die Augen.

„Er ist noch bei Besinnung“, sagte sie, „und benimmt sich gefasst und mutig wie ein Held. Willst du zu ihm hineingehen, Nonni?“

„Ja, sehr gerne“, erwiderte ich.

Sie führte mich hinein. Der Mann lag in einem kleinen Zimmer auf einem guten Lager. Er war mit einem grossen Federbett aus sehr leichten, echten isländischen Eiderdaunen zugedeckt. Nur der Kopf war noch sichtbar.

Ich näherte mich dem Bette. Der Schwerverletzte schaute mich an und schien mich zu erkennen. Er musste furchtbare Schmerzen ausstehen. Er atmete kurz und schnell und presste die Lippen zusammen. Ich kam ganz nahe an sein Gesicht und flüsterte ihm zu:

„Kennen Sie mich?“

„Ja, mein kleiner Freund.“

„O, wie tut es mir leid, dass Sie so verletzt sind!“

„Gott hat es gewollt. Wir dürfen nicht klagen“, antwortete der starke Mann und biss sich vor Schmerz auf die Lippen.

„Ich will Gott bitten, dass Sie wieder gesund werden.“

„Ich danke dir, kleiner Freund. Gottes Wille muss aber geschehen.“

„Sie haben wohl grosse Schmerzen?“

„Nicht mehr, als zu erwarten ist“, antwortete er mit grosser Anstrengung.

Da ich nicht recht wusste, was ich weiter tun oder sagen sollte und auch befürchtete, ihn zu ermüden, strich ich ihm mit der linken Hand ganz sanft über seine dichten Haare, als Zeichen meiner Teilnahme.

Der Mann schien gerührt zu sein, er schaute mich ungemein mild und freundlich an und sagte:

„Du bist ein guter Junge. Wie heisst du?“

„Ich heisse Nonni. Und ich möchte so gern etwas für Sie tun, weil Sie mir heute morgen geholfen haben.“

„Das Beste, was du für mich tun kannst, mein lieber Nonni, ist, für mich zu beten.“

„O, das will ich aber auch tun“, erwiderte ich. Und heisse Tränen liefen mir die Wangen herunter.

Jetzt kamen auch ihm, dem grossen, starken Manne, Tränen in die Augen, und mit ganz schwacher Stimme sagte er: „Ich habe auch einen kleinen Jungen in Dänemark. — — Er ist in deinem Alter. — — Ich fürchte, dass ich — — — ihn nie mehr — — —.“

Er konnte den Satz nicht zu Ende sprechen. Ein so starkes Zittern ging durch seinen Körper, dass die Bettstelle aus den Fugen zu gehen drohte, und sein Gesichtsausdruck veränderte sich.

Ich erschrak, lief hinaus und rief die Frau des Hauses.

„Ich glaube, er ist im Sterben!“ rief ich ihr zu.

Sie kam sofort ins Zimmer herein.

„Es ist ein Anfall“, sagte sie.

„Kann ich etwas für ihn tun?“ fragte ich.

„O nein, mein Junge. Du bist zu klein, um hier helfen zu können. Doch ich danke dir für deinen guten Willen. Geh jetzt wieder nach Hause.“

Ganz traurig und niedergeschlagen verliess ich den Schwerverwundeten. Ich war voll Bewunderung über die Fassung und den Heldenmut, mit welchem dieser Däne sein furchtbares Los ertrug.

Ich hielt mein Versprechen und betete viel für ihn.

Am folgenden Tag, sobald ich aufgestanden war, lief ich wieder hin, um ihn zu besuchen. Doch als ich ins Zimmer trat, lag er unbeweglich da mit geschlossenem Mund und geschlossenen Augen und atmete immer noch sehr schwer.

Die Frau sagte: „Jetzt wird er dich nicht mehr erkennen, mein kleiner Nonni. Er hat den Starrkrampf bekommen.“ — Ich näherte mich ihm, wünschte ihm einen guten Tag und strich ihm wieder mit der Hand über die Haare. — Ach, diesmal gab er kein Zeichen mehr. Augen und Mund blieben fest geschlossen, und zu meinem Schrecken knirschte er zuweilen sehr stark mit den Zähnen.

„Es ist der Starrkrampf“, sagte die Frau. „Er kann den Mund nicht mehr öffnen.“

Ich blieb nur kurze Zeit bei ihm; denn er hatte die Besinnung vollständig verloren. — Er kam nicht mehr zu sich und starb nach ein paar Tagen.

Als er zu Grabe getragen wurde, schritten viele Dänen, meistens Seeleute von den Schiffen, die auf der Reede lagen, und auch einige Isländer hinter dem Sarg. In wehmütiger Stimmung schloss ich mich dem Zuge an.

Unterwegs fragte mich der Geistliche, an dessen Seite ich ging, ob ich den Verstorbenen gekannt habe.

Ich erzählte ihm von meiner Begegnung mit ihm und seinen Kameraden auf dem Wege, und wie er mir da geholfen habe. Ich sagte ihm auch, ich hätte ihn auf dem Sterbebette besucht, und wie mutig und schön er sich bei seinen schweren Leiden benommen habe.

„Er muss ein guter Mann gewesen sein“, sagte der Geistliche.

Und bei seiner Leichenrede am Grabe erwähnte er kurz — doch ohne meinen Namen zu nennen —, was er soeben von mir über den Toten gehört hatte.

Bald nachher reiste ich ab nach dem schönen Lande Eskils und Dagmars und des toten dänischen Matrosen.

Nonni erzählt: Erlebnisse und Geschichten vom frohen Öresund.

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