Читать книгу Was geschah mit Lotte L - Joachim Bräunig - Страница 8
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ОглавлениеLotte Leiser und Peter Ludwig waren von ihren Entführern in ein Versteck mitten im Wald in der Umgebung von Neustrelitz gebracht worden. Sie wurden vor der Gaststätte in ein Auto geschleppt, wobei ihnen von ihren Entführern profimäßig der Mund zugehalten wurde und sie mit auf den Rücken verschränkten Armen keinen Widerstand leisten konnten und die Überraschung der Tat sie in gewissem Maße widerstandslos machte. Beide wussten nicht, was dieser Angriff gegen ihre Person bezweckte. Die Entführer banden ihnen nach kurzer Fahrt mit dem Fahrzeug die Augen zu und hatten bis zu diesem Zeitpunkt kein Wort gesprochen. Sie wurden in ein verwildertes Gebäude gebracht, was die Entführer anscheinend bewusst ausgewählt hatten. Das Gebäude war ein alter Schuppen, der zur Zeit des 1. Weltkrieges errichtet worden war und vermutlich zum Verstecken von Menschen diente, die verfolgt wurden. Das Gebäude war ein Flachbau und seit vielen Jahren unbenutzt und niemand in der Umgebung konnte sich an diesen Bau erinnern. Das Dach des Hauses war ebenerdig und der Zugang war nur durch eine Treppe möglich, die nach Abhebung einer Platte sichtbar wurde. Durch den ebenartigen Zugang wurde die Auffindung des Gebäudes erschwert, was zum Zeitpunkt der Errichtung des Hauses bezweckt wurde. Im Gebäude war ein Raum mit Schlafmöglichkeiten, ein Eimer und einen Esstisch, ansonsten waren keine weiteren Gegenstände oder Einrichtungen im Raum. Der Raum war auf Grund seiner Lage im Erdreich sehr feucht und muffig, besaß jedoch einen Elektroanschluss, aber keinen Wasseranschluss. Die Entführer waren sich sicher, dass ihre Geisel in dem Gebäude nicht gefunden wurden, da der Standort des Gebäudes zur jetzigen Zeit unbekannt war und deren Erbauer bereits gestorben waren. Die Entführung war fast bilderbuchmäßig abgelaufen und die Geiseln hatten kaum Widerstand geleistet. Seit der Entführung waren jetzt bereits acht Stunden vergangen und Peter Ludwig und Lotte Leiser lagen auf dem feuchten Fußboden des Raumes und es war ihnen kalt, denn die Entführer hatten sie einfach auf dem Fußboden gelegt und waren ohne ein Wort gegangen. Die Geisel waren an Händen und Füssen gefesselt, aber ihnen war die Augenbinde abgenommen worden. Auf Grund der Finsternis im Raum konnten sich die Geisel nicht sehen, aber sie wussten, dass der andere im Raum war, so dass Peter Lotte fragte: „Schläfst du?“
„Wie soll ich hier schlafen können“, kam die weinerliche Antwort.
„Wie geht es dir?“
„Ich friere unsäglich.“
„Mir geht es ähnlich. Was haben die Leute mit uns vor?“, fragte Peter.
„Keine Ahnung, wenn du es nicht weißt.“
„Was soll ich wissen?“
„Wie wir in diese Lage gekommen sind.“
„Ich habe nicht die geringste Vermutung und sehe keinen Anlass für unsere wahrscheinliche Entführung.“
„Unsere Leute werden uns sicherlich suchen.“
„Bestimmt und gewiss haben sie bereits eine Vermisstenanzeige aufgegeben, welche die Polizei hoffentlich mit Hochdruck bearbeitet“, sprach Peter.
„Wie spät ist es?“, wollte Lotte wissen.
„Keine Ahnung, es ist ja stockfinster, aber ich nehme an, dass es bereits früh am Morgen ist und unsere Familien zum Frühstück sitzen.“
„Denkst du, sie können jetzt in Ruhe frühstücken?“, fragte Lotte.
„Keine Ahnung“, antwortete Peter und im Raum kehrte wieder Stille ein. Die beiden waren mit ihren Gedanken beschäftigt, als sie plötzlich Geräusche vernahmen und nach einer Weile die Gegenwart von Menschen spürten und der Raum in Licht getaucht wurde. Im Raum standen zwei völlig maskierte Gestalten und schauten verächtlich auf ihre Geisel.
„Wie geht es Ihnen?“, fragte der etwas Größere.
„Eine blödere Frage geht nicht“, schnauzte Peter ihn an.
„Sie dürfen nicht frech zu uns werden, dann geht es ihnen noch schlechter.“
„Was wollen Sie von uns?“, fragte mit piepsender Stimme Lotte.
„Von Ihnen überhaupt nichts.“
„Warum sind wir dann hier?“
„Sie sind nur Mittel zum Zweck.“
„Wie können Sie dann unsere offensichtliche Entführung erklären?“, fragte Peter.
„Ihnen müssen wir nichts erklären.“
„Wollen Sie Geld?“
„Auch.“
„Was ist der eigentliche Zweck der Entführung?“
„Wir sind Ihnen keine Rechenschaft schuldig und werden weitere Fragen nicht beantworten“, sagte er mit entstellter Stimme.
Die beiden Entführer, bei denen der leicht größere unmissverständlich der Boss war, waren gänzlich in schwarz gekleidet und hatten in ihrer Maske lediglich ein Mundloch und zwei Schlitze für die Augen, aber sie blieben stets in angemessene Entfernung ihrer Geisel, um jede spätere Wiedererkennung zu vermeiden.
„Wir haben Ihnen zwei Luftmatratzen und einige Decken mitgebracht, weil wir auf ihre Gesundheit bedacht sind. Mein Partner wird ihnen jetzt die Matratzen aufblasen und Sie können sich dann zur Ruhe legen.“
„Sie sind sehr auf unser Wohl bedacht“, spöttelte Peter.
„Ja, tot nützen Sie uns nichts“, antwortete zynisch der Boss.
„Wie lange wollen Sie uns gefangen halten?“
„Das hängt nicht von uns ab.“
„Hat Ihnen jemand den Auftrag für unsere Entführung gegeben?“, wollte Peter wissen.
„Das kann Ihnen gleichgültig sein“, schrie der Boss Peter an.
„Bestimmt wird schon nach uns gesucht, denn ich bin sicher, unsere Familien haben unser plötzliches Verschwinden der Polizei gemeldet.“
„Das wird Ihnen nicht helfen, Ihr Versteck ist völlig unbekannt.“
Der Partner des Bosses war inzwischen mit dem Aufblasen der Luftmatratzen fertig und hatte sie in zwei voneinander getrennte Ecken des Raumes platziert. Er breitete die mitgebrachten Decken aus bot zuerst Lotte Leiser eine Decke zum Einwickeln ihres frierenden Körpers an. Sie hatte bereits leichte Erfrierungserscheinungen, denn ihr Hochzeitskleid war nicht für die Kälte des Raumes ausgelegt.
„Wir haben Ihnen Lebensmittel mitgebracht, denn Sie werden Hunger verspüren, obwohl das Büfett der Feier bestimmt üppig war.“
„Wie sollen wir mit verbundenen Händen essen?“, fragte Peter.
„Wenn man Hunger hat, geht vieles, außerdem lassen wir Ihnen Wasser da, denn trinken ist sehr wichtig und wie ich Ihnen bereits sagte, sind wie sehr auf Ihre Gesundheit bedacht.“
„Ich muss auf die Toilette“, sagte Lotte.
Die beiden Geiselnehmer schauten sich überrascht an, denn mit dieser Problematik hatten sie anscheinend nicht gerechnet. Der Boss überlegte fieberhaft und fand anscheinend keine richtige Lösung, bis er nach einiger Zeit sagte:
„Gut, Sie können im Freien ihren Toilettengang erledigen, aber mein Partner wird Sie begleiten“, entschied er.
„Ich lass mir beim Pinkeln nicht gerne zuschauen“, empörte sich Lotte.
„Es wird Ihnen nichts anderes übrig bleiben“, lächelte der Boss Lotte an.
„Ich muss mich auch erleichtern“, sagte nun Peter.
„Für Sie ist das kein Problem, aber Sie bewache ich persönlich“, sprach der Boss.
Während seines Toilettenganges kam Peter Ludwig der Gedanke an eine Flucht, aber er verwarf diesen Gedanken sehr schnell, als er die Entschlossenheit seines Bewachers an dessen Mimik abgelesen hatte.
„Wie sollen wir unseren Toilettengang erledigen, wenn Sie nicht da sind oder bleiben Sie jetzt ständig hier?“, erkundigte sich Peter.
„Wir lassen das Licht an und Sie können den Eimer in der Ecke benutzen“, entschied der Boss.
Nachdem Peter und Lotte ihren Toilettengang im Freien beendet hatten und wieder im Raum in ihren Decken eingehüllt waren, fragte Peter:
„Was geschieht weiter mit uns?“
„Für den heutigen Tag haben Sie genügend Lebensmittel und Trinkwasser, so dass Sie versorgt sind, zudem wird Ihnen die Decke genügend Wärme spenden, so dass Sie nicht frieren müssen. Wir kommen gegen Abend nach dem Rechten sehen, bis dahin müssen Sie sich die Zeit allein vertreiben“, sprach der Boss und wendete sich der Öffnungslucke zu. Sein Partner, der während des ganzen Aufenthaltes der Geiselnehmer in der Unterkunft kein Wort gesprochen hatte, folgte ihm. Die Geiselnehmer hatte die Beleuchtung angelassen und Peter überlegte die Möglichkeit des Herausschraubens der Glühbirne und deren etwaige Nutzung zum Durchschneiden ihrer Fesselung, musste aber Einsehen das diese Möglichkeit nicht realisierbar war, offensichtlich hatten ihre Entführer diese Möglichkeit getestet.
Nachdem ihre Entführer verschwunden waren, sagte Peter zu Lotte, in dem Bestreben, ihr Hoffnung für ihre baldige Erlösung zu machen:
„Versuche zu schlafen, unsere Familien haben bestimmt alles Mögliche unternommen und wir werden bald gefunden.“
„Ich hoffe du hast recht“, erwiderte Lotte und schloss die Augen.