Читать книгу Templao II - Jutta Bonstedt Kloehn - Страница 4

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Vorwort

Nachdem das erste Buch über den Lusitanomix Wallach Templao ein so großer Erfolg war und viele meiner Leser fragten, ob es eine Fortsetzung geben würde, machte ich mich ans Werk. Und nun haben wir hiermit ein weiteres Buch über diesen einzigartigen Wallach.



Templao feierte vor kurzem seinen 15 jährigen Geburtstag. Natürlich nicht er persönlich, sondern wir – denn ich denke kein Pferd weiß wirklich wann es Geburtstag hat.

Viele Jahre sind verstrichen seit wir mit seinem Korrekturtraining begonnen hatten. Durch sämtliche Höhen und Tiefen bin ich mit ihm gegangen.

Für alle Leser, die das erste Buch nicht gelesen haben sollten, wäre wichtig zu wissen, dass dieses Pferd wirklich schwere traumatische Erlebnisse hinter sich hatte. Und nur mit Beständigkeit, Liebe, Fachwissen und unendlich viel Zeit kam ich soweit mit ihm, dass er nun auch andere Menschen neben sich akzeptierte. Unsere damalige neue Praktikantin konnte sogar einmal aufsitzen und eine Runde auf ihm reiten. Nun ist es ja absolut erfreulich, dass man ihn überhaupt wieder reiten kann, dennoch vertrete ich die Meinung, dass ein solches Pferd nie zu 100 % perfekt korrigiert werden kann. Es werden ihm immer wieder alte Verhaltensmuster in seinen Kopf schießen. Dies mussten wir bitter zur Kenntnis nehmen, als ich ihn eines Tages im Herbst 2014 reiten wollte, bevor sein Besitzer Ernesto es dann mit ihm versuchen wollte. Der Ablauf an jenem Tag war wie immer: Templao wurde in seiner Box für die Arbeit fertig gemacht. Dort schien er sich sicher zu fühlen. Seine vertraute Umgebung um sich herum zu haben beruhigte ihn ungemein.

Die Arbeitsschritte waren immer dieselben, auch die Reihenfolge. Er liebte dieses Vorgehen nach einem festen Schema anscheinend. Insofern hatte ich es beibehalten und nichts verändert. Die wenigen Versuche die ich einmal unternommen hatte, ihn außerhalb der Box zu putzen und zu satteln, hatten ständig in einem einzigen Desaster geendet.

So musste ich Kompromisse eingehen. Wobei ich es nicht einmal als Kompromiss sehe, sondern eher das Schätzen seiner Persönlichkeit und ein gewisses Maß an Zugeständnis für sein eigenes Wohlbefinden. Pferde zeigen einem sehr gut mittels Körpersprache, was sie mögen und was nicht. So putze ich ihn also mit der gleichen Sorgfalt, aber mit sicheren Strichen beim Bürsten mit der Kardätsche. Mittlerweile war er auch nicht mehr ganz so sensibel, so dass man nun auch die Kardätsche am Striegel direkt neben ihm sauber machen konnte. All so etwas war ja zuvor überhaupt nicht möglich gewesen, er wäre an die Decke gegangen. Umso mehr freute ich mich jedes Mal aufs Neue, wenn er solche Dinge mittlerweile ganz lässig und cool akzeptierte.

Wie immer vibrierte seine Unterlippe leicht, während er dass Prozedere des Putzens genoss, dies aber nicht zugeben wollte. Wenngleich ich nicht dazu neigen möchte Pferde in ihrer Denkweise mit dem Menschen zu vergleichen. Aber ich empfand es so. Er hatte Freude daran wenn man ihn putzte, denn er entspannte dabei. Ganz so sehr konnte er es dann doch nicht verbergen und ein bisschen Erfahrung mit Pferden hatte ich schließlich auch.

So musste ich ihn ein wenig belächeln, als er da so friedlich stand, aber dennoch ein scheinbar trotziges Gesicht zog, so als würde er das Putzen nicht mögen. Ich glaubte es ihm jedenfalls nicht. Es folgten alle weiteren Abreitschritte wie gewohnt. Das Satteln war zügig erledigt, der Gurt wurde wie immer nur leicht angezogen, und ich gurtete dann beim Longieren immer ein wenig nach. Vorsicht war immer noch geboten. Nur allzu oft hat er uns gezeigt, dass er ein zu schnelles Nachgurten nicht mochte. Wie immer führte ich ihn am Halfter zu unserem Reitplatz, sein Zaumzeug hing ich mir über die Schulter, denn vor dem Reiten wollte ich ihn ein wenig longieren, um den Prozess des Nachgurtens so zu erledigen. Alles klappte prima.

Ich strahlte, alles war gut. Ernesto saß glücklich auf der Zuschauerbank am Reitplatz und freute sich schon darauf, ihn dann auch ein wenig reiten zu können. Mit einem Minimum an stimmlicher Hilfen ließ er sich prima longieren, senkte nach einer Weile Kopf und Hals ab, auch im Galopp, ein weiteres Zeichen um endgültig komplett nach zu gurten, so wie der Gurt dann auch beim Reiten sitzen würde.

Er begann außerdem abzukauen. Vollkommen relaxt wies er mich so jedes Mal darauf hin, dass er jetzt bereit war für das Reiten. So ließ ich ihn noch ein paar Runden entspannt im Schritt laufen, dabei schaltete er immer um auf Feria Modus – so nannte ich diesen Longierpart – Runde um Runde im Kreis laufen – ganz relaxt.

Auf einmal blieb er stehen. Das war ebenso ein Zeichen seinerseits, dass er nun bereit war. Ich ging auf ihn zu, streichelte und kraulte liebevoll seine Brust ein wenig und sprach leise mit ihm. Dann führte ich ihn zum Eingangstor, wo ich sein Zaumzeug hingelegt hatte. Das Abhalftern und Auftrensen ging völlig problemlos vonstatten. Friedlich kaute er nun auf seinem Gebiss herum und er musste sogar ein wenig gähnen, dabei hatte er wirklich nicht viel tun müssen.

Wieder einmal musste ich ihn belächeln, den süßen Schelm.

Aber das Lachen sollte mir recht bald vergehen. Nichts, aber auch gar nichts, bereitet mich auf das vor was jetzt kam. Es war nicht voraussehbar gewesen. Ich hatte an diesem Tag wohl mehr Glück als Verstand.


Ich ging mit Templao zum Bahnbuchstabe C – dort wo ich immer aufsaß, wenn ich mit der Reitarbeit begann. Alles war wie immer, Ernesto saß ruhig auf der Zuschauerbank, kein Vogel flog herum oder sonst irgendetwas, was das Pferd hätte beunruhigen können. Ich prüfte den Gurt, was eine automatische Reaktion war, man prüft es immer als Reiter vor dem Aufsteigen, obwohl ich wusste, dass alles gut war. Dann stellte ich meinen Fuß in den linken Bügel und stieg auf. Ich nahm die Zügel auf und wir ritten in einem ruhigen Schritt los. Jedoch kamen wir keine vier Meter weit, da verkrampfte sich Templao durch und durch, sein Rücken wurde bretthart. Unter mir fühlte es sich an als würde eine Dynamitschnur brodeln. Nur mein Instinkt und meine Erfahrung ließen mich das einzig richtige tun: Ich sprang sofort ab. Und dann ging es auch schon los. Wie von Sinnen raste Templao buckelnd los. Er sprang bei jedem Bocksprung so hoch, dass ich fast Angst hatte er würde sich dabei überschlagen. Wie erstarrt stand ich da, nicht in der Lage auch nur irgendwie zu reagieren. Vor mir lief das Ereignis ab wie in einem Film. Es dauerte einige Sekunden bis ich aktiv werden konnte.

Währenddessen war Ernesto von seiner Bank aufgestanden und ging zum Eingangstor – ein kluger Gedanke, man weiß nie, ob das Pferd nicht dort hinüberspringen würde.

So wäre er dort, um dies zu verhindern. Es schien geradezu eine gefühlte Ewigkeit zu dauern, bis Templaos Bocksprünge ruhiger wurden und er letztendlich ganz plötzlich zitternd stehen blieb.

Was war geschehen? Warum war es geschehen? Wo lag die Ursache? In meinem Kopf machten sich wieder einmal tausend Fragezeichen breit. Es war klar, dass ich nochmal versuchen musste aufzusteigen.

Möglicherweise wäre sonst unsere gesamte Arbeit der letzten Jahre umsonst gewesen. Ich ließ dem Pferd einen Moment Gelegenheit zu sich selbst zu finden, damit es sich langsam beruhigen konnte. Währenddessen hielt ich Rücksprache mit Ernesto. Wir waren uns einig, dass ich es nochmal versuchen musste. Ernesto war die Lust, selbst aufzusteigen natürlich vergangen. Dennoch war er der Meinung, dass es für mich viel zu gefährlich wäre. Da ich an Multipler Sklerose litt, fiel es mir mittlerweile immer schwerer bestimmte Tätigkeiten auszuführen, gerade was den sportlichen Bereich anbelangte. Das ich überhaupt so agil und rasch herunter gesprungen war, lag wohl einzig und allein an dem Überlebensinstinkt eines Menschen, der einem plötzlich körperliche Fähigkeiten gab, die man sonst nie hätte.

Dennoch, ich musste es versuchen, es blieb kein anderer Weg. Es war Ernesto nicht Recht, ich sah ihm an, dass er mehr als besorgt war. Er bot sich an, es selber zu versuchen. Aber auch hier leitete mich mein Instinkt. Ich wusste, dass er dafür noch nicht genug Erfahrung hatte und wollte nicht riskieren, dass ihm dann etwas zustoßen würde. So beruhigte ich Ernesto und meinte, dass ich lediglich versuchen würde, den Aufsteigprozess noch einmal zu wiederholen. Ernesto brummelte vor sich hin, dass er es nicht richtig fand, ließ mich aber dann doch gewähren.

So näherte ich mich also dem immer noch aufgebrachten Templao, redete ihm leise gut zu. Wir hatten Glück gehabt, dass die Zügel wie durch ein Wunder nicht über seinen Kopf geflogen waren bei seinen wilden Bocksprüngen. Er hätte sich ernsthaft verletzen können. Ich griff nach den Zügeln. Dabei zuckte er zusammen vor Schreck. Anscheinend würde er noch eine Weile brauchen bis sein Nervensystem wieder auf „normal“ umschaltet. So ließ ich die Zügel wieder los und redete leise mit ihm. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor solange dauerte es, bis seine Atmung ruhiger wurde, sich die Flanken nicht mehr so schnell hoben und senkten. Geduldig stand ich die ganze Zeit neben ihm.

Aus den Augenwinkeln bemerkte ich die Anspannung, die in Ernesto vorging, während er zusah. Dann kam der Moment, wo ich erneut nach den Zügeln griff. Mit Bedacht wohlgemerkt. Ich regte Templao dazu an, neben mir her zu laufen, mit ruhigen, entspannenden Schritten schritt ich also vorwärts, und Templao folgte mir. Ich musste die Zügel dabei nicht mal festhalten sondern konnte meine Hand von ihnen lösen. So stiefelte ich eine ganze Weile mit ihm neben mir über den Reitplatz, erzählte ihm Geschichten, sang ein ruhiges Lied und das Pferd entspannte sich zusehends.

Als ich das Gefühl hatte, dass er jetzt für einen neuen Versuch bereit war, probierte ich mein Glück. Es endete in einem einzigen Desaster: Schon das Zügel aufnehmen bereitet ihm erneuten Stress, der Versuch den Fuß in den Bügel zu stellen ließ ihn entsetzt wegspringen und ich hatte Mühe ihn zu halten. Dennoch wollte ich nicht aufgeben, und versuchte es immer wieder aufs Neue. Immerhin schaffte ich es nach einer ganzen Weile kurz Gewicht in den Bügel zu geben und mich über den Sattel zu legen. Da er aber auch dabei immer noch überaus angespannt war, beendete ich dann so den Aufsteigversuch für heute, streichelte ihn ausgiebig und lobte mit ganz vielen netten Worten.

Im Schritt ließ ich ihn noch ein paar Runden neben mir herlaufen, dann brachte ich ihn wieder zum Stall. Nachdem wir ihn abgesattelt hatten, wurde er noch ausgiebig geputzt und trocken gerieben. Danach hielt ich eine ziemlich lange Lagebesprechung mit Ernesto ab. Mein Mann war ebenfalls dabei. Ernesto war der Auffassung, genauso wie ich, dass es einfach für mich auch zu gefährlich wurde wegen meiner Krankheitssymtome, mich erneut auf Templao zu setzen.

Ich empfand es eigentlich auch als Zeichen, dass es nun so weit war, dass Ernesto komplett das Ruder übernehmen sollte. Er hatte sich in den letzten Jahren intensiv bei mir reiterlich weiterbilden können, war nun gefestigt, auch wenn ein Pferd mal buckelte und hatte ganz viel Erfahrung in meinem Unterricht sammeln können. Also beschlossen wir, dass er nun selber alles erledigen sollte. Vom Putzen bis Satteln, longieren und reiten. Auch mein Mann meinte, dass es wirklich besser wäre, denn er kannte meine ganzen gesundheitlichen Probleme, mein rampuniertes Knie, Hüftbursitis,Sakralgelenksarthrose plus die tauben Beine und tauben Hände sowie die Muskelermüdung durch die Multiple Sklerose. Ich trat also an dieser Stelle zurück, und dieser Schritt war ja sowieso geplant und wäre unweigerlich auf Ernesto zugekommen.

Es nützt ja nichts wenn der Ausbilder und Trainer sein Pferd reiten kann, er selber aber nicht. Wir beschlossen zunächst einmal dem Pferd eine 3 wöchige Pause zuzugestehen, damit das Erlebnis in den Hintergrund gerückt werden konnte. Danach wollten wir wieder mit dem Training beginnen. Uns allen würde diese Pause sicherlich gut tun. Das Schlimmste was einem nämlich passieren kann, ist Stress im Kopf zu haben und Druck.

Wir selber mussten auch erst mal in uns gehen, und das Geschehene mit der Zeit aus dem Kopf streichen. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt, denn das Pferd würde es sofort merken, wenn wir Zweifel hätten beim nächsten Versuch, aufzusteigen. Und gerade bei Templao, der sehr sensibel ist, wäre das ein äußerst schlechter Umstand um das Training wieder aufzunehmen.


Es begann also die Zeit, in der Ernesto sich ganz alleine mit Templao beschäftigte, natürlich immer mit meiner Hilfe an seiner Seite. Nachdem die 3 Wochen Schonfrist vergangen war, lernte Templao seine neue Bezugsperson sehr ausgiebig kennen. Mit Templao war es generell nicht immer einfach, wenn ein Wechsel der Personen stattfand.

Da hatten wir wieder einmal ausgiebig bemerken können, als mein Mann sich dazu entschlossen hatte, den Stalldienst zu übernehmen, und wir keine Praktikantin mehr aufnahmen. Templao brauchte lange, um sich an Roberto zu gewöhnen. All diese Kriterien bauten wir in das nun folgende Training mit ein. Ernesto ließ Templao sehr viel Zeit, an Reiten wurde zunächst einmal überhaupt nicht gedacht, und es wurde auch nichts in dieser Hinsicht geplant. Im Prinzip fand der ganze Korrekturprozess erneut statt. Zu Anfang hatte Ernesto große Probleme, die Hinterhufe des Pferdes sauber zu machen. Da brauchte er noch meine Unterstützung, denn Templao wollte partout die Hinterhufe nicht geben. Ich zeigte es Ernesto immer wieder geduldig, wie es am besten ging bei diesem Pferd. Mit der Zeit wurde er immer sicherer und heute klappt dies problemlos. Mit ganz viel Liebe und Hingabe widmete Ernesto sich seinem Pferd und er hatte vollstes Verständnis für das Tier.

Ich kann Templao nur beglückwünschen, denn sicherlich hätte er in anderen Händen keine solche Zukunft gehabt, sondern wäre beim Schlachter gelandet. Ernesto wollte zunächst einmal die Arbeit an der Longe mit ihm trainieren.

Wenngleich er das Longieren natürlich zuvor auch schon einmal gemacht hatte, tauchten hier doch einige Probleme auf. Ernestos Körpersprache war Templao nicht klar genug. Daraus resultierend hatten beide große Probleme beim Longieren auf der linken Hand.

Templao stoppte jedes Mal auf der offenen Zirkellinie und drehte sich auf die rechte Hand um. Mir war relativ schnell klar woran das lag und meine Analyse teilte ich Ernesto mit. Und ich machte es ihm vor. Sich das Ganze praktisch anzuschauen erklärt oftmals viel besser, als nur mit Worten. Ich wies Ernesto darauf hin, dass er unbewusst die linke Hand beim Longieren zu hoch hielt, und seine rechte Schulter nach hinten zeigte. Dies allein reichte dem so sensiblen Templao aus, dies als Zeichen wahrzunehmen, die Hand zu wechseln. Ernesto versuchte es also so, wie ich es ihm erklärt hatte und er staunte nicht schlecht, dass es auf Anhieb funktionierte.

Es gibt tatsächlich solche Pferde, die so feine Sinne haben, dass sie die minimalste Körperspannung des Menschen sofort wahrnehmen.

Man kann von solchen Pferden das Kommunizieren mittels Körpersprache perfekt von ihnen und mit ihnen erlernen. Ich gab Ernesto weiterhin ganz viele Tipps die ihm enorm weiterhalfen, dass Longieren mit Templao zu perfektionieren. Mir persönlich machte es sehr viel Freude den beiden zuzuschauen, wie die anfänglichen Hürden Stück für Stück verschwanden. Wir wiederholten die Arbeit mit Stangen auf dem Boden, die er im Schritt und Trab überwinden musste. Auch hier entstanden wieder einmal Probleme, wie zu Anfang, denn nun war eine andere Person an seiner Seite, die ihn animieren musste, über die Stangen zu laufen. Zu mir hatte er Vertrauen, und ich hatte das Know how und konnte ihm die Sicherheit vermitteln die er brauchte, um über diese gruseligen Stangen zu gehen.

Ernesto war noch unsicher, aber immer bemüht alles richtig zu machen. Ich erklärte ihm, dass er dem Pferd unbedingt klar machen musste, dass diese Stangen nichts Besonderes sind und es das Normalste auf der Welt ist, darüber zu laufen. Was hier alles so einfach klingt, spielte sich aber in dem Zeitraum einiger Wochen, wenn nicht gar Monaten ab.

Es dauerte also eine ganze Weile bis Ernesto und Templao eingespielt waren bei der eigentlich unspektakulären Stangenarbeit. Schutzgamaschen konnten wir ihm nicht anziehen, das war nach wie vor ein Problem, er hatte mächtig Angst davor. Aber mittlerweile sind Stangen für Templao kein Problem mehr.


Natürlich bekam Templao auch immer wieder die Gelegenheit sich auf unserer kleinen Olivenkoppel zu entspannen.

Als im Jahre 2015 ein PRE Junghengst in unseren Stall einzog, bekam Templao so die Möglichkeit seine exzellente Körpersprache an den Jungspund weiterzugeben. Campesino, so hieß der junge Hengst, lernte viel von Templao.

Auch auf dem Paddock waren die beiden eine Weile zusammen, und tatsächlich kam sogar der Tag, an dem sie sich gemeinsam in einer Box aufhielten. Das war ein großer Schritt für Templao, ein anderes Pferd so nahe bei sich zu dulden. Leider habe ich nur ein schlechtes Handyfoto von diesem Augenblick, aber schaut mal, wie süß:


Nach einer langen Zeit gewöhnte sich Templao auch endlich an das Klicken des Auslösers meiner Kamera, und so wurde es nun einfacher, Fotos von ihm zu machen.

Früher wäre das alles nicht möglich gewesen, aber jetzt ist das kein Problem mehr. Hier auf dem Foto seht Ihr, dass Templao noch seinen Strick am Halfter hat. Da ist er Ernesto entwischt beim auf die Koppel bringen.

Den kleinen Campesino seht Ihr hinter ihm. Templao war so aufgeregt, dass er mit dem Kleinen toben durfte, da war ihm Ernesto nicht mehr wirklich wichtig.

Ernesto war das furchtbar peinlich, aber ich glaube, so etwas ist jedem von uns schon einmal passiert. Man sollte solche Vorfälle als Erfahrungswert verbuchen, und das nächste Mal wird das sicher nicht mehr passieren.


Wie einige von Euch bestimmt schon wissen, hatte Ernesto außer Templao noch ein weiteres Pferd. Das war damals Juan, ein Fuchswallach, der eigentlich für Ernestos Bruder angeschafft wurde, dieser aber dann doch keine Lust auf das Reiten hatte. So übernahm ihn Ernesto, damit er während der Zeit der Korrektur und der Hoffnung, Templao eines Tages selber reiten zu können, auch seine reiterliche Weiterbildung nicht zu kurz kam.

Mit Juan verstand sich Ernesto jedoch nicht sonderlich gut, so dass er ihn verkaufte.

Danach versuchte er es mit Mariachi, einem Rapphengst, aber da muss man wirklich dazu sagen, dass dieses Pferd für Ernesto viel zu schmächtig und zu klein war, und die beiden hatten ebenso überhaupt keinen Draht zueinander. So suchten wir also einen geeigneten, neuen Besitzer für Mariachi, den wir glücklicherweise auch fanden. Eines Tages hatte ich einen großen Wallach im Verkauf. Da Ernesto auch immer meine Verkaufspferde auf meiner Webseite verfolgte, fragte er, ob er sich diesen Wallach einmal anschauen dürfte. Noch am selben Tag vereinbarte ich mit dem Besitzer einen Termin, und Ernesto kaufte den Wallach ganz schnell entschlossen. So zog Picasso bei uns ein und auch über dieses Pferd würde es sich lohnen ein Buch zu schreiben. Aber zunächst einmal beende ich Templaos Folgeband.

Weiter geht es also mit der Zeit, als Templao mit dem kleinen Campesino intensiv zusammen war. Es tat ihm gut, und ich glaube, es stärkte sein Selbstbewusstsein ungemein, dem jungen Flegel zu zeigen, wo es lang ging. Campesino hat sicherlich auch eine Menge von Templao gelernt.

Für uns war es immer wieder eine Freude, den beiden beim Toben und Spielen zuzuschauen.



Während Templao also immer wieder die Gelegenheit hatte, Pferd sein zu dürfen und mit einem Artgenossen zusammenzustehen, trainierte Ernesto mit ihm die freie Bodenarbeit im Roundpen, nachdem das Longieren genügend gefestigt war, und das Pferd nach und nach Ernesto als neue Bezugsperson akzeptiert hatte. Bis dahin verging mindestens ein ganzes Jahr. Ihr seht also, Zeit spielt bei uns keine Rolle.

All das, was Templao und Ernesto gemeinsam bei der Longenarbeit gefestigt hatten, sollte nun ohne Longe versucht werden. Dazu benutzen wir hier immer unseren kleinen Roundpen von 15 Meter Durchmesser. Die Reitbahn wäre dazu zu groß, denn das Pferd hätte auf so viel Freifläche einfach zu viel Gelegenheit auszuweichen. Ich empfehle also immer solche Arbeiten auf einer etwas begrenzteren Fläche zu beginnen. Später, wenn alles gefestigt ist, wird das Pferd auch auf einer großen Reitbahn seinem Trainer folgen. Nur in einigen wenigen Fällen gelingt es von Anfang an – aber dann doch eher bei Pferden, die nicht traumatisiert sind. Bei dem ersten Versuch, Templao ohne Longe zu bewegen, klappte alles prima. Ernesto war erstaunt und überrascht, dass es so funktionierte.

Allerdings war Templao von mir in der freien Bodenarbeit bereits trainiert worden, so dass er es schon kannte. Einige Probleme tauchten dennoch auf. Immer wieder passierte es Ernesto, dass das Pferd einfach wendete, ohne das er es wollte, seine Körpersprache aber etwas anderes sagte.

Bei der Freiarbeit ist es aber unerlässlich, jeweils im richtigen Winkel zum Pferd zu stehen, im richtigen Moment genau den korrekten Fuß auf das Pferd zu zubewegen, oder sich zurückzuziehen.

Man braucht wirklich viel praktische Erfahrung bis das alles sitzt. Auch die Hilfengebung der Stimme ist sehr nützlich.

Man sollte immer dasselbe Kommando benutzen, um das gewünschte Verhalten darauf einzuleiten. Ganz besonders interessant ist es, wenn man beispielsweise den Trab verstärken will, oder gar in drei verschiedene Tempi aufteilen möchte. Hier ist Präzisionsarbeit gefordert. Was man zuvor an der Longe trainiert hat, sollte nun bei der Freiarbeit auch funktionieren. Man muss jedoch bedenken, dass man in dieser Situation nun keinerlei mechanische Einwirkungsmöglichkeiten mehr hat. Wer möchte, kann anfänglich die Longiergerte noch als Hilfe dazu nehmen. Aber Ziel ist, alles nur mit dem eigenen Körper zu vermitteln.

Die Stimmsignale werden auch immer leiser, so dass ein Zuschauer sie nicht mehr hören kann, das Pferd aber wie durch Zauber alles tut, was sein Trainer ihm vermittelt.

Es ist eine wundervolle Art mit Pferden zu arbeiten. Ernesto hatte mir wirklich über lange Zeit immer zugeschaut, wenn ich so mit Templao gearbeitet hatte, und es reizte ihn ungemein, dies auch zu können.

Selbstverständlich verriet ich ihm die bisherigen, Stimmkommandos, denn es war wichtig, dass er diese benutzte, um Templao nicht zu verwirren. Alles was außerhalb der Norm lag, war für unseren Templao immer wieder eine Herausforderung für sein sensibles Nervensystem. Insofern sollten Gewohnheiten besser beibehalten werden bei einem solchen Pferd. Templao zeigte sich anfangs erstaunt, dass nun Ernesto in der Mitte des Roundpen stand. Dennoch bemühte er sich, Ernesto richtig zu interpretieren, und als die gewohnten Kommandos unter meiner Anleitung kamen, gewann er seine Sicherheit wieder zurück, die er zu Anfang anscheinend etwas verloren hatte.

Ein sanftes Ssschhhhhhh beruhigte ihn in den einzelnen Gangarten sofort, um das Tempo zurücknehmen zu können.

Ein leises Hopp und kurzes Vortreten mit dem äußeren Fuß gab ihm die Hilfe zum angaloppieren. Plötzliches hängen lassen beider Schultern und passiv bleiben, ließ ihn sofort in den gewünschten Schritt fallen. Insgesamt wurde Ernesto immer feiner in seiner Hilfengebung und die beiden arbeiteten wirklich nach einigen Monaten toll zusammen.





Templao II

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