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CEDAR

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Später hatte Bond das Gefühl, er musste wie ein Trottel ausgesehen haben, als er dort mit offenem Mund in Ms Büro stand und die Frau anstarrte. Sie war durchaus jemand, bei dem es sich lohnte, ein wenig zu starren, selbst in dem lässigen Jeansrock und der Bluse. Ihr Gesicht wies genau wie ihre braunen Augen eine Ruhe auf, hinter der, wie Bond sofort spürte, ein wacher Verstand lauerte – ein Verstand, der genauso präzise und tödlich wie ihr Körper war. Die Frau war eine Expertin. Allerdings sollte sie das auch sein, wenn man bedachte, wer ihr Vater war.

»Tja«, war alles, was Bond hervorbringen konnte.

In Cedars Gesicht erblühte ein Lächeln, das ihn fast schon schmerzlich an seinen alten Freund Felix erinnerte. Es war ein völlig unbekümmerter Ausdruck, bei dem sie eine Augenbraue hochgezogen hatte, als wollte sie sagen: Mach es richtig oder fahr zur Hölle.

M schnaubte. »Dann haben Sie Miss Leiter also tatsächlich noch nie zuvor getroffen, 007?« M redete Bond noch immer mit 007 an, als wäre die berühmte Doppelnullabteilung mit ihrer Lizenz zum Töten nicht schon lange aufgelöst worden.

Bond hatte gewusst, dass Felix verheiratet war, doch während ihrer Zusammenarbeit hatte sein alter CIA-Freund – der später Privatdetektiv geworden war – nie von seiner Frau oder Kindern gesprochen.

»Nein«, erwiderte Bond ein wenig angespannt. »Wie geht es Felix?«

Cedars Augen verfinsterten sich ein wenig, als hätte man ihr einen schnellen körperlichen Schmerz zugefügt. Als sie sprach, war ihre Stimme tief und heiser und wies nicht einmal einen Hauch dessen auf, was die Briten als amerikanischen Akzent betrachteten.

»Daddy geht es gut. Sie haben ihn mit den neuesten Erfindungen in Sachen Prothesen ausgestattet.« Der Anflug von Traurigkeit verschwand, und das Lächeln kehrte zurück. »Er hat eine unglaubliche neue Hand und sagt, dass sie alles machen kann. Er verbringt viel Zeit mit Schießen und dem Üben von Methoden, um schnell zu ziehen. Ich bin mir sicher, er würde wollen, dass ich Sie von ihm grüße.«

Innerhalb eines Sekundenbruchteils erlebte Bond erneut die Zeit seines Lebens, die er am liebsten in die Vergessenheit verbannt hätte – die Zeit, in der Felix einen Arm und ein halbes Bein verloren und auch andere Verletzungen erlitten hatte, die über mehrere Jahre hinweg von plastischen Chirurgen hatten behandelt werden müssen. James Bond hatte sich oft selbst die Schuld für Felix Leiters missliche Lage gegeben, obwohl sie beide hinter dem dunkelhäutigen Gangster her gewesen waren, dessen sadistischer Wahnsinn fast einmalig gewesen war. Buonaparte Ignace Gallia alias Mr Big. Auf jeden Fall hätte Felix sofort zugegeben, dass er nach dem Haiangriff, den der Kriminelle arrangiert hatte, von Glück reden konnte, überhaupt noch am Leben zu sein. Und Bond tröstete sich mit der Tatsache, dass er Big am Ende ein für alle Mal ausgeschaltet hatte – und zwar auf die unangenehmste Art: Er hatte dafür gesorgt, dass die Strafe zum Verbrechen passte.

Bond schüttelte seine Tagträume schnell ab und registrierte Cedar Leiters letzten Satz: »… er würde wollen, dass ich Sie von ihm grüße.« Sie legte den Kopf schief. »Wenn er wüsste, dass ich hier bin.«

M schnaubte erneut. »Ich denke, wir sollten besser zur Sache kommen, 007. Miss Leiter ist eine Schläferin, die gerade aktiviert wurde. Sie traf in den frühen Morgenstunden ein.« Er zögerte und runzelte leicht die Stirn, um seine Unzufriedenheit auszudrücken. »Vor meiner Haustür. Ich habe mir angehört, was sie zu sagen hatte. Der Stabschef überprüft das gerade mit einer Chiffre durch die US-Botschaft.«

Bond fragte, ob er sich setzen dürfe, und erhielt von M ein steifes Nicken.

»Ich habe das alles schon gehört. Miss Leiter wird Sie auf den neuesten Stand bringen«, fuhr M fort.

»Oh, bitte nennen Sie mich Cedar, Sir …« Sie hielt inne, als sie Ms vernichtenden Blick sah, und erkannte, dass sie gerade den schlimmsten Fauxpas aller Zeiten begangen hatte. M lehnte leichtfertige Vertraulichkeit aufs Heftigste ab, vor allem wenn es um Angelegenheiten ging, die den Service betrafen.

»Fangen Sie an, Miss Leiter«, schnauzte M.

Cedars Karriere hatte begonnen, als sie achtzehn war und als Sekretärin im Außenministerium der Vereinigten Staaten arbeitete. Nach einem Jahr kam die Central Intelligence Agency auf sie zu. »Ich vermute, es war wegen meines Vaters.« Dieses Mal lächelte sie nicht. »Aber man warnte mich, dass er es nie erfahren dürfe.« Sie behielt ihre Stelle im Ministerium, belegte aber während ihres Urlaubs, an den Wochenenden und an manchen Abenden umfassende Kurse.

»Sie wollten mich nicht im aktiven Dienst einsetzen. Das haben sie mir von Anfang an klargemacht. Ich sollte ausgebildet werden und regelmäßig Auffrischungskurse besuchen, aber meine Stelle beim Ministerium behalten. Sie sagten mir, man würde mich irgendwann anrufen.

Nun, der Anruf kam letzte Woche. Ich vermute, sie beobachten einen. Ich plante eine kurze Reise nach Europa. Daraus ist eine Dienstreise geworden, und ich wurde benutzt, weil ich nicht das bin, was man als ›Gesicht‹ bezeichnet.« Cedar meinte damit, dass sie den internationalen Geheimdienstorganisationen nicht bekannt war. »Es gibt ein Passwort, das M an die Leute in Langley weitergeben muss, und ein Passwort, das die Antwort darstellt, um zu beweisen, dass ich in Ordnung bin – ich schätze, darauf warten wir momentan.«

M nickte und fügte hinzu, er hege keine Zweifel daran, dass Miss Leiter »in Ordnung« sei, wie sie es ausdrückte. Sicher würden die Dokumente und die Bitte, mit der sie an ihn herangetreten sei, Sinn ergeben.

»Ich setzte Sie darauf an, 007, da es hier darum geht, harmonisch mit Miss Leiter und den Vereinigten Staaten zusammenzuarbeiten.«

»Aber SPE…?«, begann Bond.

»Die Angelegenheit wird Ihnen in einem Augenblick klar sein. Ich versetzte Sie in den Spezialdienst. Spezialdienste für die US-Regierung.« M nahm einige Papiere von seinem Schreibtisch, und Bond kam nicht umhin, zu bemerkten, dass es sich bei dem ersten um eine kurze maschinengeschriebene Notiz handelte, auf der das Siegel des Präsidenten prangte. Es hatte keinen Sinn, weiter mit seinem Vorgesetzten zu diskutieren.

»Also, was hat es mit der Sache auf sich, Sir?«, fragte Bond.

»Kurz gesagt«, begann M, »geht es um einen Mann namens Markus Bismaquer.«

M warf einen Blick auf die Papiere in seiner Hand und ratterte die Einzelheiten von Bismaquers Leben und Hintergrund herunter: Geboren 1919, New York City. Einziger Sohn gemischter Eltern, deutsch und englisch. Beide amerikanische Staatsbürger. Machte seine erste Million vor seinem zwanzigsten Lebensjahr, innerhalb von drei Jahren war er Multimillionär. Entging dem Militärdienst während des Zweiten Weltkriegs, weil er als »unerwünscht« eingestuft wurde. Offenbar war er ein standhaftes und überzeugtes Mitglied der amerikanischen Nazipartei. Seit damals hat er versucht, es geheim zu halten, jedoch mit wenig Erfolg.« M gab ein Geräusch von sich, das man nur als Zeichen von Abscheu deuten konnte. »In den frühen 1950ern verkaufte er all seine Geschäftsanteile mit großem Profit und lebt seitdem wie ein Prinz der Renaissance. Man sieht ihn nur selten außerhalb seines eigenen Fürstentums …«

»Seines eigenen was?« Bond runzelte die Stirn.

»Eine Redewendung, 007. Miss Leiter wird es Ihnen erklären.«

Cedar Leiter holte tief Luft.

»Bismaquer besitzt ein knapp vierhundert Quadratkilometer großes Grundstück, das einst Wüste war. Es befindet sich etwa hundertdreißig Kilometer südwestlich von Amarillo, Texas. Und M hat es zu Recht als Fürstentum bezeichnet. Keine Straßen führen zur Rancho Bismaquer. Man kommt nur auf zwei Arten hinein: Es gibt einen kleinen Flugplatz, und er hat sein eigenes privates Einschienenbahnsystem. Fünfundzwanzig Kilometer außerhalb der Stadt – also Amarillo – befindet sich ein abgeschotteter Bahnhof, und man muss sehr gute Beziehungen zu Mr Bismaquer haben, wenn man mit der Einschienenbahn fahren will. Ist man auf dem Anwesen wirklich erwünscht, kann man sein eigenes Auto mitnehmen – auf der Einschienenbahn gibt es einen Autotransporter und draußen auf der Ranch haben sie Straßen, aber nur innerhalb des Geländes. Es ist ein verdammt beeindruckender Ort – ein riesiges Haus, Nebengebäude, eine Autorennstrecke, Pferde, Angelteiche, alles, was das Herz begehrt.«

»Waren Sie mal dort?«

»Nein, aber ich habe all die Bilder gesehen – von den Satelliten und den hoch fliegenden Luftaufklärern. In Langley gibt es ein 3D-Modell. Sie haben es mir im Zuge meiner Unterweisung gezeigt. Ich habe Fotos dabei. Das gesamte Gebiet – die ganzen vierhundert Quadratkilometer – ist extrem gut eingezäunt, und Bismaquer hat seinen eigenen Sicherheitstrupp.«

»Also, was hat er angestellt?« Bond holte sein Zigarettenetui aus Geschützbronze hervor und schaute zu M, um sich seine Erlaubnis einzuholen. M nickte nur und machte sich daran, seine Pfeife zu stopfen. Cedar lehnte die angebotene Zigarette ab. »Was hat er angestellt? Abgesehen davon, dass er ein Vermögen verdient hat?«

»Das ist das Problem.« Cedar schaute unsicher zu M.

»Oh, Sie können ruhig weitermachen, Miss Leiter. 007 muss alles wissen, bevor wir diese Besprechung beenden.«

»Bis vor ein paar Monaten war alles noch sehr vage«, fuhr Cedar fort und zog die Beine auf dem Lederstuhl unter ihren Körper. M schaute zur Decke hinauf, als wollte er die Götter um gute Manieren und eine ordentliche Haltung für die junge Frau anflehen. »Politisch gesehen war Bismaquer schon immer verdächtig, aber offenbar hat sich niemand allzu große Sorgen gemacht, weil er sich so weit vom Geschehen entfernt hält. Es gibt sehr eindeutige Beweise, dass er – wie drückt man das am besten aus? – sein Fähnchen stets in den Wind hängt?«

Bond nickte.

»So agiert Bismaquer seit Jahren – auf der Suche nach einem ›Einstieg‹, einer Möglichkeit, in ein politisches Amt aufgenommen zu werden. Niemand hat ihn je für voll genommen.« Sie lachte, und Bond musste erneut an Felix denken. »Sie haben sein Geld genommen, aber nicht ihn. Nach Watergate kam heraus, dass Geld von Bismaquer in die berühmte Schmiergeldkasse geflossen war. Und zwar nicht nur Peanuts. Doch die nachfolgenden Regierungen haben ihn in Schach gehalten.«

»Warum?«

Sie zuckte kurz mit den Schultern, als wollte sie sagen, dass die Gründe offensichtlich seien. »Es gibt außerdem Beweise, dass Bismaquer nach einer Möglichkeit gesucht hat, in jede beliebige Behörde zu gelangen, und zwar mit dem Gedanken, ein Übernahmeangebot zu machen.«

Nun musste Bond lachen. »Übernahmeangebot? Für was? Die Regierung der Vereinigten Staaten?«

»Ich weiß, dass das weit hergeholt klingen muss, aber das ist genau das, was die Leute befürchten.« Cedar bedachte ihn mit einem kühlen Blick. »Sie glauben, dass diese Araber und ihr Gefolge reich sind? Tja, es gibt Familien in Texas, die tatsächlich wie Könige leben. Und es gibt einige wenige – wie in jedem Land –, die eine gefährliche Fantasie haben. Wenn man diese Fantasie mit immensem Reichtum kombiniert …«

Sowohl Bond aus auch M nickten, um anzuzeigen, dass sie verstanden hatten.

»Hat er die Nazi-Ideologie immer noch verinnerlicht?« Bond blies den Rauch seiner Zigarette Richtung Decke.

»Davon ist die CIA überzeugt.«

»Aber so ein Spinner wie er kann nicht wirklich gefährlich werden, es sei denn …«

»Es sei denn, er unternimmt etwas, richtig?« Cedar schaute Bond direkt an. »Ja, da stimme ich Ihnen zu, aber es hat Probleme gegeben – oder zumindest Anzeichen davon. Bismaquer hat im Laufe des vergangenen Jahres eine große Anzahl sehr seltsamer Besucher auf der Ranch empfangen. Außerdem hat er die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt und seinen Mitarbeiterstab vergrößert.«

Bond seufzte und schaute hilfesuchend zu M. »Das ist verrückt. Ein Kerl, der seine eigenen Fantasien auslebt …«

»Hören Sie ihr weiter zu, 007«, sagte M ruhig.

»Er hat auf jeden Fall etwas vor. Das FBI hat ihn überwacht und die Besucher und die Ausrüstung überprüft, die auf die Ranch kamen. Sie haben beschlossen, ein paar ihrer Erkenntnisse mit der Bundessteuerbehörde zu teilen. Die haben daraufhin ein paar mögliche Steuerhinterziehungen entdeckt. Das gab der Steuerbehörde und dem FBI etwas, womit sie arbeiten konnten. Letzten Januar machten sich vier Agenten – zwei von jeder Abteilung – auf, um mit Bismaquer zu reden. Sie verschwanden. Das FBI schickte zwei weitere. Sie kehrten nicht zurück. Also meldete sich die Polizei von Amarillo bei ihm und führte eine Ermittlung durch. Unser Freund Bismaquer wusste nichts und konnte ihnen nichts mitteilen. Es gab keine Beweise. Also zog die Polizei wieder ab, und die CIA schickte eine Agentin rein. Man hörte nie wieder etwas von ihr.

»Dann, vor etwa einer Woche, tauchte in einem Sumpfgebiet in der Nähe von Baton Rouge, Louisiana, eine Leiche auf. Die Sache wurde geheim gehalten – die Medien bewahrten Stillschweigen darüber. Offenbar war die Leiche in einem üblen Zustand, aber man identifizierte sie als die der Agentin. Seitdem sind alle Leichen in der Nähe dieses Ortes aufgetaucht. Zwei konnten nicht identifiziert werden, aber die restlichen schon – hauptsächlich mithilfe der Zähne. Jeder Beamte, der ausgesandt wurde, um Markus Bismaquer in Texas etwas anzulasten, wurde tot in Louisiana aufgefunden.«

»Und das ist jetzt unsere Sache?« Bond gefiel das ganz und gar nicht. Bismaquer kam ihm wie ein psychopathischer Wahnsinniger vor, der Geld wie Heu, eine Privatarmee und eine überdurchschnittlich große Menge an folie de grandeur besaß.

»Ganz genau.« Cedar Leiter schaute zu M. »Werden Sie es ihm zeigen, Sir?«

M blätterte die Papiere durch, die in einem ordentlichen Stapel vor ihm lagen, zog ein Blatt heraus und reichte es Bond.

Es handelte sich um eine klare Fotokopie eines zerrissenen Stücks Papier, auf dem deutlich maschinengeschriebene Worte zu lesen waren. Bonds Miene verfinsterte sich, als er sie las:

sollten natürlich zerstört werden. Aber er wollte sichergehen, dass Sie vollständige Gewissheit bezüglich unserer weltweiten Substan-1-

Unterstützung haben. Der erste Stoß wird vor allem in Europa und im Nahen Osten zu spüren sein. Aber,

ießlich wird es den weitläufigen Pferch der Vereinigten Staaten verlassen. Mit sorgfältiger Manipulation können wir erfolgreich

eilen und herrschen – oder zumindest Ich freue mich auf unser nächstes Treffen.

Dann folgte die gekritzelte, aber deutlich lesbare Unterschrift:

Blofeld

Bond spürte, wie sich seine Eingeweide zusammenzogen. »Wo …?«, begann er.

»In der verrottenden Kleidung unserer CIA-Agentin. Der Zettel wurde an ihrer Leiche gefunden«, antwortete Cedar ruhig. »Die Analytiker in Langley glauben, dass Bismaquer mit einer Terrororganisation namens SPECTRE zusammenarbeitet. Man sagte mir, Sie seien ein Experte dafür, Mr Bond …«

»Blofeld ist tot.« Bonds Stimme war ebenfalls ruhig.

»Es sei denn, 007«, M zog die Pfeife aus seinem Mund, »es sei denn, es gab einen Nachkommen. Oder einen Bruder. Oder sonst jemanden. Sie haben eine beträchtliche Menge Zeit damit verbracht, mich davon zu überzeugen, dass SPECTRE wieder aktiv ist und hinter diesen elenden Flugzeugentführungen steckt. Und nun haben wir den Beweis, dass Blofeld in irgendeiner Form noch existiert und mit einem sehr reichen, verrückten Texaner gemeinsame Sache macht. Dieses Stück Papier« – er deutete auf die Fotokopie – »legt nahe, dass Bismaquer und SPECTRE ein Wagnis eingehen wollen, das die ganze Welt in Brand setzen könnte. Und dieses Risiko ist weiß Gott schon groß genug, wenn man an die Regierungen, die Unruhen, die politischen Albernheiten, den Wirtschaftsrückgang und die schwindenden Ressourcen denkt – auf offizieller Ebene. Eine große unabhängige Operation könnte zu einer Katastrophe führen, und wir wissen bereits aus früherer Erfahrung, dass SPECTRE durchaus internationale Probleme auslösen kann.«

Als er zu Ende gesprochen hatte, klopfte es an der Tür und Bill Tanner trat ein, sobald M sein knappes »Herein« gerufen hatte.

»Alles in Ordnung, Sir. Wir haben gerade die Antwort von der Botschaft erhalten. Sie wissen nicht, was sie bedeutet, meinten aber, es müsse etwas Besonderes sein, da sie mit beträchtlicher Priorität sowie der Präsidentenchiffre zurückgeschickt wurde. Ich fürchte, deren Leute wurden ein wenig neugierig.«

»Tja, ich hoffe, Sie haben deren Neugier zerschlagen, Stabschef.«

Tanner lächelte und nickte Bond zu.

M zog an seiner Pfeife und tippte mit dem Stiel gegen seine Zähne, bevor er fortfuhr. »Eines der anderen Dokumente, 007, ist ein persönlicher Brief an mich vom Präsidenten der Vereinigten Staaten. Darin heißt es, die Information ist in seinen Augen so heikel, dass er nicht die üblichen Kanäle benutzen will: Deswegen wurde Miss Leiter eingesetzt. Er bittet um besondere Hilfe. Mit anderen Worten: Er will, dass jemand vom Service Miss Leiter in die Vereinigten Staaten begleitet und Bismaquers Vorhaben infiltriert. Können Sie da jemanden empfehlen, 007? Jemanden mit entsprechender Arbeitserfahrung in Bezug auf diese Eiterbeule namens SPECTRE?«

»Ja.« Bond spürte bereits, wie ihn das Adrenalin durchströmte. »Ja, natürlich werde ich gehen. Aber ich habe noch ein paar Fragen an Miss Leiter. Wie sieht es mit Bismaquers Familienstand aus?«

»Er war drei Mal verheiratet«, antwortete sie. »Die ersten beiden sind gestorben. Natürliche Tode – ein Autounfall und ein Hirntumor. Seine aktuelle Frau ist deutlich jünger als er. Umwerfend, elegant: Nena Bismaquer, ehemals Nena Clavert. Gebürtige Französin. Sie lebte in Paris, wo sie Bismaquer kennenlernte.«

»Können wir überprüfen, ob das wirklich absolut astrein ist?«

M nickte und warf Tanner einen kurzen Blick zu – ein Befehl ohne Worte.

»Und die zweite Frage?« Cedar entfaltete ihre Beine.

»Wie hat Bismaquer seine erste Million gemacht? Ich vermute, der Rest folgte durch sorgfältige Investitionen.«

»Eiscreme.« Cedar grinste. »Er war der erste große Eiscremekönig. Er hat sich Dinge ausgedacht, die Sie niemals glauben würden. Schließlich kaufte ihn eine der ersten großen Ketten auf, aber er hat immer noch eine Leidenschaft dafür. Er hat sogar ein Labor draußen auf der Ranch. Offenbar ist er fest entschlossen, eine komplett neue, bislang unversuchte Methode zur Herstellung dieses Zeugs zu finden. Er entwickelt ständig neue ausgeklügelte Rezepte und Geschmacksrichtungen.«

M räusperte sich. »In seine Nähe zu kommen, wird das eigentliche Problem darstellen, so viel ist klar.«

»Abgesehen von seiner Frau und Eiscreme hat Bismaquer noch eine weitere Schwäche«, bot Cedar an.

Sie schauten sie erwartungsvoll an.

»Drucke. Seltene Drucke. Er hat eine erstaunliche Sammlung – zumindest unseren Informationen zufolge. Und es ist wirklich eine Schwäche. Soweit ich weiß, haben die hohen Tiere in Langley eine der wenigen sauberen Personen verhört, die in den letzten Jahren je die Rancho Bismaquer betreten und auch wieder verlassen haben. Es handelte sich dabei um einen bekannten Händler für seltene Drucke.«

»Wissen Sie irgendetwas über seltene Drucke, 007?« M wirkte zum ersten Mal seit Bonds Ankunft im Büro fröhlich.

»Bisher nicht, Sir.« Bond zündete sich eine weitere Zigarette an. »Aber ich habe das Gefühl, dass ich recht schnell etwas darüber lernen werde.«

»Das Gleiche gilt für Miss Leiter.« M gestattete sich ein seltenes Lächeln, während er nach dem Telefon griff.

James Bond 17: Der Kunstsammler

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