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1.3Segmentierung der Nachfrageseite
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„Every tourist is different, bringing a unique blend of experiences, motivations and desires. Tourism is increasingly following the trend of other industries towards customising.“
Fletcher at al. 2008, S. 672
Abgrenzung der touristischen Nachfrage
Auch auf der Nachfrageseite wird zunächst eine Gesamtabgrenzung vorgenommen, nach der bestimmte Personenkreise nicht dem Tourismus zuzurechnen sind (z.B. Nomaden, Diplomaten oder Einwanderer) und u.a. seitens der amtlichen Statistik nicht als Touristen erfasst werden (vgl. Spörel 2003). Die als Touristen identifizierten Personen werden ihrerseits durch zahlreiche verschiedene Ansätze segmentiert. Unter der Berücksichtigung interner und externer Einflussgrößen (vgl. Freyer 2015, S. 74) lassen sich die meisten Segmentierungsansätze mindestens einem der folgenden Aspekte zu ordnen.
Einflussgrößen auf Segmentierungsansätze
•Motiv und Motivation: u.a. intrinsische oder extrinsische Auslöser der Reise, unterschiedliche Motive (z.B. geschäftlich, erholungs- und/oder gesundheitsorientiert),
•Reise(entscheidungs)verhalten: u.a. Informations- und Buchungsverhalten sowie Reiseorganisationsform, Reisehäufigkeit, -dauer etc.,
•Soziodemographie bzw. Sozioökonomie: u.a. Alter, Geschlecht, Familienstand, Einkommen, Beruf, Ausbildung etc.,
•Lebens- und Konsumstil: u.a. mehrdimensionale Abgrenzung einstellungs- und verhaltensähnlicher Gruppen (z.B. Sinus-Milieus), Lifestyletypen etc.,
•Lebensphase: u.a. Abgrenzung nach Alter, Familienstand, Kinderzahl, etc.,
•geographische Merkmale: u.a. Herkunft von der Makroebene (z.B. Staat oder Bundesland) bis zur Mikroebene (z.B. Stadtteil oder Straße), Herkunft nach Nielsen-Gebieten, Zielgebietspräferenz etc.
Eine Segmentierung der Nachfrageseite ist also notwendig, da sich die Nachfrager (Touristen) hinsichtlich ihrer Bedürfnisse, Wünsche und Erwartungen sehr stark unterscheiden. Sie wählen (in der Regel) den Anbieter, der die für ihre Bedürfnisse, Wünsche und Erwartungen (subjektiv) optimalen Angebote bietet. Entsprechend lassen sich die Nachfrager zu Gruppen zusammenfassen, die oftmals ein Marktsegment darstellen.
Stichwort
Marktsegment
Ein Marktsegment bezeichnet eine Gruppe von Abnehmern mit gleichen und/oder ähnlichen Bedürfnissen und damit auch ähnlichen Reaktionen auf den Einsatz von spezifischen Marketinginstrumenten.
Bieger 2010, S. 126
Differenzierung der touristischen Nachfrage
Die zunehmende Differenzierung der touristischen Nachfrage macht es für die touristischen Leistungsträger zunehmend schwieriger, ihre (potentiellen) Kunden einzuschätzen. Diese sind unmittelbar mit unterschiedlichen Erscheinungsformen bzw. Marktsegmenten des Tourismus verbunden (vgl. Schmude & Namberger 2015, S. 63), wobei die Segmentierung der Nachfrager in den einzelnen Marktsegmenten durchaus nach unterschiedlichen Kriterien erfolgen kann, was allerdings die Vergleichbarkeit der Befunde zwischen verschiedenen Marktstudien erschwert. Selbst innerhalb eines Marktsegments (z.B. Kreuzfahrtmarkt) nutzen nicht alle Anbieter die gleichen Kriterien zur Kategorisierung ihrer Produkte oder Nachfrager (vgl. Schulz & Auer 2010, S. 84ff.).
Touristentypologien
Um diese Komplexität auf der Nachfrageseite zu reduzieren bzw. zu vereinfachen, werden bereits seit den 1970er Jahren häufig Urlauber-Typologien verwendet, denen oftmals Lebensstil-Typen zu Grunde liegen (vgl. Schmude & Namberger 2015, S. 64ff.). Eine relativ junge Typologie stellt das Konzept des „Touristen von heute“ dar, der sich u.a. durch große Reisekompetenz (z.B. auf Grund seiner Reiseerfahrung), spezifische Wertvorstellungen (z.B. Erlebnisorientierung, Gesundheits- und/oder Umweltbewusstsein), veränderte Rahmenbedingungen (z.B. flexiblere Arbeitszeiten oder kleinere Haushalte) sowie ein verändertes Konsumverhalten (z.B. Affinität zu neuen Medien und/oder reduzierte Markentreue) charakterisieren lässt (vgl. Freyer 2015, S. 107). Es ist zu beachten, dass Touristentypologien keine starren, dauerhaft gültigen Segmentierungen darstellen (vgl. Steinecke 2018, S. 71). Sie können zwar für eine zielgruppenspezifische Ansprache der Nachfrager (etwa im Rahmen von Marketingmaßnahmen) genutzt werden, unterliegen jedoch einem zeitlichen Wandel und müssen daher – wie Typologien zur Segmentierung der Gesamtbevölkerung (z.B. Sinus-Milieus) – immer wieder angepasst werden.
Hybride Touristen
Insgesamt zeigen die Konsumenten ein zunehmendes wechselhaftes Konsumverhalten. Dieses auch als hybrides Verhalten bezeichnete Agieren erschwert es der Anbieterseite, die Nachfrageseite und ihr Marktverhalten einzuschätzen (vgl. Boztug et al. 2015). Ursache hierfür ist einerseits die zunehmende Ausdifferenzierung der Reisemotive (z.B. Erholung, Kultur, Sport, Shopping), andererseits die damit in Wechselbeziehung stehende zunehmende Ausdifferenzierung der touristischen Angebote. Hieraus resultiert der hybride, multioptionale Tourist (vgl. Schmude & Namberger 2015, S. 70 und 81), dessen Konsumverhalten „sprunghaft“ ist und der eine deutlich reduzierte Destinations- und/oder Markentreue aufweist. Konsequenz hieraus ist u.a., dass Stammkunden und sog. Wiederkäufer an Bedeutung verlieren (Rajtajczak & Jockwer 2016) und sich das Konsumentenverhalten der Nachfragegruppen unterschiedlicher Marktsegmente (und auch innerhalb eines Marktsegments) deutlich voneinander unterscheidet.