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Einleitung

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Demokratische Schulen sind vermutlich die Schulen mit dem radikalsten reformpädagogischen Ansatz. Sie beschränken sich nicht auf eine andere Didaktik, kleine Freiheiten im Schulalltag oder setzen auf Belohnung statt Strafe. Demokratische Schulen haben den Anspruch, Kinder als vollwertige Menschen mit allen daraus resultierenden Konsequenzen zu betrachten.

Dieser Ansatz vereinigt Menschen auf allen Kontinenten. Freilerner, Wirtschaftspioniere, Revolutionäre, liebevolle Eltern, Utopisten, Kinderrechtsaktivisten und Schulbesetzer, um nur einige zu nennen. Die Geschichte Demokratischer Schulen beginnt mit der modernen Demokratie und muss sich trotzdem immer wieder gegen den demokratischen Staat wehren, während dieser ein Schulmodell favorisiert, das aus der vordemokratischen Zeit stammt und kaum praktische Demokratie enthält.

Seit den 1990ern erlebt die westliche Welt eine weitere Schulgründungswelle radikal freier und basisdemokratischer Schulen. Im Gegensatz zu früheren Schulgründungswellen scheint mir erstmals die Voraussetzung für eine breite gesellschaftliche Akzeptanz zu existieren, da kritische Stimmen gegenüber der »neuen Pädagogik« kaum zu vernehmen sind. Zudem ist die Bewegung weltweit gut organisiert. Erleben wir also heute den Startschuss für den Sieg der Pädagogik vom Kinde aus, den progressive Pädagogen seit über 100 Jahren prophezeien?

Ein Blick in die Geschichte reformpädagogischer Schulen könnte helfen, die weitere Entwicklung vorherzusagen. Doch diese ist für Demokratische Schulen bisher nicht ausführlich aufgeschrieben worden.

Die wenigsten Gründer und Lehrer an Demokratischen Schulen dürften wissen, wo die pädagogischen Wurzeln der Demokratischen Schule liegen, oder wie vielfältig die Bewegung, denn als solche muss sie mittlerweile bezeichnet werden, geworden ist.

Aber nicht nur die Geschichte, auch die Gegenwart dürfte den meisten Menschen im Umfeld Demokratischer Schulen nicht bewusst sein. So lag bis jetzt keine Übersicht mit Anspruch auf Vollständigkeit über die Anzahl oder pädagogische Ausrichtung Demokratischer Schulen der Welt, Europa oder Deutschland vor.

Diese Arbeit wurde verfasst, um dies zu ändern.

Um einen Blick in die Zukunft zu wagen, macht es Sinn sich diejenigen Wirkungslinien von pädagogischen Projekten zu betrachten, die heutige oder ehemalige Demokratische Schulen möglich gemacht haben und dabei zu bewerten wie »erfolgreich« sie in der Verbreitung der Idee waren und wie stark dabei unterschiedliche Wirkungslinien auf welche Art und Weise interagiert haben.

Die Forschungsfrage dieser Arbeit lautet daher:

Wie haben sich die institutionellen Wesensmerkmale Demokratischer Schulen aus ihren ideengeschichtlichen Quellen ergeben?

Unter Quellen seien hier sowohl Ideologien, die privaten und politischen Sozialisationsumstände der Gründerfiguren, pädagogische Vorgängerprojekte, als auch pädagogische Idole verstanden.

Obwohl Ulrich Klemm sechs institutionelle Wesensmerkmale für Demokratische Schulen definiert, habe ich mich auf die beiden wesentlichen beschränkt. Wie später zu sehen ist, bedingen Lernfreiheit und die Demokratische Entscheidungskultur die anderen vier institutionellen Wesensmerkmale bei Klemm und entsprechen sinngemäß der Definition der European Democratic Education Community.

Für die Beantwortung der Forschungsfrage war es wichtig zu analysieren, welche Schulen sich heute als Demokratische Schulen verstehen und wie sich die Bezeichnung »Demokratische Schule« ergeben und verbreitet hat. Es zeigte sich schnell, dass einige Schulen den sogenannten »Demokratischen Schulen« sehr ähnlich sind, teilweise mit ihnen in Kontakt stehen, sich aber nicht als solche bezeichnen oder bezeichnet haben. Dies ließ unterschiedliche Ursprünge vermuten, welche ich tatsächlich auch herausarbeiten konnte.

Die Umstände der Gründung Demokratischer Schulen (Vorgängerschulen, pädagogischer Einfluss, politische Rahmenbedingungen, wirtschaftliche Situation, …) ließ sich nicht von den Gründerpersönlichkeiten und deren Lebensgeschichte trennen, weswegen ich beides nachvollzogen und das Wichtigste festgehalten habe. Des Weiteren interessierten mich konzeptionelle Besonderheiten, ihr Einfluss auf andere Schulen und die Gründe ihres Auftretens bzw. Nicht-Auftretens.

Dabei ist eine globale Übersicht (geographische Verbreitung, Anzahl, Schülerzahl, politische Bedeutung, Organisation, konzeptuelle Orientierung, …) Demokratischer Schulen und ihrer Netzwerke mit dem Schwerpunkt auf Deutschland entstanden.

Aus sprachlichen, zeitlichen und organisatorischen Gründen wurde ein Fokus auf die westliche Welt gelegt, insbesondere auf Deutschland. Dennoch enthält diese Arbeit so gut wie möglich Informationen zu Schulen aus anderen Teilen der Welt, z. B. Japan, Brasilien, Argentinien, Thailand, Indien und Ägypten.

Geschichte der Demokratischen Schule

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