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Seit wann ist kolloidales Silber bekannt?

Geschichtliches zum medizinischen Einsatz von Silber

Der Begriff kolloidal wurde Ende des 19. Jahrhunderts von dem britischen Chemiker Thomas Graham (1805–1869) geprägt. Er hatte ihn aufgrund des auffälligen Aggregationsverhaltens dem griechischen Wort kolla für Klebstoff entlehnt. Er wandte den Begriff auf solche Partikel an, die sich durch eine Pergamentmembran abfiltern lassen. Davon grenzte er die Stoffe als kristalloid ab, die eine solche Membran passieren können (zum Beispiel Salz und Zucker). Kolloidales Silber liegt allerdings fein verteilt als Sol vor und hat nichts mit einem Klebstoff zu tun. Obwohl man Graham aufgrund seiner Veröffentlichung im Jahre 1861 später den „Vater der Kolloidchemie“ nannte, hatte der berühmte Michael Faraday (1791–1867) schon mindestens fünf Jahre früher ein anderes Kolloid, nämlich kolloidales Gold, zubereitet und beschrieben. Die damalige Herstellung unterschied sich allerdings noch stark von der heutigen.

Wie eingangs bereits erwähnt, erlebt kolloidales Silber zur Zeit eine Renaissance. Seine Heilkraft war schon unseren Vorfahren bekannt. Aber wie dies so häufig geschieht, gingen die guten Erfahrungen mit der Zeit verloren. Sie wurden von der modernen medizinischen Entwicklung verdrängt. Wenn wir uns heute wieder auf die Erfahrungen unserer Vorfahren zurückbesinnen wollen, müssen wir uns deshalb auch ein wenig mit der Geschichte des medizinischen Einsatzes von Silber beschäftigen.

Silber ist eines von neun Edelmetallen, von denen außerdem Gold und Platin am besten bekannt sind. Das weiß glänzende, weiche Silber ist das Element mit der besten elektrischen und thermischen (Wärme-) Leitfähigkeit und kommt zwanzigmal häufiger vor als Gold. Es war schon immer sehr begehrt und wurde schon sehr früh zur Herstellung von Schmuck, Tafelgeschirr und Münzen verwendet. Bereits Homer erwähnt silberne Rüstungen und Cäsar ließ um 65 v. Chr. 320 Gladiatoren in silbernen Rüstungen kämpfen. Im Mittelalter war Gold dreizehn Mal so viel wert wie Silber. Vor 100 Jahren erhielt man für ein Kilogramm Gold 28 Kilogramm Silber. Heute liegt der Wert von Silber im Verhältnis zu Gold bei etwa 48 zu 1. Ein Kilogramm Gold kostet um die 40000 Euro und ein Kilogramm Silber etwa 850 Euro.

Aber auch in der Medizin fand das Silber Anwendung. Silber – nicht nur in seiner kolloidalen Form – wird schon seit Jahrtausenden in der Medizin eingesetzt. Die Chinesen entwickelten vor mehr als 5 500 Jahren die Akupunktur und verfeinerten sie immer weiter. Verwendeten sie zunächst noch Hölzer und Dornen, wurden diese später durch Eisennadeln und dann durch Gold- und Silbernadeln ersetzt. Die ältesten Silbernadeln fand man in dem Grab eines vor etwa 4000 Jahren verstorbenen Mitglieds der kaiserlichen Familie. Die Akupunkteure stellten fest, dass Gold bei dieser Behandlungsform eher stimuliert und Silber eher beruhigt. Man kann davon ausgehen, dass weltweit Millionen Heilkundige Silbernadeln für die Akupunktur benutzen.


Der persische Gelehrte und Arzt Avicenna (AbuAli al-Husayn ibn Abdullah ibn Sina, 980–1037) kannte Silber schon als Medizin.

In der Medizin ist seit ungefähr drei Jahrtausenden bekannt, dass Wasser länger trinkbar bleibt, wenn es in Silbergefäßen aufbewahrt wird. Die ersten schriftlichen Hinweise auf die medizinische Bedeutung von Silbernitrat stammen aus dem Werk des legendären Gabir ibn Haiyan as-Sufi aus der zweiten Hälfte des zehnten Jahrhunderts n. Chr. Auch der in Bagdad ausgebildete Arzt und Philosoph Avicenna (980–1037) wandte Silber vielfältig medizinisch an und beschrieb erstmals die Argyrie (eine Hautverfärbung aufgrund von Silberüberdosierung; vgl. Welche Nebenwirkungen hat kolloidales Silber?). Auch der berühmte Paracelsus (1493–1541) maß dem Silber Heilkraft bei und in der Alchemie zählt „Argentum Potabile“ zu den Metall-Essenzen, die unter anderem nach seinen Rezepturen hergestellt werden.

Ebenfalls hat Silber in der vor etwa 2000 Jahren entstandenen ayurvedischen Medizin seinen Platz. Es wird in Form von Asche und als kolloidales Silber zur Verjüngung angewendet sowie bei Leberbeschwerden und Entzündungen.

Schon vor dem Jahr 1800 wurde Silbernitrat bei Epilepsie, Geschlechtskrankheiten, Akne und Entzündungen eingesetzt, und schon früh benutzte man Silberfolie zur Infektionsvorbeugung nach Operationen. Silbernitratstifte (Höllenstein) wurden zur Entfernung von Warzen und Geschwüren verwendet.

Die antibiotische Wirkung von Silber wurde auch von unseren Vorfahren praktisch genutzt. Bevor es Kühlschränke gab, war es im Sommer fast unmöglich, Lebensmittel längere Zeit frisch zu halten. Unsere Urgroßmütter legten daher eine Silbermünze in Milch, damit sie nicht so schnell sauer wurde. Diese Frischhaltemethode ist leicht zu verstehen, denn die äußerste Schicht der Silberatome einer solchen Münze reagiert mit Luftsauerstoff zu einer unsichtbaren Schicht Silberoxid. Legt man nun eine Silbermünze in Milch, wandern einige der Silberionen in das flüssige Medium und töten die Milchsäurebakterien, die dafür verantwortlich sind, dass Milch sauer wird. Mit der heute allgemein erhältlichen Milch, die etwa zwei Dutzend Behandlungsschritte hinter sich hat, bevor sie auf unserem Tisch landet, lässt sich dieses Experiment nicht wiederholen, da die Milch im wahrsten Sinne „tot“ ist; so auch die Milchsäurebakterien (Pies 2005).

Einige Zeitgenossen haben die bewährte Methode unserer Ahnen aber für andere Anwendungen wieder entdeckt. So schreibt James Harrison auf einer Chatseite im Internet (www.colloidal-silver.com/food.htm): „Hier in Texas verdirbt Eistee über Nacht. Ich gebe 1 bis 1 1/2 Unzen [ca. 30–45 ml] kolloidales Silber in den Tee und er hält sich eine Woche, ohne gekühlt werden zu müssen!“.


Diese Methode fand schon vor einem halben Jahrhundert Berücksichtigung in einem Standardwerk der Chemie (Römpp 1966): „Man versucht, auch Wasser, Eis, Limonaden und Kunstlimonaden durch kleinste Mengen kolloidalen Silbers haltbar zu machen.“

1869 wies der Wissenschaftler Ravelin darauf hin, dass Silber bereits in sehr niedrigen Dosierungen seine antimikrobielle Wirksamkeit entfaltet (Ravelin 1869). Ein anderer Wissenschaftler, der Botaniker Carl Wilhelm von Nägeli (1817–1891), beschrieb diese Eigenschaft mit dem Wort „oligodynamisch“, was so viel bedeutet wie „mit wenig aktiv sein“ (Nägeli 1893). Er fand heraus, dass schon eine Konzentration von nur 0,0000001 Prozent Silberionen genügt, das entspricht 9,2 x 10-9 Mol (= 9,2 Nanomol oder etwa 1 Mikrogramm) Silber pro Liter, um die im Frischwasser vorkommende Alge Spirogyra abzutöten. Zum Abtöten von Sporen eines Schimmelpilzes (Aspergillus niger), so fand er heraus, genügen ebenfalls nur 0,00006 Prozent Silberionen, entsprechend 5,5 x 10-6 Mol (= 5,5 Mikromol) Silber. Nicht von ungefähr nutzen weltweit viele Krankenhäuser, Hotels und Fluggesellschaften Silberfilter und auch die NASA hat sich bei dem Bau des Spaceshuttle für ein Silbersystem zur Wasseraufbereitung entschieden, ebenso wie es die Russen bei der MIR-Station taten.


Basis für die Wasseraufbereitung mittels Silber ist die Silberung durch das so genannte Katadyn-Verfahren (aus katalytisch und oligodynamisch), das um 1928 entwickelt wurde (Krause 1928). Bei dieser Methode wird „Blähsilber“ auf einen Träger aufgebracht und dadurch eine sehr große metallische Oberfläche geschaffen (vgl. Welche Qualitätskriterien gelten für kolloidales Silber?). Über diese Fläche wird dann das Wasser gefiltert und Krankheitserreger werden abgetötet. Auch zur algiziden Aufbereitung von Brauch- und Badewasser zum Beispiel in Schwimmbädern, das heißt zum Abtöten von Algen, ist die Silberung geeignet.

Im frühen 19. Jahrhundert hatte kolloidales Silber seinen selbstverständlichen Stellenwert in der Medizin. Es zeichnet sich schließlich durch ein äußerst breites Wirkspektrum aus und ist so gut wie frei von Nebenwirkungen. An der damaligen großen Verbreitung hatte nicht zuletzt Alfred Broadhaed Searle (1877–1967) großen Anteil, der sich intensiv mit der Erforschung der Heilkraft von Kolloiden befasste, darunter auch Silber (1920). In dem Vorwort zu seinem Buch schreibt Sir Malcolm Morris sinngemäß: „Da alle Lebensprozesse in kolloidalen Systemen stattfinden, ist es offensichtlich, dass auch Arzneimittel in einem kolloidalen Zustand vorliegen sollten. Nur so können sie ihre volle Wirksamkeit entfalten.“ Demnach ist kolloidales Silber also ein ideales Arzneimittel. Searle vergleicht Kolloide mit Enzymen, die Prozesse anstoßen und beschleunigen, ohne dabei selbst verändert zu werden. Er weist darauf hin, dass man mit Metallkolloiden erstaunliche Resultate erzielen und Krankheitserreger schnell besiegen kann, ohne dem Patienten zu schaden.

Er thematisiert aber auch schon damals zwei heute noch wichtige Punkte, die den Einsatz von kolloidalem Silber so sehr erschweren. Er schreibt, „… dass die Anwendung von kolloidalen Solen bei Erkrankungen des menschlichen Körpers sehr ermutigend ist. Aber wie bei allen neuen Ideen gab es Rückschläge und Enttäuschungen, die in fast allen Fällen durch Ignoranz verursacht wurden. Neben anderen Gründen war die voreilige Belieferung mit unsachgemäß zubereiteten und instabilen Kolloiden eine der ernsthaftesten Problemquellen.“ Searle fasste in seinem Buch auch etliche wissenschaftliche Arbeiten anderer Autoren über kolloidales Silber zusammen.

Da kolloidales Silber aufgrund der früheren Herstellungsverfahren nicht gerade billig war, wurde dadurch die Verbreitung von Antibiotika begünstigt. Heute kann man kolloidales Silber mit einem Silbergenerator relativ günstig selbst herstellen.

Seit der Entdeckung des Penizillins im Jahre 1928 wurden Tausende verschiedener Antibiotika erforscht. In ihnen sah die moderne Medizin jahrzehntelang eine Wunderwaffe gegen jeglichen bakteriellen Keim. Während man sich also enthusiastisch dieser Neuentwicklung zuwandte, geriet kolloidales Silber nach und nach in Vergessenheit. Erst als man feststellen musste,dass sich in immer stärkerem Maße resistente Bakterienstämme entwickelten, denen auch mit modernsten Antibiotika nicht mehr beizukommen ist, besann man sich allmählich wieder auf die Vorteile kolloidalen Silbers. Je häufiger ein Antibiotikum verordnet wird, umso leichter können nämlich resistente Bakterienstämme entstehen.

Im frühen 19. Jahrhundert hatte kolloidales Silber seinen selbstverständlichen Stellenwert in der Medizin.

In den 1970er-Jahren erhielt die chirurgische Abteilung der Universitätsklinik in Washington ein Stipendium zur Erforschung verbesserter Versorgungsmethoden von Patienten mit Verbrennungen. Dabei fand man heraus, dass Silber enorme Vorteile gegenüber anderen Stoffen aufweist. Ebenfalls um diese Zeit begannen Wissenschaftler in New York mit Silber beschichtetes Gewebe zur Behandlung komplexer Knocheninfekte zu erforschen.

In der Chirurgie hat Silber seinen Stellenwert zum Beispiel beim Abklemmen von Hirngefäßen oder zum Verschließen von Schädeldachdefekten (Heidenhain-Plastik).

Auch in Deutschland war die besondere Wirkung von Silber lange bekannt. Schon 1881 empfahl beispielsweise der Leipziger Gynäkologe Carl Sigmund Franz Credé (1819–1892), der weit verbreiteten Bindehautentzündung bei Neugeborenen (so genannter Augentripper) durch Einträufeln von einprozentigem Silbernitrat vorzubeugen. Diese Komplikation wurde häufig durch eine Gonorrhöe der Mutter verursacht und konnte durch die neue Methode schlagartig beseitigt werden, weshalb diese so genannte „Credé-Prophylaxe“ bei Neugeborenen in Deutschland sogar bis 1992 gesetzlich vorgeschrieben war. Auch heute gibt es noch silbernitrathaltige Augentropfen als apothekenpflichtiges Arzneimittel, die bei dieser Indikation zugelassen sind. Credé hatte übrigens festgestellt, dass Silbernitrat noch in einer Verdünnung von 1:1000 innerhalb von fünf Minuten Staphylokokken, Streptokokken und Milzbranderreger abtötet.

Neben dem Silbernitrat verwendete man unter anderem Silberjodid und -chlorid zur Desinfektion, sowie Silberlaktat als adstringierendes (zusammenziehendes) und antiseptisches (keimtötendes) Agens. Silberoxid setzte man früher bei Cholera und Epilepsie ein. Von solchen Silberzubereitungen als Salz hat man inzwischen wegen des großen Nebenwirkungspotenzials jedoch weitgehend Abstand genommen.

In dem Buch The Body Electric (Becker und Seldan 1990) wird noch auf eine ganz andere Einsatzmöglichkeit von Silber aufmerksam gemacht. Schon 1812 setzte Dr. John Birch vom St. Thomas’ Hospital in London Elektroschocks zur Heilung eines nicht zusammenwachsenden Schienbeines ein. Becker und seine Kollegen griffen diese Methode um 1980 auf, verwendeten dafür aber Silberelektroden. Sie stellten fest, dass sich durch das Anlegen von Strom bereits ausdifferenzierte Gewebszellen (Fibroblasten, die das Gewebe bilden) wieder in ihren ursprünglichen Zustand (in undifferenzierte Zellen) zurückverwandeln lassen und keinen Gewebeverband bilden. Entfernte man das Silber aus der Nährlösung, bildeten sie sich wieder zu Fibroblasten um und verklumpten gewissermaßen zu neuem Gewebe. Ähnliche Reaktionen beobachteten sie auch bei Verwendung von versilbertem Nylon zur Wundbehandlung. Somit ist die wundheilende Wirkung von Silberionen offenbar darauf zurückzuführen, dass sie eine Gewebsneubildung anstoßen.

In den 1990er-Jahren wurde dann an verschiedenen Zentren das Wundheilungspotenzial von silberbeschichtetem Gewebe untersucht, an das ein leichter Strom angelegt wurde. Aus diesen Forschungen resultierten seit 1996 diverse US-Patente (Jefferson 2003).

Bis in die 1940er-Jahre hinein war Silber in zahlreichen keimtötenden Mitteln enthalten und es gab Dutzende silberhaltige Produkte auf dem Markt (Silverseed 1999). Man unterschied unter anderem milde Silberproteinzubereitungen, in denen nur ein kleiner Teil der 19 bis 30 Prozent des enthaltenen Silbers in Form von Ionen vorlag und starkes Silberprotein mit 7 bis 8,5 Prozent Silber, das aber hochgradig ionisiert war.

Nebenbei bemerkt: Wir alle kennen noch einen ganz anderen Gebrauch eines Silbersalzes – Silberfulminat (Knallsilber) explodiert schon bei der geringsten Berührung und findet in Knallerbsen Anwendung.

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