Читать книгу Seewölfe - Piraten der Weltmeere 329 - John Curtis - Страница 5

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Was sich in der zweiten Maihälfte im Jahre 1593 dem Hafen von Plymouth näherte, ließ sogar die abgebrühten Fischer auf See leicht erschauern. Manche bekreuzigten sich hastig und starrten dem Ding entsetzt, verwundert oder verängstigt nach.

Es war eine viermastige Galeone von annähernd vierhundert tons Größe. Drei ihrer Masten waren rahgetakelt, der achtere Mast trug Lateinerbeseglung.

Das war es aber nicht, was die Fischer so erschütterte. Sie starrten mit offenen Mündern auf rote Segel, die sich im Wind blähten, Segel, die weithin als Fanal leuchteten und die Erinnerung an Blut hervorriefen.

Auch das hätten die verstörten Fischer noch verkraftet. Erst der Anblick der Besatzung ließ sie krampfhaft schlucken.

An Deck des Schiffes bewegten sich recht merkwürdige Gestalten. Sie hatten von Wind und Wetter gegerbte Gesichter, die von der Sonne braun gebrannt waren. Ihre Haare waren schwarz und im Nacken zu einem dicken Zopf geflochten. Auf den Köpfen trugen sie flache tellerähnliche Hüte, wie man sie in England noch nie gesehen hatte.

Seltsamerweise befand sich unter diesen unheimlich wirkenden Männern auch eine Frau, die auf dem Achterdeck stand, und deren Anblick die Fischer noch mehr verwirrte.

Sie trug Hosen, dazu Stiefel und eine rote Bluse. Über der Bluse trug sie noch eine helle Segeltuchjacke. In ihrem ovalen Gesicht standen die Wangenknochen leicht hervor, und die Augen, mandelförmig und leicht geschlitzt, verliehen ihr etwas Rätselhaftes und Fremdes. Ihr Haar war lang und schwarz und flatterte im Wind. Ihre vollen roten Lippen waren etwas spöttisch verzogen, als sie die Blicke der Fischer bemerkte.

Es war die erste Reise der Roten Korsarin nach England. Sie war auf dieses Land, aus dem der Seewolf stammte, eigentlich schon immer sehr neugierig gewesen.

Dieser ziemlich öde Küstenstrich ist also seine Heimat, überlegte sie. Auf den ersten Blick ein nichtssagendes Land, nicht kalt und nicht warm um diese Jahreszeit, ein einfacher Küstenstrich mit kleinen Erhebungen und nur wenig zartem Grün, das an den Bäumen und Sträuchern aufbrach.

Im Grunde genommen sah es in ihrer chinesischen Heimat um diese Jahreszeit auch nicht sehr viel anders aus. Dagegen bot die Karibik, aus der Siri-Tong nach England gesegelt war, wesentlich mehr Reize.

Sie war ein wenig enttäuscht, wollte das aber vor sich selbst nicht zugeben und behielt ihr rätselhaftes Lächeln bei.

Sie blickte auf den Hafen von Plymouth, in dem einige Schiffe an den Piers lagen und weiter hinten, in der beginnenden Dämmerung gerade noch erkennbar, weitere ankerten.

Schon jetzt begannen sich die ersten Neugierigen zu versammeln. Viele standen so versteckt, daß man sie kaum sah, und starrten voller Ehrfurcht auf das Schiff, das im Segel einen gewaltigen Drachen führte, der sich im leichten Wind immer wieder aufblies und dadurch den Eindruck erweckte, als atme und lebe er.

Einige der versteckt lauernden Gaffer erkannten auf Anhieb, daß dieses Schiff mit den blutroten Segeln eine englische Konstruktion war, noch dazu ausnehmend gut bestückt. Vorn und achtern standen je drei großkalibrige Drehbassen an Deck, und was sich hinter den Stückpforten an schweren Stücken verbarg, ließ sich ebenfalls mühelos erahnen. Außerdem war es ein Schiffstyp, der bei der englischen Flotte wegen seiner großen Laderäume und dem verhältnismäßig flach gebauten Rumpf sehr gefragt war.

Einige schätzten, daß der Schiffsbaumeister von Plymouth, Hesekiel Ramsgate, diese Galeone gebaut hatte, und damit lagen sie genau richtig.

„Roter Drache“, wie das Schiff der Korsarin hieß, war früher unter dem Namen „Albion“ gesegelt. Siri-Tong hatte die wendige Galeone auf Bora-Bora erbeutet.

„Wir legen dort drüben an der freien Pier an, Barba“, sagte sie zu ihrem Rudergänger. „Mister Boyd, sorgen Sie für ein exaktes Anlegemanöver, und erteilen Sie die nötigen Befehle dazu.“

„Aye, Madam“, erwiderte der Erste Offizier.

Die Männer, die die Rote Korsarin befehligte, gehorchten aufs Wort. Da gab es kein Zögern und kein Zaudern. Ihre Befehle kamen knapp und klar, und die Crew arbeitete reibungslos und gut zusammen.

Während das Schiff mit den roten Segeln einen langen Bogen beschrieb, hielt Siri-Tong immer wieder Ausschau, beobachtete den Hafen, behielt gleichzeitig die Crew im Auge und nahm die Eindrücke des Hafens in sich auf.

Nach Plymouth war sie nur aus einem Grund gesegelt: Sie hoffte hier mit dem Seewolf Philip Hasard Killigrew, dem Wikinger Thorfin Njal und auch mit dem Franzosen Jean Ribault zusammenzutreffen.

Sie wollte eine Besprechung darüber ansetzen, was mit der Schlangen-Insel in der Karibischen See zu geschehen hätte, denn dort mußte jetzt einiges getan werden.

Es war schon eine Menge getan worden. Sehr viel hatte sich dort im Lauf der Zeit verändert, doch es mußte noch mehr geschehen im Hinblick auf die Menschen der Schlangen-Insel, auf die Befestigungen und was der Dinge mehr waren. Eine schlagkräftige Flotte sollte dort aufgebaut werden. Siri-Tong hatte ganz bestimmte Vorstellungen davon. Ihr schwebten eine Anzahl von Veränderungen vor.

Daß das alles zu einem großen Teil schon abgesprochen war, ahnte sie nicht. Sie wußte nichts von den Gesprächen zwischen Hasard, Ribault, dem Wikinger und Hesekiel Ramsgate. Und sie wußte auch nicht, daß Ramsgate plante, seine Werft auf die Schlangen-Insel zu verlegen.

Sie vermutete lediglich, daß einiges zwischen den Männern vereinbart worden war. Das genügte ihr allerdings nicht. Sie hatte die ältesten Rechte an der Schlangen-Insel und nahm sich vor, in dieser Angelegenheit ein Machtwort mitzusprechen.

Als sie jetzt den Blick hob, sah sie, daß immer mehr Leute im Hafen zusammenströmten und sie alle wie Wundertiere von den Gaffern angestarrt wurden.

Die Rote Korsarin lächelte verhalten, als sie die staunenden Blicke sah, die sich auf die Zopfmänner und sie selbst richteten.

Natürlich trug keiner ihrer Männer einen Zopf, und es gab auch keinen Chinesen an Bord. Das war nur Maskerade, Mummenschanz, nicht um zu beeindrucken, sondern um etwas zu erfahren, denn angeblich sprachen ihre Männer ja auch kein Englisch. Einem aber, der die Sprache nicht verstand und sprach, begegnete man mit Sicherheit sorgloser und plauderte mehr aus.

Auf diese Art und Weise erhoffte sie, alles das zu erfahren, was sie wissen wollte.

In Nathaniel Plymsons Spelunke, der berüchtigten Hafenkneipe „Bloody Mary“ an der Ecke Millbay Road und St. Mary Street, war die Ankunft des fremden Schiffes ebenfalls sehr schnell bekannt geworden und hatte sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen.

Die üblichen Schnapphähne, Beutelschneider, Hasardeure und Galgenstricke hockten in der „Bloody Mary“ und soffen Plymsons Fusel.

Das feiste Schlitzohr Plymson war an diesem Tag kaum wiederzuerkennen. Nicht daß er sich verändert hatte, er trug nur wieder eine neue Perücke, weil die letzte mal wieder bei einer handfesten Auseinandersetzung in seiner Kneipe restlos zertrampelt worden war. Einer der Trunkenbolde hatte damit den Boden aufgewischt und das zerzauste Gebilde dann großzügig über den mumifizierten Stör gehängt, der Plymsons Theke zierte und schon so alt war wie die Welt.

Plymson hatte diesmal eine Perücke nach französischer Art auf seinem kahlen Schädel. Die Perücke war grau gepudert mit einigen dunklen Streifen darin und fiel ihm in kleinen Wellen dicht an dicht bis in sein feistes Genick. Von hinten gesehen, verlieh sie ihm etwas Seriöses. Drehte er sich aber um, dann erkannte man in seinem feisten Gesicht die Schlitzohrigkeit der ganzen Welt, den freundlich-geldheischenden Blick und eine gewisse Art von Hinterhältigkeit, die nie aus seinen Zügen verschwand. Jeder hatte durch Plymsons schwach angedeutetes Grinsen unweigerlich das Gefühl, beschissen worden zu sein, auch wenn das nicht immer zutraf.

„Da ist ein rotes Schiff“, sagte der grobe Johann zu Plymson. Der Schankknecht grinste dazu etwas dümmlich. „Es segelt gerade in den Hafen und legt an.“

„Ein rotes Schiff?“ fragte Plymson. Er sah seinen Schankknecht ungläubig an. „Du meinst ein schwarzes. Das ist der Wikinger mit seiner Lausebande.“

„Ein rotes“, beharrte der grobe Johann, der mit dem Schimpansen Arwenack von der „Isabella IX.“ eine gewisse Ähnlichkeit hatte, was zumindest die Haare auf seinem Körper betraf. Vom Gesicht her sah fraglos der Schimpanse besser aus.

Plymson schüttelte den Kopf, warf seinen Schmierlappen, mit dem er die Bier- und Weinlachen vom Tresen zu wischen pflegte, auf die Theke und ging wortlos hinaus. Ihm folgten gleich darauf noch weitere Kerle.

Draußen starrte sich Plymson die Schweinsäuglein aus, und sein dreifach gestaffeltes Wabbelkinn geriet in lebhafte Bewegung.

„Verdammt“, sagte er ächzend, „ein Schiff mit roten Segeln.“

„Hab ich doch gesagt“, maulte der grobe Johann, der sich ebenfalls die Augen ausstarrte.

Plymson beobachtete das Anlegemanöver. Sein Mund war weit aufgerissen, er glaubte an einen bösen Traum, und er spürte, wie es unter seiner neuen Perücke unangenehm zu kribbeln und zu jucken begann.

Da war ein verdammter höllischer Drache auf dem Großsegel zu sehen, ein gewaltiges Biest, das ihn böse anstarrte, und wenn die merkwürdigen Kerle an Bord an dem Segel zerrten, um es aufzutuchen, dann holte dieser Drache jedesmal tief Luft und blies seinen feurigen Atem genau in seine Richtung.

Als Plymson noch ein kleiner fetter und ungezogener Bengel war, da hatte er oft von solchen Drachen gehört, daß sie Feuer spien und kleine Jungs fraßen, die in den Hühnerställen die Eier klauten.

Ja, genauso war ihm der Drache immer geschildert worden, und jetzt sah er ihn als riesige Abbildung auf einem Segel. Und weil er immer die Leute beschissen und betrogen hatte, richtete der Drache jetzt sein Augenmerk genau auf ihn, als wisse er, was mit Plymson los sei. Jetzt krümmte der Drache seinen fürchterlichen Leib zu einem gewaltigen Sprung.

Plymson schloß die Augen. Er war keines Wortes mächtig. Erst als er sie wieder öffnete, war das Höllenvieh verschwunden und hatte sich zum Schlummer unter die Rah gepackt.

Plymsons entsetzter Blick wanderte weiter. Den Namen des Schiffes vermochte er nicht zu lesen, denn der bestand aus einem krakeligen Gewirr völlig unverständlicher rätselhafter Zeichen, die er nie in seinem Leben gesehen hatte.

Yard um Yard tastete er mit seinen Blicken weiter das unheimliche Schiff ab und zuckte immer wieder zusammen. Er bemerkte Gestalten, wie er sie ebenfalls noch nie gesehen hatte. Kerle mit langen schwarzen Zöpfen und Tellerhüten auf dem Schädel. Ja, und – er sah eine Frau. Eine verteufelt hübsche Frau war das, sehr schlank, mandeläugig, fremd, exotisch mit langen schwarzen Haaren. Sie trug Stiefel und unter ihrer Segeltuchjacke eine Bluse, die so rot war wie die Segel an den Rahen.

Die Aufregungen reißen einfach nicht ab, dachte Plymson wie betäubt. Da war der Seewolf mit seiner wilden Horde von Kerlen gewesen, dann der Wikinger mit seiner Satansbrut und dann noch ein Kerl, der genau wie der Seewolf aussah, genauso breit, so groß und stark, der aber blonde Haare hatte. Und jetzt lief dieses Schiff ein! Das war fast zuviel.

Erst jetzt ging dem Schankwirt auf, daß diese exotische Frau auf dem Achterdeck beileibe kein Passagier war. Sie gab Befehle, und die Zopfkerle flitzten nur so, wenn sie etwas in einer Sprache rief, die Plymson nicht verstand. Diese Sprache bestand nur aus Zischen, Gurgeln und Miauen, etwa so wie die Kater maunzten, wenn sie nachts über die Dächer strichen.

Plymson verstand die Welt nicht mehr. Er hatte, weiß Gott, schon viel erlebt, aber in Plymouth artete das immer mehr aus. Wilde, verwegene Kerle, dachte er, die einer Frau aufs Wort gehorchen, so was gibt es doch gar nicht! So ein zierliches Persönchen kann doch keine ausgewachsenen Kerle beliebig hin und her scheuchen!

„Eine Frau“, sagte neben ihm der grobe Johann staunend. „Die kommandiert da!“

„Seh ich selbst“, murmelte Plymson halb erschlagen von dem wunderlichen Anblick. „Scher dich wieder in die Kneipe.“

„Aber ich will doch die Frau sehen. Sie ist schön, was?“

„Ja, sie ist schön, sehr schön“, sagte Plymson ächzend. „Aber sie scheint auch gefährlich zu sein. Sie muß aus einem sehr fernen und fremden Land stammen.“

„Vielleicht aus Frankreich“, sagte der grobe Johann, dessen geistiger Horizont bestenfalls bis über den Kanal reichte.

Dann, nach nochmaliger Aufforderung, er möge sich gefälligst sofort in die Kneipe verziehen, verschwand er, während Plymson noch eine ganze Weile blieb und das Schiff beobachtete, das ihm ein Rätsel nach dem anderen aufgab.

Die Neugierigen säumten fast den ganzen Hafen und starrten wortlos das Schiff an. Hin und wieder murmelten die Leute leise, fast ehrfurchtsvoll, und sie starrten sich die Augen aus, denn nach einer Weile erschien eine weitere Frau flüchtig an Deck und besprach sich mit der Frau in der roten Bluse. Diese junge Frau stammte von der Insel Mocha und hieß Araua. Sie war die Tochter der Schlangenpriesterin Arkana und des Seewolfs, aber das wußte keiner in Plymouth, denn niemand kannte die Hintergründe dieser Geschichte.

Araua war noch sehr jung und wohnte auf der Schlangen-Insel in der Karibischen See. Siri-Tong hatte ihr versprochen, sie mitzunehmen, sobald sie nach England segelte, und das war jetzt geschehen.

Für die Gaffer wirkte Araua ebenfalls fremd und exotisch. Sie staunten über diese aufblühende Schönheit. Doch die Tochter der Schlangenpriesterin verschwand kurz darauf wieder unter Deck.

Plymson wischte sich den Schweiß von der Stirn und merkte nicht, daß seine neue Perücke halb verrutschte und an Backbord sein kahler Schädel blanklag.

Himmel, dachte er, was ist das nur für ein Schiff? Zwei Frauen an Bord, beide von ausgesuchter Schönheit, und eine von ihnen kommandiert eine rauhe und wilde Männerschar! Der Teufel mochte wissen, was ganz Plymouth wohl bald bevorstand. In letzter Zeit hatten sich die Ereignisse ja ständig überschlagen, und jetzt gesellte sich ein neues hinzu.

Heftig schluckend kehrte er in die „Bloody Mary“ zurück, lehnte sich über die Theke und begann in seiner Erinnerung zu kramen und zu grübeln, denn das Schiff ließ ihm keine Ruhe mehr. Es füllte sein ganzes Denken aus, ganz besonders natürlich die Frauen an Bord.

Da war doch mal irgend etwas mit dem Seewolf gewesen, wenn er sich recht erinnerte. Natürlich wurde viel getuschelt, und es wurden auch Märchen erzählt und Legenden verbreitet. Ein Körnchen Wahrheit aber steckte meist darin, und jetzt entsann sich der dicke Kneipenwirt auch an das Getuschel in seiner Kneipe und auch an das, was die ehrbaren Bürger von Plymouth oft gemunkelt hatten.

Der Seewolf sollte ja angeblich irgendwo in der Karibik hausen, an einem geheimen Ort, auf einer Schatzinsel oder so ähnlich. Und natürlich wimmelte es in der Karibik nur so von Piraten, wie Plymson sich das erschauernd vorstellte. Da wurden von morgens bis abends Leute abgemurkst, da hausten bärtige Gesellen auf Inseln, auf denen Gold und Silber in riesigen Mengen versteckt sein sollten.

Der Seewolf aber, so munkelte man, sollte sich mit einer äußerst gefährlichen Piratin verbündet haben, die ebenfalls in der Karibik ihr Unwesen trieb.

Plymson schluckte bei dem Gedanken, daß es vielleicht diese Frau sein könnte. Aber so ganz genau wußte er das nicht. Jedenfalls schwante ihm Unheil.

Seufzend sah er die Kerle an, die es wieder in die „Bloody Mary“ gezogen hatte. Sie soffen sich den Kragen voll, erzählten üble Witze und lachten. Zwei grölten betrunken ein obszönes Lied.

Wenn er sie jetzt hinauswarf, konnte er seinen Laden schließen und sich irgendwohin verholen. Doch mit diesen Zechbrüdern war nicht zu reden, solange sie soffen. Die würden wieder mal bis zum frühen Morgen bleiben. Er war nicht in der Lage, sie hinauszuwerfen, sonst ging es ihm selbst an den Kragen.

Also schickte Plymson ein Stoßgebet zum Himmel, daß die Besatzung dieses unheimlichen Schiffes nicht bei ihm einkehren möge, so sehr er auch auf das Geld erpicht war. Nein, diese unheimlichen Leute wünschte er nicht aus der Nähe kennenzulernen, dann lieber kein Geschäft, aber einen ruhigen Abend.

Inzwischen war es dunkel geworden, und am Himmel erschienen die ersten funkelnden Sterne.

„Hoffentlich kommen die Kerle dieses Schiffes nicht zu mir“, sagte Plymson zum groben Johann mit der Holzhackervisage. „Der Himmel möge mich davor bewahren.“

Johann wuchtete gerade ein Rotweinfaß auf die Theke. Die Lampe vor der Kneipe hatte er schon entzündet, und jetzt ging er daran, auch die Fensterläden zu schließen. Dabei blickte er durch eins der Fenster hinaus und zuckte deutlich sichtbar zusammen.

„Was ist?“ fragte Plymson mit klopfendem Herzen.

„Da sind schon welche von den Zopfmännern im Anmarsch“, sagte der grobe Johann bedächtig. „Und diese – diese Frau mit der roten Fahne, äh, ich meine mit der roten Bluse ist auch dabei.“

„Der Himmel steh mir bei“, klagte Plymson, „es gibt doch noch so viele andere Kneipen. Ausgerechnet zu mir. Was habe ich nur getan?“

Sein zum Himmel gesandtes Stoßgebet war zwischen den Sternen sang- und klanglos verschwunden. Weiter oben hatte man sicher anderes zu tun, als sich um Plymsons Hafenspelunke zu kümmern.

Nathaniel Plymson riskierte noch einen schnellen ängstlichen Blick hinaus und fühlte seinen Herzschlag immer lauter.

Tatsächlich, da rücken die unheimlichen Gestalten an. Und dieses schwarzhaarige Weib mit der roten Bluse trug doch wahrhaftig einen Degen.

Auf den Schreck genehmigte sich der dicke Plymson erst mal einen. Es bestand kein Zweifel, daß sie seine Kneipe auserkoren hatten.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 329

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