Читать книгу Ludwig Richter: Ein deutscher Maler und Hausfreund - Johannes Ninck - Страница 3

1. Ludwig Richters Elternhaus.

Оглавление

Inhaltsverzeichnis


Dresden, die sächsische Residenz, ist schon von manchem Reisenden für die schönste Stadt Deutschlands erklärt worden. Einmal nämlich liegt sie am herrlichen Elbestrom, unweit den waldigen Bergen der sächsischen Schweiz und des Erzgebirges, und zum andern zeichnet sie sich aus durch fürstliche Gebäude und reiche Kunstschätze. In dieser Stadt wurde Adrian Ludwig Richter am 28. September 1803, also am Tage vor Michaelis, geboren. Sein Vater war ein unbemittelter Landschaftszeichner und Kupferstecher; zu dem Ältesten, Ludwig, gesellten sich später noch 2 Söhne und eine Tochter. Vom Vater her sollte Ludwig eigentlich katholisch erzogen werden; weil jedoch seine Mutter evangelisch war und blieb, so fühlte er sich auch in der evangelischen Kirche heimisch.



Zu den größten Freuden gehörte es für den kleinen Ludwig allemal, die Großeltern Müller zu besuchen, die in Dresden ein kleines Kaufmannslädchen und ein Haus mit sehr großem Garten besaßen. Auf dem Wege dahin kam der dreijährige einst an einem schönen Rasenplatz vorüber mit vielen blauen Glocken- und Sternblumen, die ihn aufs allerlebhafteste fesselten. Als er nach dem Kaffee beim Großvater einen Augenblick sich selbst überlassen war, fielen ihm die lieblichen Blümlein wieder ein, die ihm solche Freude bereitet hatten. Flugs machte er sich auf, wackelte vertrauensselig durch mehrere einsame Gassen zurück zu dem schönen Rasenplatz, und pflückte für Großpapa einen großen Strauß; aber statt nun dessen Haus wieder zu finden, trippelte er in der entgegengesetzten Richtung immer fort. Um Mitternacht stand das kleine Männlein, den Blumenstrauß immer noch fest in der Hand mitten auf dem mondscheinbeleuchteten Marktplatz vor dem Rathause, ein winziges ängstliches Figürchen auf dem weiten öden Platze – da kam der Rettungsengel in Gestalt eines Nachtwächters, den Dreimaster auf dem Kopfe und den Säbel an der Seite, und trug den Flüchtling zu der in Todesängsten schwebenden Mutter, die ihren Verlust bereits auf dem Rathause gemeldet hatte. Dies Erlebnis bildete eine der frühesten unauslöschlichen Erinnerungen Ludwig Richters.



Wie viele Herrlichkeiten gab es doch bei den Großeltern! Schon das Kauflädchen war ein höchst interessantes Heiligtum: Das Fenster außen garnirt mit hölzernen, gelb und orange bemalten Kugeln, welche Citronen und Apfelsinen vorstellten; dann der große blanke Messingmond, vor welchem Abends die Lampe angezündet wurde und welcher dann mit seinem wunderbaren Glanze das Lädchen in einen Feenpalast verwandelte; die vielen verschlossenen Kästen, der anziehende Syrupständer, die Büchsen mit bunten Zuckerplätzchen, Johannisbrot und andern Süßigkeiten! Und der Besitzer aller dieser Schätze war der Großvater unseres Ludwig! und der steckte seinem Enkel gar gern etwas zu! Mit einer großen Zipfelmütze auf dem Kopf und einer braunen Schürze vor der Brust fuhr er geschäftig in dem Lädchen hin und her und gab jedem das Seine. Die Klingel an der Tür bimmelte unaufhörlich – da wogte es beständig aus und ein – ein buntes Treiben für das aufmerksame Auge des künftigen Malers.


Ein Hauptvergnügen verschaffte unserm Ludwig der dicke Stoß bunter Bilderbogen, welche der Großvater zum Verkauf hielt. Der Verfertiger dieser »Kunstwerke«, ein gewisser Rüdiger, den Ludwig mit ehrfurchtsvoller Bewunderung in seinem großen Dreimaster, grünen Frack und Schnallenschuhen die Straße hinabwandeln sah, mag ihm damals als ein großer Meister erschienen sein.

Und dann welche Freude bot der große Garten des großelterlichen Hauses! Da wurde gespielt, geklettert, gepflückt nach Herzenslust. Ein Lieblingssitz war der uralte Birnbaum mit seinen mächtigen Ästen. Manche Stunde verbrachte der kleine Ludwig träumerisch in dem grünen Gezweig, um sich die zwitschernden Finken und Spatzen, mit welchen er zur Zeit der Reife die zahllosen Birnen des alten Baumes teilte. Von diesem verborgenen Aufenthalte überblickte man den ganzen Garten mit seinen Sträuchern und Beeten und Blumen und Wegen, blickte über die Gartenmauern hinweg zu den gelben Kornfeldern und fernen Höfen.

Ja das waren goldene Jahre, die Kindheit im Hause der Eltern und Großeltern. Aber es wird Zeit, unsern Ludwig zu begleiten auch in

Ludwig Richter: Ein deutscher Maler und Hausfreund

Подняться наверх