Читать книгу Hexen, Teufel und Blocksbergspuk - Karl Knortz - Страница 4
I. Hexen.
ОглавлениеDie Kulturgeschichte hat überzeugend bewiesen, daß sich der Aberglaube mit jeder Religionsform friedlich verträgt; derselbe mag eine Zeitlang ins Verborgene gedrängt, niemals aber wird er gänzlich unterdrückt werden. Schon der allen Religionssystemen eigene Dualismus, also der Glaube an das Walten zweier sich feindlich bekämpfender Mächte, bewirkt, daß der Teufel und seine Helfershelfer nicht ignoriert werden dürfen, auch schon deshalb nicht, weil ihre Existenz durch die Bibel sanktioniert ist. Deshalb sagt auch John Wesley, der Gründer der Methodistenkirche, allen Ernstes, daß derjenige, welcher z. B. die Existenz der Hexen verneine, die Wahrheit der Bibel leugne.
Die Hexen stellten ursprünglich die im Wind und Wetter wirkenden Naturkräfte dar und hatten als solche natürlich weitgehenden Einfluß auf das Wohl und Wehe der Menschen. Als Hainbewohnerinnen – daher ihr Name – standen sie mit der Gottheit in unmittelbarem Verkehr und konnten deshalb, wie die gewöhnliche Redensart lautet, mehr als Brot essen. Es waren also weise Frauen, deren Rat häufig verlangt und stets geschätzt wurde. Auch das englische witch, das slavische vjestica und das lateinische saga bedeutet eine weise Frau. Unter dem lateinischen Worte strix, das vielfach für Hexe gebraucht wurde, ist eigentlich ein Nachtvogel oder ein Vampyr zu verstehen, der schlafenden Kindern das Blut aussaugt. Volatica heißt die Hexe im Lateinischen in Hinsicht auf ihr nächtliches Herumfliegen, und anus cautatrix in Bezug auf ihre Zaubersprüche. Das englische hag ist mit Hexe oder Hagesse etymologisch verwandt; man versteht jetzt darunter eine alte, runzliche, arme und verachtete Frau. – In Siebenbürgen werden die Hexen heute noch „gute Frauen“ genannt. Da aber ihr weiser Rat von den Christen auf heidnische Inspiration zurückgeführt wurde, so war es kein Wunder, daß diese in jenen Seherinnen nichts als verworfene und verstockte Teufelsdienerinnen erblickten und ihr möglichstes taten, sie mit Feuer und Schwert vom Erdboden zu vertilgen.
Der Kirchenvater Origines lehrte, daß jeder Mensch von zahllosen guten und bösen Geistern umgeben sei und daß der Teufel sich keine Gelegenheit entgehen lasse, die Frommen in seine Gewalt zu bringen, weshalb stets die größte Wachsamkeit geboten sei. Gregor der Große erzählt von einer Nonne, in der sich, da sie einst vergaß das Zeichen des Kreuzes auf ein von ihr gegessenes Salatblatt zu machen, der Teufel so fest setzte, daß St. Equitus seine ganze Beschwörungskunst aufbieten mußte, denselben zum Weichen zu bringen.
Nach Cäsar von Heisterbach bekümmerte sich der Teufel beständig um menschliche Angelegenheiten; besonders suchte er in Gestalt einer üppigen Frau die Heiligen zu verführen und sich Gewalt über schwangere Weiber zu verschaffen. Sprenger, einer der Verfasser des berüchtigten Hexenhammers, bemerkt, wenn ein Mann zu seiner schwangeren Frau sage, der Teufel soll sie holen, so sei das Kind dem bösen Geiste verfallen; ja, er behauptet sogar, mehrere solcher unglücklichen Kinder gesehen zu haben. Jedes derselben hatte einen solchen Appetit, daß es nicht von fünf Ammen gestillt werden konnte; trotzdem sahen alle mager und abgezehrt aus, waren auch sehr schwach.
In der folgenschweren Bulle, die Papst Innocenz VIII. 1484, also im ersten Jahre seiner Amtsführung erließ, machte er die Welt auf die Tatsache aufmerksam, daß besonders in Deutschland die Zahl der Incuben, Succuben und Hexen in erschrecklicher Weise zugenommen hätte und daß, währenddem die erstgenannten hauptsächlich auf die Verführung junger Frauen und Männer ausgingen, die letzteren das heilige Sakrament verlästerten und durch gottlose Handlungen und Zaubersprüche den Weinbergen, Obstbäumen und Tieren empfindlichen Schaden zufügten. Deshalb beauftragte dann der Papst „seine geliebten Söhne“ Heinrich Institor und Jacob Sprenger, in Oberdeutschland und im Rheingebiete auf diese Übeltäter und Übeltäterinnen zu fahnden und die Ketzerei mit allen Mitteln auszurotten. Genannte Herren fühlten sich durch diesen Auftrag so sehr geschmeichelt, daß sie nichts Eiligeres zu tun hatten, als die lateinische Schrift Malleus maleficarum (Hexenhammer) zusammenzustellen und darin erstens die Existenz der Hexen „wissenschaftlich“ zu beweisen und zweitens genau anzugeben, an welchen Merkmalen diese zu erkennen und durch welche Torturen sie zum Geständnis zu bewegen seien.
Diese Schrift, welche tausende von unschuldigen Frauen dem Flammentode überlieferte, beruht auf der Ansicht, daß hauptsächlich das Weib sich als Werkzeug des Satans gebrauchen ließe und dem christlichen Glauben weniger zugetan sei als der Mann.[1] Nach der von den Verfassern vertretenen Ansicht soll es hauptsächlich drei Dinge, nämlich Zunge, Geistlicher und Weib in der Welt geben, die sich stets in Extremen bewegen und entweder die höchste Güte oder die höchste Bosheit anstreben. Da die Frauen Vernunftgründen schwer zugänglich seien, so gäben sie leicht den Einflüsterungen des Teufels Gehör – kurzum, sie seien, da sie aus einer krummen Rippe erschaffen, zu allem fähig.
Aber nicht nur Frauen, sondern auch unschuldige Kinder wurden des Umgangs mit dem Teufel geziehen und demgemäß bestraft; deshalb erlauben die Bewohner einiger Dörfer Tyrols noch heute nicht ihren Kindern, nach dem Abendläuten auf die Straße zu gehen, weil sie befürchten, die Unholdinnen würden alsdann Macht über sie gewinnen.[2] Dr. Charles Mackay klagt in seinem Werke „Memoirs of extraordinary popular delusious“ (London 1841) bitter über den weitverbreiteten Glauben, daß Kinder, die noch nicht einmal zwölf Jahre zählten, des Umgangs mit dem Teufel überführt und dann verbrannt wurden (convicta et combusta). Die letzte derartige Hinrichtung wurde in England 1716 vorgenommen; es wurde damals Frau Hicks mit ihrer neunjährigen Tochter dafür gehängt, daß sie ihre Seele dem Teufel verkauft und durch Abziehen ihrer Strümpfe und durch Seifenschaum einen schrecklichen Sturm erregt hatten.
Trotzdem ist der Hexenglaube in England ebensowenig ausgestorben, wie in andern christlichen und unchristlichen Ländern. In der Londoner „Times“ vom 18. Dezember 1845 befindet sich folgende, dem zu Iverneß in Schottland erscheinenden „Courier“ entnommene Mitteilung: „Nicht weit von Louisburg lebt ein Mädchen, das bis vor wenigen Tagen im Rufe stand, eine Hexe zu sein. Um ihm die Zauberei gründlich zu vertreiben, setzte es ein Nachbar in ein Loch, umgab es mit dürrem Holz und Hobelspänen und zündete diese an. Glücklicherweise trug das Kind keine gefährlichen Brandwunden davon, doch wurde es nach der Aussage intelligenter Nachbarn dadurch von seinem hexenähnlichen Aussehen befreit und machte sich später auch keiner Zauberei mehr schuldig.“
Es gibt kein Land ohne Hexensagen. Überall wird erzählt, daß diese Unholdinnen der Hausfrau das Buttern erschweren oder unmöglich machen, daß sie den Teufel verehren und Unzucht mit ihm treiben, daß sie durch die Luft auf Besenstielen, Ofengabeln, Böcken, Katzen, Hunden und sogar auf Menschen reiten, daß sie Gewitterstürme verursachen und die Kinder krank machen oder am Wachstum verhindern. Angesichts dieser Tatsachen darf man sich nun nicht verwundern, daß stets die schrecklichsten Mittel zur Ausrottung derselben angewendet wurden, besonders in Zeiten, da man infolge der Unkenntnis der Naturgesetze natürliche Vorgänge nicht auf natürliche Ursachen zurückführen konnte.
Vom Mitleide der Hexen gibt es nur wenige Beispiele. Als einst ein Tyroler in Koblenz am Heimweh erkrankte,[3] aber kein Reisegeld besaß, setzte ihn eine Hexe auf ihren Geisbock und lieferte ihn nach einer Viertelstunde gesund und munter in seinem Geburtsorte ab.
Wollen die Tyroler Hexen einen Gewittersturm erregen, so ziehen sie rote Strümpfe, wodurch der Blitz versinnbildlicht wird, an und fliegen über Berg und Tal. Nur Glockengeläute, das ihnen überhaupt verhaßt ist, kann sie von ihrer verderblichen Luftfahrt abhalten, weshalb auch noch heute in zahlreichen Dörfern Oesterreichs beim Gewitter die Glocken geläutet werden.
Schon die alten Griechen glaubten, daß die Hexen den Lauf der Sonne aufhalten, Tote erwecken und Stürme hervorrufen konnten. Während der amerikanischen Kolonialzeit half einst eine Hexe einem Arzte, der mit Kornschaufeln beschäftigt war, dadurch, daß sie ihm günstigen Wind zufächelte. Um einen Sturm auf einem Meere oder Fluß zu erregen, brauchen die Hexen bloß ins Wasser zu schlagen; nach dem Hexenhammer müssen sie dabei den Teufel anrufen und einen schwarzen Hahn opfern. Wie G. P. Mac Lean in seinen „History of the Clan Mac Lean“ (Cincinnati 1889) erzählt, so wurde die berühmte spanische Armada durch eine schottische Hexe, die auf dem Berge Ben More wohnte, zerstört. Sobald sich nämlich ein spanisches Schiff auf englischem Wasser zeigte, stellte sie ein kleines Boot auf einen Bach und drehte es so schnell und so lange hin und her, bis es sank, worauf auch das feindliche Schiff von den Wellen verschlungen wurde.
Wenn die Tyroler Hexen ins Wasser schlagen, um ein Gewitter herbei zu zaubern, so bedienen sie sich eines Eschenzweiges, den sie beständig im Busen versteckt tragen. Die Esche, einer der wichtigsten Bäume der altnordischen Mythologie, steht nach Kuhn’s Forschungen in engster Beziehung zu den Wolkenbildungen. In Böhmen ist man der Ansicht, daß schon die Nähe derselben gegen Blitzgefahr schütze. In einigen Gegenden Deutschlands sollen die Hexen sich zur Hervorrufung eines Sturmes der Haselstaude bedienen; dieselbe, aus der auch die Wünschelrute gemacht wird, ist dem Gewittergotte Donar geweiht. Im Kanton Sankt Gallen heißen die Hexen „Haselnußfräuli“.
Am Maria-Heimsuchungstage pflückt man Haselzweige und steckt sie vereint mit Palmzweigen vor die Fenster und auf die Felder. Sie schützen vor Blitz und Hagelschlag. Auch geht die Sage, daß sich unter der Hasel keine Schlange aufhalte, und daß mit einer Haselgerte alles giftige Gewürm getötet werden könne. Haselzweige dienen als Zauberstäbe, mit denen man Geister und Hexen bannen und zitieren kann. Die Rute muß aber von einer Weißhaselstaude in einer „heiligen“ Nacht, besonders der Christnacht, geschnitten sein.
Am Pfingstsonntage geht nach dem Volksglauben die Sonne dreimal auf. Wer nun vor dem dritten Sonnenaufgang mit einem Schnitt drei Kreuze in die Rinde einer Haselrute und diese selbst mit drei Schnitten glatt vom Stamme schneidet, der hat einen zauberkräftigen Stock. Er kann mit demselben ferne Feinde prügeln. Dies geschieht auf folgende Art: Er nimmt ein Kleidungsstück von demjenigen Körperteile, auf den er dem Feinde Hiebe versetzen will, schlägt auf dasselbe, und der Ferne wird den Schlag auf der betreffenden Stelle empfinden.
In England und Amerika nannte man eine gewisse Pflanze, aus welcher eine Flüssigkeit gewonnen wird, mit der man wunde Körperstellen befeuchtet, witch hazel. Der botanische Name dafür ist hamamelis virginica, also auf Englisch wych hazel.[4] Sie wurde nie für Zauberzwecke gebraucht.
Die Nordmänner nannten die Hexen zuweilen seidhr konur; das erste Wort, welches eigentlich Zauber bedeutet, soll von sjoda (kochen) abgeleitet sein und mit dem Kessel, in welchem die Hexen das Gewitter brauen, in Verbindung stehen.
Englische Hexen sollen häufig den Seeleuten günstige Winde verkauft haben. Eine solche lebte z. B. 1814 auf den Orkney-Inseln; nachdem sie das Wasser in ihrem Zauberkessel zum Kochen gebracht hatte, sprach sie einige Beschwörungsformeln darüber aus und verkaufte es dann. Auf der Insel Man verkauften die Hexen den Schiffern Fäden, in die sie eine Anzahl Knoten gemacht hatten; je nachdem nun Wind gewünscht wurde, öffnete man dieselben.
Der Wende nennt den Sturm- oder Wirbelwind Wichar und stellt sich denselben als großen, grauen Kater vor. Stürmt es, so wirft er sein Messer in die Luft, um ihn zu verwunden. In Spalato schießen die jungen Leute geweihte Wachskugeln in die Gewitterwolken und glauben, daß nach jedem Schusse eine Hexe sterbe.
Die Bewohner von Krain stoßen bei einem schweren Gewitter zur Vertreibung der Hexen mit Kehrbesen, Mistgabeln und anderen ländlichen Waffen in der Luft herum. Auf der deutschen Sprachinsel Gottschee schießen bei derselben Veranlassung die jungen Leute zerstoßene Kupfermünzen, Schweinsborsten und dergleichen aus Pistolen, Gewehren und Mörsern in die Wolken und verursachen dadurch den Hexen Triefaugen.
Daß die amerikanischen Neger, besonders die dem unbeschränktesten Aberglauben blindlings ergebenen Bewohner der Südstaaten, sich das Leben und die Widerwärtigkeiten desselben nicht ohne Beeinflussung durch Hexen denken können, zeigen dieselben namentlich durch Erfindung zahlreicher Mittel, um die schädliche Wirksamkeit der unheimlichen Teufelinnen zu beseitigen und sich gegen die nächtlichen Besuche derselben zu schützen. Man füllt, um einige anzuführen, eine Flasche bis zur Hälfte mit Wasser und hängt sie an den Pfosten des Bettes, da, wo der Kopf liegt. Dann nimmt man einen ungebrauchten Kork, steckt zwölf neue Nadeln hinein und hängt ihn über die Öffnung der Flasche. Kommt dann die Hexe und setzt sich dem Schlafenden auf die Brust, so muß sich dieser ruhig verhalten; schickt sie sich aber gegen Morgen zur Abfahrt an, dann ist die Gelegenheit gekommen, sie zu fangen. Sie muß nämlich ihren Weg über den Pfosten, wo der Kopf liegt, nehmen und wird dann durch ihre innere Natur gezwungen, bei den Nadeln anzuhalten, um sie zu zählen. Nun muß man den Kork schnell in den Hals der Flasche drücken und die Hexe ist gefangen und unschädlich gemacht. Einige Tage später wird eine alte, kränkliche Frau kommen und bitten, ihre Seele aus der Flasche zu befreien, da sie sonst sterben müsse. Erfüllt man ihren Wunsch nicht, so wird sie langsam dahinsiechen und schließlich auf dem Kirchhofe landen.
Auch kann man eine Hexe dadurch festbannen, daß man unbemerkt eine dreizackige Gabel unter ihrem Stuhle in den Zimmerboden sticht; erst nach Entfernung derselben kann sie sich wieder bewegen und auf Nimmerwiedersehen Abschied nehmen.[5]
Die Hexen sollen sich besonders gerne in Besen, die in der Stubenecke stehen, aufhalten; abgenutzte Besen werden daher in Oesterreich und Deutschland gewöhnlich verbrannt. Im erstgenannten Lande nennt man die auffallend dicht zusammengewachsenen Zweige eines Baumes Hexennest, weil eine Gewitter schickende Unholdin darin wohnen soll. Wenn der Wende einen Besen oder einen Schuh auf den Weg legt, so muß jede Hexe um diese Gegenstände herum, aber nicht darüber schreiten. In Teplitz und Umgegend sammeln die Kinder im Frühjahr alte Besen, zünden sie am Walpurgisabend auf einem hohen Berge an und schwenken sie in der Luft herum; dies nennen sie Hexenfeuer, weil dadurch die Hexen vertrieben werden sollen. Zu demselben Zwecke wird auch dort um genannte Zeit mit den Peitschen geknallt, mit Ketten gerasselt und auf Hörnern geblasen, die aus Weidenrinde verfertigt sind.
Wenn in Schlesien auf Ostermontag ein Besen vor die Kirchtüre gelegt wird, kann keine Hexe darüberschreiten. Will man die Hexen dort aus den Ställen halten, so braucht man bloß mit geweihter Kreide drei Kreuze an die Türe zu machen. Aus den Häusern hält man sie dadurch, daß man eine Fledermaus an die Türe nagelt.
Wenn in Waldeck ein junges Ehepaar seine neue Wohnung bezieht, so werden zum Schutz gegen Hexen Besen und Axt, welch’ letztere als Atribut Thors den Blitz repräsentiert, kreuzweis über die Türschwellen gelegt.
Da in einigen katholischen Gegenden Deutschlands in der Karwoche die Glocken nicht geläutet werden. so haben alsdann die Hexen freien Lauf, und die Hausfrau sucht sich gewöhnlich durch fleißiges Kehren, besonders unter dem Bette, dagegen zu schützen. Auch in der Niederlausitz werden die Hexen mit dem Besen fortgekehrt. Die deutschen Bauern verstehen unter dem Ausdruck „Donnerbesen“ oder „Wetterhexe“ gewöhnlich ein fleißiges Mädchen, das mehr und schneller als ein anderes arbeitet.
Die Hexen scheinen also eine besondere Vorliebe für Besen zu haben. Wenn sie sich heimlich in die „Hölle“, d. h. in eine warme Ecke hinter dem Ofen begeben, so verkriechen sie sich gewöhnlich in den dort stehenden Besen. Auch benutzen sie ein solches Hausgerät bei ihrer nächtlichen Frühlingsfahrt zum Blocksberg. Ehe sie abfahren, beschmieren sie den Besen oder irgendein anderes lebloses Fahrzeug mit Hexensalbe.[6] Diese bereiten sie auf folgende Weise: sie stecken beim Abendmahl eine geweihte Hostie heimlich in die Tasche, füttern eine Kröte damit und verbrennen sie. Die Asche derselben vermischen sie mit dem Blute eines ungetauften Kindes, mit gewissen Kräutern und mit Knochenmehl, das von einem Gehenkten stammt.
Heyl erzählt in seinem früher erwähnten Sammelwerke, daß einst ein Tyroler Knecht die mit ihm in demselben Hause dienende Magd in der ersten Mainacht heimlich beobachtete und sah, wie sie mit jener Salbe eine Ofengabel bestrich und mit den Worten: „Überall auf und nirgends an!“ durch den Schornstein verschwand. Als sie fort war, probierte der Knecht auch sein Glück. Er beschmierte mit dem Reste der Hexensalbe ein ähnliches Fahrzeug, doch da er dabei die Zauberworte verkehrt sprach, so stieß er unterwegs überall an. Als er nun schließlich mit zahlreichen Löchern im Kopfe auf dem Hexentanzplatze anlangte, sah er, wie jene Magd geschlachtet, gebraten und gegessen wurde. Eine Rippe derselben warf man ihm zu, doch er verzehrte sie nicht, sondern steckte sie in seine Tasche. Als sich nun die Hexe zur Heimfahrt rüstete, belebte sie die übrigen Knochen wieder und da sie ausfand, daß ihr eine Rippe fehlte, machte sie sich eine aus Haselholz. Als sie späterhin der Knecht daran erinnerte, stürzte sie tot zur Erde.
Eine Tyroler Hexe, wie ebenfalls Heyl erzählt, warf, wenn sie eine nächtliche Versammlung besuchen wollte, jedesmal einen Sattel auf den Rücken ihres Stiefsohnes, worauf er in ein Pferd verwandelt wurde und sie forttragen mußte. Zu Hause angekommen, nahm sie dem Jungen den Sattel ab und verlieh ihm seine frühere Gestalt wieder. Als sie nun einst ihren Bruder zu demselben Geschäfte zwingen wollte, warf dieser schnell den Sattel über sie und verwandelte sie in eine Stute. Mit derselben ritt er zur nächsten Schmiede und ließ sie beschlagen; doch als er ihr den Sattel wieder abnahm, war sie tot.
Ist eine Hexe verheiratet, so legt sie vor Antritt ihrer nächtlichen Fahrt ihrem schlafenden Manne ein Stück Holz oder einen Stiefelknecht, dem sie menschliche Gestalt angezaubert, ins Bett.
Die Hauptversammlung der Hexen findet in der ersten Mainacht statt, also zur Zeit, da die Anfänger des deutschen Volksglaubens, besonders die durch Karl den Großen in Schrecken versetzten Sachsen, in heiligen Hainen zusammenkamen und frohen Gottesdienst feierten. Der bei dieser Gelegenheit verehrte Wotan wurde von den Christen zum Teufel gestempelt, wie man auch den Waldensern nachsagte, sie beteten bei ihren heimlichen Zusammenkünften den Teufel in Gestalt einer Kröte, einer Katze oder eines Bockes an und pflegten fleischlichen Umgang mit ihnen.
Die Walpurgisnacht hat ihren Namen von einer Heiligen, die im achten Jahrhundert im Kloster Heidenheim bei Eichstadt lebte und mit den heidnischen Festen in keinerlei Verbindung stand. Ihr Name bedeutet „Totenbergerin“; vielleicht wurde sie deshalb so genannt, weil bis zum Mai die Erde im Schlummer liegt. Nach Vernalekens Alpensagen tritt sie als Frau mit feurigen Schuhen, langem, flatterndem Haar und einer Goldkrone, also mit Merkmalen auf, die auf ihre Beziehungen zum Gewitter hindeuten.
Um genannte Frühlingszeit feierten die Griechen ihre kleinen Eleusynien und die Römer ihre Floralien; letztere dauerten vom 28. April bis zum 1. Mai und arteten gewöhnlich in wüste Orgien aus. Der 1. Mai war der Hauptfeiertag der Göttin Flora, der ein fettes Schwein geopfert wurde. Die Griechen verehrten in jener Zeit auch Hekate, eine der Unterwelt entstiegene Göttin der Zauberei, die über Kirchhöfe und Kreuzwege fuhr, Wind und Wetter machte und den Kräutern geheime Kräfte verlieh. Hekate, die oft mit Diana verwechselt wird und auch manche Ähnlichkeit mit ihr zeigt, war eine mystische, von Hesiod zuerst erwähnte Göttin des nachhomerischen Zeitalters, der alle Schreckmittel der Natur zur Verfügung standen, weshalb sie auch häufig für das Menschen fressende und sich in allerlei Gestalten zeigende Gespenst Empusa gehalten wird.
Jede Gegend Deutschlands und Oesterreichs hat einen bestimmten abgelegenen Platz, auf dem die Hexen ihre Jahresfeste abhalten. Der Hauptort ist jedoch der im Harz gelegene Brocken, der häufig von Nebelschichten umgeben ist, die im Sturm alle erdenklichen Gestalten annehmen und dadurch die Phantasie mit den wildesten Bildern beleben. Dort feierten auch die alten Sachsen ihr jährliches Frühlingsfest mit Freudenfeuer und Tanz.[7]
Nach einer von Dr. Bienemann mitgeteilten Sage[8] wurde für die deutschen Hexen auf dem Blocksberg besonders gekocht, und ein Bäuerlein, das einst neugierig in den betreffenden Kessel blickte, erhielt vom Küchenmeister des Teufels einen solch’ kräftigen Schlag auf den Mund, daß er die Vorderzähne der oberen und unteren Kinnlade einbüßte.
Um die Hexen zu verhindern, auf ihrer nächtlichen Fahrt unterwegs Schaden anzurichten, machte man mit Kreide Kreuze an Haus, Scheune und Stall, zündete Feuer auf hohen Bergen an und läutete die Kirchglocken. Letzteres war ihnen ebenso zuwider, wie Goethe im zweiten Teile des „Faust“ spricht:
„Vom verfluchten Bimbambimmel
Umnebelnd heitern Abendhimmel,
Mischt sich in jegliches Begebnis
Vom ersten Bad bis zum Begräbnis,
Als wäre zwischen Bein und Baum
Das Leben ein verschollner Traum.“
In Böhmen, woselbst es die Hexen hauptsächlich auf die Verheerung der Felder abgesehen haben, wird in der ersten Mainacht fleißig geschossen, „damit der Brand nicht hinein komme“. Zuweilen wird auch ein Feuer angezündet und eine weibliche Figur hineingeworfen. In Oberösterreich pflegen Mägde und Knechte allerlei zur Reinigung des Hauses und Hofes gebrauchte Geräte, wie Rechen, Gabeln, Schaufeln und Besen umgekehrt in den Boden zu stecken, damit die Hexen daran hängen bleiben. Oft wird auch am ersten Mai das Vieh ausgetrieben und mit geweihten, aus Birkenreisern bestehenden und mit Blumen geschmückten Ruten geschlagen.
Eine drastische Beschreibung des Hexensabbathes findet man im „Simplizissimus“; doch fügt der Verfasser am Schlusse ironisch hinzu, daß dieselbe entweder auf einen Traum oder auf Aufschneiderei beruhe.
Von einem merkwürdigen Hexenritt berichtet das folgende isländische Märchen:
„Es war einmal ein Pfarrer, ein vortrefflicher und tüchtiger Mann. Als diese Geschichte sich zutrug, war er noch nicht lange verheiratet und hatte eine junge, hübsche Frau, die er sehr liebte; sie zeichnete sich aber auch in jeder Hinsicht vor allen anderen Frauen in jener Gegend vorteilhaft aus. Ein Makel aber haftete an ihrem Lebenswandel, der dem Pfarrer gar nicht so geringfügig vorkam, der bestand eben darin, daß sie in jeder Christnacht verschwand und niemand wußte, was dann aus ihr geworden war. Der Pfarrer drang deshalb häufig mit Fragen in sie, allein, sie sagte, ihn gehe das gar nichts an. Dies war die einzige Sache, über die sie uneins waren.
Einst verdingte sich bei dem Pfarrer ein armer Wanderbursche; er war unansehnlich von Gestalt und Wuchs, doch glaubten die Leute, er verstehe sich auf mehr Dinge als gewöhnliche Menschen. So ging es auf Weihnachten zu, ohne daß sich etwas besonderes zutrug. Am Weihnachtsheiligabend jedoch ist der Bursche draußen im Pferdestall damit beschäftigt, die Leibpferde des Pfarrers zu kämmen und zu verpflegen. Da schlüpft auf einmal die Frau des Pfarrers herein und beginnt mit dem Burschen ein Gespräch über allerlei Dinge, und ehe er sichs versieht, zieht sie unter der Schürze ein Gebiß mit Zaumzeug hervor[9] und legt es dem Burschen an. Dasselbe aber übt eine solche Zauberkraft aus, daß der Bursche die Pfarrersfrau ruhig seinen Rücken besteigen läßt und wie der Wind mit ihr davonläuft. Es geht über Berg und Tal, über Felsen und Geröll, nichts hemmt den Ritt; dem Burschen ist beinah, als wate er durch dicken Rauch. Zuletzt kommen sie an ein kleines Haus. Dort steigt sie ab und bindet den Burschen an einen in der Hauswand befindlichen Pflock. Darauf geht die Pfarrersfrau an die Tür des Hauses und klopft an. Es kommt nun ein Mann heraus und empfängt sie ausgezeichnet freundlich und nimmt sie mit ins Haus. Sobald sie aber darin verschwunden sind, löst der Bursche den Zügel von dem Pflock, befreit sich mit einiger Mühe von dem Gebiß und steckt es zu sich. Dann kriecht er auf das Dach des Hauses und späht durch einen Ritz im Dache, um zu sehen, was drinnen los sei. Da sieht er zwölf Frauen an einem Tische sitzen und als den dreizehnten jenen Mann, der herausgekommen war. Er erkannte auch seine Hausmutter unter ihnen. Er nimmt wahr, daß diese Frauen dem Manne große Ehrfurcht erweisen und im Begriffe sind, ihm allerlei von ihren Kniffen und Schlichen zu erzählen. Unter anderem berichtet da die Pfarrersfrau, sie sei auf einem lebendigen Menschen hergeritten, was der Hausherr sehr erstaunlich findet, denn er sagt, dies sei der schwierigste Hexenritt, einen lebendigen Menschen reiten zu können. Er meint, sie werde an Zauberkünsten alle anderen übertreffen, „denn ich weiß niemanden, der das bisher gekonnt hätte, außer mir selber“. Nun bitten ihn die Frauen fußfällig, sie doch auch diese Kunst zu lehren. Da legt er auf den Tisch ein Buch mit Blättern von grauer Farbe mit feuriger Schrift geschrieben. Diese Schrift sandte helle Strahlen durch das Haus, welches von keinem anderen Lichte erleuchtet wurde. Der Hausherr beginnt nun, die Frauen aus diesem Buche zu unterweisen und ihnen den Inhalt desselben auszulegen; der Bursche aber prägt sich alles, was jener vorträgt, genau ein. Nun wird mit dem Unterricht aufgehört, jede der Frauen aber zieht ein Glas aus der Tasche und reicht es dem Hausherrn. Der Bursche sieht, daß etwas Rotes darin ist, was der Hausherr trinkt, worauf er den Frauen die Gläser zurückgibt. Dann verabschieden sie sich sehr höflich von ihm und verlassen das Haus. Nun sieht der Bursche, daß von den Frauen eine jede ihr Zaunzeug und ihr Reitpferd hat; die eine hat einen Pferdefuß, die andere eine Kinnlade, die eine ein Schulterblatt usw. Jede nimmt nun ihren Gaul und reitet fort. Von der Pfarrersfrau aber ist zu erzählen, daß sie ihr Reitpferd nirgends findet; sie läuft wie besessen um das ganze Haus herum, wie sie sich’s am wenigsten versieht, springt der Bursche vom Dach herunter und legt ihr das Gebiß an. Dann sitzt er auf und macht sich auf den Heimweg. Er hatte in dieser Nacht so viel gelernt, daß er die Pfarrersfrau ganz richtig lenken konnte, und von ihrem Ritt ist weiter nichts zu sagen, als daß sie wieder in demselben Pferdestall anlangte, von dem sie ausgeritten waren. Hier steigt der Bursche ab und bindet die Pfarrersfrau im Stalle an. Dann geht er heim und, erzählt die Zeitung, wo er gewesen und wo die Pfarrersfrau hingekommen sei und wie sich das alles zugetragen habe. Darüber verwundern sich nun alle Leute, und nicht am wenigstens der Pfarrer. Nun wurde die Pfarrersfrau herbeigeholt und verhört, und da gesteht sie nun zuletzt ein, daß sie und elf andere Pfarrersfrauen einige Jahre lang die schwarze Schule besucht hätten, wo der Teufel selber sie in Zauberkünsten unterwiesen habe, und daß nur ein Jahr noch von ihrer Lehrzeit übrig gewesen sei. Als Lehrgeld habe er sich Blut von ihnen ausbedungen, und dies sei das Rote gewesen, was der Bursche in den Gläsern gesehen habe. Der Pfarrersfrau wurde darauf für ihre Missetat eine wohlverdiente Züchtigung zuerteilt.“[10]
Der Boden, auf dem die Hexen getanzt, bleibt ein Jahr lang unfruchtbar.
Nach einer Rügen’schen Sage[11] war ein Bauer in der Walpurgisnacht in einen Wald geraten, wo die Hexen gerade eine Versammlung abhielten. Sie riefen ihm zu, er solle ihnen zum Tanz aufspielen und reichten ihm ein Horn. Als nun um ein Uhr plötzlich alles verschwand, sah er, daß sein musikalisches Instrument ein tote Katze war, der er die Gedärme aus dem Leibe gesogen hatte.
Zwei Bauern von Niederwangen im Sarntal, der Gänsbacher und der Hofer, gehen einmal des Nachts über den Tanzbach und hören eine wunderschöne Musik. Der Gänsbacher, ein Meister der Hexenkunst, sagte zum Hofer, er solle ihm auf den Fuß treten, dann werde er den Teufel mit dem Hexenvolk sehen. Der Hofer tat es, und nun sahen sie den Spuk. Es war ein langer Zug, zuerst lauter junge Mädchen, das eine schöner als das andere, darauf immer ältere Weiberleut und zuletzt der Satan mit einer vornehmen, alten Frau, die sie die würdige Mutter hießen. Der Satan führte diese höchst galant, und unter dem linken Arme trug er einen Dudelsack, dem er bezaubernde Töne entlockte. Der Gänsbacher hatte schon vorher seinem Begleiter aufgetragen, ja keine Silbe zu reden und keines der Mädchen, die sie beide genau kannten, beim Namen zu rufen, sonst würde sie das Hexenvolk in Stücke reißen. So blieben sie nun beide fein stille. Als der Zug vorbei war, gingen sie raschen Schrittes zum Haus des Hofer und legten sich daneben im Heu schlafen. Da kam der Zug zurück, das Stadttor ging von selber weit auf, und der Satan stieg mit allen seinen Herrn auf den gleichen Heustock, auf dem die Bauern lagen. Da oben begann nun der Hexenball. „Herr Hatzer“ rief nun eine Stimme „spiel mir auch eins auf!“ Da wurde der Gänsbacher zornig und schlug den Satan vom Heustock hinab, daß er wie ein Holz in zwei Stücke brach. Darauf war im Nu der ganze Spuk verschwunden.[12]
Die irländischen Hexen halten ihre nächtlichen Versammlungen gern in gut gefüllten Schloßweinkellern ab.
Als Pastor Hooker anfangs dieses Jahrhunderts nach Springfield in Massachusetts gereist war und sich in einem Hotel niederlassen wollte, erklärte ihm der Wirt, daß er nur noch ein Zimmer frei habe, was er ihm leider deshalb nicht geben könne, weil es darin spuke. Doch der Geistliche ließ sich nicht abschrecken und bezog jenes Zimmer. In der Nacht kamen nun zahlreiche Hexen zum Schlüsselloch herein, schleppten goldene und silberne Schüsseln herbei, bereiteten ein Mahl und ersuchten ihn, daran teilzunehmen. Er nahm die Einladung auch an, doch als er nach alter Gewohnheit ein Tischgebet sprach, huschten die Hexen wieder zum Schlüsselloch hinaus und ließen das wertvolle Tischgerät zurück. Der Geistliche steckte dasselbe in seine Reisetasche, und als er am nächsten Morgen damit weiter fuhr, hörte er, wie eine Krähe über ihm schrie: „You are Hooker by name, and Hooker by nature, and you have hooked it all!
Ehe sich die Hexen bei ihrer Jahresversammlung zum gemeinschaftlichen Mahle, bei dem weder Brod noch Salz gebraucht werden darf, niedersetzen, beten sie den Teufel, der zur Verhöhnung Jesu als dreißigjähriger Mann erscheint, an und lesen ihm eine Messe. Vor der Aufnahme in diese Gesellschaft erhält jede Hexe einen neuen Namen und wird bei der Taufe mit dem Urin des Bocks, eines Repräsentanten des Teufels, bespritzt.[14]
Das Mahl besteht hauptsächlich aus dem Fleische Gehenkter. Auch müssen die Hexen es sich gefallen lassen, betreffs ihrer im verflossenen Jahre begangenen Taten gründlich examiniert zu werden, wie z. B. Ben Jonsons „The witches song“ andeutet.
Die Erste.
Habe heute einem Raben
Bei dem Mahle aufgepaßt;
Als den Kopf er dreht’, entriß ich
Ihm das Fleisch in wilder Hast.
Die Zweite.
Seit der Abendstern scheint, habe
Ich getan manch’ edlen Fund:
Wolfshaar, Natterohren und den
Schaum von einem tollen Hund.
Die Dritte.
Diesen Totenkopf, den hab’ ich
In dem Beinhaus aufgespürt,
Und dabei den Totengräber
Ganz empfindlich angeführt.
Die Vierte.
Ich schlich hinter eine Wiege,
Sog den Hauch des Kindes ein;
Und die Amme, die im Schlafe,
Kniff ich in das Nasenbein.
Die Fünfte.
Einen Dolch, gar scharf geschliffen,
Hatte ich; zum Zeitvertreib
Schälte einem jungen Knaben
Ich das Fett aus seinem Leib.
Die Sechste.
Einem Mörder, der am Galgen,
Ich den Rock vom Leibe riß,
Schnitt sein Haar ab, diese Sehne
Aus dem rechten Arm ich biß.
Die Siebente.
Hab’ der schwarzen Federn und der
Euleneier mitgebracht,
Und aus einer Froschhaut hab’ ich
Diesen Beutel mir gemacht.
Die Achte.
Einer wohlgenährten Kröte
Riß ich beide Augen aus,
Und zerschnitt darauf zum Spaß die
Schwingen einer Fledermaus.
Die Alte.
Hab’ das Blut von Basilisken
Und hab’ Schlangenhaut gebracht:
Somit wäre alles fertig
Für das lust’ge Fest der Nacht.[15]
Wie die vom Sturme gepeitschten Wolken allerlei Gestalten annehmen, so erscheinen auch die Hexen als Töchter der Wolken in wechselnden Formen, vorzugsweise aber als Katzen, Raben, Elstern usw. In Katzengestalt liefern sie für die nächtlichen Versammlungen häufig Musik, indem sie den Schwanz in den Mund stecken und darauf blasen.
Die Zauberer der Wotjäcken konnten sich in wilde Tiere verwandeln; dies vermochten auch die Medizinmänner der Irokesen. Einer derselben, der in Vogelgestalt ansteckende Krankeiten verbreitet hatte, wurde von einem Pfeil getroffen und starb. Darauf setzte seine Mutter als Meerkatze das Geschäft der Zauberei so lange fort, bis sie ebenfalls ihren Tod fand.
Bei den Irokesen nehmen die Hexen auch die Gestalt von Ochsen, Schweinen und Hunden an. Auf der Buffalo-Reservation begegnete einst ein Indianer einer Hexe, deren Mund Feuer entströmte. Er eilte nun schnell nach Hause und holte sein Gewehr. Bei seiner Rückkehr fand er jedoch einen Hund, der seine Vorderpfoten auf einen Baumstamm gelegt hatte und Feuer aus den Nasenlöchern blies. Er schoß und sah auch den Hund fallen, holte ihn aber der Dunkelheit wegen nicht. Am nächsten Morgen fand er an jener Stelle Blutspuren, die ihn in die auf der Tonawanda-Reservation gelegene Hütte einer alten Hexe führten, die aber bereits an ihrer Wunde verschieden war.
Die Algonquin-Hexe Pook-jm-skweß war eine schwarze Katze, die als Mann oder Frau erscheinen konnte.[16]
Der Besitzer einer Sägemühle in Neuengland mußte eines Abends noch spät arbeiten und sah dann, wie sich eine schwarze Katze an ihn schmiegte und bei dieser Gelegenheit der Säge so nahe kam, daß ihr eine Klaue abgeschnitten wurde. Als er später nach Hause kam, sah er, daß seiner Frau ein Finger fehlte; nun wußte er, daß sie eine Hexe war.
Hexen mit Katzengestalt müssen nicht mit bleiernen, sondern mit silbernen Kugeln geschossen werden, denn mit ersteren können sie nach Ansicht der Neuengländer nur verwundet, nicht aber getötet werden. „If it isn’t pure silver it only maims and doesn’t kill her.“
Nach zwei von F. M. Böhme[17] mitgeteilten Kinderliedern werden zuweilen auch Unheilstifter in Katzen verwandelt.
Auch Hasengestalt nehmen die Hexen manchmal an und laufen dann wild durch Feld und Wald.
Doch die Hexen können nicht nur sich, sondern auch andere in Tiere verwandeln.
„Es war einmal ein Bräutigam, dessen Braut war eine Hexe, und ihre Mutter war auch eine Hexe. Als nun der Tag kam, an dem die Hexen nach dem Brocken ziehen, gingen Mutter und Tochter auf den Heuboden, nahmen ein kleines Glas und tranken aus demselben; da waren sie auf einmal verschwunden.
Der Bräutigam war ihnen auf den Heuboden nachgegangen; er fand das Glas, aus dem sie getrunken hatten und dachte, ich will doch auch einmal aus dem Glase trinken. Er nahm es also vor den Mund und nippte nur ein wenig. Da befand er sich auf einmal auf dem Brocken, aber er fror sehr, denn es war dort sehr kalt. Aber er wurde nicht wie die Hexen wieder zurückgezaubert, sondern mußte den Rückgang zu Fuß machen.
Nach einer sehr beschwerlichen Reise kam er wieder bei seiner Braut an, aber die war sehr böse auf ihn, daß er aus dem Glase getrunken hatte und dadurch auf den Blocksberg gekommen war, und auch die Mutter zankte mit ihm. Endlich kamen Mutter und Tochter überein, den Bräutigam in einen Esel zu verwünschen, was denn auch geschah.
Der arme Bräutigam war also ein Esel geworden; er ging nun betrübt von Haus zu Haus und schrie: „ya! ya!“ Endlich erbarmte sich ein Mann über ihn, nahm ihn in seinen Stall und legte ihm Heu vor; aber der Esel wollte es nicht fressen. Da wurde er mit Schlägen aus dem Stalle getrieben. Er irrte nun lange umher; endlich kam er wieder vor das Haus seiner Braut und schrie recht kläglich. Als die junge Hexe ihren ehemaligen Bräutigam als elendes Grautier mit gesenktem Kopfe und herabhängenden Ohren stehen sah, bereute sie, was sie getan hatte und sprach zum Esel: „Du sollst wieder ein Mensch werden! Gehe hin, und wenn ein Kind getauft wird, so stelle dich vor die Kirchentür und laß dir das Taufwasser über den Rücken gießen; dann wirst du wieder verwandelt werden.“
Der Esel folgte dem Rate seiner Braut, und als am nächsten Sonntage ein Kind getauft wurde, stellte er sich vor die Kirchentür. Nach der Taufe kam denn auch der Küster und wollte das Wasser fortgießen. Der Esel stellte sich ihm gerade in den Weg, und der Küster, welcher sich über das dumme Tier ärgerte, rief: „Geh, alter Esel!“ Aber das unglückliche Grautier regte sich nicht von der Stelle. Da wurde der Küster zornig und goß ihm das Wasser über den Rücken; aber im nächsten Augenblick rannte er mit entsetzlichem Geschrei davon, denn das Tier fing an, sich zu verwandeln und gewann wieder Menschengestalt.
Der erlöste Bräutigam ging nun zu seiner Braut, und alsbald fand die Hochzeit statt, und beide sollen recht glücklich miteinander gelebt haben, weil der ehemalige Esel alles tat, was seine Frau haben wollte.[18]
Einige Hexen sollen sich auch durch Salben unsichtbar machen können. Wenn sie sich in Hasen verwandeln, was besonders in Irland vorkommen soll, so tun sie es hauptsächlich zu dem Zwecke, um schnell, nachdem sie einer Kuh die Milch ausgesogen haben, fortlaufen zu können.
Als der Neuengländer Daniel Smith einst am Buttern war und trotz der größten Anstrengung keinen Erfolg hatte, kam er zu der Überzeugung, daß sich eine Hexe im Kamin befinden müsse. Er warf also einige Tropfen Milch in das Kohlenfeuer, und als ihm am folgenden Tage die Witwe Brown begegnete, sah er, daß dieselbe stark verbrannt war. Nun wußte er, daß diese eine Hexe war und ihm das Buttern erschwert hatte. Ein Tyroler wurde einst bei derselben Beschäftigung so zornig, daß er sein Gewehr nahm und eine Kugel in das Butterfaß schoß. Am nächsten Tage hörte er, daß um dieselbe Zeit eine Hexe plötzlich gestorben sei.
Am ersten Mai verkaufen die Irländerinnen keine Milch, denn sie befürchten, die Käuferin könne eine Hexe sein und ihre Kühe bezaubern, sodaß sie ein ganzes Jahr lang keine Milch gäben.
Einst versteckte sich ein Irländer, dessen Kühe trocken geworden waren, früh am Morgen im Stalle und sah dann, wie ein Hase kam und die Euter aller Kühe der Reihe nach leerte. Am nächsten Morgen nahm er seine Hunde mit, und als der Hase wieder erschien, vertrieben sie ihn und verfolgten ihn bis in die Nähe eines Farmhauses, woselbst ihn einer ins Bein biß. Am folgenden Tage hinkte die Bewohnerin jenes Hauses. Als sie später starb und zum Grabe gefahren werden sollte, erschraken auf einmal die Pferde und liefen ohne anzuhalten eine Meile fort. Da es das zweite Gespann ebenso machte, so blieb nichts anderes übrig, als die Leiche der Hexe auf den Kirchhof zu tragen. Die Pferde sollen die Nähe des Teufels gespürt haben.
Zu Empire, einer Vorstadt von Wilkensbarre in Pennsylvanien, wohnte einst ein gewisser George Evans, der sehr unschuldig aussah, aber doch ein gefährlicher Zauberer war. Einst wollte er dem Bergmann John Caffrey eine Kuh abkaufen, und als dieser nicht darauf einging, sagte der Zauberer, er solle das alte Tier nur behalten und er wolle schon sorgen, daß ihm keiner einen Cent dafür gebe.
Von Stund an gab die Kuh keine Milch mehr. Nun eilte Caffrey eines Tages zu Evans und fragte ihn, weshalb er ihm die Kuh behext habe. Dieser machte ihm darauf ein neues Angebot, aber dasselbe wurde entschieden zurückgewiesen. Darauf erkrankten die Frau und Kinder des Bergmannes, jedoch glücklicherweise nicht gefährlich. Caffrey machte nun alle Nachbarn mit seinen Erlebnissen bekannt und Evans verließ lange Zeit sein Haus nicht, aus Furcht, totgeschlagen zu werden.
In Pennsylvanien legen die Bauern den behexten Kühen Jungfernhaare ins Futter, worauf sie wieder Milch geben.
Von einer Tyroler Hexe wird berichtet, daß sie die Milch der Kühe in Bäume oder Steine zauberte; wenn sie später Milch brauchte, so molk sie einfach einen Zweig oder drückte auf einen Stein. Die bestohlenen Kühe aber gaben inzwischen Blut anstatt Milch. Diese Hexe, die allerlei erstaunliche Zauberkünste verstand, wurde später gefangen und zum Scheiterhaufen geführt; doch sie fror so lange im Feuer, bis man geweihte Kräuter hineinwarf. Erst dann verbrannte sie.
Als im April 1750 eine Frau nebst Tochter zu Gerresheim im Bergischen zum Feuertode verurteilt wurde und man der jungen Hexe das Leben schenken wollte, war ihr Vater damit nicht einverstanden und reichte ihr ein Tuch, woraus sie einen Eimer voll Milch molk. Nun wurde auch sie verbrannt.
In demselben Lande ging einst ein Bauer zu einem Zauberer und sagte ihm, seine Kuh gebe keine Milch mehr. Dieser nahm nun die letzte Milch der Kuh und kochte sie. Bald darauf klopfte es an seiner Türe und eine bekannte Nachbarin begehrte Einlaß. Doch der Zauberer bekümmerte sich nicht weiter darum, schürte das Feuer tüchtig und fuhr mit einer spitzen Gabel in der kochenden Milch herum. Nun jammerte und schrie die Frau vor Schmerz und versprach, die Kuh in Zukunft nicht mehr zu belästigen. Am nächsten Tage fand man die Hexe verbrannt und ihr Gesicht war so verkratzt, als ob sie jemand durch eine Dornhecke gezerrt hätte.[19]
Nach dem „Hexenhammer“ sollen die Unholdinnen dadurch Butter machen, daß sie Wasser hinter sich werfen.[20]
Ist die Milch der Kühe rot, so läßt man sie in Schlesien durch einen Trauring laufen und gießt sie, indem man eine Beschwörungsformel murmelt, ins Feuer. Dadurch werden der schuldigen Hexe die Augen ausgebrannt.
Wenn das Buttern nicht nach Wunsch vonstatten geht, so bestreicht die Hausfrau in Tyrol den Schwengel der größten Kirchenglocke mit Rahm, und der erste Schlag, der damit getan wird, tötet die Hexe.
Zuweilen nehmen die Hexen auch einen Kübel zwischen die Beine, nennen die Kuh, welche sie melken wollen, beim Namen, und bald ist ihr Gefäß gefüllt. Der Eigentümer jener Kuh wartet an diesem Tage vergeblich auf Milch. Er kann sich nur dadurch gegen diesen Diebstahl schützen, daß er der Kuh das Wachs einer brennenden und geweihten Kerze auf die Hörner träufelt und ein Kreuz über der Stalltüre anbringt.
Trotz aller ihrer Zauberkünste verbittern die Hexen doch nur das Leben anderer, sowie ihr eigenes; selten, daß von einer eine anständige Tat berichtet wird. Schon ihr Blick genügt, um den Menschen Krankheiten anzuzaubern. Erblicken sie säugende Frauen, so hauchen sie dieselben an und ihre Milch trocknet ein. Demjenigen, der sie bei ihren nächtlichen Gelage belauscht, reißen sie das Herz aus dem Leibe, was hauptsächlich von slavischen Hexen erzählt wird.
Im Jahre 1898 glaubten die Bewohner von Richfield in Ohio behext zu sein. Eine merkwürdige Krankheit befiel gleichzeitig ganze Familien. Die Leute konnten nachts nicht schlafen und magerten ab. Manche der Patienten sagten, daß sie beständig von schwarzen Katzen verfolgt würden, welche Grimassen schnitten und die Kranken anbrummten. Während gewisse Zimmer ihres Hauses von dem bösen Geiste besetzt waren, seien andere frei von diesem. Sogar Pferde, Rindvieh, Schafe und Schweine wurden angeblich von der Krankheit befallen. Die Pferde wurden wild, rannten wie verrückt umher, legten sich dann hin und starben. Die Kühe gaben blutige Milch, wurden schwach und hauchten ihr Leben aus. Die Federn in den Betten wurden von unsichtbaren Mächten zu kleinen Knoten zusammengebunden, sodaß die Leute schließlich die Federbetten verbrannten, um des Zaubers ledig zu werden. Allein, sie hatten noch lange Zeit darunter zu leiden.
Nach dem „Hexenhammer“ bekannte eine Hexe zu Dann im Bistum Basel vor ihrer Verbrennung, daß sie vierzig kleinen Kindern gleich nach der Geburt eine Nadel ins Gehirn gestoßen und aus ihren toten Körpern Hexensalbe gemacht habe.
Oft bildeten auch die Hexen die Figur eines ihnen verhaßten Menschen in Wachs nach und durchstachen dieselbe mit Nadeln, worauf der Betreffende heftige Schmerzen empfand. In Schottland gebrauchten sie dazu Pfeilspitzen oder „elfshots“, was auf das hohe Alter dieses Glaubens hindeutet. In Irland tragen die Bauern heute noch Feuersteine, die wie Pfeilspitzen geformt und mit Silber eingefaßt sind, als Amulette gegen die „elfshots“ in der Tasche.
Anstatt aus Wachs machen die schottischen Hexen, welche auf Gälisch Doideagan (die Gelockten) heißen, Bilder von Menschen aus Ton und durchlöchern sie mit Nadeln. Auch zerbrechen sie dort nächtlich alles Ton- und Porzellangeschirr im Hause einer ihnen feindlich gesinnten Person.
E. G. Squier berichtet von einer Hexe, einer sogenannten Sukia-Frau in Zentralamerika, die unter den Ruinen eines alten alten Maya-Tempels wohnte und deshalb von einigen verehrt und von andern gehaßt wurde, weil sie über das Leben und den Tod der Menschen verfügte.
Bei den Irokesen entstehen die Krankheiten dadurch, daß den Menschen von Zauberern Haare und Würmer in den Körper geblasen werden. Dasselbe glauben auch die Karaiben.
Der sogenannte Hexenschuß entstammt, wie die Hexen, der Luft und kann daher auch durch das Abschießen einer Pistole vertrieben werden. Man bekommt ihn leicht, wenn man der Spur eines Wagens folgt. In der Heimat der Wenden soll übrigens nur das Vieh vom Hexenschuß befallen werden. Die Angelsachsen hatten einen Heilsegen dagegen. Man glaubte, dieses Übel käme durch ein Geschoß, das mächtige Frauen oder Schicksalsjungfrauen abgesandt hätten,[21] während sie über den Hügel ritten. Der Entzaubernde sucht daher durch seine Beschwörung sowohl den kleinen Speer oder Pfeil aus dem Körper des Erkrankten zu entfernen als ihn auch durch einen übergehaltenen Schild vor weiterer Gefahr zu bewahren.
„Laut waren sie, ja laut, da sie über den Hügel ritten; sie waren grimm, da sie über das Land ritten. Decke dich nun mit dem Schild, du sollst vor ihrer Feindschaft sicher sein! Heraus kleiner Speer, wenn du hierinnen bist! Ich stand unter der Linde, unter leichtem Schilde, da die mächtigen Frauen ihr Kraftgeschoß bereit machten und gellende Speere sendeten. Ich will ihnen einen anderen fliegenden Pfeil entgegen senden. Heraus, kleiner Speer, wenn du hierinnen bist!“[22]
Besonders gefährlich können die Hexen werden, wenn sie sich Haare, Nägelabschnitte oder Fäden von Kleidern solcher Personen verschafft haben, gegen welche sie eine feindliche Gesinnung hegen. Dies wußten auch die Priester von Ceylon. Einige Hexen sollen Schlüssel besitzen, die in alle Schlösser passen. Gelegentlich brauen sie auch Liebes- oder Zaubertränke; wie denn auch der Wahnsinn Caligulas einem Tranke zugeschrieben wird, den ihm seine Frau Caesonia beigebracht hatte.
Nach einer bergischen Sage gaben die Hexen den Leuten manchmal Äpfel; wer sie ißt, wird krank und spuckt, wenn der Zauber nicht zeitig durch geistlichen Beistand gebrochen wird, eine Kröte aus.
In Peru stehen besonders die alten Weiber im Geruch, Hexen zu sein und den Tod verursachen zu können.
Nach einem von Marie Schaeling mitgeteilten Märchen schnitt einst eine Hexe einem Raubritter, der ihren Mann ermordet hatte, in der Nacht mit einem Zaubermesser die linke Seite auf, nahm sein Herz heraus und setzte ihm dafür das eines Hasen ein. Der früher furchtlose Ritter zitterte nun, sobald er das geringste Geräusch vernahm. Als dies seine Nachbarn ausfanden, machte es ihnen den größten Spaß, ihn beständig in die Angst zu jagen.
Polnische, auf dem Lande lebende Edelleute sollen keine alte Frau in den Dienst nehmen, aus Furcht, sie würde ihren Söhnen Hasenherzen einsetzen.
Daß die Hexen auch die Geschicklichkeit besitzen, einen Buckligen von seinem unangenehmen Rückengewächs befreien zu können, lehrt uns die kostbare Geschichte „Von den zwei buckligen Schustern und den Hexen“ in J. Heyl’s Sammlung tyroler Volkssagen.[23]
Die Hexe trägt nach A. Petöfi’s markigem Gedicht „Schwert und Kette“ die Mitschuld an der menschlichen Knechtschaft.
„Einst stieg mit des Satans Willen
Auf der häßlichste der Teufel
Zu der Erde, um zu suchen
Dort die gräßlichste der Hexen.
Und er fand sie und er liebt’ sie.
Und von da ward ihm die Erde
Schöner als der Hölle Tiefe,
Und seitdem stieg jeden Abend
Um die mitternächt’ge Stunde
Durch den Rachen eines Vulkans
Er hinauf zu seiner Hexe,
Krötenhäuptig, schlangenschwänzig,
Flammenmähnig, drachenfüßig,
Brachte stets ein wildes, schwarzes
Pferd der Teufel auf die Erde.
Und die Hexe kam gefolgt von
Fledermäusen und von Eulen,
Reitend auf dem Besenstiele
In des feuerspei’nden Berges
Graus’gen Rachens glühende Tiefe.
Dorten saßen sie und sprachen
Bis des Hahnes Krähn ertönte;
Und sie sprachen über alles,
Was nur häßlich war und heillos.
Und der Teufel sprach: „Mich frieret,
Komm’ doch tiefer, komm’ doch tiefer
Auf den tiefsten Grund des Vulkans,
Wo von je die Gluten hausen.
Huh, auch hier noch, hier noch friert mich,
Sieh wie meine Zähne klappern!
Komm’, umarme mich und küss’ mich!“
Sie umarmten dort sich küssend –
Welch ein Kuß war dieser! Als des
Teufels und der Hexe Lippen
Sich bewährten, da erbebte
Schaudervoll die ganze Erde,
Donnernd, knurr’nd, als hätt’ verschluckt sie
Pechschwarze Gewitterwolken;
Und der Berg begann zu speien,
Und er spie hinan zum Himmel
Lavaregen, Feuersteine.
Eine Flamme ward die Erde,
Nur die Sterne mit dem Monde
Zogen einen Flor ums Antlitz,
Einen dichten schwarzen Schleier,
Denn sie wollten gar nichts sehen.
Und der Kuß des Teufels keimte,
Mutter ward darauf die Hexe
Und gebar ein Ungeheuer,
Wie es da nur wird geboren,
Wo sich Erd’ und Höll umarmen,
Und der Hexe abscheulichen
Balg, er ward genannt „die Kette“,
Und die „Kette“ ist die Knechtschaft!“
(Übersetzt von J. Goldschmidt.)
Gewöhnlich werden die Hexen als triefäugige, bucklige, runzlige, hinkende Weiber mit spitzen Nasen dargestellt.[24] Selten finden wir eine schöne darunter, wie z. B. Sidonia von Borken, die 1620 zu Stettin verbrannt wurde und die, wie Temme in seinen pommer’schen Volkssagen erzählt, alle, die in ihre Nähe kamen, durch ihre blendende Schönheit bezauberte.
Häufig geraten die Hexen in Ekstase und sehen, wie die als Unholdin verschriene Jungfrau von Orleans, Erscheinungen oder haben Offenbarungen.
Jede Walachin, die das vierzigste Lebensjahr überschritten hat, soll mit dem Teufel in Verbindung treten und eine Hexe werden. Alsdann bekommt sie graues Haar, ihre Stirne wird reich an Runzeln, und ein Bärtchen wächst ihr unter der Nase. Auch die drei Macbeth-Hexen bei Shakespeare tragen Bärte. Er nennt jene weird sisters oder Schicksalsschwestern, sodaß man in ihnen nicht mit Unrecht die in deutschen Kinderreimen unter verschiedenen Namen auftretenden Nonnen Urd, Verdandi und Skuld vermutet.
Auch sollen die Hexen nur vier Zehen an jedem Fuße haben.
Wenn in früheren Zeiten die Kirchen Deutschlands zur Pfingstzeit mit Maien geschmückt wurden, sodaß sie wie ein Hag aussahen, dann ließen sich auch die Hagesen oder Hexen und andere böse Geister in den Zweigen nieder, und man konnte sie unter Umständen genau erkennen. Setzten sich die Hexen in die Kirchstühle, so trugen sie, wie Eingeweihte zu sehen vermeinten, Butterfässer und Milcheimer auf dem Kopfe.
Um Hexen in der Kirche am Ostertage zu erkennen, braucht man sich blos ein an einem Donnerstage gelegtes Ei in die Tasche zu stecken. Dasselbe muß man jedoch in eine starke Blechbüchse tun, denn sonst erdrücken es die Hexen und das Herz des Besitzers dazu.
Die Hexen sollen niemals weinen. Diese Ansicht ist sicherlich auf die Tatsache zurückzuführen, daß ihnen bei der Anwendung der Folter infolge allzugroßen Schmerzes der Tränenquell versagte.
Wenn eine alte Frau in Pennsylvanien keine Hühner besitzt, trotzdem aber reichlich Eier zu verzehren hat, so weiß man sicher, daß sie eine Hexe ist und sich im Keller oder in einem hohlen Baum eine Kröte hält, welche das Eierlegen besorgt.
Zur Zeit der Hexenverfolgungen wollte man die Schuld einer angeklagten Frau dadurch beweisen, daß man eine gefühllose Stelle an ihrem Körper auszufinden suchte. Diese Stelle, welche sie dem Teufel verdankte, wurde stigma diabolicum genannt. In England gab es professionelle „prickers“ (Stecher), welche jenen Punkt am Körper mittelst Nadeln ausfindig machten. Vom schottischen „witch pricker“ Kincaid wird in Rogers’ „Scotland social and domestic“ erzählt, daß er die Hexen entkleidete, ihnen Hände und Füße zusammenband und dann die einzelnen Körperteile mit einer langen Nadel durchstach, sodaß sie zuletzt vor Erschöpfung kein Lebenszeichen mehr von sich gaben. Nun hatte er den gewünschten Punkt entdeckt.
Die Hexe die in einen Fluß oder Teich mit kaltem Wasser geworfen wurde und oben schwamm, war schuldig (judicium aquae frigidae). Diese Probe beruht auf dem alten arischen Glauben, daß das Wasser als ein reines Element nichts Unreines in sich aufnehme, also in diesem Falle auf der Oberfläche schwimmen ließ. Die Angeklagte wurde an einem Seile gehalten, um im Notfalle schnell herausgezogen zu werden. Wenn nach einer angelsächsischen Regel die Angeklagte anderthalb Ellen unter das Wasser sank, so war sie frei.
Auch in Indien hatte man ein solches Wasserordeal. Nach einem aus dem siebenten Jahrhundert stammenden und von den buddhistischen Mönche Hiouen Thsang stammenden Berichte wurde ein der Zauberei angeklagter Mann in einen Sack, der an einen anderen mit einem Stein gefüllten gebunden war, gesteckt und dann in ein tiefes fließendes Wasser geworfen. Blieb der Stein oben und der Mann sank, so war letzterer schuldig; im umgekehrten Falle wurde er freigesprochen. Ähnlich lehrt auch ein Gesetzparagraph Manus.
Die Wasserprobe in Europa läßt sich bis ins neunte Jahrhundert zurück verfolgen; sie soll ursprünglich von einem Papste eingeführt worden sein. In demselben Jahrhundert wurde sie übrigens durch ein in Worms abgehaltenes Konzil verboten, jedoch ohne Erfolg.[25]
Daß die Hexen leichter als Wasser sind, berichtet Plinius in seiner Naturgeschichte. Nach vielverbreiteter Ansicht sollte jene Unglückliche vom Teufel besessen sein, und da dieser als Luftgeist nicht so schwer wie das Wasser ist, so teilte er seiner Verehrerin diese Eigenschaft mit.
Noch 1836 warfen die Bewohner von Hela, einem Dorfe bei Danzig, eine alte, im Rufe der Hexerei stehende Frau ins Wasser, und da sie stets auf die Oberfläche kam, so wurde sie schuldig befunden und totgeschlagen.
Nach einer in Cardonne’s „Mélanges de Littérature Orientale“ enthaltenen Erzählung schickt der Schwiegervater die der Untreue verdächtige Schwiegertochter nach der großen Badewanne zu Agra, deren Wasser die Kraft besitzt, die Wahrheit an den Tag zu bringen. Schwört die Frau, stets treu gewesen zu sein, so schwimmt sie, wenn sie ins Wasser geworfen wird und wirklich die Wahrheit gesagt hat, aber im entgegengesetzten Falle sinkt sie unter.[26]
Um sich gegen Behexung zu schützen, braucht man blos einen Kreuzdornstock bei sich zu führen; dies soll deshalb helfen, weil der Sage nach das Kreuz Christi aus solchem Dorn gemacht war. Nach Temme sollen die pommerischen Bauern den beim Buttern gebrauchten Stab aus Kreuzdorn verfertigen.
Die Südslaven vertreiben die Hexen mit Lauch, oft auch mit aus Disteln gemachten und über der Türschwelle angebrachten Kreuzen. Setzen sich die Hexen als krächzende Krähen auf ein Dach, so können sie nur mit geweihtem Pulver und mit Nägeln, die ein Schmied beim ersten Beschlagen eines Pferdes zufällig fallen ließ, geschossen werden.
Ein alter Zauberspruch gegen Hexen lautet: „Trottenkopf, ich verbiete dir mein Haus und mein Hof, ich verbiete dir meine Pferde und Kuhstall, ich verbiete dir meine Bettstatt, daß du nicht über mich tröste, tröste in ein ander Haus, bis du alle Berge steigest und alle Zaunstecken zählest und über alle Wasser steigest, so kommt der liebe Tag wieder in mein Haus, im Namen Gottes des Vaters, Gottes des Sohnes und Gottes des Heiligen Geistes. Amen.
Ist einer Kuh die Milch genommen, so wird folgendes Mittel empfohlen:
I. Kreuz Jesu Christi Milch goß.
I. Kreuz Jesu Christi Wasser goß.
I. Kreuz Jesu Christi haben goß.
Diese Worte müssen auf drei Zettel geschrieben sein, darnach nimm Milch von der kranken Kuh und diese drei Zettel, schabe etwas von einer Hirnschale eines armen Sünders; thue alles in einen Hafen, vermache es wohl, so muß die Hexe crepieren, man kann auch die drei Zettel in das Maul nehmen, vor die Dachtraufe hinausgehen und dreimal sprechen, darnach dem Vieh eingeben, so wirst du nicht allein alle Hexen sehen, sondern es wird auch dem Vieh geholfen werden.[27]
In Pennsylvanien zeichnen die Deutschen zur Fernhaltung der Hexen einen Frosch auf die Türschwelle oder nageln ein Hufeisen oder einen Besen über die Türe.
In Brabant setzen die Bauern jede Nacht ihre Schuhe oder Holzpantoffeln vor das Bett, und zwar so, daß die Hacken gegen dasselbe gerichtet sind; dies soll vor Hexen schützen. Um diese zu verhindern, beim Verlassen ihrer nächtlichen Versammlung bei ihnen einzukehren, wird jede Ritze und Öffnung am Hause sorgfältig verstopft.
Die am Fuße des Aetna lebenden Leute glauben, daß man, wenn man sich vor dem Johannestage unter einen Baum lege, behext oder krank werde. Tut man es doch, so muß man vorher dem Baum zu Ader lassen, d. h. einen Zweig abbrechen. In der Umgegend von Ragusa muß ein alter Mann über das Johannisfeuer springen und alle in der betreffenden Nacht umherschwärmenden Hexen verwünschen.
Derjenige, der auf Rügen einen Nagel findet, der aus einem Sarge gefallen ist, diesen an einem Stocke befestigt und dann eine Hexe damit blutig schlägt, bleibt vor jeder Zauberei verschont.
Da die Neuengländer gerade solche orthodoxe Christen waren, wie ihre Stammesgenossen in der alten Heimat, so huldigten sie natürlich auch dem Hexenglauben und taten ihr Möglichstes, den Einfluß des Teufels in den amerikanischen Kolonien zu brechen. Wie viele Hexen und Hexer damals hingerichtet wurden, kann nicht mit Bestimmtheit angegeben werden, da nur die in Salem inszenierten Hexenverfolgungen bis jetzt einen zuverlässigen Historiker, C. W. Upham nämlich,[28] gefunden haben. Die erste in Neuengland (1648) am Galgen verendete Hexe war Margarete Jones; die zweite Anne Hibbins (1656), die Witwe eines reichen Bostoner Kaufmanns, welcher mehrere einflußreiche Stellen bekleidete, aber kurz vor seinem Tode sein bedeutendes Vermögen durch unglückliche Spekulationen verloren hatte. Die Witwe hatte damals weder Neigung noch Verständnis besessen, mit wenigem hauszuhalten und war durch die unausbleiblichen Folgen so mürrisch und zänkisch geworden, daß niemand mit ihr verkehrte. Den Zorn der Frauen forderte sie besonders dadurch heraus, daß sie dieselben verleumdete, und da sie außerdem mehr Kenntnisse besaß, als irgend eine andere Bostonerin, so mußte sie natürlich eine Hexe sein. Sie wurde aus der kirchlichen Gemeinschaft ausgeschlossen, und damit war ihr Schicksal besiegelt.
Die Hexenverfolgungen in Salem fanden unter Gouverneur William Phipps, einem ehemaligen Schiffszimmermann, statt. Er hatte erst als junger Mann lesen und schreiben gelernt, dann eine reiche Witwe geheiratet und darauf einen Schiffsbauhof errichtet, in dem er schweres Geld verdient hatte. 1690 ließ er sich von dem tyrannischen Geistlichen Cotton Mather taufen, einem jener Zeloten, der da glaubte, vor Ankunft der Puritaner sei Neuengland ein Reich des Teufels gewesen. Da damals der Blitz, ein Geschoß des Satans, lieber in einen Kirchturm als in ein gewöhnliches Gebäude fuhr, so war es endlich einmal an der Zeit, alle teuflischen Mächte auszurotten. Auf den Rat der Gottesmänner Cotton und Increase Mather wurde nun ein geistlicher Gerichtshof organisiert, um die Hexen und Zauberer zum Geständnis zu bringen. Die Folge davon war, daß 19 unschuldige Personen so lange am Halse aufgehängt wurden, bis sie tot waren. Einer, nämlich der 80jährige Farmer Giles Corey, dem Longfellow in einer seiner Neuengland-Tragödien ein Denkmal gesetzt hat, wurde, da er sein Verbrechen unter keiner Bedingung eingestehen wollte, auf Grund eines altenglischen Gesetzes (peine forte et dure) mit schweren Gewichten erdrückt.
Zu den speziell auf Cotton Mathers Veranlassung gehenkten Zauberern gehörte auch der Geistliche George Burroughs aus Wells. Als er den Galgen bestieg, hielt er eine lange, ernste Rede über das ihm zugefügte Unrecht, sodaß die Zuhörer von seiner Unschuld überzeugt waren. Der genannte Zelot, der auch zugegen war, erklärte jedoch, daß der Teufel zuweilen Engelsgestalt annehme und daß der Angeklagte nur infolge eines unparteiischen Urteils den Tod erleide. Ein anderer Hauptagitator in dieser Tragödie war der verschmitzte, fanatische und dem unglücklichen Burroughs feindlich gesinnte Geistliche Samuel Parris, in dessen Hause sich auch die ersten Symptome der teuflischen Umtriebe gezeigt hatten.
Mit der Hinrichtung der Hexen in Massachusetts starben dieselben jedoch weder in Neuengland noch in den anderen Teilen Nordamerikas aus. Professor Charles Elliot Norton vom Harward College, der berühmte Danteforscher, erzählt, daß ihm in seiner Jugend eine gewisse alte Frau als Hexe bezeichnet worden sei. Auch wurde ihm gesagt, daß, wenn man ein Messer in ihre Fußstapfen steche, sie zurückblicken müsse. Dies versuchte auch eines Tages ein Knabe, fand jedoch aus, das die vermeintliche Hexe ruhig weiter ging.
„Where folks believe in witches, witches are,
But when they don ’t believe, there are none here“,
lautet ein alter Reim Neuenglands.
In früheren Zeiten, so berichtet der amerikanische Geistliche W. Halstead in seinem Buche „Life on a Bookwoods Farm“ (Cincinnati 1894), gab es im Westen Leute, welche von Farm zu Farm reisten, besonders zur Essenszeit eintraten und sich an den Tisch setzten. Dieselben blieben auch häufig über Nacht und vertrieben den Familienmitgliedern die Zeit durch Erzählen von Neuigkeiten und Spukgeschichten. Alle Farmer glaubten damals an Hexen. Wenn sich ein Pferd bäumte, wenn eine Kuh blutige Milch gab, wenn jemand beim Holzhacken ein Splitter in das Auge fuhr, wenn einer Frau das Seifenkochen nicht geriet, so hatte eine Hexe die Hand im Spiele.
Zu Marblehead in Neuengland gab es im 19. Jahrhundert eine berühmte Hexe, die im Volksmund Mammy Redd genannt wurde. Sie schickte Krankheit und Streit wohin sie wollte. Ein alter, sie betreffender Reim lautet;
„Old Mammy Redd,
Of Marblehead,
Sweet milk would turn
To mould in churn“.
Die Hexe Old Meg war besonders den Bürgern von Cape Ann im vorigen Jahrhundert verhaßt. Als während der Belagerung von Louisburg (1745) eine Krähe beständig über den Köpfen einiger Soldaten der Kolonialarmee herumflatterte und mehrmals erfolglos auf sie geschossen worden war, kam einer auf den Gedanken, daß die Krähe die alte Meg sei und feuerte zwei silberne Knöpfe auf sie ab, worauf sie tot zur Erde fiel. Um dieselbe Zeit war auch, wie mehrere geschichtliche Werke berichten, die Originalhexe zu Gloucester, einem 500 Meilen von dem Schußorte entfernten Städtchen, gestorben. In ihrem Körper wurden auch die silbernen Knöpfe gefunden.[29]
Wenn im vorigen Jahrhundert zu Hampton in Massachusetts die Kinder nur den Namen der Hexe Goody Cole hörten, so waren sie ruhig und verkrochen sich in eine Ecke. Das allgemeine Vorurteil gegen dieselbe war so groß, daß sie der dortige Bürgermeister im Interesse der Sicherheit an einem Fuße fesseln und ins Gefängnis werfen lassen mußte. Später wurde sie jedoch wieder freigelassen. Nach ihrem in hohem Alter erfolgten Tode blieb der Leichnam lange unberührt liegen, und als man ihn endlich der Erde überlieferte, durchstach man ihn, damit er sich ja nicht wieder belebe, mit einem Pfahl. Whittier’s Gedicht „The wreck of Rivermouth“ ist Goody Cole’s Lebenslauf gewidmet.
Moll Pitcher, die 1813 zu Lynn in Massachusettes im Alter von 75 Jahren starb, hatte im genannten Städtchen 50 Jahre lang das Geschäft als Wahrsagerin erfolgreich betrieben und in Liebes- und Erbschaftsangelegenheiten, sowie in kaufmännischen Unternehmungen Jung und Alt, Fremde und Einheimische beraten. Auch sie ist später poetisch verherrlicht worden.[30]
Die „Hoosier“ tun sich auf die in Indiana herrschende Bildung nicht wenig zu gut, aber auch hier ist der Hexenglaube noch lange nicht ausgestorben. Zwei Meilen nördlich von Milan im County Ripley im südöstlichen Indiana ist Red Hosia, ein sehr wohlhabender Viehzüchter ansässig, in dessen Kopf der Glaube an die vermeintlich schlimmen Einflüsse von Hexen fest eingenistet ist. Er leidet an einem Übel, das man wohl als Hexensucht bezeichnen könnte. Es vergeht kein Jahr, in welchem er nicht eine Zauberin aus Cincinnati kommen läßt, die er für gutes Geld anstellt, um längere Zeit auf seiner Farm zu verweilen und die vermeintlichen Gespenster und Hexen aus allen Ecken und Winkeln in den Wohnräumen, in Küche, Keller, sowie in den Stallungen und aus dem Brunnen zu vertreiben.
Wie in der guten alten Zeit der deutsche Bauer sich nicht wohl fühlte, wenn er es versäumte, im Frühjahr den Bader des Ortes kommen zu lassen, um ihn zu schröpfen oder zur Ader zu lassen, so hat der Farmer Hosia im Frühjahr keine Rast und Ruhe, bis eine Hexenbannerin sich an Ort und Stelle befindet, um ihren Hokuspokus zu treiben und seiner wohlgefüllten Börse Ader zu lassen. Im Jahre 1898 erkrankten ihm einige Pferde und Rinder. Er schrieb nach Cincinnati. Umgehend kam die Antwort, sein Vieh sei verhext und die böse Person müßte ausfindig gemacht werden. In diesem Antwortschreiben war ein Mittel zur Ausfindigmachung der Hexe angegeben. Dem ersten Stück Vieh, welches verendete, sollte er das Herz ausschneiden, es abkochen und an der vor seiner Farm vorbeiführenden Landstraße aufhängen. Die erste Person, die vorbeigehe, sollte nach den Angaben des genannten Schreibens die Schuld an der Verhexung des Viehs treffen. Farmer Hosia tat, wie ihm verordnet war. Das Herz eines verendeten Pferdes wurde aufgehängt und der erste, der vorbeiging, war Charles Arhenburg, ein reicher Holzhändler von Milan.
Die Neger von Südkarolina vertreiben die Hexen, böse Geister, Muskitos und überhaupt alles, was eine Nase hat, mit alten Schuhen und brennendem Schwefel. Im Staate Georgia machen die Neger das Bild einer Hexe aus Teig, binden einen Faden darum und backen ihn, worauf die Teufelin während eines ganzen Jahres kein Unheil anstellen kann. Dort hängen sie auch ihren Kindern zum Schutze gegen das Stottern die Vorderfüße eines Maulwurfs um den Hals. Dieser Gebrauch steht mit folgender Sage in Verbindung;
„Eine faule, gefallsüchtige Negerin machte einst die Bekanntschaft einer Hexe, die ihr das schönste Seidenkleid der Welt gegen Bedingungen versprach, die sie ihr später mitteilen wollte. Nachdem sich nun die Negerin zu jedem Opfer bereit erklärt hatte, wurden ihr die Augen ausgestochen und dann mußte sie den Rest ihres Lebens in der Dunkelheit unter der Erde zubringen. Dort erhielt sie auch ein weiches Seidenkleid.“
Die Tlinkit-Indianer nennen die Hexen nakutsati. Sie sollen ihre Künste von Jelch, dem listigen und verschmitzten Rabengott, über den sich bei dem erwähnten Volke ein reichhaltiger Sagenkreis gebildet hat, erlernt haben. Wenn sie einen Menschen verderben wollen, so nehmen sie ein Haar oder den Speichel desselben und legen dies auf einen Leichnam, worauf der betreffende Mensch erkrankt. Die Schamanen haben nun die Pflicht, die Unheilshexe ausfindig zu machen, was sie, da sie dabei häufig an ihnen verhaßten Frauen Rache nehmen, zu gefürchteten Persönlichkeiten macht. Sie binden der der Hexerei verdächtigen Frau die Hände auf den Rücken, schleppen sie in eine Hütte, legen sie auf heiße Asche, schlagen sie mit stachligen Ruten, geben ihr Salzwasser zu trinken und lassen sie so lange ohne Nahrung, bis sie ihre Schuld bekannt hat.
Die Indianer im südlichen Alaska und im nördlichen Britisch-Columbia töteten früher alle der Hexerei verdächtige Personen.
Die Haidas entdecken die Hexen auf folgende Weise: Drei bestimmte Personen zerreiben einen getrockneten Frosch zu Pulver, vermischen dies mit Wasser und Salz und trinken es. Dann müssen sie ihren Körper durch Erbrechen und Purgieren gründlich reinigen, eine Maus fangen, sie in einen Käfig stecken und diesen auf den Tisch des Richters stellen. Letzterer nennt nun die Namen der verdächtigen Personen und die Eigentümerin desjenigen, bei dessen Nennung die Maus den Kopf bewegt, ist die Gesuchte.
Als die Huronen und Irokesen beständig von Hexen geplagt wurden, machten sie mit denselben kurzen Prozeß und töteten sie einfach. Sobald sich unter jenen Indianern überhaupt eine Person verhaßt gemacht hatte, erklärten sie die Häuptlinge für eine Hexe, sprachen das Todesurteil über sie aus und beauftragten dann einige junge Leute, es heimlich auszuführen.
Im „Journal of American Folk-lore“ (Jahrgang I, Nr. 3) wird von einer Hexe zu Onandaga erzählt, der nachts, wenn sie ausging, Feuerflammen von verschiedenen Farben aus dem Munde fuhren und ihr den Weg erleuchteten.
Unter den Irokesen gilt die Hexerei als eine Kunst, die wie jede andere erlernt werden müsse. Wer dies tun will, hat vorher ein Mitglied seiner Familie zu opfern. Genannte Indianer glauben auch, daß der Geist eines Menschen an einem, der Körper zu derselben Zeit an einem anderen Orte sein könne. Die von den Irokesen gebrauchte Hexensalbe ist auf folgende Weise entdeckt worden. Ein Junge fing einst eine schöne Schlange, steckte sie in ein halb mit Wasser gefülltes Gefäß von Birkenrinde und fütterte sie mit Vögeln. Alle Dinge, die er in das Wasser dieses Reptils brachte, wurden lebendig. Sobald er seine Augen mit diesem Schlangenwasser rieb, konnte er alle verborgene Dinge sehen; wenn er seinen Zeigefinger damit bestrich und dann auf eine Person deutete, so wurde diese behext. Nun legte er einige Kräuter, aber keine giftigen, in das Wasser des Schlangenbehälters; sobald er später mit dieser Flüssigkeit seine Zunge benetzte und dann ausspuckte, wurde es hell um ihn her. Auch konnte er sich damit unsichtbar machen und in eine Schlange verwandeln. Jeder Pfeil, den er damit bestrich, traf.
Die Dakota-Indianer nennen den Zauberer wicahmunga, d. h. „einer, der magische Pfeile oder Kugeln schießt.“[31]
Wenn die St. Regis-Indianer jemanden krank machen wollten, so treiben sie einen Holznagel in den Erdboden oder in einen Baumstamm, und ihr Opfer lebt so lange, wie jener Nagel dauert.
Unter den Schawanos standen anfangs letzten Jahrhunderts einige Propheten auf, welche Kindergeschichten aus dem Geisterlande erzählten, gegen Trunkenheit und Hexerei predigten und mehrere Zauberer, sowie eine alte Zauberin verbrennen ließen.[32] Letztere wurde, da sie ihren Zaubersack durchaus nicht ausliefern wollte, vier Tage lang über ein Feuer gehalten; doch erst kurz vor ihrem Tode sagte sie, ihr Enkel besitze denselben. Letzterer wurde nun geholt und gefesselt; er erklärte, daß er einstmals den Zaubersack seiner Großmutter geborgt, mittelst desselben in einer Nacht über den Mississippi und wieder zurück geflogen sei und ihn dann der Eigentümerin wieder gegeben habe. Nach diesem Geständnis wurde er mit einem Tomahawk erschlagen und dann verbrannt.
Auch unter den Eingebornen von Neumexiko ist der Glaube an die Hexen allgemein. Niemand wagt es dort, den Haß der Hexe herauszufordern oder ihr eine Bitte abzuschlagen; niemand ißt von der Speise, die ihm eine Hexe anbietet, denn er fürchtet, dieselbe würde sich in seinem Körper in Nagetiere verwandeln. Am Tage haben die Hexen ihre natürliche Gestalt, in der Nacht aber verwandeln sie sich in Raubvögel oder andere Tiere und fliegen über Berg und Tal zu ihren Versammlungen. In dunkler Nacht leuchten sie wie Feuerkugeln. Oftmals eignen sie sich auch nur die Augen und Beine eines Präriehundes oder eines anderen Tieres an und lassen die ihrigen zu Hause. So bekam einst ein Zauberer dadurch für sein ganzes Leben Katzenaugen, daß ihm ein Hund seine Augen während seiner Abwesenheit fraß. Ehe die neumexikanischen Hexen durch die Luft reiten, rufen sie beständig „Sin Dio“ und „Sin Santa Maria“ (ohne Gott und ohne die heilige Maria), und dann gehts los. Wer mit einer solchen Hexe auf vertrautem Fuße steht, kann sich z. B. von derselben von Neumexiko bis nach New-York in einer Sekunde tragen lassen, nur muß er sich vorher die Augen verbinden lassen und sich auf der Fahrt ruhig verhalten. Wer nur ein Wort spricht, sinkt in eine Wildnis; wer „Gott hilf!“ ruft, fällt auf die Erde, bricht aber den Hals nicht. Dies soll schon öfters vorgekommen sein. Nur ein mit Weihwasser versehener Priester oder ein Mann namens Johann kann eine solche Hexe fangen; auch eine Johanna soll es fertig bringen können. Der Juan macht einen großen Kreis auf den Boden und ruft; „Venga bruja!“ (Komm’ Hexe), darauf stürzt die Hexe in den Kreis und ist dann in seiner Gewalt. Diese Methode wird übrigens deshalb selten angewandt, weil sich alle Hexen gegen den Übeltäter verschwören und ihn tot peitschen würden.
Eine fremde Katze erschien einst im Zimmer einer neumexikanischen Braut und verschwand wieder. Bald darauf flog eine Eule herein und biß die junge Dame ins Gesicht, worauf sie sich ebenfalls entfernte. Die Wunde heilte erst dann, nachdem die Hexe, mit welcher sich die Braut kurz vorher gezankt, durch ein Geschenk versöhnt worden war. Einst verwandelte eine Hexe einen Mann in eine Frau und ließ ihn mehrere Monate in diesem Zustande, erst dann war sie durch eine wertvolle Gabe zu besänftigen.
Am Rio Grande glauben die meisten Leute an Hexen und halten die Amerikaner, die dies nicht tun, für ungebildete Menschen. Wer sich dort gegen Hexen schützen will, muß einem wundertätigen Heiligen, einem „Milago“ nämlich, ein Silberstück opfern, das die Form eines behexten Viehgliedes oder eines Baumzweiges hat. Dieser Gebrauch soll nach C. G. Leland auch in Italien bekannt sein.
Am Rio Grande soll es auch gente de chusma (Elfen) geben, die ihre Seelen dem Teufel verkauft haben und auf ihren Wanderungen niemals ein Haus betreten, in dem sich Senf befindet.[33] Dort zaubern die Hexen ihren Feinden Würmer (gusanos) in den Leib, die grüne Köpfe haben, sonst aber weiß sind. Wer sich am Rio Grande gegen Hexen schützen will, kniet abends, ehe er sich schlafen legt, nieder und spricht mit leiser Stimme folgendes Gebet:
Cuatro esquinas tiene mi casa.
(Mein Haus hat vier Ecken)
Cuatro angeles que la adora.
(Vier Engel bete ich an)
Lucas, Marcos, Juan y Mateo.
Ni brujas, ni hechiceras,
Ni hombre malhechor.
(Weder Hexen noch Zaubrer,
noch Übeltäter sollen mir ein
Leid zufügen,)
En el nombre del Padre,
J del hijo, y del Espiritu Santo.“
(Im Namen des Vaters, des
Sohnes und des heiligen Geistes.)