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Octavius und Caesar

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Unsere Quellen wissen nichts von einem bestimmten Treffen oder Vorfall zu berichten, der Caesar die Qualitäten des Octavius offenbart hätte, und die moderne Forschung betont auch nicht annähernd genug, dass Caesar während dieser Jahre zumeist weit weg war von Rom. Zwischen dem Überschreiten des Rubikon in der Nacht des 11. Januar 49 v. Chr. und seiner Rückkehr aus Spanien, wo er Anfang Oktober 45 die letzte Armee seiner Gegner besiegte, war er nur selten in der Stadt – Ende 47 für zwei Monate und im Jahr 46 für etwa vier Monate. Octavius schloss sich Caesar in Spanien im Juni 45 an und reiste bereits im Herbst nach Apollonia ab, wo er blieb, bis Caesar starb. Sicher war sich Nikolaos dieser Lücken bewusst, und wahrscheinlich füllt er sie deshalb mit zahlreichen lebendigen Details, die Octavius’ Nähe zu Caesar dokumentieren sollen; doch hierin sollten wir ihm besser nicht folgen. Zudem waren viele von Octavius’ profilierteren Auftritten in der Öffentlichkeit, wie die Grabrede auf seine Großmutter Julia im Alter von zwölf Jahren (bei Nikolaos ist er fälschlicherweise sogar erst neun) oder seine Position als Stadtpräfekt für einen Tag im Alter von 17 Jahren keine so seltenen Ehren, dass man Caesars Zutun hineininterpretieren müsste (außerdem befand sich Caesar beispielsweise zur Zeit von Julias Begräbnis in Gallien). Andere indes schon, wie seine Aufnahme in die renommierteste römische Priesterschaft, das Kollegium der pontifices. Die pontifices hatten die Gesamtaufsicht über die römische Religion inne, die, wie bereits erwähnt, eng mit dem politischen Leben verflochten war. Es war ein Amt auf Lebenszeit, und bei Antritt war Octavian gerade erst 16 Jahre alt. Und dann war da noch seine Aufnahme in die Reihen der Patrizier, den höchsten Rang der römischen Gesellschaft, im Alter von 17 Jahren. Ferner übertrug Caesar Octavian, wie wir gesehen haben, die Organisation der wichtigsten Spiele, die normalerweise in den Zuständigkeitsbereich eines Magistrats fielen, und nach seiner Rückkehr aus Spanien ritt er zusammen mit Brutus hinter Caesars Wagen, direkt hinter Antonius und Caesar.

Das letzte und markanteste Beispiel der zunehmenden Bekanntheit und Prominenz von Octavius war, dass Caesar ihn zum magister equitum machte. Wörtlich bedeutet das „Meister der Reiterei“, und Octavius wurde ordnungsgemäß nach Apollonia geschickt, zum Manöver mit Caesars Legionen. Dennoch war dieses Amt traditionell eher ein politisches als ein militärisches. Der magister equitum war Stellvertreter des Diktators, einer Instanz in der römischen Verfassung, die für Notzeiten vorgesehen war; die Amtszeit war auf sechs Monate begrenzt. Doch wie so viele Bestimmungen der Verfassung, wie die jeweils auf ein Jahr begrenzte Amtszeit der Konsuln, war auch diese im Laufe des unruhigen 1. Jahrhunderts v. Chr. auf der Strecke geblieben; zum Zeitpunkt von Octavius’ Ernennung zum magister equitum befand sich Caesar in seinem fünften Jahr als Diktator, und an den Iden des Februar 44 v. Chr. erklärte man ihn zum Diktator für den Rest seines Lebens – das genau einen Monat später endete. Jedenfalls konnte es kaum einen Zweifel daran geben, welche Rolle Caesar Octavius zugedacht hatte.

Doch als Caesar Ende 45 v. Chr. seinen letzten Willen verfasste, erzählte er Octavius nichts davon. Das Testament sah vor, dass Octavius drei Viertel von Caesars Vermögen erbte (der Rest wurde zwischen zwei Neffen aufgeteilt) und seinen Namen annahm. Voraussetzung war jedoch, dass Caesar keinen Sohn hatte (sein Sohn mit Kleopatra, Caesarion, hatte keine Rechtsansprüche); im Falle, dass Octavius starb oder das Erbe ausschlug, sollte Marcus Antonius das Erbe antreten. Octavius erfuhr von all dem kurz nach den Iden des März aus einem Brief seiner Eltern. Nachdem er wieder in Süditalien gelandet war, erfuhr er weitere Details.

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