Читать книгу Mami Bestseller 3 – Familienroman - Jutta von Kampen - Страница 3
ОглавлениеVivian Köhlers Augen sprühten vor Zorn blaue Blitze. Sie war dann besonders hübsch. Das fand auch ihr Lebensgefährte, Arnold Weisgruber, der wieder einmal der Grund ihres Zornes war.
»Ich habe das doch nicht mit Absicht gemacht!«, entschuldigte er sich und versuchte, sie in die Arme zu nehmen. Aber sie stieß ihn empört zurück.
»Das würde gerade noch fehlen!«, rief sie außer sich. »Die arme Rosali! Sitzt vor dem Kindergarten und wartet darauf, dass jemand sie abholt! Wenn nicht zufällig die Kinderschwester sie entdeckt hätte –!«
»Aber man hat sie entdeckt, und es gibt also keinen Grund mehr, sich aufzuregen. Liebling, beruhige dich!«
Sie starrte ihn an, und Arnold fand, dass sie wirklich bemerkenswert attraktiv war, wenn sie sich so ärgerte. Ihre blauen Augen blitzten, ihr blondes Haar hatte sich aus der Spange gelöst und fiel ihr über die Schultern, ihre Wangen waren rot, und ihr Busen hob und senkte sich – aufreizend, fand er. Überhaupt, ihre ganze Figur war einfach süß, und dazu dieses Temperament! Trotzdem hatte es Vorteile, wenn sie nicht verärgert war. Deshalb entschuldigte er sich noch einmal. »Es tut mir wirklich leid!«, versicherte er und versuchte wieder, sie an sich zu ziehen.
Vivian musterte ihn sachlich. Ja! Er war attraktiv! Ja, er hatte einen guten Beruf: Steuerberater. Ja, er war großzügig, wenigstens hin und wieder! Und er war zweifellos in sie verliebt. Vielleicht sogar noch mehr. Aber es ging nicht nur um sie – es ging vor allem um Rosali, ihre vierjährige Tochter. Die Hinterlassenschaft dieses unverschämten Medizinstudenten, der, nach beendeten Prüfungen, sich von ihr und dem Kind trennte: Nicht standesgemäß oder was immer der Grund war. Wie hatte sie ihm geholfen! Sie verstand eine Menge von Medizin, denn sie war Sprechstundenhilfe beim Kinderarzt. Ein sehr netter Mann, dieser Dr. Nether. Er hatte sie auch nicht entlassen, als sie schwanger wurde und auch nach der Niederkunft weiterhin angestellt! Leider nicht das Übliche, wenn man sein Baby mit in die Praxis mitnehmen musste, weil man keinen Krippenplatz bekam. Erstens, weil es keinen gab, und zweitens, weil man sein Kind ohnehin lieber selbst versorgte!
»Kannst du mir garantieren –?«
»Nein«, unterbrach Arnold sie gereizt. »Ich kann nicht dafür garantieren, dass ich nicht auf den Kindergartenabholtermin vergesse, wenn ich gerade mit einem wichtigen Klienten spreche.«
»Du könntest wenigstens im Kindergarten oder mir Bescheid sagen.« Vivian bemühte sich, betont ruhig zu sprechen.
»Wenn ich daran denke!«, erwiderte er mürrisch und wendete sich ab.
Eins – zwei – drei!, zählte Vivian in Gedanken. Der Atem ging ihr schwer vor unterdrückter Wut.
»Das genügt nicht«, sagte sie leise.
»Herrje! Jetzt beruhige dich doch endlich! Was verlangst du, dass ich mir den Kopf über ein Kind zerbreche, das nicht einmal der eigene Vater wollte!«, explodierte er.
»Jetzt reicht es!« Vivian sah rot und war nicht weniger laut. »Packe deine Sachen und verschwinde und waaage es nicht, dich noch einmal hier sehen zu lassen! Raus!!!«
Jetzt öffnete sich die Schlafzimmertür, und langsam kam Rosali heraus. Sie war ein süßes kleines Mädel von vier Jahren, mit kurzem, lockigem, dunklem Haar, großen schwarzbraunen Augen, einer winzigen Stupsnase und einem roten Schmollmund. Sie hatte, während sie in ihrer Spielecke ihre Puppe versohlte, die sich in die Hose gemacht hatte, aufmerksam dem Streit ihrer Mutter mit Arnold – sie konnte ihn nicht ausstehen! – zugehört. Jetzt hoffte sie, dass Mami ihn wirklich hinauswarf und er nie wiederkam!
»Vivian!«, versuchte Arnold einzulenken.
»Ich habe sooo gefroren, Mami!«, rief Rosali, damit ihre Mutter nicht auf die Idee kam, Arnold nicht hinauszuwerfen.
Der drehte sich verärgert zu ihr um.
»Geh ins andere Zimmer, du Balg! Wenn deine Mutter und ich sich …«
Weiter kam er nicht, denn Vivian rief zornig: »Sie bleibt! Und du gehst!«
Rosali streckte ihm triumphierend die Zunge heraus. Worauf er das tat, was er schon oft gern getan hätte, er klebte ihr eine.
Rosali heulte wie ein getretener Hund, und Vivian stürzte sich auf ihn. Er packte sie an den Handgelenken.
»Sei unbesorgt: Ich gehe! Aber du wirst es noch bedauern!«
»Niemals!«, schrie sie. Dann rannte sie zur Garderobe, wo sein Mantel und Schal hingen, und warf beides vor die Wohnungstür. Als Nächstes packte sie sein Waschzeug ein, während er im Schlafzimmer die Sachen zusammensuchte, die er für seine Übernachtungsbesuche bei ihr gelassen hatte.
Rosali stand im Weg herum und beobachtete befriedigt, wie dieser grässliche Arnold, weiß vor Wut, seine Sachen zusammensuchte. Als er sie einmal zur Seite schieben wollte, erhob sie ihre Stimme sofort zu lautem Wehgeschrei.
»Ich habe sie noch nicht einmal angefasst!«, brüllte er wütend, weil Vivian sofort wieder auf ihn losging.
»Das ist meine Wohnung! Ich erlaube nicht mehr, dass du hierherkommst!«, schrie Rosali, in der Sicherheit, dass die Mami auf ihrer Seite war. Die fing prompt an, laut zu lachen, während Arnold, wutschnaubend, seine Sachen vor der Wohnungstür aufsammelte.
»Bedauern werdet ihr es noch!«, zischte er, bevor er in den Aufzug stieg.
Rosali warf die Wohnungstür zu und schaute ihre Mutter an, die immer noch laut lachte.
»Warum lachst du? Weil du so froh bist, dass er weg ist?«
»Nein!« Vivian wischte sich die Lachtränen aus den Augen.
»Weil du ihn aus deiner Wohnung geworfen hast!«
Rosali sah sie erstaunt an.
»Aber das ist doch meine Wohnung, Mami!«
»Natürlich, dein feiner Papi hat sie dir zum Abschied geschenkt! Und ich darf bei dir wohnen, solange du es erlaubst!«
»Du darfst immer bei mir wohnen, Mami! Immer und immer!« Rosali lief zu ihrer Mutter und umarmte sie.
»Da bin ich aber froh«, erwiderte Vivian und umarmte und küsste ihre kleine Tochter. Und dann kamen ihr die Tränen.
»Warum weinst du denn, Mami? Du bist doch auch froh, dass er weg ist?«, fragte Rosali besorgt.
»Und wie froh ich bin!«, schluchzte Vivian. Ach, es war nicht einfach als alleinerziehende Mutter! Es war ja nicht so, dass sie nicht schnell wieder jemanden kennenlernen würde. Aber – die meisten Männer zogen sich schon zurück, wenn sie von der Vierjährigen hörten. Zudem glaubten sie oft, dass sie mit ihr leichtes Spiel hätten. Eine unverheiratete Frau mit einem Kind – die musste doch leichtfertig sein!
Und sie war doch erst siebenundzwanzig – da fällt einem das Alleinsein nicht leicht! Ach, sie hatte so gehofft, dass Arnold und Rosali mit der Zeit … Aber es war immer schlimmer geworden.
»Nein!«, sagte sie energisch »Nein! Ich bin wirklich froh, dass er weg ist. Ich habe mich nur – so aufgeregt!« Und sie weinte wieder.
*
Renate Bucher schaltete mit einem tiefen Seufzer das Handy aus. Sie arbeitete als medizinisch-technische Assistentin bei Dr. Nether und war mit Vivian befreundet. Oder was man so nennt. Sie waren Kolleginnen – ihre Stellung war besser und auch besser bezahlt – und es hatte sich so ergeben, dass sie sich anfreundeten. Gerade hatte sie sich den Wutausbruch von Vivian angehört und auch ehrlich versucht, sie zu trösten.
»Jetzt heul nicht so! Das macht es auch nicht besser! Außerdem hat der Kerl dich ausgenützt. Das habe ich dir immer schon gesagt!«
Vivian hatte das zugeben müssen, aber geholfen gegen ihre Tränenfluten hatte es nicht. Dann hatte sie ihr erzählt, wie Rosali ihn aus ›ihrer‹ Wohnung geworfen hatte. Das war natürlich komisch, und sie hatten beide gelacht. Aber Renate fand im Stillen, dass Rosali furchtbar verzogen war. Kein Wunder, dass sich Vivian mit dem Liebesleben schwertat, wenn das Kind immer an erster Stelle stand! Selbstverständlich hatte sie das für sich behalten.
»Warte ab«, hatte sie versucht, sie zu beruhigen, »morgen taucht er mit einem Blumenstrauß wieder auf!«
»Ach, ich weiß nicht«, schluchzte Vivian.
Sie, Renate, wüsste es schon: ein Steuerberater! So jemand verdiente doch super! Sie würde den nicht so ohne Weiteres laufen lassen, nur, weil der verzogene Balg nicht mit ihm auskam! Außerdem sah er gut aus. Bestimmt wäre es von Vivian vernünftiger gewesen, wenn sie sich damals von seinem Vorgänger die Abtreibung hätte bezahlen lassen. Aber sie hatte ja so altmodische Ansichten.
»Wir können heute Abend zusammen ins Kino gehen«, schlug sie freundschaftlich vor.
»Das geht doch nicht! Ich kann Rosali doch nicht allein lassen!«,
Was sollte man da sagen? Eigentlich war es erstaunlich, dass dieser Steuerberater es so lange mit ihr ausgehalten hatte.
»Jetzt höre auf zu weinen. In ein paar Jahren ist Rosali alt genug, um allein in der Wohnung zu bleiben!« Und als Vivian weiterweinte, schloss sie etwas ungeduldig: »Tut mir leid, aber ich muss mit Sir John noch um die Ecke gehen, wenn er heute Abend allein in der Wohnung bleiben muss.«
Sir John war ihr Dackel. Renate liebte ihn sehr, schließlich verdankte sie ihm schon viele nette Bekanntschaften mit tierlieben Herren. Sie behandelte ihn wirklich gut, und verglichen mit dem Tierheim war es das reinste Paradies, fand auch Sir John.
»Grüß ihn von uns«, erwiderte Vivian traurig. »Vielleicht habt ihr beide einmal Lust, mit uns in den Tierpark zu gehen?«
»Warum nicht«, war die vage Antwort. »Aber jetzt muss ich wirklich Schluss machen. Kopf hoch! Wir sehen uns morgen!« Und damit legte sie auf. »Uff!« Eigentlich hatte sie keine Lust, allein ins Kino zu gehen. Aber runter mit Sir John musste sie, er schaute sie schon so vorwurfsvoll an. Dackel konnten das fabelhaft!
»Ja, ja, gleich!« Sie schleuderte gekonnt ihre Pantoffel von den Füßen und schlüpfte in ein Paar schicke Pumps. Man wusste ja nie, und hohe Absätze machten einfach mehr her.
Da läutete es an der Wohnungstür.
Sie machte die Tür auf und: »Ach«, sagte sie perplex, »ich habe gerade mit Vivian telefoniert! Komm doch herein.« Sir John musste warten.
»Entschuldige, dass ich so hereinplatze«, begann Arnold Weisgruber, der sie natürlich kannte. Man war gelegentlich zu viert ausgegangen. Er küsste sie rechts und links auf die Wangen. »Hm, du riechst gut!«
»Danke!«, gab sie kokett zur Antwort. Schließlich war er jetzt frei!
Er schien es nicht weiter zu bemerken, denn er fuhr fort: »Ich hatte gerade einen fürchterlichen Auftritt mit Vivian. Es geht immer um ihre Tochter! Die ist für sie der Mittelpunkt der Welt! Und frech ist das Gör jetzt schon, mit gerade vier!«
»Ich weiß«, erwiderte Renate sanft, »ich habe ihr schon oft gesagt, dass sie sich keinen Gefallen tut, wenn sie Rosali alles durchgehen lässt.« Geduldig hörte sie sich die ganze Geschichte noch einmal aus Arnolds Sicht an. »Ich wollte mit ihr ins Kino gehen. Zum Trost. Na ja, nun muss ich mir eben den ›Teufelsgeiger‹ allein ansehen!«
Arnold beobachtete sie genauer, während sie von ihren vergeblichen, freundschaftlichen Trostversuchen berichtete.
»In den Zoo will sie! Natürlich mit Rosali!«, erzählte Renate weiter. »Aber dazu habe ich wirklich keine Lust!« Sie sah ihn abwartend an.
Attraktiv war sie eigentlich auch. Ein bisschen handfester, aber das war nur von Vorteil! Sie hatte die bessere Stellung, erinnerte Arnold sich, dass Vivian einmal erzählt hatte. Und vor allem: Sie hatte kein Kind!
»Ja, der Zoo! Ich weiß gar nicht mehr, wie oft wir im Zoo waren!«, antwortete Arnold schnell. »Aber kannst du denn mit dem Hund ins Kino gehen?«
Sie kicherte.
»Mit Sir John nicht! Der würde mitsingen, wenn der David Garret loslegt! Aber ich kann ihn schon mal allein zu Hause lassen. Ich muss nur vorher kurz mit ihm in den kleinen Park gegenüber.«
»Schön: Schauen wir uns den Teufelsgeiger an. Du hast doch nichts dagegen, wenn ich mitkomme, nachdem meine Pläne für den Abend ins Wasser gefallen sind? Wann fängt der Film denn an?«
»Erst um acht! Wir können hier um die Ecke eine Kleinigkeit essen – da geht Sir John mit. Die kennen uns, und da fällt auch für ihn immer etwas ab.« Wie er schaut, der Geizkragen! »Ich habe nicht mit Besuch gerechnet, und zudem ist es dort billig!«
»Du bist selbstverständlich mein Gast, wenn du schon so lieb bist, mich zu trösten!«
»Warten wir ab, wie weit ich dazu bereit bin!«, gab sie wieder kokett zur Antwort.
Auch Arnold lachte, sagte aber nichts darauf. Er hatte den befriedigenden Eindruck, dass Renate nicht so – kompliziert war wie Vivian. Auch wenn Vivian – ach, was! In seinem Alter wollte man sich amüsieren und nicht mit dem Kind eines fremden Mannes eine Familie gründen!
*
Ernst Weidner stand unter lauter Müttern und Großmüttern vor dem Kindergarten und wartete darauf, dass sein Sohn herauskam. Er war ein ansprechend aussehender Mann von Anfang dreißig, und so lächelten ihm nicht nur die Mütter, sondern vor allem die Großmütter wohlwollend zu: wie nett! So ein besorgter Vater!
Und das war er ja wirklich. Auch, wenn er es sich damals vor gut viereinhalb Jahren nicht hätte träumen lassen.
Er war Fahrlehrer im Geschäft seines Vaters, seit er vom Bund zurück war. Das Geschäft blühte, denn der damals Vierundzwanzigjährige sah wirklich sehr gut aus: groß, schlank, mit funkelnden braunen Augen, schwarzbraunem lockigem Haar, das er länger trug, seit er nicht mehr beim Bund war, einer energischen Nase und einem Grübchen im Kinn. Außerdem belohnte er die jungen Damen mit einem Kuss auf die Wange, wenn er merkte, dass sie nichts dagegen hätten. Zu mehr war er erst nach der Prüfung bereit – darauf hatte sein Vater energisch bestanden.
Auf die Weise hatte er auch Irma kennengelernt, die spätere Mutter von Stefan. Doch die war nicht mit Küssen, Schmusen und Kinobesuchen und so weiter zufrieden, sie wollte heiraten! Ernst wollte nicht. Er fand sich mit sechsundzwanzig zu jung, und es gab so viele hübsche Mädchen, warum gleich an einer der ersten hängen bleiben?!
Als sie schwanger wurde, sagte er ihr auf den Kopf zu, dass sie es darauf angelegt habe und bei ihm damit gar nichts erreiche. Sie glaubte es nicht, steckte sich hinter seine Eltern. Aber da war nichts zu machen. Der Mutter war sie ohnehin nicht ›gut genug‹ für ihren feschen Sohn. Sie war Verkäuferin und hatte keine Familie, jedenfalls keine, mit der sie Kontakt hatte. Man versicherte, die Alimente pünktlich zu bezahlen – aber nicht mehr.
Dann passierte etwas, woran niemand gedacht hatte: Als die Wehen einsetzten, Irma war allein in ihrem Apartment, stürzte sie auf der Treppe, als sie sich hinunter zum Taxi schleppte. Sie starb im Krankenhaus bei der Geburt eines gesunden Buben, unter Hinterlassung der Adresse von Ernst, als dem Vater.
Nie würde er den Moment vergessen, als er im Kreißsaal vor der armen, toten Irma stand und ihm die Hebamme das Baby in den Arm drückte.
Okay, sagte er in Gedanken zu Irma und hoffte, dass sie es hörte, wo immer sie jetzt war, du hast es geschafft: Ich nehme ihn! Er kann ja nichts dafür!
Seine Eltern waren nicht übermäßig begeistert – aber dass man ihnen nachsagte, sie hätten ihr Enkelkind nicht akzeptiert, das wollten sie auch nicht! Zudem waren alle überzeugt, dass Ernst in absehbarer Zeit eine fesche und tüchtige Person heiraten würde. Es gab ja genug Interessentinnen.
Aber wie das so ist: Die jungen Frauen, die eventuell infrage gekommen wären, waren nicht an dem kleinen Stefan interessiert. Sie fanden, seine Großmutter könnte weiter für ihn sorgen, wie sie es von Anfang an getan hatte, wenn er beruflich verhindert war.
Doch da hatten sie nicht mit Ernst gerechnet! Auch wenn er nicht bereit gewesen war, sich durch einen Trick fangen zu lassen – er war ein guter, ja, ein begeisterter Vater! Und je größer Stefan wurde, umso mehr unternahm er mit ihm. Wenn er ein Mädchen kennenlernte, das ihm etwas besser gefiel, dann unternahm er etwas mit ihr – und Stefan. Anfangs schob er den Kinderwagen durch den Park, und sie lief nebenher, später lud er sie ins Kasperltheater ein oder in den Zoo – und je nach dem, was Stefan zu ihr sagte, bzw. sie zu ihm, traf er sie wieder oder, meistens, nicht!
Inzwischen war Stefan viereinhalb Jahre alt und Ernst zweiunddreißig. Seine Eltern machten sich schon Gedanken, schließlich war es für die Oma inzwischen recht anstrengend mit dem lebhaften Buben, auch wenn er fünf Tage die Woche im Kindergarten war.
Meistens, so auch heute, wenn Ernst Zeit und weder theoretischen noch praktischen Fahrunterricht hatte, holte er Stefan vom Kindergarten ab und unternahm, je nach Wetter, etwas mit ihm. Sein Sohn sollte wissen, dass er sich immer Zeit für ihn nahm, wenn es einigermaßen möglich war.
»Servus, Papi!«, schrie Stefan und winkte ihm zu, als er ihn entdeckte. »Was machen wir heute?«
»Wir gehen auf den Spielplatz, weißt du, den mit der tollen Rutsche«, schlug Ernst vor.
»Ach nein!«, protestierte Stefan und schob die Unterlippe vor.
»Dann gehen wir heim. Ich habe heute Abend noch Unterricht.«
»Ach so!« Ein abgrundtiefer Seufzer. »Na schön!«
Der Spielplatz befand sich unweit der Fahrschule, und eigentlich war er wirklich schön, besonders die Rutsche!
*
Als die Mami gar nicht aufhören wollte zu weinen, stupste Rosali sie vorsichtig an: »Mami, können wir nicht was anderes tun?«
Was anderes als weinen! Unwillkürlich musste Vivian lachen.
»Klar«, erwiderte sie, »du hast ganz recht! Es bringt überhaupt nichts, und außerdem sind wir ja beide froh, nicht wahr?«
Sie schluckte heftig, weil die Tränen ihr schon wieder in den Augen brannten, doch es gelang ihr zu lächeln, als ihre Tochter zufrieden fand: »Eben!«
»Und was schlägst du vor?«
»Gehen wir auf den Spielplatz, weißt du: Den mit der tollen Rutsche!«
Das war nicht gerade der nächste Weg, aber was sollte es!
Vivian zog ihre Jeansjacke an und Rosali die gleiche in Klein, und dann zogen sie los.
Um die Zeit war auf dem Spielplatz nicht mehr viel los. Die Frauen waren mit ihren Kindern heimgegangen, um das Abendessen für ihre Männer und die größeren Kinder vorzubereiten. Das hatte meistens den Vorteil, dass die allgemein beliebte Rutsche frei war.
Aber heute war das nicht der Fall!
Da war ein Vater mit seinem Sohn, und der rutschte jauchzend mal kopfüber, mal auf dem Bauch, mal auf dem Rücken herunter.
»Ich will auch mal!«, sagte Rosali empört, weil Vater und Sohn sie beide überhaupt nicht zur Kenntnis nahmen.
Ernst schaute sich um – und sah zuerst Vivian.
Donnerwetter …
»Komm, Stefan, lass mal die junge Dame!«, forderte er seinen Sohn auf.
Der warf Rosali einen ablehnenden Blick zu. Eigentlich hatte der blonde Bub ihr ganz gut gefallen. Aber er sollte sich nur nichts einbilden. Rosali streckte ihm die Zunge heraus, das hatte heute schon einmal Erfolg gehabt.
»Halt!« Ernst hielt seinen Sohn am Kragen fest. »Man haut Mädchen nicht!«
»Sie hat –«, begann der empört.
»Man streckt auch jungen Herren nicht die Zunge heraus!«, tadelte Vivian lachend ihre Tochter. »Schon gar nicht, wenn man will, dass sie einem die Rutsche überlassen!« Sie lächelte den jungen Mann an, der vermutlich der Vater – oder vielleicht nur ein Onkel? – des Buben war?! Er sah wirklich sehr nett aus. Was für schöne Zähne er hatte, jetzt, als er sie anlachte.
»Ihre Tochter?«, fragte er, als Rosali triumphierend die Rutsche hinuntersauste. Vivian nickte. »Müssen Sie nicht zu Hause das Abendessen vorbereiten?«, fragte er weiter.
Sie musste lachen. Der war direkt! Aber – er gefiel ihr, und sie freute sich, dass es ihm anscheinend ähnlich erging.
»Wir leben allein, Rosali und ich!«
»Wir auch«, gab er sichtlich erfreut zur Antwort. »Das heißt: Wir wohnen bei meinen Eltern. Meine Freundin starb, als er auf die Welt kam.«
»Oh, das tut mir leid«, erwiderte sie etwas verlegen.
»Papi, jetzt will ich wieder rutschen!« Stefan zog ihn an der Hand. »Das Mädchen ist schon wie…« Er stockte und dachte nach.
»Wenn du mir sagst, wie oft sie gerutscht ist, dann darfst du wieder«, sagte Ernst.
Stefan nahm die Finger zur Hilfe.
»Vier Mal!«
Vivian beobachtete die beiden. Wie nett er mit seinem Sohn war! Wenn Arnold nur einmal – ach was!
»Bravo!« Ernst wendete sich Vivian zu. »Wenn die junge Dame jetzt wieder einmal Stefan auf die Rutsche ließe – sie könnten doch abwechselnd rutschen. Wenn einer die Leiter hinaufsteigt, rutscht der andere, wie wäre das, meine Herrschaften?«
»Aber der Bub ist doch schon gerutscht, bevor wir da waren«, beschwerte sich Rosali.
»Sei nicht albern! Du kannst ja auch nicht rutschen, wenn wir nicht da sind«, sagte Vivian ärgerlich. Manchmal war sie schon wirklich rechthaberisch, ihre Tochter!
Jetzt streckte ihr Stefan die Zunge heraus und sauste zu der nach oben führenden Leiter. Rosali hinter ihm her. Er war zuerst oben und rutschte mit einem Triumphschrei hinunter.
»Ich habe den Eindruck, wir beide verziehen unsere Kinder«, sagte Ernst lächelnd.
»Vielleicht, weil wir keine vollständige Familie sind«, erwiderte Vivian, und wieder stiegen Tränen in ihre Augen.
»Sie haben geweint«, stellte er fest.
»Ich habe mich gerade von meinem Freund getrennt. Wir waren ein Jahr zusammen – aber er kam einfach nicht mit Rosali aus. Und sie nicht mit ihm«, schloss sie wahrheitsgemäß.
Er schwieg eine Weile. War das jetzt zu früh, wenn er sie fragte?
»Kommen Sie öfter hierher?« Da war es ihm schon herausgerutscht.
»Nach dem Kindergarten, oft. Sie soll wissen, dass ich mir immer Zeit für sie nehme, wenn es einigermaßen geht. Ich bin Arzthelferin. Bei Dr. Nether.«
»Ach, den kenne ich! Meine Mutter geht mit Stefan zu ihm, wenn es notwendig ist und ich gerade nicht kann. Ich bin Fahrlehrer.«
»Ach, aus der Fahrschule Weidner?«
»Ja, sie gehört meinem Vater. Ich heiße übrigens Ernst Weidner.« Er streckte ihr die Hand hin.
»Und ich heiße Vivian Köhler.« Sie reichte ihm ihre Hand. Er hatte eine angenehm warme Hand und einen festen Druck.
Was für feine Händchen sie hat, dachte Ernst. Dann sah er auf seine Uhr.
»Tut mir leid, ich muss heim! Ich habe heute Abend noch theoretischen Unterricht.«
»Ja, es wird auch schon kühl«, stimmte Vivian schnell zu.
»Kommen Sie morgen wieder her?«, erkundigte er sich.
»Morgen ist Mittwoch. Ja. Da ist die Praxis nachmittags zu. Da kommen wir dann immer früher«, erwiderte sie.
»Schön, dann werde ich versuchen, es mir auch einzuteilen«, gab er zur Antwort. »Es sieht doch jetzt aus, als ob die beiden sich ganz gut verstehen würden!«
»Ja! Wirklich!« Die zwei Kinder rutschten jetzt lachend und schreiend zusammen herunter.
»Rosali – heimgehen!«, rief Vivian.
»Oooch! Schon?!«
»Morgen kommen wir wieder her!«, versprach Vivian und lächelte Ernst zu.
»Und wir?«, fragte Stefan.
»Wir auch«, gab Ernst zur Antwort und erwiderte Vivians Lächeln.
*
»Mami, gehen wir wieder zu dem Spielplatz?«, fragte Rosali bereits am Morgen, als Vivian sie zum Kindergarten brachte, ihre Mutter. »Du weißt schon, zu dem mit der tollen Rutsche, wo wir gestern auch waren!«
»Mittwochs gehen wir doch immer«, erwiderte Vivian. Sie wollte nicht einmal vor ihrer kleinen Tochter zugeben, dass sie hoffte, den Jungen und vor allem seinen Vater wiederzutreffen.
»Glaubst du, der Bub kommt auch wieder?«
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Vivian etwas genervt. »Aber jetzt trinke endlich deinen Kakao aus, sonst komme ich zu spät in die Praxis.«
»Hat der Papi von dem Buben nichts gesagt?«, bohrte Rosali unbeirrt weiter.
»Sobald du deinen Becher leer getrunken hast, sage ich es dir. Das Brot kannst du im Wagen essen.«
Das wirkte. Rosali trank den Becher aus und wischte sich brav ihren Schokoladenschnurrbart ab.
»Kommen sie bestimmt?«
»Das kann ich dir nicht versprechen«, erwiderte Vivian, die es fast genauso hoffte wie ihre Tochter. »Das hängt davon ab, ob der Papi von Stefan Zeit hat. Weißt du, er hat einen Beruf, in dem man oft auch am Abend arbeiten muss.« Sie zog Rosali ihre Jacke über und hängte ihr das Täschchen mit dem Pausenbrot um. »Beiß ab!«, ermahnte sie sie, und Rosali folgte, weil sie noch mehr hören wollte.
»Findest du nicht, dass so ein Beruf unpraktisch ist?«, mampfte sie.
Vivian lachte.
»Jeder Beruf ist manchmal unpraktisch. Aber ohne Beruf ist es viel schlimmer. Hast du dich angeschnallt?«
»Habe ich«, war die ungeduldige Antwort. »Mami, findest du den Buben auch nett?«
»Sehr nett«, sagte Vivian und lächelte, weil in ihren Gedanken vor ihr das Gesicht seines Vaters erschien. »Hast du vergessen, er heißt Stefan.«
»Und sein Papi?«, wollte Rosali wissen.
»Ernst, Ernst Weidner. Seinem Vater gehört die Fahrschule gegenüber von dem Spielplatz.«
»Das ist praktisch!«, fand Rosali. »Dann können wir hingehen und ihn abholen, wenn er noch nicht da ist!«
»Warten wir es ab«, meinte Vivian und ermahnte sich selbst, vorsichtig und geduldig zu sein. Mit Kindern war alles komplizierter und schwieriger. Besonders, wenn beide Kinder offensichtlich ziemlich verwöhnt waren. Und daran gewöhnt, der Mittelpunkt für die Eltern zu sein. Zumindest bei Rosali traf das zu.
*
»Wie hat dir das kleine Mädchen gefallen?«, fragte Ernst seinen Sohn, als er ihn zum Kindergarten brachte.
»Geht schon«, gab sich Stefan uninteressiert.
»Möchtest du sie heute vielleicht wieder treffen, um mit ihr zu spielen?«
Stefan saß hinter ihm im Wagen. Er sah, wie er mit den Schultern zuckte.
»Vielleicht.«
»Aber es ist doch lustiger, wenn ihr zu zweit spielt, als wenn kein anderes Kind da ist.«
»Ein Bub wäre besser«, fand Stefan.
»Tja, da kann man nichts machen«, erwiderte sein Vater und grinste. »Später wirst du deine Meinung diesbezüglich ändern!«
»Das glaube ich nicht!«, erwiderte sein Sohn im Brustton der Überzeugung.
Ernst lachte nur.
»Also, bis fünf Uhr! Ich hole dich wieder ab!«,
»Okay. Aber ich mag nur auf den Spielplatz mit der Rutsche!«, erinnerte ihn Stefan.
»Klaro!«, sagte sein Vater und sah ihm nach, wie er über den Vorplatz lief und auf dem Weg bereits einige Freunde begrüßte. Er wartete, bis er ihm Haus verschwunden war.
Hoffentlich kam der hübschen Mutter des kleinen hübschen Mädchens nicht etwas dazwischen. Sie schien keine Familie zu haben, die das Kind einmal übernehmen konnte. Ob sie darauf einging, wenn er anbot, dass seine Mutter auf beide Kinder aufpassen könnte, wenn sie einmal ins Kino gehen oder sonst etwas unternehmen wollten?
Oder ob es seiner Mutter zu viel wurde? Sie klagte inzwischen manchmal, dass Stefan so anstrengend würde. Frech war er auch gelegentlich. Beim Opa getraute er sich nicht – aber von der Oma erwartete er, dass sie ihm aufs Wort folgte.
Was überlegte er da! So ein Blödsinn! Er wusste ja nicht einmal, ob sie heute überhaupt kam! Vielleicht war ihr Exfreund bereits gestern Abend mit einem Riesenblumenstrauß angerückt und hatte sie um Verzeihung für was auch immer gebeten!
Ah, da stand seine Fahrschülerin ja schon vor ihrem Haus und wartete. Wie sie sich wieder aufgeputzt hatte – als ginge sie auf eine Party und nicht zur Fahrstunde.
»Guten Morgen!«, rief er und rutschte auf den Sitz des Fahrlehrers mit den zusätzlich angebrachten Brems-, Kupplungs- und Gaspedalen hinüber. »Hoffentlich haben Sie nicht alles seit der letzten Stunde vergessen!«
»Nein!«, erwiderte sie eifrig und himmelte ihn an. »Ich habe mit meinem Vater geübt. Aber der ist nicht so geduldig wie Sie!«
»Ich werde auch bald ungeduldig«, gab er zur Antwort. »Heute ist ihre neunundzwanzigste Stunde. Wahrscheinlich wird es Ihrem Vater zu teuer!«
»Nein, nein, das ist es nicht«, sagte sie hastig. Sie war ein hübsches Mädchen von noch nicht einmal zwanzig. »Der Führerschein ist doch mein Geschenk zum Schulabschluss!«
»Trotzdem! Also, jetzt konzentrieren Sie sich, und drehen Sie den Zündschlüssel – Fuß auf der Kupplung! Haben Sie darauf geachtet, ob der Gang heraußen ist?«
Es knirschte im Getriebe. Ernst ächzte.
»Nach der Prüfung duzen wir uns, nicht wahr?«
»Mal sehen! Kupplung! Wenn Sie so weitermachen, kriegen Sie den Führerschein frühestens im nächsten Jahr! Herunterschalten – meine Güte!«
Ernst fand wieder einmal, dass man für seinen Beruf sehr gute Nerven brauchte. Und dass es leider unmöglich war, nebenbei an etwas anderes zu denken. Zum Beispiel an diese hübsche Vivian Köhler.
»Jetzt haben sie den Motor schon wieder abgewürgt«, seufzte er. »Also, noch mal von vorn!«
*
Renate Bucher hatte ein schlechtes Gewissen.
Eigentlich gibt es keinen Grund dafür!, versuchte sie sich selbst zu beruhigen. Sie hat Arnold doch hinausgeworfen! Und wirklich geliebt hat er sie auch nicht, sonst wäre er nicht so schnell auf mein Flirten eingegangen! Er sagt auch immer, dass wir beide besser zueinanderpassen. Sie seufzte. Eigentlich war er nicht ohne. Nur geizig war er fürchterlich! Wahrscheinlich hing das mit seinem Beruf zusammen. Anfangs hatte er sie hin und wieder eingeladen, ins Kino oder zum Essen. Aber inzwischen behauptete er immer, es wäre viel gemütlicher bei ihr oder bei ihm zu Hause. Wenn sie zusammen kochten oder einen doofen Krimi im Fernsehen anschauten. Manchmal brachte er auch eine DVD mit, und sie schauten die an – anstelle von Blumen.
Ja, Blumen: Ein einziges Mal hatte er ihr einen Strauß gebracht!
Rasend verliebt schien er wirklich nicht in sie zu sein. Sie auch nicht in ihn. Aber im Moment gab es niemand anderen. Und dies schon seit sechs Monaten. Eine lange Zeit, fand Renate. Also blieb sie vorläufig bei ihm, bis jemand anderer auftauchte, der ihr mehr zusagte.
Trotz dieser nüchternen Überlegungen hatte sie Vivian gegenüber ein schlechtes Gewissen. Vielleicht, wenn sie ihr sagte, dass sie Arnold, hm, übernommen hatte.
Ja! So würde sie es machen. Sie würde so tun, als wäre die Beziehung noch rein platonisch, und sie fragen, ob sie wirklich nicht mehr an Arnold interessiert wäre. Dann würde sie selbst – vielleicht und so weiter …
»Hallo, guten Morgen!«, rief Vivian fröhlich, als Renate fünf Minuten vor Sprechstundenbeginn die Praxis betrat. »Hat dich der Bettzipfel wieder nicht losgelassen?«
»Morgen«, erwiderte Renate und zwang sich zu lächeln. Vivian war in letzter Zeit immer so aufgedreht. Hatte sie jemand anderen? »Ich bin zu Fuß gekommen und habe mich zu lange an den Schaufenstern von Lodenfrey aufgehalten. Die haben ganz tolle Sachen ausgestellt – und wirklich gut herabgesetzt, obwohl ja noch nicht Schlussverkauf ist.«
»Ich finde, die Geschäfte halten sich alle nicht mehr an diese Schlussverkaufzeiten«, stimmte Vivian zu. »Hast du dir was ausgesucht?«
»Nicht direkt. Aber wir könnten mal zusammen shoppen gehen!«, schlug Renate vor.
»Ich bezweifle, dass Rosali da mitmacht!«, erwiderte die und lachte.
»Du verziehst sie!«, stellte Renate fest. Vivian lächelte nur und hob die Schultern. »Ich – wollte dich etwas fragen«, fuhr Renate schnell fort.
»Frage!«, sagte Vivian, stand auf und sperrte die Praxistür auf. »Guten Morgen, Frau Heinlein, guten Morgen, Evi. Sie sind heute die Ersten! Gehen Sie ins Wartezimmer, der Herr Doktor ist noch nicht da. Er macht noch einen Krankenbesuch. Aber er kommt gleich. Was willst du mich fragen?«, wendete sie sich wieder an Renate.
»Arnold – !«, setzte Renate an.
»Nein, er hat sich nicht wieder gemeldet! Von wegen, er kommt mit einem großen Blumenstrauß!« Sie lachte. »Eigentlich bin ich froh. Mit Rosali hätte es doch nie geklappt!«
»Er war bei mir!«, platzte Renate jetzt heraus.
Vivian sah sie amüsiert an.
»Wirklich? Wann?«
»Noch am gleichen Tag. Er wollte von mir getröstet werden und lud mich in den ›Teufelsgeiger‹ ein. Kein guter Film, übrigens, auch wenn David Garrett super aussieht und geigt!«
»Na, das mit dem Trösten scheint dir ja gut gelungen zu sein«, meinte Vivian ein bisschen spitz.
»Vivian, ehrlich: Wenn du an ihm interessiert bist …«
»Ganz bestimmt nicht«, gab die ihr lachend zur Antwort. »Nur – ein bisschen früher hättest du es mir schon sagen können. Es geht doch bereits seit – drei Wochen?« Und weil Renate nichts darauf antwortete, fuhr sie fort: »Ja, gut drei Wochen!« Schließlich war es ja auch so lange, dass sie sich immer wieder mit Ernst Weidner traf.