Читать книгу Die Urwasser - Jörg Röske - Страница 3

Kapitel 1: Die Urwasser

Оглавление

Es war ein verregneter Tag. Die Tropfen prasselten unaufhörlich und unerschütterlich ins Wasser des Seerosenteichs. Sie schlugen in ihn ein wie Geschosse und brachten sein Wasser in eine Bewegung, die die Wasseroberfläche verzerrte.

Der Traurige kniete mit einem Bein am Ufer des Teichs und schaute auf die Seerosen, deren Blätter beim Aufschlagen der Regentropfen zuckten. Unbewusst fielen die Tropfen auf des Traurigen beigen Trenchcoat, der sie unwissend aufnahm und der an den Stellen dunkel wurde, die der Regen tränkte. Der Traurige rührte sich nicht und blickte schon fast starr. Nur die letzte Bewegung des Regens erhielt ihn noch am Leben.

Dann erhob sich das Wasser des Seerosenteichs und glitt nach oben. Es durchdrang die Himmelssphären und gelangte in eine düstere Region. Dort wurde es zu einem Fluss, der schwerelos und ohne Halt und Ufer in dieser oberen, halbdunklen Sphäre floss. Der schwebende Fluss wurde die Urwasser genannt, denn ein Schimmer von Ewigkeit umleuchtete dieses Gewässer, das Trost, Abenteuer und Schmerz beherbergte.

In den Urwassern trieben Felsen mit scharfen Kanten, denen niemand zu nahe kommen durfte. Und auf den Urwassern segelte ein Segelschiff, dessen Name "Die Furchtlose" war. Ihr Kapitän stand auf dem Oberdeck und schaute hinaus ins Düstere dieser oberen Himmelsregion und er war froh über den beigen Trenchcoat, der ihn wärmte.

Glucksend, gurgelnd und schmiegend umspülten die Urwasser den Felsen, der mitten in ihnen schwebte und von ihrer Kraft fortgetragen wurde. Ihrer gab es viele in diesem Strom, der jenes obere und düstere Himmelsgewölbe durchzog und die Felsen sorglos umsäumte.

Etwas langsamer als die Urwasser, denn ihre Trägheit bremste, schwebten die unterschiedlich großen Felsen in dem Wasser und jeder Flussschiffer musste auf sie achten, sollte sein Schiff nicht von ihnen aufgeschlitzt werden oder an ihnen zerschellen.

Und auf jenem großen Felsen, den das seidige Wasser schmiegend umspülte, saß der Kapitän der "Die Furchtlose" und schaute in sich hinein, entspannte sich und schaute hinaus. Dabei sah er in der düsteren Atmosphäre, die die Urwasserregion wie einen ewig nächtlichen und Geheimnisse verbergenden Vorhang umgab, längliche, schmale und leicht helle Schimmer. Der Kapitän empfand sie wie ein kaum wahrnehmbares Beben, das etwas Unheilvolles oder Glückseliges versprach.

Eines Tages wollte er in seinem Segelschiff dorthin schweben und sich der Unvermeidbarkeit des Verborgenen aussetzen.

Dann verließ der Kapitän den Felsen, nahm das Seil und zog sein Schiff näher heran. Dabei fiel ihm wieder der schwarz getünchte Rumpf der "Die Furchtlose" auf und ein Schauer der Eisigkeit lähmte ihn für kurze Zeit. Dies jedoch genügte für einen Verlust seines Halts und fast wäre der Kapitän zwischen Felsen und Schiff gefallen - retten konnte er sich mit einem Keuchen und einem gewagten Sprung, der ihn fast den Atem genommen hatte, auf seinen Segler.

Schnaufend und erschöpft lag er auf den Planken des Decks. Speichel tropfte ihm aus dem Mund und färbte die Planke dunkel. Dann drehte er sich auf den Rücken, schloss kurz die Augen und stand dann auf.

Mittlerweile hatte die Strömung "Die Furchtlose" mitgerissen und der Kapitän konnte mit einem Spurt zum Steuerrad und dessen Herumreißen eine Kollision mit einem weiteren Felsen im letzten Moment verhindern.

Die "Die Furchtlose" gelangte glücklicherweise in ein felsenarmes Gebiet der Urwasser und der Kapitän konnte verschnaufen. Eine Weile ließ er sich in seinem Schiff treiben, dann fasste er Mut und setzte die beiden Segel.

Nach einer weiteren Zeit gelangte er in ein bewohntes Gebiet. In großen Abständen gab es hier neben den Urwassern in den Randregionen Burgen, die auf riesigen und rechteckigen Sockeln standen, die sich nach oben hin leicht geschwungen verjüngten. Sie ragten in die Urwassersphäre hinein und deren Fuß musste irgendwo tief unten sein. Der Blick dorthin war aufgrund von Nebelschwaden und Nebelschleier nicht möglich.

Jede Burg war Zentrum eines Areals, das einer eigenen Schwerkraftausrichtung gehorchte und von unwirklichen Nebeln eingegrenzt war. Der Blick zu den Urwassern war jedoch frei. Einen Zugang zu diesen Burgarealen gab es mittels eines

Versetzungsmechanismusses, der wie ein Keil aussah. Dieser Keil bestand nur aus Laserstrahlen, die die Kanten dieses geometrischen Körpers bildeten. Jeder Laserstrahlenkeil war dreifarbig, wobei immer drei Kanten die gleiche Farbe hatten und die Kanten willkürlich verteilt waren. Alle Laserkeile in der Urwassersphäre besaßen unterschiedliche Farbkombinationen, wobei alle Farben bis auf die drei Grundfarben zu sehen waren.

Diese Versetzungslaserkeile schwebten mit der Spitze nach unten zeigend in geringer Entfernung neben den Urwassern und hatten genug Raum für ein Schiff der Größe der "Die Furchtlose".

Einem bestimmten, an Steuerbord liegenden Burgareal näherte sich des Kapitäns Schiff. Er wollte dessen Burgherrn aufsuchen und einige Entfernung vor dem dazugehörigen Keil, dessen Farben er vonweitem schimmern sah, steuerte er die "Die Furchtlose" aus den Urwassern heraus. Das Schiff schwebte nun frei im Raum und driftete mittels des leichten Windes, der hier herrschte, zu dem Versetzungskeil. Der Kapitän holte die Segel ein und die "Die Furchtlose" näherte sich langsam dem Keil, drang in ihn ein und stoppte in ihm.

Im nächsten Moment kippte der Keil mit dem Schiff langsam in Richtung Steuerbord, wobei die Drehachse die untere Laserkante war. Dabei blieb an der Ursprungsstelle ein Keil zurück, dessen Laserstrahlen einen Bestandteil der Mischfarben des Ursprungskeils darstellten. Der kippende Keil zeigte den restlichen Farbbestandteil.

So teilte der Kippmechanismus die Mischfarben und den Keil und die Kraft der Farben bewirkte einen Übergang, eine Verbindung in eine andere, abgeschlossene Welt.

Der Versetzungsmechanismus war inzwischen abgeschlossen. Der zweite Keil befand sich unmittelbar neben dem ersten, wobei die angrenzenden Laserkanten sich miteinander vermischten und einen Halt bedeuteten.

Während des Versetzens der "Die Furchtlose" nahmen die anders ausgerichteten Schwerkraftverhältnisse des Burggebietes allmählich von dem Schiff Besitz.

Der Kapitän setzte ein Segel und sein Schiff schwebte langsam aus dem zweiten Keil heraus. Dann steuerte er auf die Burg zu und bemerkte auf der Fahrt dorthin die unwirklichen Nebel, die das große Gebiet der Burgareale halbkreisförmig umsäumten.

Nach einer Weile Schwebefahrt erreichte der Kapitän der "Die Furchtlose" die Burg und holte das Segel ein. Er sprang mit einem Seil hinüber zum kleinen Kai der Burg und machte sein Schiff fest.

Der Kapitän schritt auf das Burgtor zu und bemerkte dabei den Regen, der begonnen hatte, als er die "Die Furchtlose" am Burgkai festgemacht hatte. Er verlangsamte seinen Schritt und spürte die Tropfen, die aus Eis zu bestehen schienen. Einige Tropfen des Eisregens sammelte er in seiner rechten Hand und besah sich die schwarzen und harten Partikel. Im nächsten Moment wusste er, dass es unheilvolle Zeitkristalle waren.

Und da gellte ein ohrenbetäubender Schrei durch die Sphäre der Urwasser, der das Blut in den Adern zu Wasser wandelte und dieses zu Eis gefrieren ließ. Mit panischem Entsetzen schaute der Kapitän sich um und suchte den Ursprung des Schreis - gnadenlos verzerrt den Frieden der Urwasserregion heimsuchend.

Dann sah er ihn, den schwarzen Drachen, der direkt auf die "Die Furchtlose" zuflog. Der Kapitän rannte um sein Leben, krachte gegen das geschlossene Burgtor und hämmerte wie wild mit seinen Fäusten, dass sich der linke Flügel des schweren Tors durch dieWucht der Faustschläge einen Spalt geöffnet hatte. Der Kapitän drehte sich um und sah, wie sich der schwarze Drache über sein Segelschiff hermachte und darin wütete.

Dabei lehnte der Flussschiffer in seiner panischen Haltlosigkeit gegen jenen linken Torflügel, der sich durch die auf ihn ausgeübte Kraft immer weiter öffnete. Schließlich fiel der Kapitän durch das Tor und zu Boden. In seiner Angst war er allerdings noch nicht in der Lage, sich über die Tatsache des offenen Tores zu freuen.

Da saß er zunächst auf dem kalten Steinboden, war etwas verwirrt, begriff dann und rappelte sich hoch. Schnell schloss er mit aller Körperkraft den Torflügel, suchte nach dem Querbalken, den er neben dem Tor an der Mauer lehnend vorfand, nahm ihn und verriegelte damit das schwere Holztor der Burg.

Dann wartete der schlotternde Kapitän der "Die Furchtlose" darauf, dass sich der Drache über die Burg hermachte und sie wie sein Schiff verwüstete. Doch es geschah nichts dergleichen.

Stattdessen legte sich der schwarze Drache, als er mit dem Segelschiff fertig war, wie ein Schatten um die Burg. Er umspannte sie völlig mit seinen schwarzen Flügeln und eine Stille trat ein.

Der Kapitän wusste nicht, was geschah, denn er wagte keinen Blick nach draußen. Er empfand nur eine unsagbare Kälte, die sich in der Burg ausbreitete und ihn betäubte. Dann versank der Kapitän in einen tiefen Schlaf.

Der Kapitän der "Die Furchtlose" wachte auf. Er lag auf dem Bauch und war benommen. Ihm war kalt und er sah auf dem Steinboden Raureif. Die Kälte machte ihn schnell wach und er stand auf. Der Boden, die Wände und alles, was er sah, war mit Raureif bedeckt.

Dann erinnerte er und wunderte sich, dass kein Burgbewohner zu sehen war. Der Kapitän ging los und erkundete das Innere der Burg, in der Hoffnung, jemanden zu finden. Ein Weiteres schoss ihm durch den Kopf und er trat an eine nahe gelegene Schießscharte. Er sah die "Die Furchtlose", deren Segel völlig zerfetzt waren. Vom Drachen war nichts zu sehen und es herrschte völlige Ruhe. Kein gellender Schrei zerriss die Stille.

Das gab dem Kapitän ein gutes Gefühl und er durchforschte weiter diese Burg. Ein Gang führte ihn in einen Saal, der reich mit Holzornamenten und metallenen Gefäßen verziert war. In der Mitte des Raumes gab es eine Tafel, an deren Kopfende ein Gedeck ohne Speise aufgetragen war.

Der Kapitän ging dort hin und setzte sich in den Holzsessel vor dem Gedeck. Er schaute sich um und fühlte sich wie zuhause.

Dann, beim Aufstehen, fiel ihm etwas auf dem metallenen Becher des Gedecks auf. Er stellte sich hin, nahm den Becher in die Hand und begutachtete das Trinkgefäß. Der Kapitän las 'KAP'.

Er untersuchte die anderen Bestandteile des Gedecks und fand auf jedem Teil die gleiche Gravur. Er hatte dabei ein merkwürdiges Gefühl, denn er konnte sich nicht vorstellen, dass dies der Name von einem Menschen war.

Nach kurzem Verweilen an dem Kopfende der Tafel, die sich lang hinzog und an der viele Stühle standen, ging der Kapitän weiter, um das Weitere der Burg zu erkunden und nahm dabei das Rätsel mit, das sich in seinem Inneren um die Gravur gebildet hatte.

Nach einer Weile, während dieser er die ganze Burg erforscht hatte, gelangte der Kapitän zu dem Schluss, dass das steinerne Gemäuer unbewohnt oder für eine nicht bekannte Zeit verlassen worden war.

Dann beschlich den Flussschiffer das Gefühl, sich in dem Gemäuer niederlassen zu wollen. Zu diesem Zweck ging er zu seinem verwüsteten Schiff, allerdings nicht ohne äußerste Aufmerksamkeit beim Verlassen der Burg walten zu lassen.

Ein jeglicher seiner Sinne war mit intensivster und ängstlicher Konzentration auf die Atmosphäre der Urwassersphäre gerichtet und beim Erreichen des Schiffes stellte er mit Freuden fest, daß der Rumpf und die Masten der "Die Furchtlose" unversehrt geblieben waren.

Der Kapitän packte auf dem Schiff alles Notwendige in eine Holzkiste, schaffte sie unter Mühen auf den Burgkai und zog sie zum Tor. Auf dem Weg dorthin fiel ihm die Außenmauer der Burg auf. Sie war völlig schwarz. Dem Kapitän stockte der Atem und er fühlte, wie ein Strudel jenseits von Zeit und Raum oder wo auch immer er sich befinden mochte, von ihm Besitz ergriff.

Dann erst fiel ihm ein, dass die Burgmauer ursprünglich eine andere Farbe gehabt hatte. Der Kapitän stand eine Weile wie gelähmt auf dem Kai, die Kniee waren durch die Last der Seemannskiste etwas eingedrückt, die er mit der rechten Hand mühsam hinter sich hergezogen hatte. Nach dieser Starrheit löste er sich etwas, ging mechanisch und langsam weiter, öffnete zitternd das Tor und schleppte sich und die Kiste in die Burg. Dort fühlte er sich etwas sicherer, doch das Wissen der Schwärze auf der Burgaußenmauer ließ den Flussschiffer die Kälte in der Burg noch viel eindringlicher und bedrohlicher empfinden.

Eine lange Zeit verbrachte er mit dem Auspacken der Kiste, denn seine Arme und Beine und Hände waren durch die betäubende Kälte fast wie festgefroren und kaum noch zu spüren.

Nach dieser beschwerlichen Arbeit setzte sich der Kapitän in den Holzsessel im Saal und ruhte aus. Er schloss dabei die Augen, nickte kurz ein, wachte auf und bemerkte in einer Ecke des Steinraumes einen Gegenstand, der seine Aufmerksamkeit erregte. Er stand auf, ging zu dieser Ecke und erkannte auf dem Weg dorthin einen Webstuhl.

Der Kapitän sah ihn sich genauer an, fuhr mit der rechten Hand über das Holz und entdeckte darin hinein geschnitzt erneut dieses seltsame Wort 'KAP'. Seine Gedanken verweilten nur kurz bei dem Geschnitzten.

Sein Blick wanderte weiter und der Kapitän fand eine Truhe neben dem Webstuhl, auf deren Deckel ebenso 'KAP' zu lesen war und die reich mit Fadenknäuel gefüllt war. Es gab die unterschiedlichsten Stoffe. Leinen, Baumwolle und Seide und dieses seltene Lichtgarn.

Dann erleuchtete eine Idee das Innere des Flussschiffers. Er nahm sich vor, die nächste Zeit mit Weben zu verbringen, denn die "Die Furchtlose" benötigte neue Segel. Zu zerrissen waren die alten.

Es verging eine Weile, während dieser der Kapitän konzentriert arbeitete und die mit der Fertigstellung des ersten Segels endete. Es war grau und bestand aus zwei breiten Stoffbahnen, die der Webende in einer unermüdlichen Kleinarbeit zusammengenäht hatte.

Als er es zusammengefaltet auf die große Tafel gelegt hatte, verspürte er, dass es ein wenig wärmer in dem Saal geworden war. Die Wärme kam vom Kapitän selbst und nicht nur das hatte er entdeckt. An der Wand hinter dem Holzsessel hing ein Schwert. Schön sah es aus, lang war der Griff und im Gesamten war es leicht gebogen, das zur Folge hatte, dass es elegant wirkte. Der Griff war eng umwickelt mit roten und beigen, dünnen Kordeln und an der weißen Scheide befand sich eine dickere und beige Kordel, die aus mehreren und miteinander verflochtenen, dünnen Kordeln bestand.

Der Kapitän nahm das Schwert von der Wand, zog es etwas aus der Scheide, begutachtete es und fand mit einem kommentierenden Lächeln 'KAP' in das blinkende Stahl eingraviert. Zudem gab es sorgfältig gearbeitete und kunstvolle Ornamente auf der Klinge, die so blank war, dass der Schiffer sich darin spiegeln konnte.

Dann zog er es ganz aus der Scheide und führte einige Hiebe in die Luft aus. Er spürte, dass er ordentlich Übungszeit verbringen musste, um ein Meister im Umgang mit diesem schönen Schwert sein zu können. Er legte das Schwert, das er wieder in die Scheide gesteckt hatte, neben das neue Segel auf die Tafel.

Dann webte er das zweite Segel, das ebenso grau war und aus zwei zusammengenähten Bahnen bestand.

Nach kurzer Ruhezeit brachte der Kapitän beide Segel zum Schiff und befestigte sie an den Rahen der beiden Masten, und er flickte die zerrissenen Seile. Danach packte er seine Holzkiste und zog sie mit zügigem Schritt zur "Die Furchtlose". Er brachte sie an Bord und wunderte sich über die Kraft, die er besaß.

Der letzte Gang zur Burg galt dem Schwert, das er in den Gürtel seines beigen Trenchcoats steckte.

Schließlich verließ er die Burg und schob den linken Flügel des Tores zu, das nur von innen zu schließen war.

Beim Gehen zum Schiff erinnerte er sich an das Schwarze an der Außenmauer und hielt vor Schreck inne. Mit konzentriertester Aufmerksamkeit lauschte er, aber er vernahm nichts. Ohne sich umzudrehen, ging er weiter zu seinem Schiff, machte die Leine los und sprang an Bord. Das Schiff bewegte sich durch die Luftströmung langsam vom Burgkai weg und der Kapitän setzte das Segel des Großmastes.

Während all´ dieser Handlungen hatte er es vermieden, zur Burg zu schauen. Er fürchtete, durch seinen Blick auf das Schwarze etwas Unbekanntes und Unheilvolles zu wecken.

Dann gelangte er an den Laserstrahlversetzungsmechanismus, stoppte davor das Schiff und schaute mit einer gewonnen Portion Mut zur Burg. Es gab an ihr kein Schwarzes. Sie leuchtete sogar ein wenig. Der Kapitän war erleichtert und beschloss mit dem Blick auf den Laserkeil, dieses Burgareal noch nicht zu verlassen.

Er steuerte die "Die Furchtlose" zu den unwirklichen Nebeln am Rande des Areals. Er war neugierig und suchte etwas, von dem er nicht wusste, was es war.

Die "Die Furchtlose" drang nach einer Weile in die Nebel ein. Dann verlor der Kapitän die Sicht und er hatte auch das Gefühl, dass jedes Geräusch von den unwirklichen Nebeln verschluckt wurde. Es gab dort keine Orientierung und einige Male änderte der Schiffer die Fahrtrichtung.

Es wurde ihm unheimlich zumute und er versuchte, die Nebel zu verlassen. Es gelang nicht und eisige und betäubende Angst machte sich schleichend im Innern des Kapitäns breit.

Der Kapitän des zweimastigen Segelschiffes "Die Furchtlose" schaute mit einem beklemmenden Gefühl in seiner Brust zurück zu den unwirklichen Nebeln. Ihm waren die Grausigkeit und die Undurchdringlichkeit dieser Nebel bisher unbekannt gewesen. Nur die Idee und deren Umsetzung, das Ruder gerade zu halten, gewonnen aus der Geradlinigkeit seines Schwertes, hatten ihn aus der Verlorenheit und eineisenden Furcht der unwirklichen Nebel hinaus gerettet.

Der Schiffer hatte beschlossen, die Nebel für die nächste Zeit zu meiden und die "Die Furchtlose" befand sich auf dem Weg durch das Burgareal zum Versetzungsmechanismus, der das Schiff und den Kapitän zurück zu den Urwassern bringen sollte. Das Segelschiff erreichte den offenen Lasermechanismus und der Kapitän holte das gesetzte Segel ein. Mit dem restlichen Schwung drang die "Die Furchtlose" in den gekippten Keil ein und stoppte in ihm.

Zumeist berechnete der Flussschiffer die Restenergie der Vorwärtsbewegung des Schiffes genau, doch sollte er sich aufgrund einer emotionalen Unstimmigkeit verschätzen, dann würden unsichtbareKraftfelder das Schiff sanft auffangen. Diese Felder füllten die fünf Seiten des entsprechenden Keils aus, waren winddurchlässig und besaßen eine federnde Wirkung. Beim Eindringen in den Keil wurde das entsprechende Kraftfeld automatisch deaktiviert und war das Schiff innerhalb des Keils, dann wurde es wieder aufgebaut.

Der Versetzungsmechanismus arbeitete selbständig und irgendeine Fehlfunktion war dem Kapitän bisher noch nie aufgefallen.

Der Keil kippte nun langsam wieder zurück in seine Ausgangsposition und die Schwerkraftgesetze der Urwasser nahmen dabei allmählich von Schiff und Kapitän Besitz. Das Kraftfeld voraus deaktivierte sich und der Schiffer begann, die Segel zu setzen. Die "Die Furchtlose" nahm dabei Fahrt auf und verließ den Keil.

Nachdem das erste Segel gesetzt worden war, steuerte der Kapitän zu den Urwassern. Das Schiff erreichte den schwebenden Strom und sobald es auf den Urwassern fuhr, setzte der Schiffer das zweite Segel.

Dabei donnerte ein zermürbender Krach durch die Urwassersphäre und ein erschütternder Ruck nahm den Kapitän, der auf dem Fockmast kletterte, den Halt und schleuderte ihn über den Bug hinaus in den Strom. Das Schiff verlor an Fahrt, ruckte hin und her und nahm dann wieder Fahrt auf. In diesem Moment tauchte der Kapitän wieder auf und sah sein Schiff auf sich zukommen. Mit hastigen Schwimmzügen rettete er sich knapp vor dem drohenden Bug und ergriff eines der wenigen vom Schiff herunterhängenden Seile. Eine Weile ließ er sich an der Wasseroberfläche mitschleifen. Er sammelte Kraft, um gegen die Wasserströmung und gegen die Schwerkraft ankämpfen zu können.

Dann hatte er es geschafft und war wieder an Bord seines Segelschiffes, das ein wenig tiefer im Wasser lag, wie er bemerkte. Der Kapitän vermutete einen Felsen, der unter der Wasseroberfläche schwebte und der den Rumpf der "Die Furchtlose" leck geschlagen hatte.

Seine Wut entbrannte über die Felsen und er schrie. Dann fasste er einen Plan und holte zunächst die Segel ein. Ein Überwasserfelsen erschien, den er anvisierte und nahe an ihn heran manövrierte. Er sprang mit dem Ende eines Seils hinüber und machte sein Schiff fest. Dann kehrte er zurück zum Schiff, verschwand unter Deck und suchte das Leck. Nach einigem anstrengenden Stöbern im kalten Wasser fand er es und stopfte es notdürftig mit Brettern, Tüchern und Nägeln zu.

Der Kapitän war geschafft und durchgefroren. Das Schiff sank nicht mehr und der Schiffer suchte Ruhe auf dem an der Oberseite flachen Felsen, um mit dieser Kraft das nächste Problem zu besiegen. Es würde einige Zeit und Anstrengung kosten, das Wasser aus der "Die Furchtlose" zu schaffen.

Er zog sein elegantes Schwert aus dem Gürtel, entledigte sich seines nassen Trenchcoats und wringte ihn aus. Schwert und Mantel legte er auf den Felsen und sich daneben. Er entschlummerte für eine Zeit und träumte unruhig.

Der Kapitän erwachte, fand seinen beigen Mantel getrocknet, fühlte ihn mit seiner rechten Hand und ging, ohne ihn anzuziehen, auf sein Schiff. Unter Deck pumpte er das Wasser mit der Handpumpe außenbords. Es verging eine Weile und der Schiffer wusste, dass diese Übung seine Muskeln stärkte.

Die "Die Furchtlose" war wieder flott und jetzt führte der Wütende seinen eigentlichen Plan aus. Aus seiner Kiste holte er nach einer Ruhepause Hammer und Meißel, umden Schlummerfelsen zu zerkleinern. Dieser war der erste Felsen, der in seine Bestandteile aufgelöst werden sollte, um die Urwasser sicherer und befahrbarer zu machen.

Nachdem er Schwert und Mantel hinüber zum Schiff geworfen hatte, machte sich der Kapitän der "Die Furchtlose" energisch und wütend mit seinem Werkzeug über den Felsen her. Er ließ den Hammer mit heftiger Wucht auf den Stahlmeißel nieder krachen und hämmerte Brocken um Brocken aus dem Flussfelsen heraus.

Da krachten Felsen, Flussschiffer und Segelschiff mit unaufhörlicher Wucht gegen eine Eisbarriere.

Der Kapitän kam auf dem Plateau des Felsens wieder zu sich. Er lag auf dem Rücken, richtete sich auf und Erinnerungen dämmerten, zogen langsam in sein Bewusstsein ein.

Dann brachte der Schrecken des Vergangenen ihn in einem Moment auf die Beine. Nach dem einschneidenden und durchdringenden Gefühl hinkte das restliche Wissen über das Geschehen allmählich nach.

Der Schiffer schaute sich hektisch um, fand Blutspuren an der Eiswand, neben der er aufgewacht war und fasste sich instinktiv an seinen Kopf. Das Blut an seiner Hand bestätigte seine Vermutung.

Die Eisbarriere war eine große und in ihrer vertikalen Ausdehnung für den Kapitän überschaubaren Mauer aus Eis, in deren mittlerer Höhe die Urwasser in einem Loch verschwanden, dessen Durchmesser dem des Flusses entsprach. Zu beiden Seiten verschwand die Eiswand nach einiger Entfernung im Nebel.

Am oberen Rand des Loches befand sich des Schiffers Felsen - dieser hatte sich durch den Aufprall in das Eis hineingekeilt. Er war wohl fest, jedoch wusste der Kapitän, dass sich der Felsen unter dem beständigen Druck der Strömung irgendwann vom Eis lösen würde und der Zeitpunkt des Lösens war schwer zu bestimmen. Glücklicherweise rauschten nur wenige und kleine Felsen heran, die problemlos an dem eingekeilten Felsen vorbei trieben. Jedoch konnte sich diese Tatsache nach einer ebenso unbestimmbaren Zeit ändern.

Dann bemerkte der Kapitän die "Die Furchtlose" neben dem Felsen mit eingequetschtem Bug und sah sie mit diesem von der Strömung der Urwasser gegen die Eismauer gedrückt. Der Fockmast war in der Mitte durchgebrochen, das Bruchstück lehnte an der Eiswand.

Im nächsten Moment krachte ein unter Wasser treibender Felsbrocken an den ins Eis gekeilten Felsen, so dass dieser sich leicht bewegte. Der Kapitän wusste, das Zeitproblem war nun dringlicher.

Er sprang hinüber auf sein erneut angeschlagenes Schiff, zog das Mastbruchstück ganz auf das Oberdeck und legte das Ruder so, dass die Strömung das Schiffsheck aus den Urwassern herausdrückte. So war die "Die Furchtlose" zur einen Hälfte freischwebend und zur anderen im Strom. Dieser jedoch schob das Schiff weiter, so dass es drohte, mit der Backbordseite an die Eisbarriere zu krachen.

Mit treffsicheren Hieben löste der Schiffer das Focksegel von dem Mastbruchstück und legte dieses quer zum Schiff, so dass das Bruchstück den Aufprall auffing. Dann setzte er das Großsegel und ein Wind holte das Schiff aus dieser misslichen Lage. Die "Die Furchtlose" schwebte nun frei in der Luftneben den Urwassern.

Im nächsten Moment krachte ein weiterer Unterwasserfelsen an den eingekeilten Felsbrocken und riss ihn aus dem Eis. Beide Felsen verschwanden in dem Loch. Und es rasten eine Menge weiterer Felsen heran und verbauten zu einem Teil die Öffnung, so dass nachkommende Felsen nicht mehr hindurch rauschen konnten. Sie krachten an die verengenden Felsen, glitten von ihnen ab, traten aus den Urwassern heraus und fielen nach unten in das Ungewisse der Nebelschleier und -schwaden.

Dann verließ der Kapitän dieses Geschehen und steuerte sein Segelschiff zur oberen Kante der Eisbarriere. Als er sie in seinem aufwärts steigenden Schiff erreichte, breitete sich vor den staunenden Augen des Schiffers eine weite Eiswüste aus.

Ihm behagte diese Gegend nicht, doch wollte er wieder zu seinen Urwassern

und, wie es schien, führte der einzige Weg durch diese Eisgegend.

Der Kapitän beschloss, zuerst zu landen und sein Schiff zu reparieren. Während der Instandsetzung, die einige Zeit in Anspruch nahm, spürte er die Anwesenheit von Zuschauern. Mehrmals wandte er sich zu den Vermeintlichen um und fand niemanden.

Bei einem weiteren Spüren einer Gegenwart eines Beobachtenden nahm der Flussschiffer das bereit gelegte Schwert und rannte in die Richtung, in der er den Gast vermutete. Und er fand jemanden hinter einem kleinen Eishügel.

Der Gefundene war ein spärlich bekleideter Mensch, der völlig mit einer dünnen Eisschicht bedeckt war und einen fast leeren Blick hatte. Der Kapitän spürte ein leichtes Entsetzen in der Gestik und Mimik seines Gegenübers, als er sein Schwert auf den Eingeeisten richtete. Dann mühte sich der Beobachtende schwerfällig auf und eilte mit steifen Beinen humpelnd weg. Dabei hingen dessen Arme unbeweglich,

steif und leblos von seinem Körper herunter, baumelten reglos.

Ein Schaudern überfiel den Kapitän beim Anblick dieses seltsamen Menschen. Unheimlich wurde es ihm zumute und er wähnte noch mehr Seltsamkeiten dieser Art in dieser Eisgegend.

Er steckte sein Schwert zurück in die Scheide, ging zurück zum Schiff und setzte die Reparatur fort. Während dieser Zeit spürte er keine Gegenwart mehr von irgendwelchen Beobachtenden, doch immer wieder wandte er sich um, linste nach ihnen. Schließlich war die Arbeit getan und der Kapitän machte sich wieder auf den Weg, hob mit seinem Segelschiff vom Eisboden ab.

In mittlerer Höhe flog die "Die Furchtlose" über die Eiswüste, über der sich der Himmel dämmrig wölbte. Bei einem Blick nach unten sah der Kapitän die Urwasser, die sanft rötlich durch das Eis schimmerten, das sie durchzogen.

Ein Ende der Eisöde war nicht abzusehen und der Schiffer wurde allmählich ungeduldig und nervös. Die Urwasser waren seine Heimat und die Trennung von ihnen begann zu schmerzen.

Unglücklicherweise verlor sich die Spur der durch das Eis schimmernden Urwasser und der Kapitän befand sich in einer Gegend, die eine seltsame Unheimlichkeit barg. Ihn beschlich Angst und dann verschwand der Eisboden unter seinem Segelschiff. Er blickte in eine absolute Schwärze, die sich unter dem Kiel der "Die Furchtlose" ausbreitete und stellenweise von Nebelschwaden leicht abgeschwächt war.

Dann schaute er zurück und sah den Rand des Abgrunds, den er in seinem Schiff überflogen hatte. Er blickte nach Backbord, denn in seinem Augenwinkel hatte er etwas vernommen, das seine Aufmerksamkeit und ein dunkles Gefühl in ihm erregt hatte. Er sah in der Ferne Gebilde, die ihm einen eiskalten Schauer seinen Rücken herab gleiten ließen, und er begann zu frösteln. Der bloße Anblick versetzte ihn in eine Starrheit, von der er sich kaum befreien konnte.

Sie waren unterschiedlich große und völlig schwarze Treppen, die in den schwarzen Himmel, der über dem Abgrund herrschte, hinein gebaut worden sein mussten. Sie befanden sich auf einem schwarzen Felsen, der sich am Rand der Eisebene befand und der aus ihr ein wenig herausragte. In ihm spitzte sich der Eisrand verhalten zu. Die Konturen der seltsamen Treppen und des Felsens waren mit einem weißen und dünnen Schimmer versehen, so dass sie auf diese Weise zu erkennen waren.

Der Kapitän lenkte sein Schiff, das inzwischen weiter über dem Abgrund gefahren war, zu diesem Felsen. Dann merkte er, was er willenlos getan hatte, spürte im nächsten Moment die Schwärze unter sich und geriet in Panik.

Mit der letzten Energie seiner Entschlusskraft steuerte er das Schiff zurück zum Rand der Eisöde, erreichte sie erschöpft und setzte die "Die Furchtlose" auf den Eisboden. Dann schlief er ein und erlebte unruhige Träume.

Er erwachte und eine Kälte, die er vor dem Schlaf nicht gespürt hatte, machte

ihn hellwach. Im Bruchteil einer Sekunde stand er auf seinen Beinen und sah sich

umzingelt von mehreren leicht bekleideten und mit einer dünnen Eisschicht überzogenen Menschen, die einen fast leeren Blick hatten.

Der Kapitän erinnerte sich und wusste nun, dass es mehrere von ihnen gab. Gleichzeitig legte er seine Hand auf den Schwertgriff, jedoch waren sie regungslos. Er war verunsichert und fragte nach dem Begehr der Eingeeisten. Einer von ihnen nahm den Flussschiffer daraufhin an die Hand und zog ihn langsam mit. Er zögerte und der Führende gab nach. Dann zog er ihn erneut und der Kapitän ging mit, denn der Eingeeiste hatte keine Gewalt angewandt und es schien, dass er dem Kapitän etwas zeigen wollte. Das erregte seine Neugier und die Eingeeisten und der Flussschiffer machten sich auf den Weg zum Felsen, den der Kapitän in späteren Zeiten das Kap der Eisigkeit nennen sollte.

Unbeholfen und humpelnd folgten die leicht Bekleideten dem, der den Kapitän der "Die Furchtlose" an der Hand führte. Die kleine Gruppe erreichte den Felsen mit den Treppen und vor einer bestimmten ließ der Führende die Hand des Flussschiffers los und ging weiter. Die anderen Begleiter folgten ihm. Der Kapitän schaute ihnen hinterher und sah, wie sie sich am Fuß von anderen Treppen niederließen und in den schwarzen Himmel starrten.

Dann bannte er das aufkommende, seltsame Gefühl, in dem er seinen Blick von ihnen wegriss und zu der Treppe schaute, vor der sie ihn verlassen hatten. Er ging näher an sie heran und fand auf der untersten Stufe etwas eingraviert.

Er traute seinen Augen nicht, denn er las erneut dieses rätselhafte Wort 'KAP'.

Der Kapitän der "Die Furchtlose" setzte sich aus einem ihm unbekannten Grund vor die schwarze Treppe und schaute an ihr hoch. Die Stufen schimmerten leicht silbern und golden, je höher sein Blick glitt. Dann erreichte er das Ende der Treppe

und der Schiffer schaute über sie hinaus. Dort fand sein Blick nichts.

Seine Augen fanden nichts, worauf sie ruhen könnten. Der Kapitän sah nur unübersehbare und absolute Dunkelheit.

Er merkte nicht, wie sich kleine Eiskristalle auf seiner Haut und seinem Mantel bildeten. Eine dünne Eisschicht legte sich allmählich und mit einer Spur Sanftheit über den Flussschiffer, derenEisigkeit sich auf dem Weg zu seinem Inneren befand.

Dann begann sein Blick, leer zu werden und er starrte lethargisch in die Schwärze des Himmels - wie die anderen Eingeeisten.

Nach einer Zeit der Eisigkeit und des fast leeren Schauens in den schwarzen Himmel über dem schwarzen Abgrund begann der Kapitän, seinen die letzte Lebenswärme schützenden Trenchcoat auszuziehen. Zuvor hatte er sein Schwert aus dem Gürtel genommen und es neben sich gelegt. Er knöpfte langsam den Mantel auf und das Hemd, das er darunter trug. Schnell setzten sich Eiskristalle auf die entblößte Brust. Er hob sein Schwert auf und zog es aus der Scheide.

All' diese Handlungen wurden von seinem fast leeren Blick begleitet und in einer mechanischen und monotonen Weise durchgeführt.

Der Kapitän drehte sein Schwert um und führte es gegen sich selbst. Er fasste es an der Klinge an, denn seine Hände reichten nicht bis zum Griff. Dabei schnitt die scharfe Klinge in die Finger, doch er spürte keinen Schmerz. Die Eiskristalle hatten ihn unempfindlich gemacht, sein Gefühl betäubt.

Das herab tropfende Blut fiel herunter auf den schwarzen Felsen und wurde mit ihm eins.

Die Spitze des scharfen und eleganten Schwertes berührte die Brust und glitt oft an der glatten Eisschicht ab. Doch schließlich durchdrang sie die Eiskristallschicht und ritzte in die Haut des Flussschiffers Brust ein. Blut rann allmählich aus den Schnitten und färbte seinen Weg rot.

Der Kapitän spürte kaum Schmerz und einen Schatten, der aus dem Abgrund herauf stieg. Das schwache Licht des Himmels über der Eisöde, das durch das Eis verstärkt wurde, ließ den Schatten sichtbar werden.

Viele unterschiedlich geformte und verschieden große Lichtreflektionen auf dem Schatten wiesen auf ein Ganzes hin, das eine genau bestimmte Struktur widerspiegelte und eine absolut glatte oder nasse Oberfläche zu haben schien.

Zwei Lichter auf dem Schatten fielen dem Kapitän der "Die Furchtlose" besonders auf. Dann merkte er, dass sie keine Reflektionen waren, sondern unabhängig von äußeren Einflüssen zum Schatten gehörten. Die fast eingeeiste Aufmerksamkeit des Schiffers taute etwas auf, bekam ein wenig Leben zurück, denn bevor er es wusste, fühlte der Flussschiffer, dass die beiden Lichter Augen waren. Doch sie waren nur weiße Punkte, die eine Unheimlichkeit gigantisch emotionalen Ausmaßes im Zusammenhang mit dem Dunkel des Schattens erzeugten.

Dann wurde dem Kapitän der "Die Furchtlose" ein zweites bewusst, das sein Inneres während des Aufsteigens des Schattens wahrgenommen hatte. Teile des Schattens waren Schwingen, die sich äußerst langsam bewegten und in einer Aufwärtsbewegung befanden. Diese schien nun abgeschlossen zu sein und da wusste

der Kapitän, dass der Schatten mit den Lichtreflexen ein Drache war.

Im nächsten Augenblick öffnete das archaische Untier sein Maul und ein Eisfeuer ging auf den Flussschiffer hernieder. Das Eisfeuer drang durch die Schnittwunden auf seiner Brust hinein in das Innere des Schiffers und füllte es ganz mit einer äußersten Grausigkeit. Der Drache blies erneut Eisfeuer herab, einen grausigen Atem, Feuer und Eis molekular vereint, absolute Eisigkeit und absolute Hitze. Die Partikel des Eisfeuers drangen in das Fleisch des Kapitäns und zermürbten es, zerrten es auseinander, verbrannten und froren es zugleich ein. Die Schmerzen waren unermesslich, und sie überwältigten die emotionale Konstitution des Kapitäns, so dass er ohnmächtig wurde.

Niemand der anderen Eingeeisten schien gemerkt zu haben, was ihm geschehen war. So empfand er, als er erwacht war und sich umgeschaut hatte.

Dann nahm er sein Schwert, das ihm aus der Hand gefallen war, steckte es zurück in die Scheide und versuchte aufzustehen. Das Unterfangen misslang und er nahm sein Schwert zur Hilfe und mit unendlich großer Mühe und unzähligen Versuchen hatte er es geschafft zu stehen. Er verschnaufte, sein ganzer Körper schmerzte und sein unabdingbarer Wunsch, diesen unheilvollen Ort schnellst möglich zu verlassen, gab ihm die Kraft der Bewegung.

Er humpelte los, verwandte seine Waffe als Krücke und am Ende einer geraumen und mit vielem Stolpern durchsetzten Zeit, erreichte er sein Schiff. Dann schlief er vor Erschöpfung auf dem Eisboden vor seinem Segelschiff ein.

Der Schlaf brachte ihm die Kraft, um auf das Schiff klettern zu können, jedoch genügte die gesammelte Energie nicht, um ein Segel setzten zu können. Eine gute Weile starrte der Kapitän in die Düsternis, um danach mit der Winde den Anker lichten zu können.

Der leichte Wind hob das Schiff und ließ es driften und der Kapitän steuerte den einzigen Kurs, den er im Sinn hatte, nämlich die größtmögliche Entfernung vom Kap der Eisigkeit und vom schwarzen Abgrund.

Während dieser Fahrt über der Eiswüste spürte der Schiffer das Nahen einer Gefahr. Er schaute hinauf in den Himmel und entdeckte den schwarzen Drachen, der aus dem Abgrund gestiegen war und dessen Flügelspannweite zwei Längen der "Die Furchtlose" maß.

Mit lautlosem, weit ausholendem und langsamem Schlagen seiner Schwingen, das dem Drachen Macht und dem Kapitän ein Gefühl von Unterlegenheit und Ausweglosigkeit verlieh, näherte sich das schwarze Untier.

Dann war es über dem hilflosen Schiff und hauchte sein Eisfeuer über das Holz und das Fleisch. Das Schiff bebte und der Kapitän wand sich. Jedoch fiel ihm nach diesem Angriff und dem Verebben der neuerlichen Qual eines auf. Er hatte während des erneuten Niedergangs des Eisfeuers einen leicht geringeren Schmerz verspürt und vermutete den Grund dafür in seiner Bewegung. Ein kaum zu vernehmendes Lächeln glitt über seinen Mund, ob dieses Sieges.

Aber der Drache kehrte zurück und machte sich mit seinen Krallen und seinem

Maul über das Schiff her. Knapp entging der Schiffer dem Sagentier. Er ließ sich - wuchs diese Idee auf dem Boden seines Lächelns - durch die Luke im Oberdeck und

über die anschließende Treppe ins Schiffsinnere fallen, und empfand den Aufprall auf den Holzplanken fast als Glückseligkeit. Dort wähnte der Kapitän sich zunächst sicher und ohne darüber Entscheidungsgewalt zu haben, schlief er ein.

Als er erwachte, war alles ruhig. Doch er wusste, dass die Schwingen des Drachen leise schlugen. Ein vorsichtiger Blick nach draußen entdeckte keine Gefahr. Der Kapitän schlich auf das Oberdeck und fand sich inmitten einer fürchterlichen Verwüstung wieder. Er schaute darüber hinaus und sah, dass der leichte Wind sein

Schiff die ganze Zeit über weitergetragen hatte - war der Wind möglicherweise ein guter, beständiger Freund.

Eine Weile saß der Schiffer in sich gekehrt auf dem Oberdeck, als er erneut das leise Schlagen der Flügel des Drachen vernahm. Alles krampfte sich in ihm zusammen und ihm war klar, dass er nichts besaß, das er dem Vernichter entgegen halten konnte. Keinesfalls wollte er das bisher Errungene dahin geben und bevor er diesen Gedanken zu Ende denken konnte, schleuderten die Wucht des Eisfeuers und der durch das Flügelschlagen erzeugte Wind den Kapitän der "Die Furchtlose" von Bord seines Schiffes auf den harten Boden der Eisöde.

Dann verschwand der Drache und nach der Ohnmacht des Schiffers, die eine gute Zeit währte, fand er etwas, dessen Anblick ihn noch kein Glück empfinden lassen konnte.

Das Segelschiff war fast völlig zerstört. Die beiden Masten waren zu schwarzen Stümpfen verbrannt, die Segel bestanden nur noch aus verkohlten Fetzen und die Seile waren bis auf wenige verbrannt. Überall im Rumpf gab es Lecks und das Oberdeck wies eine ordentliche Anzahl Löcher auf. Das ganze Schiff war von einer dünnen Eisschicht überzogen, unter der es zum größten Teil schwarz war. Lediglich das Steuerruder war noch intakt.

Doch von all' dem sah der auf dem Bauch liegende Kapitän nichts, denn er kroch langsam vorwärts. Etwas Ungewohntes hatte seine Nase erreicht und durchströmt und gab ihm Ungewohntes.

Es war ein frühlingslinder Duft, ein sanfter, warmer und zarter Luftstrom, der ihn belebte, durchwob, atmen ließ, seinen Körper durchzog, sein Inneres durchströmte, alles dies mit ihm machte, bevor er davon wusste.

Dann erreichte er die Kante der Eiswüste und sein von der Dämmrigkeit, Kälte und Unheimlichkeit des Kaps der Eisigkeit getrübter Blick vernahm nur sehr langsam die Farben und das Licht der Landschaft, die sich vor ihm auftat.

Des Flussschiffers Blick wurde klar und er erkundete, was vor ihm lag. Gelb war der Himmel und grün die Erde, ein Ganzes, das durchzogen wurde von seinen Urwassern. Sein Herz begann zu glühen und eine friedvolle Wärme durchfuhr ihn

und der letzte Rest der ihn bedeckenden Eisschicht schmolz hinweg.

Der Kapitän schob seinen Kopf über den Eisrand hinaus und schaute an einer Eiswand hinunter, in deren mittlerer Höhe die Urwasser aus einer Öffnung heraustraten. Auch hier verlor sich die Eismauer zu beiden Seiten hin in Nebelschwaden. Allerdings war dieser Nebel heller als der gewohnte, bedeutete er in dieser Art Paradies eher Wolken, helle, lichtdurchtränkte Frühlingswolken.

Der Schiffer schaute erneut voraus und sah die Sonne, die weit hinten über dieser Landschaft leuchtete und das Grün und das Gelb in ein lichtenes Meer von liebkosendem Balsam tauchte. Dem Kapitän fiel auf, dass die wundersame Landschaft nicht nur das Licht der Sonne widerspiegelte. Die Ebene selbst leuchtete aus ihrem Inneren heraus und spendete eine Wirklichkeit des Glücks.

Mühsam erhob sich der Schiffer, getrieben vom Verlangen nach dem Unaussprechlichem vor ihm, das in ihm den Wunsch geboren hatte. Nach beschwerlichen Metern erreichte er das Wrack seines Schiffs, überlegte, wie er es in Bewegung bringen könnte. Und da war wieder sein Freund, eine Windböe rüttelte an der "Die Furchtlose", brachte sie in Bewegung. Schnell erfasste der Kapitän die Bordwand und nach einiger Anstrengung war er auf dem Oberdeck. Gleichzeitig trieb sie hoch und vorwärts und nach weiteren Schritten war der Schiffer am Ruder.

Er steuerte hinab zu den Urwassern, die in geringer Höhe über der grünen Ebene daher zogen, und ließ die "Die Furchtlose" in den Strom eintauchen. In diesem Moment fiel der schwarze Schatten vom Rumpf des Schiffes ab, jedoch merkte der Kapitän davon nichts.

Im nächsten Augenblick begann das Schiff zu sinken. Unaufhaltsam rauschte das Wasser durch die Lecks, die der Drache in das Holz des Rumpfs geschlagen hatte. Instinktiv eilte der Schiffer zum Heck und suchte Halt an der Bordwand. Der Bug neigte sich immer mehr und verschwand schließlich im Wasser. Dann geschah ein gedämpftes Krachen und ein Ruck.

Das Schiff sank nicht mehr, froh war der Flussschiffer und er versuchte zu ergründen, welchem Umstand er diese Glückseligkeit zu verdanken hatte. Er balancierte nach Backbord und schaute dort die Bordwand herab ins Wasser. Die Urwasser waren glasklar und von Licht durchleuchtet, die Sonne durchstrahlte mit ihrer friedvollen und sanften Helle den rätselhaften und faszinierenden Wasserstrom, von dessen Quelle und Ziel niemand wusste.

Der Kapitän sah den Bug der "Die Furchtlose" auf einem Unterwasserfelsen ruhen. Kleine, wenige Freudefunken durchglühten die Seele des Schiffers und hinterließen Bahnen der Wärme. Er atmete auf, wusste sich nun in Sicherheit und machte es sich auf dem Heck bequem.

Er neigte seinen Kopf für einen Moment, hielt ihn zwischen seinen Händen und schaute dann wieder auf.

Keinerlei Eisschicht war auf seinem Schiff zu sehen und nur ein wenig Ruß noch auf dem Holz zu finden. Dann wandte der Schiffer seinen Blick nach Backbord, danach nach Steuerbord und spürte wieder den frühlingslinden Duft und nur

allmählich konnte er den glückseligen Klang des lieblichen Anblicks der Landschaft in seine Seele aufnehmen.

Die Zeit verging und die Ebene nahm kein Ende und der Kapitän wunderte sich. Es gab keine Anzeichen einer ihm bekannten Dämmrigkeit.

An einem Seil, das er an die Heckbordwand band, kletterte er das schräg stehende Deck hinunter und nahm einige handvoll Wasser, um seinen Durst zu

stillen. Dabei entdeckte er kleine, farbige Partikel in den Urwassern. Er wurde neugierig und versuchte, mit einem Plankenstück einige dieser Teile aus dem Wasser zu fischen. Da hatte er einige dieser Partikel an Bord und er wunderte sich ein zweites Mal, denn es war Obst - Zitronen und Apfelsinen -, das in seinem Fluss schwamm.

Er aß einige dieser sonnen- und wasserdurchfluteten Früchte - mehr Apfelsinen als Zitronen -, und er fühlte sich allmählich besser.

Der Flussschiffer fischte noch mehr von diesem ungewöhnlich aromatischen Obst aus seinem Strom und genoss es und das Glitzern der Urwasser, die Landschaft, die Sonne und das Grün und das Gelb.

Eine lange Zeit trieb die "Die Furchtlose" mit ihrem Kapitän, der auf dem Heck saß und genoss, in den sonnendurchfluteten und lichtleuchtenden Urwassern. Der Bug ruhte auf dem Unterwasserfelsen und der Flussschiffer wunderte sich über die Vorzüge der gefährlichen und verhassten Felsen der Urwasser.

Dann entdeckte er in der schönen, grünen und flachen Landschaft auf einem Felsen eine Burg, die sich in einiger Entfernung zu den Urwassern befand. Sie sah freundlich aus und der Schiffer starrte schon fast zu ihr hin, denn in dieser Gegend mutete die Existenz einer befestigten Anlage für ihn befremdlich an. Die "Die Furchtlose" war schon an der Burg vorbei getrieben, als sich der Kapitän aus dem Blick riss und beschloss, mit seinem Schiff zu diesem landschaftlichen Antagonismus zu schweben.

Und es dauerte eine Weile, bis er das Segelschiff vom Felsen weg und aus den Urwassern hinaus manövriert hatte. Mit einer ungeheuren Portion Kraftaufwand und fast mit seinen Schultern im Wasser stehend drückte er mittels eines Holzstabes den Bug vom Felsen - Energie hatte er ordentlich von den Apfelsinen, den Zitronen, der Sonne, dem Licht und dem Grün und dem Gelb. Dann versank sein Schiff vollends, trat jedoch bald aus dem Strom heraus, denn zuvor hatte er das Ruder auf hart Backbord gelegt und fest gebunden. Nur einen Moment musste er die Luft anhalten, dann war das Schiff freischwebend über der grünen Ebene.

Der Kapitän steuerte hin zur Burg, merkte auf dem Weg dahin, dass der Anker

fehlte - dem Anschlag des Drachen zum Opfer gefallen - und der Wind schob das segellose Segelschiff an der Burg vorbei. Eine bald eintretende Flaute nutzte er und kletterte an einer unbeschädigten, im Laderaum vorgefundenen Strickleiter hinab zum Grasboden. An einem Seil zog er sein Schiff über die grüne Ebene zur Burg - anstrengend war dies, denn Wind kam wieder auf.

Bald kam er an dem Bau an, sicherte mit dem Seil sein Schiff an der Burg, die

unbewohnt war. So hatte er nach einer Verschnaufpause und einem Rundgang festgestellt. Und er fand erneut wie in der Burg in der düsteren Region der Urwasser auf einigen Gegenständen das geheimnisvolle Wort 'KAP' eingraviert oder eingeschnitzt.

Dann machte er einen Spaziergang über die Felder der grünen Ebene, die sich um die Burg scharten. Nirgendwo sah der Schiffer Anzeichen für die Anwesenheit von Bauern.

Beim Durchstreifen dieser schönen Feld- und Wiesenebene und beim Blick über die Weite der Landschaft auf den Horizont gebar in ihm der Wunsch, mit der "Die Furchtlose" über diese schöne Ebene zu segeln. Dazu musste jedoch das Schiff wieder flott gemacht werden und eine Ahnung, die sich glitzernd und leuchtend sein Gemüt durchwob, verriet ihm, dass im noch nicht erkundeten Kellergewölbe der Burg irgendetwas sein musste.

Mit beschleunigtem Schritt eilte er zurück und, an der Burg angekommen, sofort ins Gewölbe. Dort fand er einen großen Stapel unterschiedlich zugeschnittenen Holzes, einen Webstuhl mit einer Unzahl Knäuel von Leinenfäden und Werkzeug. Staunend und fast ungläubig schauend ging er durch dieses Lager und fand an dessen Ende an der Wand zwei gusseiserne Kanonen mit dazu gehöriger Munition.

Dann setzte sich der Kapitän auf ein Pulverfass und spürte nun am deutlichsten das schöne und erfrischende Gefühl, das etwas Seltsames hatte und das entstanden war, als er in das Kellergewölbe gegangen war.

Die folgende Zeit verbrachte der Flussschiffer damit, neben der Burg eine Art Dock für die "Die Furchtlose" aus dem gefundenen Holz zu bauen. Danach zog er sein Schiff in das Dock, ein Gerüst, von dem das Segelschiff begehbar war und repariert werden konnte.

Die Lecks im Rumpf waren schnell ausgebessert. Mittels Flaschenzug setzte der Schiffer neue Masten ein und erneuerte dann die Takelage. Segel wob er gänzlich neue und schließlich hievte der Kapitän die beiden Kanonen an Bord und postierte sie in der Nähe des Steuerrades. Geschützluken sägte er zu beiden Seiten in die Bordwände und stellte eine Kanone an Steuerbord, die andere an Backbord auf. Die Munition folgte, ebenso mittels Flaschenzug.

Während dieser Arbeiten glitt der Blick des Schiffers hin und wieder zu den Feldern und Wiesen und zum Horizont und verlor sich in der Weite und in der Freiheit.

Dann ging er los, durchwanderte die Ebene, und Entspannung und eine Art Frieden durchströmten sein Inneres.

Schließlich erreichte er das Ende der Zeit dieser Arbeit und er betrachtete voller Stolz sein neues Schiff. Dann begab er sich auf den Burgfried und genoss den Blick über die Ebene und schaute ins Angesicht des Sonnenfarbenspiels des Himmels.

Der Kapitän ging hinunter zu seinem Schiff und spürte dabei den Schatten, der sich näherte. Er beschleunigte seinen Schritt, erreichte das Burgtor und rannte zur "Die Furchtlose". Während des Hinaufkletterns am Dockgerüst und des Losmachens

der Leinen hörte er ein bekanntes Geräusch. Es war der unbarmherzige Schrei des schwarzen Drachen und als der leichte Wind das Segelschiff heckwärts aus dem Dock schob, lud der Kapitän beide Kanonen. Eine graue Dämmerung zog herauf und bedeckte ein Drittel der schönen Landschaft. In dem Düsteren sah der Schiffer das schwarze Untier sich mit langsamem und mächtigem Flügelschlag nähern. Auf dem Boden der Ebene unter der heraufziehenden Dämmerung begann, sich Nebel zu bilden. Angst ergriff mit stählernem Griff das Herz des Flussschiffers und beim Anflug des Drachen, gebar in ihm das Gefühl, dass der Tod des Fabelwesens auch seinen Tod bedeuten würde.

Dann entschloss er sich und feuerte das Steuerbordgeschütz der "Die Furchtlose" ab. Das Geschoss traf den Drachen, als er seine Flügel völlig ausgebreitet hatte.

Da zerbarst das schwarze Untier unter einem kreischenden und kurzen Schrei in tausend Splitter, die langsam zum Boden regneten. Von Ferne sah der Kapitän den zerbrochenen Drachen auf dem Feld liegen. Die Strahlen der Sonne blinkten in den verstreuten Teilen, wurden von ihnen reflektiert, einige von ihnen blendeten den Schiffer. Der Schmerz in seiner Brust hatte nachgelassen und ohne einen weiteren Blick zu den Überresten zu richten, setzte der Kapitän die beiden Segel. Er nahm Kurs auf die Urwasser, die in einiger Entfernung in geringer Höhe über die schöne Landschaft daher zogen.

Bei Nähern und beim Blick auf seinen wunderschönen Strom fiel dem Schiffer das Fehlen der Versetzungsmechanismen auf und er bemerkte die einheitlichen Schwerkraftverhältnisse und er wusste, dass er diese Landschaft mit ihrem friedvollen und hellen Grün und leuchtenden Gelb niemals vergessen wird.

Unglücklicherweise führten die Urwasser ihn in die Region, über der die Dämmerung heraufgezogen war. Dabei bemerkte er das eigene, kaum sichtbare Schimmern der "Die Furchtlose" und ein leichter Schauer überkam des Flussschiffers Seele. Da entdeckte er in der grünen Weite unter dem grau gewordenen Firmament in

der Ferne einen einsamen Wanderer.

Der Kapitän wurde neugierig, steuerte sein Schiff aus dem Strom heraus und hielt genau auf den Wanderer zu. Er holte die Segel ein und mit der restlichen

Bewegungsenergie glitt das Schiff zu dem Einsamen. Ein leichter Wind passte es dem Gang des Wanderers an. Das Schiff hatte er noch nicht bemerkt, er ging mit gesenktem Blick. Mit einem Wolfspelz war er bekleidet und der Schiffer rief zu ihm hinunter.

Der Wolf merkte auf und sah das Seil und die einladende Geste des Kapitäns. Ohne zu zögern, ging der Wanderer zu dem wenige Schritte entfernt, in geringer

Höhe schwebenden und langsam daher treibenden Schiff und kletterte an dem Seil hoch. Mit einer Hand half der Schiffer dem Wolf über die Bordwand und erkannte seinen Freund.

Der Kapitän setzte wieder die Segel und brachte die "Die Furchtlose" zurück zu den Urwassern.

Der einsame Wanderer hatte Hunger und aß und genoss die Apfelsinen und Zitronen, die der Schiffer aus dem Strom gefischt hatte. Sie erzählten sich, sogen dabei die frische Luft in vollen Zügen ein und genossen den Blick auf die wunderschöne Landschaft. Schließlich ging der Wanderer unter Deck und schlief.

Da erschien wieder der Drache und des Kapitäns Inneres glitt in panisches Entsetzen. Wuchtig breitete das Untier seine Flügel in einiger Entfernung über der Landschaft aus, war schon fast verschmolzen mit der bedeckenden, grauen Dämmerung.

Da fiel dem Schiffer eine Veränderung auf. Das schwarze Fabelwesen schien an körperlicher Fülle verloren zu haben, das Flügelschlagen war fast schon ein Flattern, aber noch bestimmt genug, um den Kapitän schmerzliche Angst spüren zu lassen.

Den Blick nicht von dem Untier lassend, rief der Schiffer zu seinem Freund, erst leise, dann lauter, stampfte schließlich mit dem linken Fuß auf das Holz des Oberdecks. Der Kopf des Wolfs erschien in der Luke zum Schiffsinneren und der Kapitän bedeutete ihm zaghaft die Gefahr. Dieser erschien vollends auf dem Deck und zeigte beim Erblicken des schwarzen Drachen keinerlei Angst. - Es mutete für den Schiffer an, als sähe sein Freund einen alten Bekannten.

Der Drache umkreiste in einem bestimmte Abstand die "Die Furchtlose" und des Kapitäns angstvoller Blick haftete an dem schwarzen Untier. Da lachte der Freund unverhofft und der Schiffer war irritiert, wunderte sich und schaute mit fragenden Blick zum Wanderer, dessen Energie bei seinem Lachen schier unerschöpflich zu sein schien. Für einen Moment vergaß der Kapitän seine Angst und sah, wie sein Freund anfing zu tanzen. Würzte er seinen Tanz auf dem Schlachtfeld der Angst mit Clownerien, die er jedes Mal mit unbändigem Lachen abschloss, als seien Lachen und Späße eins - schickte er sie wie schwebende Kugeln, gewoben aus Gelb und Grün, hinaus in die Atmosphäre der Landschaft.

Der Kapitän entdeckte bei einem zufälligen Blick auf den noch kreisenden Drachen Irritationen. Jedes Mal, wenn sein Freund auflachte, traten diese Beeinträchtigungen auf, als stolpere das Untier bei seinem Flug.

Dann, mit Tränen in den Augen, setzte sich der Freund erschöpft auf die Planken und kicherte den Rest Energie seines Tanzes in sich hinein. Die Verwunderung des

Kapitäns wandelte sich in den Versuch zu verstehen. Er begriff allmählich, dass der Tanz keine Verzweiflungstat gewesen war und er schaute zwischendurch hinüber zum Drachen, dessen Kreise größer wurden. Schließlich setzte sich der Flussschiffer neben den Wolf und vergaß den schwarzen Drachen völlig.

Nach einer Weile ließ ein Schrecken den Kapitän der "Die Furchtlose" auffahren und zum Steuerruder rennen. Er hatte ebenso die Felsen vergessen und wunderte sich beim Blick über den Bug hinaus auf die Urwasser, dass sein Schiff noch nicht mit einem der Felsbrocken kollidiert war. Da sah er in seinem Wasserstrom nur sehr wenige und kleine Brocken schwimmen und der Schiffer war darüber sehr froh.

Der Wolf hatte etwas in der Ferne entdeckt und bat den Kapitän, an die Entdeckung heran zu segeln. Die "Die Furchtlose" verließ die Urwasser und bald erkannte der Wanderer eine Wölfin. Noch bevor das Schiff die in einen Wolfspelz gehüllte Frau erreicht hatte - sie saß auf einem Stein an einer Feldwegkreuzung -, hangelte sich der Wolf an einem Seil zum Boden der schönen Landschaft herab.

Der Schiffer lenkte sein Schiff zurück zu seinem Strom - beim Gang zur Wölfin winkte der Wolf zum Kapitän, der am Heck stand und den Gruß erwiderte. Dabei spürte der Flussschiffer einen Wolfspelz, als er sich mit seiner linken Hand über die freie Brust fuhr. Diese Entdeckung machte ihn nachdenklich, jedoch zerstoben seine Gedanken, als er sein Schiff in den fließenden Strom steuerte.

Nach einer Weile ruhiger Fahrt bemerkte der Kapitän eine Wandlung der grauen Dämmerung über dem leuchtenden Grün der Ebene in eine bedrückende Stimmung. Sie nahm zu und der Schiffer war irritiert, denn das Schattengefühl in seinem Inneren verriet ihm kein Nahen des schwarzen Drachen.

Etwas Unheimliches lauerte, ein dem Kapitän bisher unbekanntes Gefühl wurde ihm eingehaucht und er machte das Backbordgeschütz bereit. Dann erblickte er auf der linken Seite der schönen Landschaft, die in ihrer Mitte von des Flussschiffers Wasserstrom geteilt wurde, einen über dem Ebenenboden schwebenden Ausläufer der Eisöde, der von Nirgendwo in die Landschaft hineinragte. Das einige Meter dicke Eis befand sich fast in der Höhe der Urwasser und hatte die Form eines stumpfen Keils, dessen Spitze zum Strom zeigte und die in sicherer Distanz von ihm entfernt war. Nach hinten verlor sich der horizontal angeordnete Eiskeil in einer unwirklichen Helle.

Und da entdeckte der Kapitän den schwarzen Drachen auf diesem Keil. Das Fabelwesen lag zusammengerollt auf dem Eis und schien zu schlafen.

Es war ein sonderbares Gefühl für den Kapitän, das schwarzes Untier in einem friedlichen und harmlosen Zustand zu sehen, den Drachen, der ihm unaufhörliche Angst bereitet und sein Schiff verwüstet hatte.

Der Schiffer war trotzdem wachsam und äußerst konzentriert. Nicht einen Moment ließ er den Schlafenden aus den Augen und war bereit, sich sofort mit seinen Kanonen zu verteidigen.

Eine entstandene Neugier veranlasste den Flussschiffer, aus den Urwasser heraus

und in Richtung des Eiskeils zu segeln. Während des Wegs dorthin verringerte sich des Schiffers Angst und seine Neugier wuchs. Und er holte die Segel ein und sein Schiff verharrte in einer Beobachtungsposition zwischen dem Wasserstrom und dem Eiskeil.

Nach einer Weile driftete die "Die Furchtlose" weiter und in einiger Entfernung zum Drachen legte sie an dem Eis an. Der Kapitän sprang von Bord auf das Eis und ging mit der linken Hand am Schwertgriff langsamen Schrittes zum Fabelwesen. Beim Nähern bemerkte er, dass sich das Untier zu einem dunklen und Raum einnehmenden Schatten wandelte. Die Geschwindigkeit der Schritte wurde verhaltener und der Blick des Schiffers ungläubig. Er erreichte den schwarzen Drachen, der schließlich nur ein Schatten war.

Der Kapitän war verwirrt und nachdem er sich aus der leichten Starre befreit hatte, drang er vorsichtig mit seiner rechten Hand in den Schatten ein. Er spürte eine eisige Kälte und entdeckte auf seiner Hand, nachdem er sie wieder herausgezogen hatte, eine Eiskristallschicht.

Dann vernahm der Schiffer Schritte und eilte nach einem kurzen Moment zu einem kleinen Eishügel, der sich in der Nähe seines Schiffes befand und hinter dem er sich versteckte. Eingeeiste und Burgbewohner näherten sich in Form einer Trauerprozession, ihr Ziel war der schlafende Drache. Brennende Kerzen hielten sie in ihren Händen und stellten sie nacheinander in den Schatten.

Im Schattenraum verlöschten die Kerzen und eisten ein und wurden zu den Lichtreflexionen, die der Kapitän auf dem Drachen am Kap der Eisigkeit gesehen hatte. Und da war der Schatten zum Drachen gewandelt und wachte auf.

Er öffnete die Augen, die lediglich aus einem blendenden Weiß bestanden und flößte allein dadurch schon dem Schiffer Angst ein. Dann erhob sich der schwarze Drache, der nun riesig erschien und er fauchte und brüllte.

Da wurde der Kapitän der "Die Furchtlose" sauer und zog sein elegantes und scharfes Schwert. Mit gellendem Schrei rannte er auf das schwarze Untier los und stieß den blanken und im Licht der schönen Landschaft blinkenden Stahl in den Leib des Drachen. Glatt ging das Schwert in das schwarze Fleisch und ein Lichtblut floss heraus und das Fabelwesen schrie auf. Der Zorn und die Wut des Kapitäns kannten keine Grenzen und er hob wie im Blutrausch auf den schwarzen Drachen ein.

Dabei traf er einige der Lichtreflexe, die in diesem Augenblick zu den in den Schatten hineingestellten und eingeeisten Kerzen wurden und gleichzeitig umfielen. Genau an diesen Stellen wurde der Drache wieder zum ungefährlichen, kraftlosen

Schatten.

Der Schiffer bemerkte dies und hielt inne. Bebend stand er vor dem Tier, dessen Todesformel er nun in Händen hielt und ein klein wenig geschah ein Siegeslächeln

auf seinen Lippen.

Dann führte er sein Werk weiter, das sich von einem mutigen Wutwehren zu einem überlegenen Vernichtungszug gewandelt hatte - schwoll dieser zu einem Donnern an.

Schwer keuchend lag der große Drache auf dem Eis. Ein großer Teil von ihm war wieder nur ein räumlicher Schatten. Verloren lagen die umgestoßenen und eingeeisten Kerzen auf dem Boden des Eiskeils. Lichtblut tropfte von der blanken Stahlklinge des eleganten und scharfen Schwertes auf den Eisboden und gefror dort zu Eis. Die vernichtende Waffe hielt der Kapitän in seiner linken Hand und zum Boden gesenkt. Sein rauchiger Atem ging wild und er spürte nicht mehr die Kälte über dem Eisausläufer der Eiswüste.

Nach des Kapitäns archaischer Wuttat ruhte sein Blick auf dem niedergestreckten Drachen. Danach schaute er zu den Eingeeisten und Burgbewohnern, die erschrocken den Schiffer anstarrten und die ein weiterer Schreck durchfuhr, als er sie musterte. Er spürte eine ungewohnte Sicherheit in seinem Inneren, als er sich die gesamte Szenerie besah.

Dann wischte er das Blut mit seinem Mantel vom Schwert und steckte dieses zurück in die Scheide. Dabei zuckten die umher Stehenden und traten ängstlich einige Schritte zurück, als sich der Kapitän zu seinem Schiff aufmachte.

Am Rand des Eiskeils drang in des Schiffers Bewusstsein die Gravur, die er beiläufig gesehen hatte, als er sein scharfes Schwert in die Scheide zurückgesteckt hatte. Er hielt inne, zog das Schwert ein Stück heraus und schaute auf die Klinge. Er las 'KAP' und wusste im nächsten Moment die Bedeutung dieses rätselhaften Wortes.

Und da entbrannte neuerlich Wut in des Kapitäns Herz. Er schrie, so dass die Luft über dem Eiskeil bebte und vibrierte und die Burgbewohner und Eingeeisten die Flucht ergriffen. Da wandelte sich der Schrei heraus aus der Verzweiflung und des Schmerzes in Kraft und Befreiung. Es war wie der Frühling und eine Frische und ein Duft zogen durch des Flussschiffers Seele.

Er stieg in sein Schiff und setzte die Segel, nahm Kurs auf das Kap der Eisigkeit und segelte in der Luft in der Nähe der Urwasser zurück zur Eisöde.

Nach geraumer Fahrt erreichte die "Die Furchtlose" den Rand der Eiswüste und nach einer Weile das Kap, das er nach wenigem Suchen fand, denn er spürte die Lage dieses unheilvollen Ortes. Dort erkannte der Schiffer die Treppe mit der Gravur und brachte sein Segelschiff über dem schwarzen Abgrund in Position.

Das Steuerbordgeschütz kam hinüber zur Backbordseite und es hob ein Donnern und Belfern an. Der Kapitän feuerte die Kanonen pausenlos ab. Sobald er sie wieder geladen hatte, ließ er ihren Vernichtungsklang hören. An dem sonst so stillen Kap der Eisigkeit tobte ein krachendes Inferno.

Die meisten der dort vor ihren Treppen sitzenden und wartenden Eingeeisten merkten von alledem nichts. Nur wenige schauten zwischendurch kurz mit einem fast leblosen Blick zu dem Geschehen hinüber.

Dann machte sich der Kapitän über die Reste der zusammengeschossenen Treppe mit der Gravur her. Doch Hammer und Meißel bewirkten nicht viel und er stellte kurzerhand ein volles Fass Schießpulver in die Ruine. Er entzündete die Lunte und

ging hinter einem Eishügel in der Nähe in Deckung. Die "Die Furchtlose" schwebte in sicherer Entfernung über der Eiswüste und die Eingeeisten waren durch ihre Eisschicht geschützt, würde jegliche hitzige Explosionswelle unberührt durch sie hindurchwehen.

Dann geschah sie, die Detonation, heftig war sie und der Flussschiffer spürte in seinem Innern einen Schmerz, der ihm eine ungewohnte Freiheit empfinden ließ. Im nächsten Moment erinnerte er sich an die Urwasser und an die schöne Landschaft und er wusste, dass diese beide Dinge trotz ihrer lichten Zerbrechlichkeit alles waren, was er hatte.

Mit einem selten erlebten frohen Mut in seinem Innern verließ der Kapitän die Deckung hinter dem Eishügel und ging mit sicherem und zielstrebigem Schritt zur "Die Furchtlose". An einem Seil kletterte er an Bord und setzte die beiden Segel. Wind kam auf, sein guter Freund, und der Schiffer drehte in seinem Schiff eine Runde um das Kap der Eisigkeit, um einen letzten Blick auf das Grauen zu werfen und genau von der Existenz dieses Kaps zu wissen und sie zu spüren. Denn zu sehr war das Kap der Eisigkeit Teil des Flussschiffers der Urwasser gewesen. - Er sah die wartenden und sich kaum bewegenden Eingeeisten und er sah die schwarzen Treppen, die ins schwarze Nichts hinein gebaut worden waren.

Und dann entdeckte der Kapitän bei einem riskanten Blick in den schwarzen Abgrund auf einem Vorsprung der ins tiefe Schwarz hinabführenden Felswand silbrig schimmernde Gebilde. Geschütze waren sie - der Schiffer kannte sie. Flugabwehrkanonen, die auch hervorragend zum Landzielbeschuss geeignet waren.

Der Kapitän war für einen Moment verwundert, denn trotz ihrer Eisigkeit hatte er die Eingeeisten nicht für gewalttätig gehalten.

Nach Beendigung des Flugs um das Kap setzte er Kurs auf die Urwasser, die er nach ruhiger Fahrt erreichte. Beim Eintritt des Seglers in den Strom kollidierte er mit einem Felsen. Die "Die Furchtlose" erhielt nur einige Schrammen, aber die Wut über dieses unnötige Spektakel veranlasste den Kapitän, aus den Urwassern heraus zu segeln und aus einiger Entfernung mit den Kanonen auf die Felsen zu feuern. Einige Male verpassten die Geschosse die anvisierten Ziele und durchschlugen Gischt spritzend die Urwasser. Die anderen Male trafen die Kanonenkugeln die Felsen, die unter einem dumpfen Krachen zerbarsten.

Dann blieben die Felsen aus und der Schiffer war froh über das reine, lichtdurchflutete und glitzernde Wasser mit den Apfelsinen und Zitronen. Aber die Felsen kamen wieder und bei einem Blick in den Laderaum unter Deck sah er genügend Schießpulver und Kanonenkugeln und den Mangel an Früchten.

So bastelte er aus dem Bordmaterial einen Käscher und fischte damit weiteres, erfrischendes Obst aus seinem Wasserstrom.

Dabei vernahm er das Aufkommen eines heftigen Windes. Er merkte auf, schaute umher. Vorsichtshalber holte er das Segel des Großmastes ein. Da wurde der Wind zum Sturm und da sah der Flussschiffer den schwarzen Drachen. Er brauste direkt von vorne auf der Steuerbordseite heran und schob eine Luftmasse vor sich her, so dass der Kapitän kaum noch atmen konnte.

Aber er drang vom Steuerruder vor zum Bug und zog sein scharfes Schwert. Dann war der Drache heran und der Schiffer führte gekonnt Hiebe gegen das Untier. Da merkte er, dass das Fabelwesen lediglich ein schwarzes Tuch war, in das er Schlitze hineinschnitt.

Und ein besonders starker und letzter Sturmwind rauschte unnachgiebig durch diese Stoffschlitze in dem schwarzen Tuch, so dass die Haare des Kapitäns ordentlich durchwühlt wurden und er die Augen schließen musste.

Als er sie wieder öffnete, entdeckte er auf der Takelage des Vorschiffs ein zerschnittenes schwarzes Tuch, das im leichten Wind ein wenig flatterte und bar jeglicher Gefährlichkeit war.

Nach einem Moment des Wirkens des Geschehens in seinem Innern und eines begleitenden verwunderten Schauens nahm der Kapitän das zerfetzte Tuch herunter, faltete es zusammen und brachte es unter Deck.

Anschließend begab er sich wieder ans Steuerruder und wunderte sich über die unwirklichen, in Horizontnähe aufgekommenen Nebel, die er bei einem Blick nach Backbord entdeckte hatte.

Der Flussschiffer wurde neugierig und steuerte die "Die Furchtlose" ohne zu zögern aus den Urwassern heraus und nahm Kurs auf diese Nebel, die unbewusst über den Boden der Landschaft daher flossen und eine Unbekanntheit zu verbergen schienen. Vorsichtshalber lud er beide Kanonen, jedoch drang während des Ladens in sein Bewusstsein die Erkenntnis, dass ihm nichts Unheilvolles begegnen sollte. Eine Welle von sanft vibrierender Spannung durchspülte und durchzog sein Inneres und nahm an Pulsieren zu, je mehr sich der Segler den Nebeln näherte.

Dann, kurz vor dem Eindringen in die Nebel, war das Gefühl des Vibrierens am stärksten. Der Schiffer spürte, dass er sich unmittelbar vor dem Empfangen von etwas Unbekanntem befand, und er empfand keinerlei Grauen. In seinem Inneren sah er eine große, weiß schimmernde und eckige Öffnung, die schnell aus einem wallenden Nebel hervorkam.

Schließlich drang die "Die Furchtlose" in die unwirklichen Nebel ein und im nächsten Moment schien sich alles um den Schiffer herum und auch er selbst

aufzulösen. Die Bestandteile waren sehr groß und bestimmte Gegenstände. Der Schiffer sah Bücher, Blumen, deren lieblichen Duft er roch, Tische und Sessel, Ruder- und Segelboote, schwirrende Bienen, Vögel unterschiedlichster Farbschattierungen und -kombinationen und eine Unmenge Früchte. Und die Sonne schien wie im Sommer.

Für den kurzen Moment einer Ewigkeit sah und genoss der Kapitän dieses Spiel, das sich in einen rasanten und lichten Sturm beschleunigte, der nach vorne brauste und dessen Geschwindigkeit gleichmäßig zunahm. Die Sicht des Schiffers wurde durch diese sich steigernde Geschwindigkeit getrübt, so dass er nur noch eine weiße und eine hellblaue Fläche sah, die nur wenig ineinander übergingen.

Dann schloss er die Augen, sah den schwarzen Kosmos mit seinen hellen Punkten und verharrte. Er fühlte eine aufkommende Ruhe, die ihn ganz durchdrang - jedes Atom seiner Existenz.

Da öffnete er langsam wieder seine Augen und allmählich wurde sein Blick klar. Er sah, wo er sich befand. Er erkannte seinen Seerosenteich, der vor ihm lag. Der Kapitän stand an der gleichen Stelle, an der er an jenem verregneten Tag kniete.

Dann spürte er die Sonne, die warm schien, und das elegante Schwert, das im Gürtel seines Mantels an seiner linken Seite steckte. Der Schiffer umschloss instinktiv mit der linken Hand den Schwertgriff und Bilder vergangener Zeiten stiegen in ihm hoch.

Ein sanftes Lächeln formte sich auf seinen Lippen und dann wusste er, dass sein Schiff einen Namen hatte und er der Kapitän dieses kleinen Segelschiffes war. Mit diesem wohligen Glühen in seinem Innern schaute sich der Flussschiffer um und entdeckte links von sich in geringer Entfernung und in geringer Höhe über der Landschaft schwebend die Urwasser.

Die Urwasser

Подняться наверх