Читать книгу Privatdetektiv Joe Barry - Wer war der vierte Mann? - Joe Barry - Страница 4
1. Kapitel
ОглавлениеFrank Trinity führte seinen Entschluß in der letzten Juliwoche aus. Fast ein Jahr lang hatte er auf diesen Tage gewartet und sich immer wieder ausgerechnet, daß dies der günstigste Zeitpunkt sein würde. Jede Einzelheit seines Planes hatte er sich genau überlegt. Zwölf Monate lang hatte er sich in Gedanken damit beschäftigt, was jetzt kommen würde.
Und nun war es Zeit, zu handeln.
In Block B des State Prison von Oklahoma waren an diesem Morgen die alltäglichen Geräusche zu hören. Türen knallten zu, Schlösser klirrten. Schritte ertönten auf den Eisenplatten der Gänge.
Siebenhundert Schwerverbrecher waren in Block B untergebracht; es war keiner unter ihnen, der nicht mindestens dreißig Jahre abzusitzen hatte. Auch hinter Frank Trinitys Name stand in der Rubrik „Strafdelikt“ „Beihilfe zu einem Mord“.
Der Strafgefangene wanderte unruhig in seiner Zelle auf und ab und dachte seinen Plan noch einmal in allen Einzelheiten durch.
Am 1 August würde die Musikwochevon Douglas beginnen. Eine verrückte Idee, in diesem kleinen Nest in der Nähe von Oklahoma City eine Musikwoche zu veranstalten. Alljährlich verteilten hier die Musikhochschulen Amerikas im Rahmen eines großen Wettbewerbes an begabte junge Musiker den Preis von Douglas, und alljährlich entstand dabei das gleiche Verkehrschaos auf der engen Straße zwischen Oklahoma City und Douglas.
Diese Straße wurde von dem Weg gekreuzt, den der Gefangenentransportwagen nehmen mußte, wenn er vom Zuchthaus zum Untersuchungsgefängnis fuhr. Diesen Weg benutzte er nur während der Musikwoche, um den Hauptverkehr zu meiden. Der Seitenweg selbst war kaum befahren, denn er endete beim Zuchthaus.
Der Mann in der Zelle hatte sich all das immer wieder überlegt und darauf seinen Plan aufgebaut. Jetzt wartete er ungeduldig, daß es endlich losging.
Seine Geduld wurde auf keine harte Probe gestellt. Wenig später hörte er Schritte auf dem Gang, die vor seiner Tür haltmachten. Knackend wurde das das Schloß geöffnet. Zwei Aufseher in durchgeschwitzten blauen Hemden, mit umgeschnallten Revolvern, erschienen vor den Gitterstäben.
„Mitkommen, Trinity!“ sagte der eine. „Der Direktor will Sie sprechen!“
Schweigend ließ sich der Häftling Handschellen anlegen. Dann führten ihn die beiden hinaus. Es ging über den langen Gang die schmale Treppe hinunter, dann kam wieder ein langer Gang, massive Stahltüren. Eisentreppen und wieder Gänge, bis sie schließlich die äußeren Gitter erreichten, die den Block B zum Hof hin abschlossen. Das Zuchthaus war ein wuchtiger, massiver Bau mit zahlreichen Sicherungsvorkehrungen, so daß man sich den Gedanken an einen Ausbruch schon beim Ansehen abgewöhnen konnte.
Nach kurzem Fußmarsch erreichten sie den Verwaltungsbau, von dem sternförmig die einzelnen Blocks abgingen. Hier war die Umgebung schon wesentlich freundlicher, mit hellen Gängen und Gardinen vor den Fenstern.
Die Beamten und der Mann zwischen ihnen mußten im Vorzimmer des Direktors noch ein paar Minuten warten, dann wurden sie eingelassen.
„Nehmen Sie ihm die Handfesseln ab“, sagte Direktor Hutchkins, von dem Trinity wußte, daß er erbitterte Auseinandersetzungen mit dem Gouverneur über das Wesen des Strafvollzugs führte.
Hutchkins war ein älterer Mann mit weißen Haaren und einem Hang zur Behäbigkeit. Ihm gegenüber wirkte der geschmeidige Trinity mit seiner stets lauernden Haltung und dem pockennarbigen, faltenreichen Gesicht wie ein sprungbereites Raubtier.
Hutchkins bot dem Häftling eine Zigarette an und forderte ihn auf, sich zu setzen.
„Schießen Sie los“, sagte er. „Sie sind also endlich bereit, Angaben über den vierten Mann zu machen?“
„Yes, Sir!“ sagte der Häftling. „Ich habe es mir lange überlegt und will es jetzt tun. Wir waren damals wirklick zu viert.“
„Wird Zeit, daß Sie endlich zur Vernunft kommen“, brummte Hutchkins. „Während des Prozesses waren Sie leider nicht so einsichtig. Dabei haben Zeugen eindeutig ausgesagt, daß sich vier Mann in dem Wagen befanden, der zum Haus von Mr. Cook fuhr,“
„Der vierte Mann heißt Peter Ashley“, erklärte Trinity ohne weitere Umschweife. „Er wohnt in Oklahoma City, Post Avenue 71.“
„Na also!“ Hutchkins rieb sich die Hände. „Warum nicht gleich so?“
„Sie wissen, Sir“, erklärte Trinity mit Schiefem Grinsen, „daß auch wir unsere Regeln haben, an die wir uns halten.“
„Warum verpfeifen Sie Ihren Kumpan dann jetzt erst?“ fragte der Gefängnisdirektor abfällig.
„Weil Ashley den tödlichen Schuß abgegeben hat. Er ist es gewesen. Ich habe keine Lust, seinetwegen lebenslänglich im Zuchthaus zu sitzen.“
Hutchkins Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Trinity triumphierte im stillen. Er hatte den Direktor jetzt genau da, wo er ihn haben wollte.
„Ihr hättet euch das früher überlegen sollen“, sagte Hutchkins. „Es stimmt, Mr. Cook wurde durch einen Schuß getötet. Aber als das Gericht vor einem Jahr versuchte, herauszufinden, wer ihn abgegeben hatte, habt ihr nichts zu Aufklärung dieser Frage beigetragen. Ihr habt einfach geschwiegen. Die Quittung dafür habt ihr erhalten. Dreimal lebenslänglich wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes.“
„Man kann seine Meinung ändern“, sagte Trinity. „Jetzt bin ich eben der Ansicht, daß auch Ashley seine Strafe verdient hat.“
„Well, ich werde Ihre Aussage der Staatsanwaltschaft übergeben.“ Unvermittelt fügte Hutchkins hinzu: „Wissen Robelly und Blum, daß Sie singen?“
„Nein“, grinste Trinity. „Kontaktaufnahme mit anderen Gefangenen ist verboten.“
Der Direktor machte eine wegwerfende Handbewegung und setzte das Verhör fort.
„Werden die beiden Ihre Aussage bestätigen?“
„Ich denke ja“, erklärte Trinity gedehnt, „wenn Sie hören, daß Ashley verpfiffen wurde, werden sie keine Rücksicht mehr auf ihn nehmen.“
„Möglich. daß Sie recht haben“, brummte Hutchkins und gab seiner Sekretärin, die mitstenographiert hatte, ein Zeichen. Ein paar Minuten warteten die Männer schweigend, bis sie Trinitys Erklärung in die maschine getippt hatte. Der Direktor übergab dem Zuchthäuler das Protokoll, und dieser las den Text genau durch, bevor er seinen Namen daruntersetzte.
Dann wurde der Häftling in seine Zelle zurückgebracht.
Als das Licht ausgeschaltet wurde, nahm er sein Eßgeschirr und klopfte damit an die Wand seiner Zelle. Er benutzte das einfachste Klopfsystem, das es gab. Das Alphabet war bei diesem System in fünf Reihen zu jeweils fünf Buchstaben eingeteilt. Auf diese Weise gab er drei Worte durch: Plan 1 ausgeführt.
Sein Zellennachbar bestätigte die Meldung und gab die Klopfzeichen weiter. So wanderten sie bis zu John Robelly, der drei Zellen weiter saß. Und von diesem gingen sie weiter zu Dick Blum.
Jetzt war die Reihe an Robelly. Er führte Plan 2 aus. Auch Blum hatte seine Aufgabe. Er sollte Trinitys Aussage ableugnen. Das würde jeglichen Verdacht, daß sie sich untereinander abgesprochen haben könnten, entkräften.
Jetzt kam es nur noch darauf an, wie schnell der District Attorney arbeiten würde. Aber Trinity zweifelte nicht daran, daß man sie noch während der Musikwoche dem Staatsanwalt vorführen würde.
*
John Robelly war von Beruf Automechaniker. Und so war es gekommen, daß er gelegentlich Reparaturen an den Transportwagen des State Prison vornahm. Er führte diese Arbeiten nicht regelmäßig aus, sondern nur wenn er gebraucht wurde. Und am Morgen des 2. August wurde er gebraucht.
Der kleine Kastenwagen, mit dem die Strafgefangenen Trinity, Robelly und Blum nach Oklahoma City zur Vernehmung gebracht werden sollten, hatte plötzlich einen platten Reifen. Beim Rückwärtsstoßen war der Fahrer auf eine Holzlatte mit langen, vorstehenden Nägeln gefahren. Niemand konnte sich erklären, wieso die Latte plötzlich dorthin gekommen war, aber niemand machte sich auch Gedanken darüber.
Robelly wurde geholt, um den Reifen auszuwechseln. Er wurde bei seiner Tätigkeit bewacht, aber nicht besonders scharf, denn er hatte sich den Ruf eines Mustergefangenen erworben.
Auch das gehörte zu Trinitys Plan.
Als der Reifen gewechselt war, hatte Robelly an seiner Innenseite einen Gegenstand angebracht, den er schon vor Monaten gebastelt hatte. Es war ein krummgebogener Nagel, der zwischen Reifen und Felge eingeklemmt war. Während seine Spitze am Schlauch anlag und diesen etwas nach innen drückte, schnitt der Kopf auf gleicher Höhe mit dem Reifenprofil ab. Auf einer glatten Asphaltstraße konnte nichts geschehen. Aber auf einem geschotterten Weg war damit zu rechnen, daß ein Stein den Nagel vollends nach innen drückte.
Robelly wurde in den Waschraum geführt und bestieg anschließend gemeinsam mit Trinity und Blum den Transportwagen. Zwei bewaffnete Polizisten setzten sich ihnen gegenüber vor die Tür.
Die drei Verbrecher waren mit Handschellen gefesselt. Stumpfsinnig blickten sie vor sich hin. Sie machten in keiner Weise den Eindruck, als seien sie sonderlich erregt.
Es war genau elf Uhr dreißig, als der grüne Transportwagen den Hof des State Prison von Oklahoma verließ.
Langsam fuhr er die baumbestandene Asphaltstraße entlang, um nach einigen Kilometern in den schmalen Weg einzubiegen und damit den Hauptverkehr zu meiden. Unauffällig blickte Trinity durch das kleine vergitterte Fenster nach draußen. Der Wagen ließ eine dicke Staubfahne hinter sich. Am Horizont verschwand die Baumreihe der Straße. Jeden Augenblick konnte es geschehen. Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt.
Sie schafften noch fünf Meilen. Dann platzte der Reifen. Das Geräusch war nicht zu hören, aber ein plötzlicher Ruck ging durch den Wagen und die Insassen wurden beinahe von den Sitzen geschleudert. Nach ein paar Metern gelang es dem Polizeifahrer, den Wagen zum Stehen zu bringen.
Wie zu erwarten war, wurde die Aufmerksamkeit der Polizisten durch die Reifenpanne abgelenkt. Sie blickten durch das Fenster nach draußen. Trinity und Robelly wechselten einen raschen Blick. In Robellys gefesselten Händen tauchte plötzlich ein schwerer Schraubenschlüssel auf.
Das dumpfe Geräusch neben ihm ließ den einen Polizisten herumfahren. Er sah seinen getroffenen Kollegen lautlos zur Seite sinken und warf sich nach vorn. Der Schlag, der ihm gegolten hatte, traf ihn nur an der Schulter.
Er wollte seine Waffe herausreißen, doch Trinity schlug ihm seine gefesselten Hände gegen den Arm. Einen Augenblick taumelte der Polizist. Der schwere Schraubenschlüssel traf ihn an der Schläfe. Lautlos sackte er zusammen.
Robelly grinste zufrieden, während Trinity gelassen den bewußtlosen Polizisten die Dienstwaffen abnahm.
Dann erschien der Fahrer des Wagens, der von dem kurzen Kampf nichts gemerkt hatte, im Blickwinkel des Fensters. Trinity zögerte keine Sekunde. Er hob den Revolver und drückte ab. Die Glasscheiben schepperten zu Boden, während der Beamte getroffen zusammenbrach.
Inzwischen hatte Blum die Schlüssel aus der Tasche der bewußtlosen Beamten geholt und sperrte die Handschellen auf. Das Öffnen der Tür besorgte Robelly. Er schoß einfach das Türschloß durch.
Alles geschah mit unheimlicher Präzision, so wie Trinity es im Laufe von zwölf Monaten geplant hatte. Sie brauchten sich nicht durch Worte zu verständigen. Jeder wußte genau, was er zu tun hatte.
Fünf Minuten später fuhr der Transportwagen weiter. Robelly saß am Steuer. Die Gangster trugen die Uniformen der Polizisten, die abseits von der Straße mit Handschellen an einen Weidezaun gefesselt waren.
Robelly schob sich aufatmend die Mü ze in den Nacken.
„Hat besser geklappt, als ich gehofft hatte“, sagte er.
„Noch sind wir nicht in Sicherheit“, erklärte Trinity und blickte auf die Uhr. „In einer halben Stunde müßte der Wagen Oklahoma City erreichen und in spätestens vierzig Minuten werden die Leute dort wissen, daß etwas nicht stimmt. Dann geht die Jagd los.“
„Vierzig Minuten sind eine lange Zeit“, sagte Blum. Er zündete sich eine Zigarette aus der Packung an, die er in der Uniform gefunden hatte.
„Da vorne ist die Straße“, erklärte Trinity plötzlich. „Halt an, John. Das letzte Stück gehen wir zu Fuß.“
Sie fuhren den Wagen in eine Baumgruppe, so daß er von der Straße aus nicht gesehen werden konnte. Dann marschierten sie zur Hauptstraße vor.
Der Vekehr war nicht so lebhaft, wie Trinity es sich vorgestellt hatte, aber immer noch beachtlich. Die meisten Wagen fuhren in Richtung Douglas.
„Hätte nie gedacht, daß klassische Musik mir noch einmal zur Freiheit verhelfen würde“, brummte Robelly.
„Halts Maul“, fuhr ihn Trinity nervös an. „Setz dir lieber die Mütze anständig auf Hast du noch nie einen Polizisten gesehen? Im Augenblick bist du einer, kapiert?“
„Okay, Sir“, sagte Robelly und salutierte.
Sie überquerten die Straße und blieben an der Stelle stehen, wo der Weg, den sie gekommen waren, seinen Fortgang nahm.
„Dick, du hast die besten Augen“, sagte Trinity. Suche uns einen passenden Wagen aus. Es müssen drei Männer drin sein.“
„Sonst noch Wünsche?“ fragte Dick. „Was machen wir, wenn eine Polizeistreife kommt?“
„Hast du noch nie Kollegen auf der Straße begrüßt?“ grinste Trinity. „Wir sind doch bewaffnet“, meinte Robelly. „Notfalls schießen wir!“
„Das ist typisch für dich“, regte sich Trinity auf. „Du hättest es verdammt weit bringen können, wenn du nur einen Funken Verstand hättest. Mit Mord und Totschlag wirst du nie weit kommen. Du kannst dankbar sein, daß du jemand hast, der für dich mitdenkt.“
Robelly brummte etwas vor sich hin, wagte aber keinen widerspruch. Er war der kräftigste von den dreien und hatte auch als einziger des Trios technische Fähigkeiten. Nur sein Verstand war etwas unterentwickelt. Er führte bedingungslos aus, was Trinity ihm sagte, weil er die Überlegenheit des anderen spürte.
Blum hingegen war klein und wieselflink. Er hatte nicht den kühlen, berechnenden Verstand von Trinity und nicht die Kraft von Robelly. Deswegen hatte er sich den anderen angeschlossen.
„Da vorne kommt einer“, rief er plötzlich und deutete aufgeregt nach links. „Es ist ein Cadillac. Drei oder vier Mann sitzen drin.“
„Nicht schlecht“, brummte Trinity. „Halten wir ihn an!“
Er trat auf die Straße vor und winkte. Als der schwarze Straßenkreuzer langsam näherkam, bemerkte er auf der Windschutzscheibe eine kleine rote Plakette. „Komitee der VI. Musikwoche von Douglas.“ stand darauf. Trinity grinste triumphierend. Besser hätte es gar nicht kommen können.
Der Cadillac stoppte neben ihm, und der Beifahrer streckte den Kopf heraus. Es war ein kleiner Mann mit Glatze.
„Was gibt’s?“ knurrte er ungeduldig. Offenbar flößten ihm die Uniformen keinen Respekt ein.
Im nächsten Augenblick verfärbte sich sein rundes Gesicht. Er blickte direkt in die schwarze Mündung eines Revolvers.
„Keine falsche Bewegung“, sagte Trinity gelassen. Die Gangster rissen die Türen des Wagens auf und stiegen ein. Robelly drückte dem Fahrer seinen Revolver in den Nacken.
„Fahr da rechts rein!“ sagte er drohend. „Und keinen Unfug, sonst knallt’s!“
„Das ist ein Überfall“, zeterte der Kleine los. „Das wird Sie teuer zu stehen kommen. Ich werde Sie anzeigen.“
„Um Himmels willen, seien Sie ruhig, Mr. Brown“, redete der Fahrer auf ihn ein. „Das sind keine Polizisten, sondern verkleidete Gangster. Am besten wir tun, was sie sagen.“
Er trat auf den Gashebel, und der Cadillac wälzte sich in den schmalen Seitenweg hinein. Fünf Minuten später lieβ Trinity ihn halten.
„Ich nehme an, Sie brauchen unsere Anzüge.“ Es war das erstemal, daß der dritte Insasse des Wagens etwas sagte.
„Sie haben’s erfaßt“, sagte Trinity. „Und zwar ein bißchen plötzlich.“
In wenigen Minuten war der Kleidertausch vollzogen. Anischlieβend fesselten und knebelten die Gangster die Männer und ließen sie neben der Straße im Gebüsch liegen.
„Hoffentlich können die Musikfestspiele auch ohne Sie stattfinden“, sagte Dick und sah beifallheischend zu Trinity.
Die Gangster bestiegen den Cadillac, wendeten und brausten zur Straße zurück.
„Wir fahren nicht nach Douglas, sondern zurück nach Oklahoma City“, bestimmte Trinity. „Wenn wir erst einmal die Stadt erreicht haben, sind wir in Sicherheit. Ich kenne mich dort aus. Die Cops werden glauben, wir wären nach Norden gefahren und würden versuchen, die mexikanische Grenze zu erreichen. In Oklahoma City wird man uns am wenigsten vermuten.“
Er hatte inzwischen die Straße erreicht und bog nach links ein.
„Noch zehn Minuten“, sagte Robelly nach einem kurzen Blick auf die Uhr am Armaturenbrett des Wagens. „Dann geht die Jagd los.“
„Zeit genug“, brummte Trinity.
Hinter ihnen ertönte plötzlich das Geräusch einer polizeisirene. Die Gangster blickten sich betroffen an.
„Da ist etwas faul“, sagte Trinity und trat den Gashebel durch. Der Cadillac machte einen Satz nach vorne und schoß davon.
Das Geräusch der Sirene kam immer näher. Unwillkürlich faßte sich Trinity an den Kragen.
Blum sah zum Rückfenster hinaus.
„Da kommt er. Es ist ein Chevi. Fährt mit Rotlicht. Sieht verdammt so aus, als hätte er es auf uns abgesehen.“
Trinity verlangsamte weider die Geschwindigkeit.
„Entkommen können wir hier nicht“, erklärte er. „Die Straße hat keine Abzweigungen, und in zwei oder drei Meilen kommt eine Polizeistation. Die brauchen uns nur über Funk dort anzukündigen, und wir sitzen in der Falle.“
„Verdammt noch mal, halt an!“ brüllte Robelly. „Wir verschwinden zu Fuß!“
„Zu spät“, sagte Blum. „Sie sind schon dicht hinter uns.“
„Was machen wir, Frank?“ stieß Robelly hervor. Er war bleich geworden.
„Abwarten“, erklärte er. „Haltet auf alle Falle, eure Schießeisen griffbereit.“
Der Streifenwagen hatte jetzt aufgeholt und schoß an ihnen vorbei. Die roten Bremslichter glühten auf. Trinity trat auf die Bremse und brachte den Wagen zum Stehen.
Gleich darauf stand der Streifenpolizist neben ihm.
„Gerade Sie hätten das nicht nötig gehabt!“ erklärte er aufgebracht. Sein Blick fiel auf die rote Plakette an der Windschutzscheibe. „Sie als Mitglied des Komitees“, fügte er hinzu. „Wenn ich nicht irre, war es das Komitee, das seinerzeit durchgesetzt hat, daß die Straße nach Douglas zur Einbahnstraße erklärt wird.“
„Einbahnstraße?“ fragte Trinity verständnislos.
„Ja. Für die Dauer der Musikwoche ist diese Straße von elf Uhr morgens bis vier Uhr nachmittags Einbahnstraße in Richtung Douglas und von vier Uhr bis nachts in umgekehrter Richtung. Nun sagen Sie nur nicht, Sie hätten’s nicht gewußt.“
Trinity fing sich schnell.
„Wir müssen aber unbedingt nach Oklahoma City“, sagte er dreist. „Es handelt sich um eine unaufschiebbare Sache!“
„Bedaure“, sagte der Polizist und holte seinen Block heraus. „Aber das Komitee bestand seinerzeit darauf, daß keine Ausnahmen gemacht werdern.“
„Das ist richtig!“ Trinity fiel nichts Besseres ein.
„Na also“, sagte der polizist zufrieden, „Ihren Führersehein bitte!“
Der Gangster reichte ihm die Papiere, die er dem Fahrer abgenommen hatte.
„In Ordnung“, sagte der Polizist. „Melden Sie sich am kommenden Montag beim Schnellrichter in Douglas.“
„Und was sollen wir jetzt machen?“ fragte Trinity.
„Sie müssen nach Douglas fahren und bis vier Uhr warten!“
Der Polizist salutierte und ging zu seinem Wagen zurück.
Trinity wartete, bis er außer Sichtweite war, dann stieß er einen ellenlangen Fluch aus.
„Willst du wirklich nach Douglas fahrn?“ wollte Robelly wissen.
„Was denn sonst, du Idiot?“ brüllte Trinity und wendete den Wagen. „Diese verdammte Musikwoche!“