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Vor dem Thor

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Spaziergänger aller Art ziehen hinaus.

Einige Handwerksbursche.

Warum denn dort hinaus?


Andre.

Wir gehn hinaus auf’s Jägerhaus.


Die Ersten.

Wir aber wollen nach der Mühle wandern.


Ein Handwerksbursch.

Ich rath’ euch nach dem Wasserhof zu gehn.


Zweyter.

Der Weg dahin ist gar nicht schön.


Die Zweyten.

Was thust denn du?


Ein Dritter.

Ich gehe mit den andern.


Vierter.

Nach Burgdorf kommt herauf, gewiß dort findet ihr

Die schönsten Mädchen und das beste Bier,

Und Händel von der ersten Sorte.


Fünfter.

Du überlustiger Gesell,

Juckt dich zum drittenmal das Fell?

Ich mag nicht hin, mir graut es vor dem Orte.


Dienstmädchen.

Nein, nein! ich gehe nach der Stadt zurück.


Andre.

Wir finden ihn gewiß bey jenen Pappeln stehen.


Erste.

Das ist für mich kein großes Glück;

Er wird an deiner Seite gehen,

Mit dir nur tanzt er auf dem Plan.

Was gehn mich deine Freuden an!


Andre.

Heut ist er sicher nicht allein,

Der Krauskopf, sagt er, würde bey ihm seyn.


Schüler.

Blitz wie die wackern Dirnen schreiten!

Herr Bruder komm! wir müssen sie begleiten.

Ein starkes Bier, ein beizender Toback,

Und eine Magd im Putz das ist nun mein Geschmack.


Bürgermädchen.

Da sieh mir nur die schönen Knaben!

Es ist wahrhaftig eine Schmach,

Gesellschaft könnten sie die allerbeste haben,

Und laufen diesen Mägden nach!


Zweyter Schüler zum ersten.

Nicht so geschwind! dort hinten kommen zwey,

Sie sind gar niedlich angezogen,

’s ist meine Nachbarin dabey;

Ich bin dem Mädchen sehr gewogen.

Sie gehen ihren stillen Schritt

Und nehmen uns doch auch am Ende mit.


Erster.

Herr Bruder nein! Ich bin nicht gern genirt.

Geschwind! daß wir das Wildpret nicht verlieren.

Die Hand, die Samstags ihren Besen führt,

Wird Sontags dich am besten caressiren.


Bürger.

Nein, er gefällt mir nicht der neue Burgemeister!

Nun, da er’s ist, wird er nur täglich dreister.

Und für die Stadt was thut denn er?

Wird es nicht alle Tage schlimmer?

Gehorchen soll man mehr als immer,

Und zahlen mehr als je vorher.


Bettler singt.

Ihr guten Herrn, ihr schönen Frauen,

So wohlgeputzt und backenroth,

Belieb’ es euch mich anzuschauen,

Und seht und mildert meine Noth!

Laßt hier mich nicht vergebens leyern!

Nur der ist froh, der geben mag.

Ein Tag den alle Menschen feyern,

Er sey für mich ein Aerndetag.


Andrer Bürger.

Nichts bessers weiß ich mir an Sonn- und Feyertagen,

Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrey,

Wenn hinten, weit, in der Türkey,

Die Völker auf einander schlagen.

Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus

Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;

Dann kehrt man Abends froh nach Haus,

Und segnet Fried’ und Friedenszeiten.


Dritter Bürger.

Herr Nachbar, ja! so laß ich’s auch geschehn,

Sie mögen sich die Köpfe spalten,

Mag alles durch einander gehn;

Doch nur zu Hause bleib’s beym Alten.


Alte zu den Bürgermädchen.

Ey! wie geputzt! das schöne junge Blut!

Wer soll sich nicht in euch vergaffen? —

Nur nicht so stolz! es ist schon gut!

Und was ihr wünscht das wüßt’ ich wohl zu schaffen.


Bürgermädchen.

Agathe fort! ich nehme mich in Acht

Mit solchen Hexen öffentlich zu gehen;

Sie ließ mich zwar, in Sanct Andreas Nacht,

Den künftgen Liebsten leiblich sehen.


Die Andre.

Mir zeigte sie ihn im Krystall,

Soldatenhaft, mit mehreren Verwegnen;

Ich seh’ mich um, ich such’ ihn überall,

Allein mir will er nicht begegnen.


Soldaten.

Burgen mit hohen

Mauern und Zinnen,

Mädchen mit stolzen

Höhnenden Sinnen

Möcht’ ich gewinnen!

Kühn ist das Mühen,

Herrlich der Lohn!


Und die Trompete

Lassen wir werben,

Wie zu der Freude,

So zum Verderben.

Das ist ein Stürmen!

Das ist ein Leben!

Mädchen und Burgen

Müssen sich geben.

Kühn ist das Mühen,

Herrlich der Lohn!

Und die Soldaten

Ziehen davon.


Faust und Wagner.

Faust.

Vom Eise befreyt sind Strom und Bäche,

Durch des Frühlings holden, belebenden Blick,

Im Thale grünet Hoffnungs-Glück;

Der alte Winter, in seiner Schwäche,

Zog sich in rauhe Berge zurück.

Von dorther sendet er, fliehend, nur

Ohnmächtige Schauer körnigen Eises

In Streifen über die grünende Flur;

Aber die Sonne duldet kein Weißes,

Ueberall regt sich Bildung und Streben,

Alles will sie mit Farben beleben;

Doch an Blumen fehlts im Revier,

Sie nimmt geputzte Menschen dafür.

Kehre dich um, von diesen Höhen

Nach der Stadt zurück zu sehen.

Aus dem hohlen finstren Thor

Dringt ein buntes Gewimmel hervor.

Jeder sonnt sich heute so gern.

Sie feyern die Auferstehung des Herrn,

Denn sie sind selber auferstanden,

Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,

Aus Handwerks- und Gewerbes Banden,

Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,

Aus der Straßen quetschender Enge,

Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht

Sind sie alle ans Licht gebracht.

Sieh nur sieh! wie behend sich die Menge

Durch die Gärten und Felder zerschlägt,

Wie der Fluß, in Breit’ und Länge,

So manchen lustigen Nachen bewegt,

Und, bis zum Sinken überladen

Entfernt sich dieser letzte Kahn.

Selbst von des Berges fernen Pfaden

Blinken uns farbige Kleider an.

Ich höre schon des Dorfs Getümmel,

Hier ist des Volkes wahrer Himmel,

Zufrieden jauchzet groß und klein:

Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s seyn.


Wagner.

Mit euch, Herr Doctor, zu spazieren

Ist ehrenvoll und ist Gewinn;

Doch würd’ ich nicht allein mich her verlieren,

Weil ich ein Feind von allem Rohen bin.

Das Fiedeln, Schreien, Kegelschieben,

Ist mir ein gar verhaßter Klang;

Sie toben wie vom bösen Geist getrieben

Und nennen’s Freude, nennen’s Gesang.


Bauern unter der Linde. Tanz und Gesang.

Der Schäfer putzte sich zum Tanz,

Mit bunter Jacke, Band und Kranz,

Schmuck war er angezogen.

Schon um die Linde war es voll

Und alles tanzte schon wie toll.

Juchhe! Juchhe!

Juchheisa! Heisa! He!

So ging der Fiedelbogen.


Er drückte hastig sich heran,

Da stieß er an ein Mädchen an,

Mit seinem Ellenbogen;

Die frische Dirne kehrt sich um

Und sagte: nun das find’ ich dumm

Juchhe! Juchhe!

Juchheisa! Heisa! He!

Seyd nicht so ungezogen.


Doch hurtig in dem Kreise ging’s,

Sie tanzten rechts sie tanzten links

Und alle Röcke flogen.

Sie wurden roth, sie wurden warm

Und ruhten athmend Arm in Arm,

Juchhe! Juchhe!

Juchheisa! Heisa! He!

Und Hüft’ an Ellenbogen.


Und thu mir doch nicht so vertraut!

Wie mancher hat nicht seine Braut

Belogen und betrogen!

Er schmeichelte sie doch bey Seit’

Und von der Linde scholl es weit:

Juchhe! Juchhe!

Juchheisa! Heisa! He!

Geschrei und Fiedelbogen.


Alter Bauer.

Herr Doctor, das ist schön von euch,

Daß ihr uns heute nicht verschmäht,

Und unter dieses Volksgedräng’,

Als ein so Hochgelahrter, geht.

So nehmet auch den schönsten Krug,

Den wir mit frischem Trunk gefüllt,

Ich bring’ ihn zu und wünsche laut,

Daß er nicht nur den Durst euch stillt;

Die Zahl der Tropfen, die er hegt,

Sey euren Tagen zugelegt.


Faust.

Ich nehme den Erquickungs-Trank,

Erwiedr’ euch allen Heil und Dank.


Das Volk sammelt sich im Kreis umher.

Alter Bauer.

Fürwahr es ist sehr wohl gethan,

Daß ihr am frohen Tag erscheint;

Habt ihr es vormals doch mit uns

An bösen Tagen gut gemeynt!

Gar mancher steht lebendig hier,

Den euer Vater noch zuletzt

Der heißen Fieberwuth entriß,

Als er der Seuche Ziel gesetzt.

Auch damals ihr, ein junger Mann,

Ihr gingt in jedes Krankenhaus,

Gar manche Leiche trug man fort,

Ihr aber kamt gesund heraus,

Bestandet manche harte Proben;

Dem Helfer half der Helfer droben.


Alle.

Gesundheit dem bewährten Mann,

Daß er noch lange helfen kann!


Faust.

Vor jenem droben steht gebückt,

Der helfen lehrt und Hülfe schickt.


Er geht mit Wagnern weiter.

Wagner.

Welch ein Gefühl mußt du, o großer Mann!

Bey der Verehrung dieser Menge haben!

O! glücklich! wer von seinen Gaben

Solch einen Vortheil ziehen kann.

Der Vater zeigt dich seinem Knaben,

Ein jeder fragt und drängt und eilt,

Die Fiedel stockt, der Tänzer weilt.

Du gehst, in Reihen stehen sie,

Die Mützen fliegen in die Höh’;

Und wenig fehlt, so beugten sich die Knie,

Als käm’ das Venerabile.


Faust.

Nur wenig Schritte noch hinauf zu jenem Stein,


Faust

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