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12. Unterwegs von Joona Lund

Ihr Leben hatte sich von einem Tag auf den anderen verändert, nichts war wie vorher. Sie fieberten dem nächsten Treffen entgegen, verzehrten sich vor Sehnsucht. Von Mal zu Mal war das Wiedersehen süßer, fiel ihnen der Abschied schwerer.

Mitunter fragte Jan sich, warum sich Menschen lieben, ohne eine schlüssige Antwort zu erwarten. Sie tun es einfach, auch wenn selten jemand präzise angeben kann, warum er sich zum anderen hingezogen fühlt, oder warum nach einiger Zeit die Anziehungskraft schwächer wird oder sich verflüchtigt. Jan hatte gelesen, und seine Erfahrungen bestätigten den Befund, dass der Geruch bei der Partnersuche eine entscheidende Rolle spielt. Im Negativen drückt der Satz, man könne jemanden nicht riechen, sogar Ablehnung oder Widerwillen aus. Bewusst wahrgenommen hatte er Inkus Körpergeruch erst, als nicht mehr zu übersehen war, dass sie zum Teenager heranreifte. Erklärung hatte er keine dafür gefunden, warum der Duft ihrer glatten warmen Haut einen so starken Reiz auf ihn ausgeübt hatte und er stellte fest, dass sich der Geruch im Verlauf des Monats und nach der Art der von ihr ausgeübten Tätigkeit änderte. Jan mochte ihn, das Einatmen war, als tränke er Sekt. Anfangs hatte er sich nicht eingestehen wollen, dass er gern ihre Haut gestreichelt hatte und es ihn Überwindung kostete, dem Drang zu widerstehen.

Er rief sich zur Ordnung und zwang sich, seine ungeteilte Aufmerksamkeit auf den Artikel zu richten, war oft froh, dass ihm der Job selten Zeit zum Sinnieren ließ. Es galt, den Platz in der Wirtschaftsredaktion, den er sich erkämpft hatte, zu verteidigen und auszubauen. Es bedurfte einer genauen Planung, unter dem ständigen Zeitdruck weiterhin Vorlesungen und Seminare zu besuchen.

Die Kollegen wussten, dass Jans Freundin Stunden entfernt wohnte, das war im dünn besiedelten Norden keine Seltenheit. Da er oft Sonntagsdienste für andere übernommen hatte, war es nun ein Leichtes, mit Kollegen zu tauschen, wenn ihn Inku besuchte. Hatte er auswärts zu tun und sie konnte nicht kommen, nutzte er die Zeit am Abend im Hotel zum Lernen. Das Studium war nützlich, die Interviewpartner schätzten es, wenn er gut vorbereitet war und umgekehrt verwendete er Artikel und Radiobeiträge für Seminararbeiten. Die Professoren werteten seine fundierten Arbeiten, die immer auch den Praxisbezug erkennen ließen, positiv. Nach den Radiosendungen über die Lage der Bauern im Norden kamen Anfragen vom Fernsehen, ob er über andere wirtschaftliche Aspekte etwas liefern könnte.

Kam Inku zu ihm, paukte sie, wenn er zwischendurch in die Redaktion oder zu einem Termin musste. Jan hatte Mutter versprochen, darauf zu achten, dass sie den Schulabschluss schaffte. Dabei hatte sie ihn mit einem abgründigen Lächeln angeguckt und gemeint, niemand wüsste, wie sich eine Beziehung langfristig entwickelte. Für Mutter war der Selbstmordversuch ein Albtraum gewesen, anderes war ihr inzwischen zweitrangig geworden, Hauptsache Inku wurde gesund. Mutter war zu Besuch gewesen, fuhr mit dem Bus zurück. Inku saß schon drin, da raunte Mutter Jan zu, einen Fuß auf dem Trittbrett: »Pass gut auf sie auf! Sie ist ein empfindliches Pflänzchen, braucht Wärme und Fürsorge.«

Meist schaffte er es, sich das Wochenende freizuschaufeln. War ein auswärtiger Termin nicht zu verschieben, trafen sie sich im nächsten größeren Ort, Unbequemlichkeiten nahmen sie in Kauf. Das Wissen, sich aufeinander verlassen zu können, festigte die Verbindung.

Manchmal gingen sie in einer Stadt, wo sie niemand kannte, tanzen, ein Paar wie jedes andere. Sie drückten sich im schwach beleuchteten Lokal – kaum erklang Musik, steuerte sich die Beleuchtung herunter – aneinander, spürten die Wärme des anderen. Sie drängte sich an ihn, er spürte ihre Brüste. Glücksgefühle durchströmten Inku, als sie merkte, wie sein Begehren aufflammte.

Holte er sie vom Bahnhof oder Bus ab, war es ein Fest, fand ihre Sehnsucht Erfüllung. Nahte die Trennung, wurden sie still, ihre Herzen weinten. Nach Hause fuhr er selten, es widerstrebte Jan, dem Vater etwas vorzuspielen. Berufliche Überlastung und Studium waren glaubhafte Ausreden. Mutter stellte seit Inkus Klinikaufenthalt keine Fragen mehr, wenn sich Inku auf den Weg zu ihm machte. Wollte Vater wissen, wohin sie schon wieder fuhr, beschwichtigte sie ihn, das Mädchen wäre alt genug, um einen Freund zu besuchen. Meist gab sie der Tochter etwas Leckeres mit, das Jan gern aß. Konnte Inku nicht weg, trafen sie sich im Elternhaus und sie schlich nachts mit schlechtem Gewissen zu ihm.

Sie unternahmen Ausflüge in die Berge, fuhren mit den Rädern über Land, hatten Decken und Zelt mit, saßen auf dem versteckten Platz am Badesee, schauten aneinandergeschmiegt ins Feuer oder sahen der Sonne zu, wie sie bedächtig im Dunst versank. Überschattet wurden die Ausflüge von der Notwendigkeit, ihre Liebe zu verbergen. Im Hotel gehörte es zum Ritual, sich aus dem Tagebuch vorzulesen, Situationen aus seinen und ihren Träumen nachzuspielen oder bisher lediglich angedeutete Handlungen zu realisieren.

Inku erzählte nun auch ihre Träume und er war überrascht, dass die Inhalte oft seinen glichen – mit vertauschten Rollen. Ihre Fantasie war so blühend wie seine, oft übertraf sie seine sogar an Erfindungsreichtum. Eines Morgens gestand sie, früh kapiert zu haben, dass sein Interesse keineswegs nur ihren Fortschritten in der Mathematik galt. »Hast du geglaubt, ich wüsste nicht, warum du dich auf den höheren unbequemen Stuhl gesetzt hast? Um besser in meinen Ausschnitt glotzen zu können.« Sie lachte. »Jetzt bist du aber rot geworden!«

War er davon ausgegangen, dass sie nichts von seinen Absichten ahnte, nahm er nun staunend zur Kenntnis, dass sie damals den BH ausgezogen hatte, um zu sehen, wie er reagierte.

»Das war«, half sie seiner Erinnerung auf die Sprünge, »als du plötzlich in die Küche gelaufen bist, um Wasser zu trinken.«

Eng aneinandergeschmiegt lagen sie auf dem Diwan, versonnen streichelte er ihren Rücken. »Das war, als ich befürchtete, mich nicht mehr beherrschen zu können.«

Jan hätte manche der Geschichten lieber übergangen, doch sie bestand darauf, alle vorzulesen und lachte, wenn er an manchen Stellen ins Stottern geriet wie bei der, die sie längst kannte, als er an ihrer Wäsche gerochen und ihre Kraushaare aus dem Badewasser gefischt hatte. Sie nahm ihm das Heft aus der Hand und las. Er liebte ihre warme dunkle Stimme. Manche Passagen flüsterte sie ihm ins Ohr, als hätten sich in einer dunklen Ecke Zuhörer versteckt. Es gehörte zur Zeremonie, dass er auf die Frage, ob er das Säckchen mit den Haaren noch hätte, in der Schublade wühlte und ihr das Nylonsäckchen zeigte. Sie setzte sich auf seinen Schoß, küsste ihn und streichelte seine Wangen.

»Erinnerst du dich an die Stelle, als ich dir beim Abschied etwas in die Hand gedrückt habe? Du hast es in die Anoraktasche gesteckt.«

»Inku, das haben wir schon x-mal gelesen!«

»Ich möchte es aber wieder hören.«

Er hatte Hemmungen, vorzulesen, wie er daran gerochen, davon gekostet hatte und gekommen war. Also nahm sie das Tagebuch. Als sie vorschlug, es ihr in Natura zu zeigen, schüttelte er den Kopf.

»Vielleicht später einmal.«

Sie war enttäuscht, sagte, zur Abwechslung würde sie etwas erzählen, nein, beichten, aber er dürfte nicht böse sein.

»Versprochen, bin neugierig.«

»Es ist eine längere Geschichte und Jahre her.«

»Wir haben Zeit.«

»Du darfst nicht unterbrechen, sonst schäme ich mich!«

Jan legte die Rechte aufs Herz. »Ehrenwort.«

Mit vierzehn hatte sie in seinem Zimmer einen Radiergummi gesucht, da wäre er überraschend in sein Zimmer gekommen, zu spät, um sich davonzustehlen. Sie hatte befürchtet, er könnte sauer reagieren und sich im Jugendstil-Schrank versteckt. In der Eile hatte sich ein Kleidungsstück eingeklemmt, die Schranktür ließ sich nicht ganz schließen. Durch den Spalt hatte sie gesehen, wie er etwas unter dem Kopfkissen hervorgeholt und sich aufs Bett gelegt hatte.

Verlegen setzte Jan zum Sprechen an, doch Inku blickte ihn mit gerunzelter Stirn an und er besann sich auf sein Versprechen.

Mit der anderen Hand hätte er den Gürtel der Hose geöffnet, Hose und Unterhose ausgezogen und sein bestes Stück hervorgeholt, groß und steif, größer als damals in der Dusche.

Jan saugte hörbar die Luft ein. »Ich ...« Ein warnender Blick traf ihn und er schwieg.

Inku erzählte weiter: Sie hatte kaum zu atmen gewagt und gebannt auf das gestarrt, was ihr geboten wurde. Er hatte es losgelassen, hatte aufrecht gestanden wie ein Zinnsoldat. Er hätte die andere Hand geöffnet, ein hellblaues Etwas hervorgezogen, auseinandergefaltet, es sich über den Kopf gezogen und das Zentrum über seinen Mund gelegt. Mit der Rechten hätte er den Schniepel gehalten.

Inku unterbrach sich beim Lesen, fragte, ob er sich erinnerte, auf der Baumhütte hätten sie ihn so genannt. Er nickte.

Inku sagte, er hätte die Hand auf und ab bewegt, zuerst langsam, dann schneller, jedes Mal sei die rote Kappe erschienen, gleichzeitig hätte er am Stoff gelutscht und gestöhnt, die Mitte eingesaugt. Sein Geschmatze und Gestöhne hätten sie erregt, obwohl sie nicht richtig begriffen hatte, was da eigentlich vor sich ging, sich nur an die Andeutungen ihrer Freundin erinnert. Er hatte rasch wie eine schnell fahrende Dampflok geatmet, plötzlich ein ersticktes lang gezogenes »Aahh« von sich gegeben. Sie war erschrocken gewesen, hätte sich fast verraten. Und dann hatte sein Prachtstück einen glasigen weißen Saft ausgestoßen. Fasziniert hätte sie zugeguckt, wie er noch ein wenig an dem blauen Ding gesaugt, es schließlich vom Kopf gezogen hatte. Sein Atem wäre stoßweise gegangen, erst allmählich hatte er sich beruhigt, die Augen wären geschlossen gewesen, er hätte müde und zufrieden gewirkt. Und auf einmal hatte sie bemerkt, dass sie zwischen den Schenkeln ganz nass geworden war. Hoffentlich holt er nichts aus dem Schrank, hatte sie gedacht, oder er schlief ein, dann hätte sie lange im Versteck ausharren müssen. Zum Glück war er aufgestanden, hatte mit dem dünnen Stoff Hand und Schenkel abgewischt, der weißliche Saft war wohl überall hingeflossen. Zuletzt war sein Ding an die Reihe gekommen.

Inku griente. »Kein stolzer Zinnsoldat mehr. Du hast dich mir zugewandt und ich habe gesehen, dass er klein und schrumpelig geworden ist.« Sie schmunzelte über sein rotes Gesicht und las weiter. Er wäre ins Bad gelaufen und kaum hätte sie das Wasser rinnen gehört, hätte sie die Schranktür geöffnet und war in ihr Zimmer geschlichen. Sie hatte sich aufs Bett gelegt, ermattet von der Aufregung und vom eigenen Erguss, auf den sie nicht gefasst gewesen war. Sie wäre eingeschlafen, bis sie der Traktor geweckt hatte. Vom Fenster hätte sie ihn zu den Feldern fahren sehen. Im Wäschekorb hatte sie dann das zarte blaue Etwas gefunden, daran gerochen – ein wilder betäubender Geruch war ihr in die Nase gestiegen. Sie hatte nicht widerstehen können und mit dem Finger etwas von der klebrigen Masse aufgetupft, gekostet. Es hatte herb und scharf geschmeckt. Den alten beinahe sauberen Slip hätte sie angezogen und ihren feuchten unters Handtuch gelegt, wäre aufgewühlt die Treppe hinuntergelaufen. Wo sie gewesen wäre, hatte Mutter gefragt, sie hätte sie gesucht. Auf dem Klo, hatte Inku geantwortet und schnell ein Stück Kuchen in den Mund gestopft, damit Mutter ihre Verlegenheit nicht erkannte.

Atemlos hatte Jan zugehört, stotterte: »Du hast mich beobachtet, hast es die ganze Zeit gewusst und nie eine Andeutung gemacht!«

Lächelnd schüttelte sie den Kopf. »Wozu wäre das gut gewesen? So war ich dir nahe, versorgte dich mit frischem Material. Und du hast«, grinste sie, »regen Gebrauch davon gemacht.«

»Du hast es die ganze Zeit gewusst«, murmelte er, »hast sogar für Nachschub gesorgt.«

»Hast du«, erkundigte sie sich, »dabei an mich gedacht?«

Wie aus der Pistole geschossen kam: »Nur an dich, das weißt du!«

»Und was hast du dir dabei vorgestellt?«

Langsam antwortete Jan: »Alles, was ich gern mit dir gemacht hätte. Manches habe ich in meinen Träumen geschildert.« Er legte die Hand an die Stirn, eine Geste, die er immer machte, wenn er angestrengt nachdachte. »Und ich war überzeugt«, wiederholte er erstaunt, »du hattest keine Ahnung.«

»Das konntest du eigentlich nur so lange glauben, bis ich dir damals das Abschiedsgeschenk gab.« Sie zögerte, fragte leise: »Hast du es bei Kaari auch gemacht?«

Energisch schüttelte er den Kopf. »Wo denkst du hin! Seit du mir das mitgegeben hast, war es unser Geheimnis.« Verlegen setzte er hinzu: »Nur dein Geruch zog mich an.«

Inku schwieg länger, schlug plötzlich vor: »Jan, zeig es mir!«

»Nein, das geht zu weit.«

Sie bettelte, bis er nachgab. Er legte sich hin. Inku streifte ihren Slip ab und gab ihn Jan. Er zog ihn sich über sein Gesicht. Dann ergriff er seien Schaft, begann ihn zu reiben, während er ihren Duft aus dem Höschen einatmete. Es erregte Inku, sodass sie sich über Jan beugte, seinen Penis in den Mund nahm. Jan stöhnte auf, ließ sie gewähren, bis er kam und sich ergoss.

Satt und müde lagen sie umschlungen nebeneinander.

»Es ist Wahnsinn, was wir machen«, murmelte er, den Kopf an ihren Hals geschmiegt. Sein schlechtes Gewissens ließ sich rasch beschwichtigen, nachdem er erkannt hatte, dass sie glücklich war. »Wirklich, der pure Wahnsinn«, wiederholte er, »aber wunderschön.«

Sie drückte sich an ihn, er spürte ihre Brüste. Mit schläfriger Stimme fragte sie ihn, ob er die Heimfahrt vom Besuch bei der Familie auch im Kopf hätte. Er nickte, ohne die Stellung zu verändern. »Natürlich.«

Am nächsten Tag hatte er gefragt, ob es Traum oder Wirklichkeit gewesen war und sie hatte ihn im Glauben gelassen, dass er wieder geträumt hätte. »Aber du hast es wirklich getan. Ich habe es zugelassen und es war schön!«

Er richtete sich auf. »Soll das heißen, ich habe dich gestreichelt und nicht nur geträumt, meine Hand sei ganz feucht geworden?«

»Ja, es war überaus angenehm! Trotz der Dunkelheit habe ich gesehen, wie du an deinen Fingern gerochen hast. Ich glaube, du hast sie sogar ...«

Er grinste und nickte. »Also war doch nicht alles Einbildung«, murmelte er. Plötzlich schreckte er hoch. »Mein Gott, ich muss in einer halben Stunde beim Bauamt sein, hätte es beinahe verschwitzt!«

Inku staunte, als er am Abend mit Rosen aufkreuzte, das vorbereitete Essen aufwärmte, lange weiße Kerzen in die auf dem Flohmarkt erstandenen Halter aus Porzellan setzte. Das Rot der Blumen harmonierte mit Geschirr und Kerzen. Mit einladender Handbewegung bat er Inku, Platz zu nehmen, hob das Glas. »Du fragst dich zu recht, was es zu feiern gibt. Das hängt davon ab, wie du die Frage beantwortest, die ich dir stellen werde.«

Finnische Träume - Teil 7 | Roman

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