Читать книгу Goethes Lebensweisheit - Josef Hofmiller - Страница 5
III
ОглавлениеDas Muss ist hart, aber beim Muss kann der Mensch zeigen wie’s inwendig mit ihm steht. Willkürlich leben kann Jeder. (An J. J. Krafft, 31.1.1781.)
Es ist unglaublich, wie viel der Geist zu Erhaltung des Körpers vermag . . . Der Geist muss nur dem Körper nicht nachgeben! (Zu Eckermann, 21.3.1830.)
Ich bin gesund und kann arbeiten, was verlang‘ ich mehr? (An Zelter, 23.6.1813.)
Der Körper muss, der Geist will. (An Zelter 21. 11. 1830)
Es liegen produktiv machende Kräfte in der Ruhe und im Schlaf; sie liegen aber auch in der Bewegung. Es liegen solche Kräfte im Wasser und ganz besonders in der Atmosphäre. – Die frische Luft des freien Feldes ist der eigentliche Ort, wo wir hingehören; es ist, als ob der Geist Gottes dort den Menschen unmittelbar anwehte und eine göttliche Kraft ihren Einfluss ausübte. (Zu Eckermann, 11.03.1828.)
Wer sein Vaterland nicht kennt, hat keinen Maßstab für andere Länder. (Lehrjahre.)
Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen. (Lehrjahre.)
Die Reise gleicht einem Spiel, es ist immer Gewinn und Verlust dabei, und meist von der unerwarteten Seite, man empfängt mehr oder weniger, als man hofft, man kann ungestraft eine Weile hin schlendern, und dann ist man wieder genötigt, sich einen Augenblick zusammenzunehmen. Für Naturen wie die meine, die sich gerne festsetzen und die Dinge festhalten, ist eine Reise unschätzbar, sie belebt, berichtigt, belehrt und bildet. (An Schiller, 14.10.1797.)
Mäßige körperliche Bewegung, neue Gegenstände und die alten von einer neuen Seite, mehr bedarf es nicht zum Wohlbefinden des Leibes und der Seele. ( An August v. Goethe, 29.4.1829.)
Nun mache ich aber die Bemerkung, dass ich weder abends, noch in der Nacht jemals gearbeitet habe, sondern bloß des Morgens, wo ich den Rahm des Tages abschöpfte, da denn die übrige Zeit zu Käse gerinnen mochte. (An S. Boisseree, 11.9.1820.)
Aufs Glück kommt es nicht an, es handelt sich nur vom Dasein und von der wahren Beschaffenheit der Dinge. Ich will nicht hoffen und fürchten wie ein gemeiner Philister. (Zu F. v. Müller, 3.4.1824.)
Wie steht’s mit ihrer Gesundheit? Ich bitte Sie, sorgen Sie doch für diesen Leib mit anhaltender Treue. Die Seele muss nun einmal durch diese Augen sehen, und wenn sie trüb sind, so ist’s in der ganzen Welt Regenwetter. (An Trapp, 28.7.1770.)
Mit jedem Atemzug durchdringt ein ätherischer Lethe-Strom unser ganzes Wesen, so dass wir uns der Freuden nur mäßig, der Leiden kaum erinnern. Diese hohe Gottesgabe habe ich von jeher zu schätzen, zu nützen und zu steigern gewusst. (An Zelter, 15.2.1830.)
Die Pestkranken aber hat er [Napoleon] wirklich besucht, und zwar um ein Beispiel zu geben, dass man die Pest überwinden könne, wenn man die Furcht zu überwinden fähig sei. Und er hat recht! – Ich kann aus meinem eigenen Leben ein Faktum erzählen, wo ich bei einem Faulfieber der Ansteckung unvermeidlich ausgesetzt war, und wo ich bloß durch einen entschiedenen Willen die Krankheit von mit abwehrte. Es ist unglaublich, was in solchen Fällen der moralische Wille vermag! Es durchdringt gleichsam den Körper und setzt ihn in einen aktiven Zustand, der alle schädlichen Einflüsse zurückschlägt. Die Furcht dagegen ist ein Zustand träger Schwäche und Empfänglichkeit, wo es jedem Feinde leicht wird, von uns Besitz zu nehmen. Das kannte Napoleon zu gut, und er wusste, dass er nicht wagte, seiner Armee ein imposantes Beispiel zu geben. (Zu Eckermann, 7.4.1829.)
An unmöglichen Dingen soll man selten verzweifeln, an schweren nie. (I.R.)
Bei jedem bedeutenden Unternehmen muss man die Hindernisse für Null erklären. (Annalen.)
Was wir in uns nähren, das wächst; das ist ein ewiges Naturgesetz. Es gibt ein Organ des Misswollens, der Unzufriedenheit in uns, wie es eines der Opposition, der Zweifelsucht gibt. Je mehr wir ihm Nahrung zuführen, es üben, je mächtiger wird es, bis es sich zuletzt aus einem Organ in ein krankhaftes Geschwür umwandelt und verderblich um sich frisst, alle guten Säfte aufzehren und anstecken. Dann setzt sich Reue, Vorwurf und andere Absurdität daran, wir werden ungerecht gegen andere und gegen uns selbst. Die Freude am fremden und eigenen Gelingen und Vollbringen geht verloren, aus Verzweiflung suchen wir zuletzt den Grund alles Übels außer uns, statt es in unserer Verkehrtheit zu finden. (Zu F. v. Müller, 3.2.1823.)
Was ich Gut’s finde in Überlegungen, Gedanken, ja sogar Ausdruck, kommt mir meist im Gehen; sitzend bin ich zu nichts aufgelegt. (T. 21.3.1780)
Mein Rat ist, nichts forcieren und alle unproduktiven Tage und Stunden lieber zu vertändeln und zu verschlafen, als in solchen Tagen etwas machen zu wollen, woran man später keine Freude hat. (Zu Eckermann, 11.3.1828.)
Unser Leben kann sicherlich durch die Ärzte um keinen Tag verlängert werden, wir leben, solange es Gott bestimmt hat; aber es ist ein großer Unterschied, ob wir jämmerlich, wie arme Hunde leben oder wohl und frisch, und darauf vermag ein kluger Arzt viel. (Zu F. v. Müller, 12.8.1827.)
Der Druck der Geschäfte ist sehr schön der Seele; wenn sie entladen ist, spielt sie freier und genießt des Lebens. Elender ist nichts als der behagliche Mensch ohne Arbeit, das Schönste der Gaben wird ihm Ekel. (T. 13.1.1779.)
Glauben Sie mir, der Mensch muss ein Handwerk haben, das ihn nährt. Auch der Künstler wird nie bezahlt, sondern der Handwerker. Chodowiecki, der Künstler, den wie bewundern, äße schmale Bissen, aber Chodowiecki, der Handwerker, der die elendesten Sudeleien mit seinem Kupfern illuminiert, wird bezahlt. (An J.J. Kraft, 9.9.1779.)
Seelenleiden, in die wir durch Unglück oder eigenen Fehler geraten, zu heilen, vermag der Verstand nichts, die Vernunft wenig, die Zeit viel, entschlossenen Tätigkeit hingegen alles. (Wanderjahre.)
Es kommt doch am Ende darauf an, dass man aushält und die anderen ausdauert. Wie viel Fälle sind nicht möglich, da sich das Gesicht unserer Existenz ins Bessere verändern kann. (An Herder und Frau, 2.9.1786.)
Man könnte noch mehr, ja das Unglaubliche tun, wenn man mäßiger wäre. (T. 22.6.1780.)
Gott helfe weiter und gebe Lichter, dass wir uns nicht selbst so viel im Wege stehen. Lasse uns vom Morgen zum Abend das Gehörige tun und gebe uns klare Begriffe von den Folgen der Dinge. Dass man nicht sei wie Menschen, die den ganzen Tag über Kopfweh klagen und gegen Kopfweh brauchen und alle Abend zu viel Wein zu sich nehmen. (T. 7.8.1779.)
Die Unzufriedenheit mit Ihrem Zustande, die Sie mir zu erkennen geben, scheint mir so sehr aus dem Verhältnis Ihres Innersten, Ihrer Talente, Begriffe und Wünsche zu dem Zustande unserer bürgerlichen Verfassung zu liegen, dass ich nicht glaube, es werde Sie die Veränderung des Ortes außer einem geringen Mehr oder Weniger jemals befriedigen können. Es ist in unserem Lande keine einzige Justizbeamtenstelle, davon nicht der Besitzer an eben den Übeln krank läge, über die Sie sich beklagen. Keine subalterne Stelle ist weder für einen denkenden Menschen, was wir gewöhnlich so nennen, noch dazu eingerichtet, das Leben in seinem feineren Sinne zu genießen. Tüchtige Kinder dieser eingeschränkten Erde, denen im Schweiß ihres Angesichts ihr Brot schmecken kann, sind allein gebaut, sich darin leidlich zu befinden und nach ihren Fähigkeiten und Tugenden das Gute und Ordentliche zu wirken. Jede höhere Stelle ist nach ihrem Maße unruhiger, mühseliger und weniger wünschenswert. (An Bürger, 20.2.1782.)
Was aber ist deine Pflicht? Die Forderung des Tages.
Sage mir, mit wem du umgehst, so sage ich dir, wer du bist; weiß ich, womit du dich beschäftigst, so weiß ich, was aus dir werden kann.
Die Botaniker haben eine Pflanzen Abteilung, die sie Incompletae nennen; man kann eben auch sagen, dass es inkomplette, unvollständige Menschen gibt. Es sind diejenigen, deren Sehnsucht und Streben mit ihrem Tun und Leisten nicht proportioniert ist.
Einen Rat verlangt ihr! Aus der Ferne ist schwer raten! Aber der sicherste, treueste, erprobteste ist: bleibt, wo Ihr seid! Tragt diese oder jenen Unbequemlichkeit, Verdruss, Hintansetzung usw., weil Ihrs nicht besser finden werdet, wenn Ihr den Ort verändert. Bleibt fest und treu auf eurem Patze! Fest und treu auf einem Zweck, Ihr seid ja der Mann dazu, und Ihr werdet vordringen durch Bleiben, weil alles andre hinter Euch weicht. Wer seinen Zustand verändert, verliert immer die Reise- und Einrichtekosten, moralisch und ökonomisch, und setzt sich zurück. (An Kestner, 28.9.1777.)
Wie kann man sich selbst kennenlernen? Durch Betrachten niemals, wohl aber durch Handeln. Versuche, deine Pflicht zu tun, und du weißt gleich, was an dir ist.
Der geringste Mensch kann komplett sein, wenn er sich innerhalb der Grenzen seiner Fähigkeiten und Fertigkeiten bewegt; aber selbst schöne Vorzüge werden verdunkelt, aufgehoben und vernichtet, wenn jenes unerlässlich geforderte Ebenmaß abgeht. Diese Unheil wird sich in der neuern Zeit noch öfter hervortun; denn wer wird wohl den Forderungen einer durchaus gesteigerten Gegenwart, und zwar in schnellster Bewegung, genugtun können?
Wenn der Mensch über sein Physisches oder Moralisches nachdenkt, findet er sich gewöhnlich krank.