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Pathologische Knochen aus einem Hünengrabe

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Pathologische Knochen aus einem Hünengrabe

Von Rudolf Virchow

*1821 †1902

Mediziner; Anatom; Pathologe; Anthropologe; Prähistoriker; Ethnologe; Sozialpolitiker

(Vorgetragen am 21. November 1865)

Ich zeige Ihnen, meine Herren, ein Paar Präparate vor, welche der historischen Pathologie angehören, welche Sie aber vielleicht deshalb interessieren, weil wenigstens in ähnlicher Weise noch nichts gefunden worden ist. Ich hatte im Laufe des letzten Oktober Gelegenheit, einige sogenannte Hünengräber aufzugraben; bei der Gelegenheit habe ich einige Knochen herausgenommen, welche auch sonst als pathologische Präparate von nicht geringem Interesse sein würden, welche jedoch noch ein ungleich höheres Interesse haben, weil sie auf die Krankheiten einer längst vergangenen Periode ein gewisses Licht werfen.

In der Nähe von Stargard in Pommern, auf dem Territorium des Dorfes Storkow, befindet sich eine große Anzahl von Gräbern, welche noch ziemlich regelmäßig mit Steinkränzen umgeben sind, an einer Stelle, welche, wie es scheint, einer ganzen Bevölkerung als Begräbnisplatz gedient hat.


Foto: Lichtjäger


Foto: Christoph Rieder

Unter mehreren Gräbern, die wir aufmachten, fand sich in einem, welches sehr günstig situiert war, weil ein sehr trockener und grober Sandboden das Grab füllte, ein vollständig erhaltenes Skelet, welches ich mit einzigem Verlust der beiden Kniescheiben und des einen Astragalus habe herausnehmen können. Diese letzteren Knochen sind wahrscheinlich beim Graben in die herausgeworfene Erde hineingeraten; es ist uns nachher nicht mehr gelungen, sie aufzufinden. Dass sie gefehlt haben, ist umso weniger wahrscheinlich, als selbst die kleinsten Knochen, selbst die einzelnen Stücke des Zungenbeins vollständig vorhanden waren.

Was das Pathologische anbetrifft, so ist darunter eines, was mit dem übrigen Krankheitsprozess des Begrabenen nicht unmittelbar in Beziehung steht, was vielleicht schon von langer Zeit her angelegt war, nämlich eine Exostose des Humerus, die der Form angehört, welche man in der neueren Zeit gewöhnlich unter dem Namen der Exostosis cartilaginea bezeichnet hat, und von der ich früher Gelegenheit hatte, Ihnen hier ein frisches Exemplar vorzuführen.

Das Hauptpräparat aber umfasst die Gegend des Sprunggelenks, wo sich eine vollständige Synostose zwischen Tibia, Fibula und Astragalus vorfindet, so vollständig, dass ich kaum irgendein Präparat unserer Sammlung damit parallelisieren kann. Die Affection hat sich herauserstreckt längs der Unterschenkelknochen bis nahe an das Kniegelenk. Namentlich an der Fibula sieht man ziemlich reichliche Osteophyte bis dicht an das Köpfchen heraufreichen. Weiter nach unten wachsen die Teile sich einander entgegen. In der Gegend des Gelenks ist eine dichte elfenbeinerne Masse wie ausgegossen über die verschiedenen Knochen, so dass die drei Knochen in einer Weise vereinigt sind, dass man an gewissen Stellen gar nicht mehr bemerkt, wo eigentlich die Grenzen liegen. Der Prozess hat sich dann noch weiter fortgesetzt auf den Calcaneus, an dem die Gelenkflächen überdies in einer so starken Weise deformiert sind, dass man mit Sicherheit schließen kann, der größte Teil des Knorpels müsse zerstört gewesen sein. Rings um das Gelenk hat eine Auflagerung von Knochenmasse stattgefunden, die wahrscheinlich bei Lebzeiten ein ähnliches ankylotisches Verhältnis gesetzt hat, wie wenn eine wirkliche Synostose dagewesen wäre.

Die Veränderungen, welche die Gelenke hier darbieten, haben die größte Ähnlichkeit mit demjenigen, was wir bei dem sogenanten Malum senile antreffen, während das, was weiter nach oben hin existiert, unter den mir bekannten Formen nur eine Analogie findet an den Knochenwucherungen, die bei sehr lange bestehender Elephantiasis oder Pachydermie der Extremitäten Vorkommen. Darauf beschränkt sich jedoch die Reihe der Veränderungen nicht. Man findet auch am Unterschenkel der anderen Seite die Spur eines beginnenden ähnlichen Prozesses. Sie werden sich leicht überzeugen, dass auch hier an der Fibula ziemlich weit herauf Unregelmäßigkeiten bestehen, und dass die Tibia fast in ihrer ganzen Ausdehnung, namentlich an ihrer äußeren Fläche, mit einer neuen Bildung bedeckt ist, die nach unten immer reichlicher wird, und die an der Berührungsfläche mit der Fibula ebenfalls unregelmäßige Wucherungen gesetzt hat, von denen man voraussehen kann, dass sie bei längerem Bestande zu einer ähnlichen Verwachsung, wie auf der anderen Seite, Veranlassung gegeben hätten. Leider ist gerade hier der Astragalus nicht ausgesunden worden, während der Ealcaneus sehr vollständig und gerade zur Vergleichung mit dem anderen sehr geeignet ist, insofern er ganz normale Verhältnisse zeigt.

Ich bemerke noch in Beziehung auf das Grab selbst, dass ich in ihm einige Eisengeräte fand, während in dem nächsten, unmittelbar daran anstoßenden Grabe eine kleine tönerne Schale oder vielmehr ein Mittelding zwischen Topf und Schale, von sehr roher Form, aber jedenfalls auf der Drehscheibe gearbeitet, entdeckt wurde, in der auch ein etwas zweifelhaftes, sehr verrostetes, eisernes Instrument, wahrscheinlich eine Pfeilspitze, lag. Die archäologische Stellung des Grabes ist dadurch insoweit bezeichnet, dass man sagen kann, es gehört nicht zu den ältesten der sogenannten Hünengräber, in denen bekanntlich nur steinerne und bronzene Sachen gefunden werden. Die ältesten Gräber zeichnen sich auch dadurch aus, dass man die Leichen verbrannt findet und höchstens Asche und Knochenfragmente in tönernen Gefäßen aufgehäuft sind. Hier handelt es sich um eine spätere Periode. Nichtsdestoweniger ist die Beschaffenheit und Form des Gefäßes und der Eisen von der Art, dass man mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit schließen muss, dass man es mit einer sehr weit zurückgelegenen Periode zu tun hat. Dass die Sache keineswegs in irgendeine für uns historische Zeit zurückreicht, dafür spricht die Anordnung des Begräbnisplatzes, namentlich die kolossalen Granitsteine, mit denen die einzelnen Gräber umkränzt waren. Unzweifelhaft hat ein sehr lange bestehender Krankheitsprozess den Mann, dessen Knochen wir vor uns haben, getroffen. Er muss also einer Völkerschaft angehört haben, in der man nicht, wie von einzelnen Stämmen berichtet wird, die Gebrechlichen und Alten tötete, sondern wo offenbar auch für solche, welche einer langen Krankheit erlegen waren, ein regelmäßiges und stattliches Begräbnis veranstaltet wurde.

(Abgedruckt aus den Verhandlungen der Berliner medizinischen Gesellschaft. Band I.)

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Aus der frühen Geschichte Pommerns - die Pomoranen, Liutizen und Obodriten - der 30kährige Krieg - Stralsund 1678

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