Читать книгу Ein Weihnachtsgeschenk für Miss Claus - Kaitlin Spencer - Страница 4
ОглавлениеKapitel 2
Parker zog den Reißverschluss des Koffers zu, der vollgepackt auf dem Bett lag. Alles bereit, um am nächsten Morgen ohne großes Aufheben zum Flughafen aufzubrechen. Sein Flug ging in aller Herrgottsfrühe, sodass er bei der Ankunft am Vormittag in Ruhe den bereits bestellten Wagen abholen und damit zur Hütte fahren konnte, die er für die nächsten drei Wochen gemietet hatte. Erst an Neujahr würde er zurück nach Hause reisen.
Es war bereits das zweite Jahr, dass er Weihnachten in der Einsamkeit von Kanadas Norden verbrachte. Zum Eisfischen ging oder Skifahren. Oder einfach nur vor dem Kaminfeuer saß, genüsslich an einem Glas Whisky nippte und es sich gut gehen ließ. Keine Eile, keine Arbeit. Lediglich er und die Abgeschiedenheit. Alles, was nicht mit diesem ganzen Weihnachtskram zu tun hatte, war ihm mehr als recht.
Wie das vergangene Jahr hatte er die Einladung seines besten Freundes Bruce und dessen Frau Madison ausgeschlagen, sie an Weihnachten zu besuchen. Die beiden erwarteten zudem gerade ihr erstes Kind und konnten ihn ganz sicher nicht gebrauchen. Natürlich war es nett gemeint, doch er hätte sich die ganze Zeit wie ein Mitleidsgast gefühlt. Wie jemand, der nicht wusste, wo er an den Feiertagen hinsollte. So war es einfach nicht.
»Du musst Weihnachten nicht allein verbringen. Wir freuen uns, wenn du bei uns bist«, versicherte Madison ihm mehr als einmal. »Es besteht kein Grund dazu, zum einsamen Wolf mitten in der Wildnis zu werden, nur weil Juliette dich vor beinahe zwei Jahren verlassen hat.«
»Keine Sorge. Es geht mir gut. Und das Ding mit dem einsamen Wolf ist genau das, was ich will«, versicherte er.
Juliette. Die Frau, die ihm das schlagende Herz aus der Brust gerissen und zertrampelt hatte. Zwei Jahre zuvor verließ sie ihn genau an Weihnachten. Ohne Vorwarnung. An Heiligabend war ein Umzugsunternehmen angerückt und hatte ihre Sachen aus der gemeinsamen Wohnung geholt und sie in das Haus ihres Neuen geschafft. Parker hatte keine Ahnung, wie es ihr möglich gewesen war, die Leute dazu zu bringen, den Umzug am vierundzwanzigsten Dezember über die Bühne zu bringen. Wahrscheinlich mit viel Charme und Geld.
Er hatte sich schon zuvor nicht viel aus Weihnachten gemacht, doch seit dieser Aktion von Juliette hasste er es regelrecht.
Im vergangenen Sommer war er ihr und ihrem Kerl beim Shoppen in einer Mall begegnet. Sie war aufgedonnert und reichlich mit teurem Schmuck behängt. Gekleidet in exklusive Designerklamotten. Es war offensichtlich, dass sie das Leben an der Seite eines vermögenden Mannes genoss, der gut dreißig Jahre älter war als sie.
Als sie ihn entdeckte, stöckelte sie auf ihn zu, so schnell sie die albernen High Heels trugen. Er war zu überrumpelt, als dass er ihr rechtzeitig hätte ausweichen können. Sie krallte ihm die künstlichen Nägel in die Schultern und hauchte ihm Küsschen auf beide Wangen. Am liebsten hätte Parker sie von sich weggeschubst, aber er war zu perplex, um entsprechend zu reagieren.
»Parker, Liebling, wie schön, dich zu sehen«, flötete sie übertrieben fröhlich, als wären sie die besten Freunde.
Sobald sie ihn losließ, trat er rasch zwei Schritte zurück, um Abstand zwischen sie beide zu bringen.
»Wie geht es dir, Darling? Ich muss sagen, dass ich schon ein bisschen enttäuscht bin, weil du dich nie meldest.«
Irritiert, dann verärgert, starrte er sie an. »Hast du irgendwelche Drogen genommen? Pillen, die deinem Verstand nicht gut bekommen?«, fragte er. »Anders kann ich mir das hier nicht erklären.«
»Warum bist du nur so nachtragend?«
Parker zog eine Augenbraue hoch. »Vielleicht, weil du dich wie eine Schlampe verhalten hast?«
Er warf einen Blick zu ihrem Gönner, der am Schaufenster eines teuren Juweliers stand und dort auf seine junge Gespielin zu warten schien.
»Weshalb gehst du nicht und lässt dir noch ein paar teure Klunker schenken? Dein Sugardaddy ist sicher ganz erpicht darauf, die Kreditkarte für dich zu zücken. Wenigstens verkaufst du dich nicht billig, wie man sieht.«
Mit diesen Worten drehte er sich um und ging davon. Erst da bemerkte er, dass er die Hände vor Wut zu Fäusten geballt hatte, die er nun lockerte. Dieses Miststück! Tat so, als wäre alles in bester Ordnung. Sollte sie glücklich werden, solange sie sich aus seinem Leben raushielt.
Als er Bruce bei einem Bier von der zufälligen Begegnung mit Juliette erzählte, schüttelte dieser den Kopf.
»Ich habe echt nie verstanden, was du an dieser Frau gefunden hast« war sein Kommentar dazu.
»Sie sieht klasse aus. Das muss man ihr lassen. Zumindest ohne die ganzen Klunker, mit denen sie sich seit unserer Trennung behängt«, erwiderte Parker.
Im Nachhinein betrachtet, fiel ihm selbst kein guter Grund ein, warum er mit ihr zusammen gewesen war. Außer der, dass er sich um den Finger hatte wickeln lassen. Juliette verstand es, das zu bekommen, was sie wollte. Und sie wollte eine Menge. Sie hatte ihre manipulative Herangehensweise zur Meisterschaft erhoben, und er war darauf hereingefallen.
»Warum gehst du nicht endlich mal wieder aus? Amüsier dich«, schlug Bruce vor. »Schlepp eine ab. Was hast du zu verlieren?«
»Ich habe darauf keine Lust. Das bringt nur Komplikationen mit sich.«
»Quatsch. Du bist ein toller Hengst. Ein One-Night-Stand bringt dich nicht in Schwierigkeiten, dafür aber deine Hormone wieder ins Lot.«
»Nein danke.«
Es war nicht so, als ob es Parker an Angeboten mangelte. Immerhin war er das, was man einen gut aussehenden Kerl nannte. Er verspürte nur kein Interesse, sich auf irgendeine Frau einzulassen. Seine Ex hatte ihm eindeutig den Wunsch nach einer Beziehung verdorben. Und sei sie noch so kurz. Zudem war er kein Typ für schnellen, unverbindlichen Sex mit einer Fremden. Natürlich flirtete er hin und wieder, doch weiter ging es nie. Nicht einmal beim letzten Sommerfest, als sich ihm die Tochter einer seiner Auftraggeber betrunken an den Hals geworfen und ihn zu küssen versucht hatte. Er hätte die Situation ausnutzen können, doch das tat er nicht. Das war nicht sein Stil. Schließlich hatte ihn seine Mutter anständig erzogen. Stattdessen hatte er die junge Frau zu ihrem Vater gebracht, der kurze Zeit später mit ihr gegangen war. Nachdem sie sich in den großen Blumenkübel auf der Terrasse erbrochen hatte.
Nach der Trennung von Juliette hatte sich Parker in die Arbeit gestürzt, und aus seiner kleinen, exklusiven Schreinerei und Holzwerkstatt war inzwischen ein Fünf-Mann-Betrieb geworden. Das Geschäft boomte und er verdiente nicht schlecht, sodass er im Frühjahr in ein Haus mit Garten umgezogen war. Er hatte es günstig von einem älteren Ehepaar gekauft, das in ein Seniorenheim umziehen wollte. Da sich beide nicht mehr wirklich um alles hatten kümmern können, war einiges an Reparaturen und Renovierung nötig gewesen. Das alles machte ihm nichts aus, denn er wusste, wofür er es tat. Es gefiel ihm, mit den Händen zu arbeiten, und er mochte Holz. Den Geruch, das Gefühl und das, was daraus entstehen konnte. Für ihn brauchte das Holz nicht makellos zu sein, das er verarbeitete. Astlöcher oder ungewöhnliche Maserungen hatten ihren Charme. Parker hob sie gerne hervor und schuf dadurch besondere Stücke. So besonders, dass die Leute sie ihm förmlich aus den Händen rissen. Damit war Juliettes Abgang wenigstens für etwas gut gewesen, weil er keine Rücksicht mehr auf jemanden nehmen musste. Es war egal, wann er zu Hause war. Wenn er Lust dazu hatte, konnte er die ganze Nacht hindurch arbeiten, bis die Sonne am nächsten Morgen wieder aufging.
Es hatte Monate gedauert, in denen er mit der Arbeit versucht hatte, den Trennungsschmerz zu betäuben, bis ihm klar wurde, dass sie ihn in Wirklichkeit befreit hatte. Von ihr, ihnen beiden und den Beschränkungen einer Beziehung, die von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen war. Nur hatte er es nicht sehen wollen. Aber selbst diese Erkenntnis brachte ihn nicht dazu, sich nach einer neuen Beziehung umzuschauen. Warum sollte er diese teuer bezahlte Freiheit wieder aufgeben? Er dachte gar nicht daran. Die einzige Überlegung war, ob er sich einen Hund anschaffen sollte.
Weihnachten war allerdings immer noch ein rotes Tuch für ihn. Der Firlefanz ging ihm auf die Nerven. Juliette war ganz verrückt danach gewesen, die Wohnung mit kitschigem, blinkendem Zeug zu dekorieren, auf eine Weise, die man eher geschmacklos nennen konnte. Den ganzen Kram hatte sie bei ihrem Auszug zurückgelassen. Parker entsorgte ihn noch am selben Tag im Müll. Alles. Danach betrank er sich. Als er am nächsten Morgen mit dem schlimmsten Kater aller Zeiten aufwachte, quälte er sich als Erstes unter die Dusche. Danach zwang er sich, einen Becher starken Kaffee zu trinken, gegen den sein Magen rebellierte. Sein Kopf wurde allmählich klarer und seine Gedanken begannen zu kreisen. Plötzlich hatte er ein sagenhaftes Design für einen Tisch im Kopf. Es war das erste seiner außergewöhnlichen Möbelstücke. Der Grundstein für seinen Erfolg war gelegt. Natürlich hatte er in der Vergangenheit stets solide und qualitativ hochwertige Arbeit geleistet. Dieser Morgen nach einer betrunkenen Nacht hatte sein Leben jedoch grundlegend verändert. Das, was er tat, wurde nun von einigen Menschen beachtet, besonders jenen, die sich teure Designerstücke leisten konnten.
Parker schüttelte die Gedanken ab, hob den Koffer vom Bett und stellte ihn neben die Tür. Das Taxi zum Flughafen hatte er bereits vorbestellt. Zeit, sich einfach nur auf seine Reise zu konzentrieren und Arbeit eben Arbeit sein zu lassen. Bruce hatte zwar angeboten, ihn zu fahren, doch als er gehört hatte, dass Parker bereits um vier Uhr losmusste, um rechtzeitig am Flughafen zu sein, war sein Freund froh gewesen, als er dankend ablehnte.
Er ging hinunter in sein Büro, wo er rasch noch seinen Laptop einschließlich Ladekabel in eine gepolsterte Tasche packte. Vielleicht würde er während der drei Wochen, die er in der Hütte in Kanada verbrachte, ein wenig arbeiten. Ideen notieren, wenn sie ihn denn überkommen sollten. Ansonsten würde er seine Auszeit konsequent nutzen, um sich vom Alltag zu erholen und abzuschalten. Sorgen musste er sich wegen seiner Abwesenheit nicht machen, denn mit seinem Stellvertreter Steve hatte er einen guten Mann an Bord, auf den er sich verlassen konnte und der sich um alles zuverlässig kümmern würde. Der Laden würde gut laufen. Sollte es Probleme geben, konnte ihn Steve per E-Mail erreichen. Doch in der Regel hörte Parker nichts von ihm.
Als er alles zusammengepackt hatte, entschloss er sich, gemütlich einen Schluck Bourbon zu trinken, um den Abend ausklingen zu lassen, bevor er zu Bett ging. Damit konnte er sicher gut schlafen.
Er freute sich auf die Einsamkeit der Wildnis. Das Beste, um den Stress abzubauen und nichts von dem Weihnachtstrubel mitzubekommen.