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VORWORT DES HERAUSGEBERS
ОглавлениеBewegt man sich in der Geschichte der Osteopathie, begegnen einem so manche Rätsel: Warum schrieb Still nie über spirituelle Aspekte in seiner Arbeit? Warum erwähnte Sutherland den großen Einfluss von Walter Russell und Emanuel Swedenborg nicht? Warum war David Palmer, der Begründer der Chiropraktik, mehrere Wochen Gast im Hause Still? Eine dieser Fragen lautet auch: Warum ist John Martin Littlejohn Osteopathen nur in England ein Begriff?
Anders als Still, dessen Texte ihre Wurzeln in der um die Mitte des 19. Jahrhunderts gebräuchlichen, romantischen Wissenschaftssprache haben und gespickt sind mit Anekdoten, persönlichen Ansichten, Metaphern und poetischen Umschreibungen, brilliert Littlejohn durch logische Klarheit, zielführende Inhalte, exakte Beschreibungen und intellektuelle Komplexität. Nach dem Fachlektorat steht für mich jedenfalls fest: Littlejohn hat Stills visionäre osteopathische Philosophie aus der Wildnis geholt und wissenschaftlich diskussionsfähig gemacht.
Nachdem A. T. Still (1828 – 1917) ihn durch seine Behandlungsmethode von einem langjährigen Leiden befreit hatte, trat Littlejohn Stills berühmter American School of Osteopathy (ASO) bei, nahm dort 1898 eine Lehrtätigkeit auf, überarbeitete gründlich den Lehrplan und führte wissenschaftliche Forschungsarbeiten ein. Während dieses Prozesses folgte er weiterhin der Grundausrichtung Stills und widmete sich neben der Lehre und Mitarbeit an den Lehrplänen vor allem der seriösen wissenschaftlichen Erforschung von Stills Ideen und erweiterte diese um Aspekte wie Psychophysiologie, Umwelteinflusse und Ernährung, womit er den Fokus von der reinen Anatomie zunehmend in die Physiologie verschob.
Gedanken der Integration und der Erweiterung des Organismus in seiner Wechselwirkung mit der Umwelt, sowie ein neues bis heute gültiges biomechanisches Konzept und die zentrale Bedeutung geschulter Finger gehen ebenso auf ihn zurück, wie die Ausarbeitung der ersten wirklich hochschulfähigen osteopathischen Lehrpläne. Und letztlich machte er die Osteopathie allein schon durch die Gründung drei der bedeutendsten osteopathischen Fachzeitschriften jener Zeit bekannt.
Die ausgesuchten vier Artikel Osteopathie – eine biologishe Wissenschaft repräsentieren in diesem Zusammenhang ein bemerkenswertes Spätwerk Littlejohns, das er zwischen 1931 und 1939 in seinem Journal of Osteopathy veröffentlicht hat. Hierin zeigt sich nochmals eindrücklich, wie umfassend, tiefgehend und funktionell sich Littlejohn mit Stills Ansatz auseinandergesetzt hat und in der Lage ist, die wesentlichen Aspekte davon auch in wissenschaftlicher Sprache klar und präzise zu beschreiben. Unter Berufung auf weitere Autoren vermittelt er uns den Eindruck, dass die osteopathische Grundidee von Still bereits in Ansätzen in der Luft lag. Dies zeigt sich vor allem in Bezug auf den Status der Wirbelsäule, der in den Artikeln vorrangig besprochen wird. Deutlich wird auch, dass die Osteopathie der Gründerzeit einen ganz auf die ‘Lebenskraft’ ausgerichteten und ihr zuarbeitenden Bahandlungsansatz darstellt. Immer wieder wird sehr deutlich, dass der Osteopath bei Littlejohn zwar stets lokal und strukturell arbeitet, dies aber stets im Bewusstsein der systemischen Wirkungen und vor allem unter Berücksichtigung eben jener Lebenskraft und ihrer Kräfte, der auch Littlejohn die alleinige Heilungshoheit im medizinsichen Sinn zuspricht. In diesem Sinn repräsentiert Littlejohns Osteopathie schließlich weniger einen Behandlungsansatz, als vielmehr tatsächlich eine Art biologische Wissenschaft, die aus grundlegenden philosophischen Überlegungen zur Welt und zum Leben entspringt.
Viel Vergnügen beim Lesen!
Christian Hartmann
Pähl, August 2015
OSTEOPATHIE –
EINE BIOLOGISCHE WISSENSCHAFT
JOHN MARTIN LITTLEJOHN
Die vier einzelnen Artikel erschienen unter der Titelserie Osteopathy - a Biological Science erstmalig in:
Teil I: The Journal of Osteopathy (III. 4) 1931, ohne Seitenangabe.
Teil II: The Journal of Osteopathy (VII. 1) 1936, ohne Seitenangabe.
Teil III: The Journal of Osteopathy (X. 1), 1939, S. 6 – 10.
Teil IV: The Journal of Osteopathy (X. 4) 1939, S. 10 – 13.