Читать книгу Auf geht's – hab Mut! - Jörg Dommershausen - Страница 6
Vorwort
ОглавлениеDieses Buch habe ich für Unfallopfer oder schwer Erkrankte sowie für deren Angehörige geschrieben. Aber auch für Rechtsanwälte und Mitarbeiter von Versicherungen. Im Wesentlichen geht es mir darum, Patienten und deren Familien Tipps zu geben. Sie sollen ihr Leben und ihren Alltag wieder eigenhändig gestalten können. Rechtsanwälte und Versicherer hingegen können hier einen Einblick in das Leben der Betroffenen erhalten.
Vor allem soll dieses Buch Missverständnisse beseitigen. Und die Verständigung zwischen allen Beteiligten erleichtern.
Dieser Ratgeber ist entstanden auf Grund meiner Erfahrungen als Reha-Manager und Reha-Coach. Und auch als selbst Betroffener: Vor einigen Jahren stand ich vor einer Situation, in der nichts mehr ging. Meine Lage erschien mir damals absolut aussichtslos. Die Frage nach einer Lösung wurde deshalb zu meiner Leitfrage. Schließlich habe ich Schritt für Schritt mein Leben umgestellt. Meine Blickweise hat sich seitdem grundlegend geändert. Als ich mich persönlich verändert hatte, wandelte sich zu meinem Erstaunen auch mein Umfeld.
Ich kann ohne Übertreibung behaupten, dass ich heute ein glückliches Leben führe.
Auch in meinem Berufsalltag lerne ich immer wieder Menschen kennen, die von einem auf den anderen Tag aus ihrem bisherigen Leben herausgerissen werden. Dies kann durch einen Unfall geschehen oder durch eine plötzliche Erkrankung, wie zum Beispiel durch einen Schlaganfall. Ich finde dann immer wieder Menschen vor, die überhaupt nicht mehr wissen, wie es weitergehen soll.
In solchen Situationen scheint erst einmal alles zusammenzubrechen. Oft hört man, dass Betroffene jetzt vor allem vor einem Berg an scheinbar nicht lösbaren Problemen stehen: Die Versicherung zahlt nicht wie sie sollte, die Behandlung ist falsch oder gar nicht zu bekommen, die Kur oder der Rollstuhl werden nicht bewilligt – und das sind nur ein paar Beispiele von vielen.
Manchmal sind es ganz simple Hürden: Wie kommt das Rezept zur Apotheke – und die Medizin zu mir? Wer macht mir ein Essen, wenn ich nicht aufstehen darf oder kann? Manchmal sind es auch existenzielle Fragen: Kann ich irgendwann wieder an meinen Arbeitsplatz zurück? Werde ich je wieder laufen können? Und die Betroffenen haben natürlich jetzt ganz andere Dinge im Kopf, als sich mit Versicherungen oder gar Anwälten herumzustreiten. Oft sind sie völlig verzweifelt oder zutiefst deprimiert. Das Ergebnis: Nichts geht mehr.
Immer wieder bekomme ich mit, dass Klienten Probleme mit den Versicherungen haben. Die Versicherungen bieten zuerst einmal Gespräche an, in denen die Klienten ihren Fall vorstellen können. Doch dann wird die erhoffte Hilfe nicht selten abgelehnt. Gleichzeitig drängen die Versicherungen auf eine schnelle Wiedereingliederung in den Beruf. Die Klienten gewinnen dann den Eindruck, dass es hier nicht um ihr Wohl geht, sondern darum, möglichst viel Geld zu sparen. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass die Klienten sich oft gar nicht trauen, ihre Wünsche und Vorstellungen klar zu formulieren. Auf dieses Dilemma wird später noch genauer eingegangen.
Die Betroffenen können sich oft auch gar nicht vorstellen, wie sie jemals wieder arbeiten sollen. Für sie ist gerade eine Welt zusammengebrochen. Und dann kommt da jemand, der sagt, sie sollen möglichst schnell wieder funktionieren. Das passt hinten und vorne nicht zusammen.
Manchmal ist es offensichtlich, dass tatsächlich Vieles nicht mehr geht und auch nie wieder gehen wird. Damit muss ein Betroffener erst einmal klarkommen. Da reicht es bei Weitem nicht, wenn in der Wohnung ein paar Griffe angeschraubt werden oder ein Rollstuhl bereitgestellt wird. Da braucht es eine intensive Beratung und vielleicht auch eine psychologische Betreuung, um wieder Mut zu schöpfen und neue Lebenswege zu finden.
Die meisten meiner Klienten fühlen sich in solchen Situationen vollkommen ausgeliefert. Sie erleben sich als Opfer. Sie können sich nicht selbst helfen und finden auch niemanden, der dies kann. Und natürlich mögen sie Andere nicht belasten. Das ‚alte Leben‘ ist futsch – und ein neues ist nicht in Sicht. Wie denn auch? Möglicherweise kann man den erlernten Beruf nicht mehr ausüben, muss seine geliebten Hobbys aufgeben, kann seine Freunde nicht mehr wie gewohnt treffen. Es wird wohl jeder verstehen, dass manche Menschen in solchen Zeiten den Lebensmut verlieren.
Ziel dieses Buches ist, es zu zeigen, dass das nicht sein muss!
Es gibt viele Möglichkeiten, was Sie tun können, auch wenn die Situation zunächst vollkommen aussichtslos erscheint. Es existieren eine Menge Strategien, wie Sie mit Hindernissen erfolgreich umgehen können. Neben den ‚normalen‘ Reha-Management-Angeboten biete ich deswegen meinen Klienten weitere Maßnahmen an. Solche, die auch mir weitergeholfen haben. Und inzwischen vielen meiner Klienten. Für jedes Problem gibt es einen Weg, wie Sie damit umgehen können. Auch wenn der vielleicht anders aussieht, als Sie sich das zunächst vorstellen.
Es gibt erstaunlich viele Menschen, die schlimme oder sogar lebensbedrohliche Situationen erfolgreich bewältigt haben und die heute ein glückliches Leben führen. Auch wenn dieses Leben dann vielleicht nicht das ist, das sie früher (vor dem Unfall oder der Erkrankung) einmal geplant hatten. Von solchen Menschen wird in diesem Buch unter anderem berichtet. Denn Erfolgsbeispiele machen Mut. Man kann sich anschauen, wie diese Menschen aus der Krise herausgefunden haben – und wie sie sogar glücklich wurden. Und man kann davon lernen.
Es gibt viele Beispiele aus der Welt der Promis. Etwa das des Wetten Dass-Kandidaten Samuel Koch, der sich bei einem misslungenen Sprung über ein Auto die Wirbelsäule verletzte und fortan querschnittsgelähmt war. Ab und zu kann man ihn in den Medien sehen. Und da sieht man dann einen jungen Mann mit einer Menge Lebenslust und vielen Plänen.
Ein weiteres Beispiel ist der ehemalige Leistungssportler Felix Bernhard, der nach einem Motorradunfall im Rollstuhl sitzt. Er hat seitdem den Jakobsweg mit dem Rollstuhl bewältigt und zwei Bücher veröffentlicht.1
Oder Marcel Bergmann, der zusammen mit seinem Vater im Auto verunglückte und nun ebenfalls querschnittsgelähmt ist. Er lag sogar zwei Monate im Koma. Er arbeitete danach als Sportredakteur beim ZDF und hat schon mehrere Dutzend Länder mit dem Rollstuhl bereist. Über seine China-Reise schrieb er ein Buch, das zum Bestseller wurde.2
Weitere Beispiele sind der Politiker Wolfgang Schäuble, der seit einer Messerattacke im Rollstuhl sitzt und trotzdem erfolgreich Finanzminister ist. Und sogar mehrfach als Bundeskanzler im Gespräch war. Oder Boris Grundl, der nach einen Sturz von einer Klippe gelähmt ist, und der jetzt als Erfolgstrainer arbeitet. In den 1990ern wurde er außerdem Deutscher Vizemeister im Rollstuhl-Rugby und Deutscher Klassenmeister im Rollstuhl-Tennis. Auch er hat mehrere Bücher veröffentlicht.3 Oder Kirsten Bruhn, die bei den Paralympics mehrere Medaillen als Schwimmerin geholt hat und einen Bambi in der Kategorie Sport verliehen bekam.
Aber auch in meiner täglichen Arbeit als Reha-Manager und Reha-Coach begegne ich immer wieder Menschen, die sich nach einem Schicksalsschlag tatkräftig einen neuen Weg suchen. Dies braucht Kraft und Lebensmut, und die liegen bekanntlich nicht auf der Straße. Das ist der Punkt, an dem ich als Berater ansetze.
Nicht alle Betroffenen haben Freunde und/oder Familienangehörige, die ihnen zur Seite stehen. Oder gute Berater. Ein solcher Ratgeber möchte dieses Buch sein. Es will zeigen, dass die Lage niemals verloren ist, egal wie hoffnungslos sie gerade erscheinen mag. Es will Mut machen und dazu ganz alltagspraktische Tipps geben, wie man sich selbst helfen kann. Wie man sich selbst verändern kann, um so auch die Situation zu ändern. Wie man Motivation schöpft und seine Ressourcen aktiviert.
Das Buch berichtet außerdem von Menschen, die es geschafft haben. Nicht von Promis, sondern von ganz normalen Klienten aus meinem Arbeitsalltag. Nicht selten sind es die allerschwersten Fälle, die die erstaunlichsten Erfolge erzielt haben. Das bedeutet: Auch Sie können es schaffen!
Fakt ist, dass Ihre Erkrankung oder Ihr Unfall Sie verändert haben. Wenn Sie kein Opfer sein wollen, müssen Sie dieSache umkehren: Verändern Sie sich selbst! Das ist gar nicht so schwer …
Manche der Tipps und Methoden, die ich hier vorstelle, mögen ungewöhnlich sein oder zumindest erst einmal seltsam erscheinen. Und nicht jede Methode passt zu jeder Person. Ich kann sie deshalb nur anbieten. Ob Sie sie annehmen oder ablehnen, müssen Sie selbst entscheiden. In diesem Buch finden Sie eine Vielzahl solcher Angebote. Manches hat auch mich selbst zuerst nicht überzeugt. Bis ich es ausprobiert habe. Manche Methoden machen sogar richtig Spaß oder bringen die Menschen zum Lachen. Was will man mehr!
In diesem Buch geht es vor allem um effektive Hilfe zur Selbsthilfe und um praktische Strategien, wie Sie Tiefs bewältigen können. Hierfür werden auch Aufgaben angeboten, mit deren Hilfe Sie Ihre Situation besser einordnen können. Und Sie bekommen eine Menge Praxis-Tipps, mit denen Sie sich den Alltag erleichtern können. Und den Weg zum Ziel. Denn auch darum geht es hier: Dass und wie Sie Ihre Ziele erreichen. Möglichst leicht und trotzdem effektiv.
1 Felix Bernhard: Dem eigenen Leben auf der Spur. Als Pilger auf dem Jakobsweg. Fischer Taschenbuch; ebd.: Weglaufen ist nicht. Eine andere Perspektive aufs Leben. adeo Verlag, Gerth Medien GmbH/Verlagsgruppe Random House, Asslar 2010.
2 Marcel Bergmann: Trotzdem China – Im Rollstuhl von Shanghai nach Peking. Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 2008.
3 Boris Grundl: Steh auf! Bekenntnisse eines Optimisten. ECON Verlag, Berlin 2008; ebd.: Diktatur der Gutmenschen – Was Sie sich nicht gefallen lassen dürfen, wenn Sie etwas bewegen wollen. ECON, Berlin; ebd.: Die Zeit der Macher ist vorbei – Warum wir neue Vorbilder brauchen. ECON, Berlin; ebd.: Mach mich glücklich: Wie Sie das bekommen, was jeder haben will. Econ Berlin; ebd.& Bodo Schäfer: Leading Simple – Führen kann so einfach sein. GABAL Verlag Offenbach.