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Vorwort und Überblick

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Zentraler Bezugspunkt dieses Bandes ist die deutsche Grundschule. Dabei geht es nicht nur um diese Schulform als Institution, sondern auch um das Selbstverständnis und die Aufgaben des in ihr beschäftigten Lehrpersonals, ebenso um die universitäre Bezugsdisziplin Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik, die sowohl für die Ausbildung des Personals als auch für die wissenschaftliche Beforschung des Handlungsfeldes zuständig ist. Mit Blick auf diese drei Bereiche stellt das Buch den Versuch dar, für die deutsche Grundschule einen umfassenden und konsistenten theoretischen Überbau zu entwerfen, der allerdings auch eine Hilfe für das praktische Handeln im Schul- und Unterrichtsalltag sein sollte.

Als Eröffnungsband der Reihe Grundschule heute soll damit zunächst eine tragfähige konzeptionelle Basis für die aktuelle Grundschule entworfen werden. Gerade vor dem Hintergrund neuer und vielfältiger gesellschaftlicher und pädagogischer Herausforderungen können einzelne Fragen und Aufgaben, wie der Umgang mit Migration, Inklusion oder virtuellem Leben und Lernen, in den folgenden Bänden der Reihe natürlich viel differenzierter und spezifischer dargestellt werden. Dieser erste Band bescheidet sich mit einer großen theoretischen Rahmung, innerhalb derer sich die moderne deutsche Grundschule zu positionieren und praktisch zu entfalten vermag.

Dafür muss zunächst, in einem ersten Kapitel, der Frage nachgegangen werden, weshalb dies eigentlich notwendig ist. Zu klären wäre hier vor allem, was eine theoretische Rahmung denn überhaupt leisten kann, gerade für die Praxis, was sie zu umfassen vermag und welche Reichweite sie haben kann. Zudem soll, durch einen anschließenden Überblick über bereits existierende, durchaus respektable, aussichtsreiche und vielseitige Theorieansätze – etwa durch Friederike Heinzel oder Ludwig Duncker – die These untersucht werden, ob die Grundschule bislang wirklich ohne eigenständige Theorie geblieben ist. Damit verbunden ist natürlich die Frage, ob das Fehlen einer Theorie der Grundschule denn überhaupt als Mangel anzusehen ist. Dies alles darf als Resümee des aktuellen Forschungs- und Erkenntnisstandes und als Momentaufnahme und Zusammenschau wissenschaftlicher Desiderata angesehen werden. In diesem Zusammenhang soll anschließend die Frage geklärt werden, zu welchem Zweck dieser theoretische Rahmen und die theoretische Fundierung der Grundschule denn überhaupt sinnvoll, gar notwendig sein könnten, welcher Zuwachs an Erkenntnis und Handlungskompetenz daraus erwachsen könnte. Ähnlich fundamental ist der Blick in die Entwicklung, den aktuellen Zustand und die Weiterentwicklung der universitären Disziplin Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik. Gerade aus der vergleichenden Analyse bisheriger Ansätze lassen sich möglicherweise neue disziplinäre Entwicklungsperspektiven gewinnen. Ein kurzer Exkurs über die forschungsmethodische Situation der Grundschulpädagogik und -didaktik wird dieses Kapitel abrunden.

Dann, im zweiten Kapitel, gilt es zunächst einmal die Spezifika der Grundschule zu bestimmen – falls es sie überhaupt geben sollte! Dabei müssen die lediglich bildungsadministrativen Zufälligkeiten dieser Schulstufe, also die momentane Festlegung auf die ersten vier bzw. sechs Schuljahre, als eher nachgeordnet angesehen werden. Die Frage ist also zu klären, was die Anfangsphase institutionalisierter Bildung im Innersten ausmacht und zusammenhält. Hierbei lassen sich verschiedene Charakteristika der Grundschule identifizieren, die oft eine ausgesprochen divergente Trennschärfe besitzen. Nach meiner Auffassung lässt sich hier als zentrales Spezifikum die Grundlegende Bildung ausmachen, wobei das Attribut grundlegend in doppelter Weise irreführend wirken könnte. Irritierend deshalb, weil es doch sowohl Vorläufigkeit wie auch Unfertigkeit nahelegt und zudem die Frage offenlässt, wo sich ganz konkret die Grenze zwischen grundlegend und weiterführend ziehen lässt.

Das dritte Kapitel widmet sich dementsprechend einer Zentrierung auf die Grundlegende Bildung als dem konstitutiven Kern der Grundschule. Neben einer Klärung des fundamentalen Lern- und Bildungsbegriffes und Überlegungen zu Vermittlung und Selbstkonstruktion soll die Idee von Grundlegender Bildung weiterentwickelt werden. Grundlegende Bildung besteht dabei, nach meiner Vorstellung, aus welterschließenden Dimensionen, gleichsam Wegen oder Blickrichtungen in die Welt, und Modi, die als Vorgehens- oder Umgangsweisen auf diesen Wegen verstanden werden sollen – eine Kombination aus Richtungen und Bewegungsarten sozusagen. Bei diesem Verständnis von Bildung ist eher an einen ausstrahlenden Kern als an ein festgegossenes Fundament gedacht; der eher zutreffende Terminus Nukleare statt Grundlegende Bildung dürfte aktuell aber wenig gesellschaftliche und pädagogische Akzeptanz erfahren.

Im vierten Kapitel sollen noch einmal die Ergebnisse resümierend zusammengefasst und in ihren profil- und identitätsstiftenden Möglichkeiten verdeutlicht werden: Wie lassen sich zentrale Aufgaben der Institution, der Profession und der Disziplin erkennen, herleiten und begründen, welche lassen sich zurückweisen? Und wie können die Institution, die Profession und die Disziplin durch eine derartige theoretische Rahmung eine innere Struktur und eine Abgrenzung nach außen gewinnen? In diesem Gliederungspunkt geht es also ganz zentral um handlungs- und entscheidungsleitende Potentiale, die Schule, Lehrkräfte und wissenschaftliche Forschungsansätze bzw. -schwerpunkte mit dem Blick auf die Grundlegende Bildung gewinnen oder unterstützen können.

Im Überblick ist dies also die Zielsetzung, aus welcher der innerste Anspruch dieses Bandes erwächst. Damit sind Hoffnungen verbunden, keine Versprechen.

Die Grundschule neu bestimmen

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