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IV. Geographische Voraussetzungen

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Bedeutung

Raum und Klima sind unter die wesentlichen konstituierenden Elemente für die wirtschaftliche Entwicklung einer Gesellschaft zu rechnen. Die Beschaffenheit der Böden, das Relief sowie die hydrographischen Voraussetzungen einer Landschaft, das Vorhandensein von natürlichen Ressourcen und die klimatischen Bedingungen bestimmen die Charakteristika der Landwirtschaft, die verkehrstechnischen Möglichkeiten und die Notwendigkeit, Dinge von außerhalb einzuführen und wiederum selbst im Austausch dafür einen eigenen Überschuss anzubieten. Darüber hinaus sind es eben diese Gegebenheiten in ihrer Gesamtheit, die die Obergrenze der Bevölkerungszahl bestimmen, die in einem gegebenen Raum ernährt werden kann.

Klima der Mittelmeerwelt

Das Klima des Mittelmeerraums war und ist durch trockene, heiße Sommer und warme, feuchte Winter geprägt. Zwischen Juni und September gibt es Niederschläge nur in äußerst geringem Ausmaß, während die Monate von Oktober bis März feucht sind und auch starke Regenfälle keine Ungewöhnlichkeit darstellen. Dementsprechend sind eigentlich drei Jahreszeiten in Gestalt einer Trockenperiode, einer Periode des Niederschlags (die freilich keine Regenzeit ist, sondern durch einen raschen Wechsel von Sonnen- und Regentagen geprägt ist) und einer Blütezeit zwischen Mai und Juni zu konstatieren. Dieses so beschriebene Klima weist freilich lokale Variationen auf, ist in der Tendenz aber für das Mittelmeergebiet einheitlich. Darüber hinaus sind innerhalb dieses klimatischen Spektrums Wärme- und Kältephasen nachzuweisen.

Zwischen 850 und 600 v. Chr. gab es eine Kältephase, die auch durch höhere Niederschlagsmengen charakterisiert war. Selbiges geschah ein weiteres Mal im 4. Jahrhundert v. Chr., wohingegen das Klima im 1. Jahrhundert v. Chr. von einer Erwärmung und einem Rückgang der Niederschläge geprägt war. Bis in die Mitte des zweiten Jahrhunderts kann man dann wieder von günstigeren klimatischen Bedingungen sprechen, die bis in die 30er Jahre des 3. Jahrhunderts n. Chr. anhielten, um sich dann wieder zu verschlechtern.

Hellenische Welt

Die hellenische Welt umfasste in der Antike im Wesentlichen die südliche Spitze der Balkaninsel, die ägäische Inselwelt, die Nordküste der Ägäis und einen Küstenstreifen am westlichen Rand der anatolischen Halbinsel. Im Zuge der sogenannten griechischen Kolonisation setzten sich die Hellenen auch an den Küsten anderer Bereiche des Mittelmeers fest, namentlich in Sizilien und Süditalien. Darüber hinaus wurden in geringem Umfang auch Siedlungen im Süden des heutigen Frankreichs (Massilia/Marseille), dem Osten Spaniens (Emporion/Empfflries) und in Libyen etabliert. Hinzu kam die Gründung des Handelsplatzes Naukratis im westlichen Nildelta. Abgesehen vom Mittelmeer bildeten die Küsten des Schwarzen Meeres ein wesentliches Ziel für die Anlage neuer Siedlungen.

Das hauptsächliche Charakteristikum des hellenischen Kerngebiets in Gestalt der südlichen Balkanhalbinsel ist die enge landschaftliche Gliederung durch oft schroffe Berge. Große Ebenen finden sich lediglich in Makedonien und Thessalien. Die starke Kammerung bedingt für die meisten Staatswesen eine enge Begrenzung des für die Landwirtschaft zur Verfügung stehenden Raums. Gewisse Ausnahmen sind Boiotien, Attika und Lakonien, in welchen Landschaften größere zusammenhängende Ebenen zur Verfügung stehen. Insgesamt aber dürfte auch in der Antike nur etwa ein Drittel der Gesamtfläche für eine landwirtschaftliche Nutzung geeignet gewesen sein. Meeresbuchten und Schwemmebenen bilden tiefe Einschnitte im Landesinneren, das Meer ist von Inseln übersät. Der gesamte Bereich der hellenischen Welt war und ist bis heute seismisch äußerst aktiv. Blickt man auf das Vorhandensein von Bodenressourcen in der griechischen Welt, kann man nur von einer ziemlichen Armut an denselben sprechen. Lediglich Attika mit seinen reichen Silbervorkommen im Laureion und Makedonien mit seinem Edelmetallvorkommen im Pangaiongebirge bilden hiervon eine Ausnahme. Eisen und Kupfer waren gleichfalls vorhanden, allerdings in wenig ergiebigen Vorkommen. Die Böden in den Ebenen ermöglichten eine reiche Landwirtschaft, die im Grundsatz auf künstliche Bewässerung verzichten konnte. Schwankungen in der Niederschlagsmenge konnten aber für die Erträge eines Jahres bedrohlich sein, wenn man angesichts der in höchstem Maße ungleichen Verteilung der Niederschläge über das Jahr keine ausreichende Bewässerung sicherstellen konnte. Verschärft wurde das Problem durch einen Mangel an ganzjährig wasserführenden Gewässern auf der einen und der Anfälligkeit der Böden gegenüber Erosion aufgrund der starken Regenfälle auf der anderen Seite. Ebenfalls nachteilig für den Wasserhaushalt in Griechenland war die Beschaffenheit der Gebirge, die vorzugsweise aus Kalk und Sandstein bestanden. Insbesondere Kalk speichert kein Wasser, was einen Beitrag zur Verkarstung der Region lieferte. Die natürliche Pflanzenwelt bestand im Wesentlichen aus Hartlaubgewächsen; Wälder, wie sie in Mitteleuropa verbreitet waren, waren auf wenige Regionen beschränkt, wobei hier insbesondere Makedonien zu nennen ist.

Östl. Mittelmeer und Vorderasien

Die sich nach dem Tod von Alexander III. („d. Gr.“) ausbildenden hellenistischen Königreiche vereinnahmten freilich auch Regionen, die eine gänzlich andere Geomorphologie und gänzlich andere klimatische Bedingungen aufwiesen. Man denke in diesem Kontext nur an das anatolische Hochland mit seinen kälteren Durchschnittstemperaturen und seinen höheren Niederschlägen, an die Steppengebiete Syriens, an die rohstoffarmen, ariden Gebiete Mesopotamiens, die auf eine funktionierende Bewässerungswirtschaft angewiesen waren, oder aber an Ägypten, dessen Landwirtschaft und damit sein wirtschaftliches Leben allgemein im Wesentlichen dem An- und Abschwellen des Nils folgte. Die die Wirtschaft bedingenden geomorphologischen, hydrologischen und klimatischen Rahmenfaktoren waren in diesen Gebieten mithin gänzlich andere. Solche völlig unterschiedlichen Rahmenbedingungen brachten ein Nebeneinander von einheimischen und hellenischen ökonomischen und institutionellen Charakteristika hervor, die erst über einen längeren Zeitraum hinweg zu einheitlicheren Strukturen wurden. Ein diesbezüglich besonders instruktives Beispiel liefert Ägypten.

Rom

Blickt man nach Rom und seine sich zunächst auf Italien, dann auf den Mittelmeerraum und schließlich nach Nord-West-Europa richtende Expansion, gestalten sich die geographischen Rahmenbedingungen anders als in der hellenischen Welt und als diejenigen des östlichen Mittelmeerraumes. Rom selbst verdankt seine Stadtwerdung seiner Lage an einer Furt durch den Tiber. Diese Furt befand sich unmittelbar südlich des Kapitols und der Tiberinsel. Auf der rechten Seite des Tibers am Fuße des Janiculum nahm eine Straße in das südliche Etrurien ihren Ausgang, auf der linken Seite – dem Forum Boarium – beziehungsweise unweit hiervon am späteren Circus Maximus nahm die Verbindung nach Kampanien ihren Ausgang. Darüber hinaus wurde über die offenbar sehr alte via salaria Salz vom Meer aus über die Tiberfurt und von dort aus in das Landesinnere verhandelt. Schließlich bildete der Tiber sowohl stromabwärts als auch stromaufwärts eine wichtige Verkehrsverbindung. Rom und auch Latium waren wasserreich. Für das frühe Rom gewährleistete nicht nur der Tiber das ständige Vorhandensein von Wasser, sondern auch die Quellen auf den Hügeln. Die Küstenregion südlich des Tibers war sumpfig beziehungsweise wies zahlreiche stehende Gewässer und Quellen auf. Im Osten reichte Latium bis an die westlichen Abhänge des Apennin und schloß die Albaner-Berge mit ein. Beide Bergregionen sind ebenfalls wasserreich und dürften in der Frühzeit dicht bewaldet gewesen sein. Die Landschaft zwischen Apennin und Albaner-Bergen war hügelig und ebenfalls reich an Wasser. Der Süden Latiums war eine ausgedehnte Sumpflandschaft (paludes Pomptinae). Insbesondere in den Albaner-Bergen wurde die vulkanische Prägung der Landschaft offenbar. Sowohl verkehrsgeographisch als auch geomorphologisch sowie hydrologisch gesehen verfügte das frühe Rom über günstige Bedingungen für die Entwicklung einer reichen Landwirtschaft und eine günstige Position für den Handel im westlichen Italien.

Italien

Die nach und nach erfolgende Einbeziehung Italiens in den römischen Machtbereich und die Anlage zahlreicher Kolonien auf der Apenninen-Halbinsel brachte für die römische Wirtschaft andere geographische Voraussetzungen mit sich. Nur etwa ein Drittel des heutigen Italien besteht aus Ebenen. Hiervon muss für die Zeit der Republik noch die größte derselben – die Po-Ebene – abgezogen werden, reichte Italien doch zunächst lediglich bis zum Fluss Aesis in Umbrien, seit Sulla bis an Arno und Rubicon. Erst unter Augustus wurde das heutige Norditalien zum antiken Italien gerechnet. Zieht man die Po-Ebene ab, kann man Italien im Wesentlichen als gebirgig charakterisieren, Ebenen waren nur im geringen Ausmaß vorhanden. Die Gebirge erreichen im Apennin eine Höhe von bis zu rund 3.000 m. Auch hier besteht das Gebirge zum Teil aus Kalken und Sandsteinen, darüber hinaus noch aus vielen anderen Gesteinssorten. In Regionen mit Kalksteinen entwickelten sich Verkarstungszonen, insbesondere im Kalkapennin und in Apulien. Die Karstgebiete selbst sind landwirtschaftlich nahezu ausschließlich für die Weidung von Kleinvieh zu nutzen. Tiefliegende Karstbecken hingegen mit ausreichender Bodenmächtigkeit zählen zu den landwirtschaftlichen Gunsträumen. Wasserwirtschaftlich wirken die Karste sich freilich positiv aus, denn der Niederschlag fließt nicht an der Oberfläche ab, sondern wird im Gefäßsystem des Karstes gespeichert. Daher finden sich zahlreiche Quellen am Rande dieser Gebiete. Ferner liefern die Kalksteingebiete zahlreiche Natursteine, die als Baumaterial dienten. Die Tonsteingebiete Italiens sind anfällig für Abrutschungen von Hängen und von daher für die Landwirtschaft problematisch, gehören aber zu den sogenannten „Ziegelprovinzen“, lieferten also den Rohstoff für den herausragenden Baustoff der römischen Antike. Die Vulkangebiete Italiens verfügen über Tuff und Travertine, mithin begehrte Baustoffe, und haben eine wichtige Funktion als Wasserspeicher. Angesichts der Gebirgigkeit Italiens verwundert die Konzentration von Siedlungen auf die Küstenebenen beziehungsweise auf das Gebirgsvorland nicht. Jedoch unterscheiden sich die Küstenregionen des heutigen Italiens in ihrem Aussehen erheblich von der Antike, da der Meeresspiegel seitdem um 1 – 2 Meter angestiegen ist. Darüber hinaus wurde die Küstenlinie im Mündungsbereich der großen Flüsse durch Aufschüttung von Sedimenten weit nach vorne geschoben. Der Anstieg des Meeresspiegels seit der Antike brachte noch ein weiteres Phänomen mit sich. Hierdurch stieg in den Küstenregionen der Grundwasserspiegel an, was zur Versumpfung der tiefer gelegenen Landstriche führte. Das macht gerade für Italien den Vergleich mit frühneuzeitlichen Verhältnissen in diesen Regionen schwierig bis unmöglich. Trockenperioden von mehr als zwei Monaten beschränken sich auf einen schmalen Streifen an der Westküste und Teile Apuliens. Damit unterscheiden sich die geographischen und klimatischen Gegebenheiten deutlich von den oben skizzierten allgemeineren Bedingungen des Mittelmeerraumes.

Westeuropa und Nordafrika

Die römische Expansion brachte zunächst eine Einbeziehung der westlichen wie der östlichen Mittelmeerwelt samt der ariden Gebiete Nordafrikas mit sich. Im 1. Jahrhundert v. Chr. und im 1. Jahrhundert n. Chr. wurden dann mit Gallien, den Alpen, Teilen Germaniens und Britanniens westeuropäische Gebiete Bestandteil des Römischen Reiches, die wiederum gänzlich unterschiedliche geographische Voraussetzungen boten. Klimatisch betrachtet gehört Westeuropa weitestgehend zur ozeanischen Waldregion mit Fallaubwäldern. Die Winter sind immer noch vergleichsweise milde und die Sommer mäßig warm. Die klimatischen Bedingungen, aber auch die Böden in diesem Gebiet waren fundamental andere als in den mediterranen Gebieten des Reiches. Vor diesem Hintergrund verwundert die Existenz wirtschaftlicher Besonderheiten in diesem Großraum nicht. Auf der anderen Seite brachte aber die Einbeziehung dieser Gebiete in das Römische Reich erhebliche Veränderungen dieser Landschaft durch die intensive wirtschaftliche Nutzung und die Urbanisierung derselben mit sich.

Ausdehnung des Imperium Romanum

Im Zustand seiner größten Ausdehnung umfasste das Imperium Romanum eine Fläche von rund 6 Millionen km2 (einschließlich der Meeresflächen; die EU hat zur Zeit eine Fläche von rund 4,2 Mio. km2) von den subtropischen Zonen Afrikas bis hin zu den eben genannten gemäßigten Klimazonen Europas. Auch die Geomorphologie der Regionen des Reiches konnte unterschiedlicher nicht sein. Man kontrastiere nur die Bedingungen der Viehwirtschaft in Britannien mit denen Ägyptens. Hieraus resultierte eine Vielzahl unterschiedlicher Arten und Weisen der Landwirtschaft, die – wie in jeder vormodernen Gesellschaft – die Basis der Wirtschaft bildete. In den ariden Gebieten des Reiches musste die vorhandene Wassermenge optimal genutzt werden, um entsprechende Ernteergebnisse in der Landwirtschaft zu erhalten, während in anderen Bereichen des Imperium die Bemühungen, Anbauflächen durch Trockenlegung zu gewinnen, im Vordergrund standen. Der Gebirgswelt von Alpen, Pyrenäen und Apennin waren gänzlich andere Wirtschaftsbedingungen zu eigen als den Steppen Syriens oder den Ebenen der Transpadana.

Wirtschaft in der griechisch-römischen Antike

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