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Zweites Kapitel: Unter Paschern

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Als ich erwachte, war es noch dunkel um mich; dennoch fühlte ich, daß ich vollständig ausgeschlafen hatte. Das Rätsel löste sich indes, als ich aufstand und nun bemerkte, daß sämtliche Fensterluken durch die Läden noch verschlossen waren.

Ich stieß einen derselben auf und sah nun, daß die Sonne bereits ziemlich hoch stand. Es mochte nach westlicher Zeit zwischen acht und neun Uhr sein.

Draußen ließ sich ein fleißiges Hämmern und Feilen vernehmen. Ich ging hinaus. Der Schmied stand bei der Arbeit, und seine Frau zog den Blasebalg.

»Guten Morgen!« rief er mir lachend entgegen. »Du hast sehr gut geschlafen, Effendi.«

»Leider! Du aber auch!«

»Ich? Wieso?«

»Ich sehe meine Gefährten nicht.«

»Ich habe sie auch nicht gesehen.«

»Sie sind vorüber!«

»Wann?«

»Während der Nacht.«

»O, du denkst, daß ich geschlafen habe?«

»Ich ahne es.«

»Nicht ein Auge habe ich zugetan! Frage meine Frau. Als du schliefst, kam sie zu mir ins Freie. Wir haben nebeneinander gesessen und vergebens nach den Erwarteten geschaut.«

»Und das Feuer hat stets gebrannt?«

»Bis jetzt. Effendi, ich sage dir die Wahrheit.«

»Das macht mich um die Gefährten besorgt. Ich werde ihnen entgegenreiten.«

»Ich denke doch, daß du nach Dschnibaschlü reiten willst?«

»Ich wollte; aber – — —«

»Habe keine Sorge, Effendi! Sie werden kommen. Sie sind so klug gewesen, während der Nacht nicht durch eine unbekannte Gegend zu reiten.«

»Nein, das ist es nicht, was ihre Ankunft verzögert. Entweder sind sie auf ein unvorhergesehenes Hindernis getroffen, oder sie haben den Weg verfehlt.«

»Nun, in beiden Fällen ist es besser, daß du nach Dschnibaschlü reitest. Sie werden das Hindernis beseitigen und bald kommen. Und befinden sie sich auf falschem Wege, so werden sie den richtigen finden. Welche Orte sollten sie berühren?«

»Ich habe ihnen befohlen, von Dere-Kiöj nach Mastanly zu reiten.«

»Dann müssen sie auf alle Fälle hier vorüberkommen. Soll ihnen jemand entgegengehen, so will ich es tun. Ich nehme das Pferd unseres Gefangenen.«

»Das läßt sich hören! Aber – hast du bereits mit ihm gesprochen?«

»Ich habe nach ihm gesehen.«

»Was sagte er?«

»Er schimpft erbärmlich. Er verlangt, sofort freigelassen zu werden, und als ich sagte, daß ich ihm die Freiheit nicht geben könne, verlangte er, mit dir zu reden.«

»Diesen Wunsch werde ich ihm gern erfüllen.«

»Tue es nicht, Effendi!«

»Warum nicht?«

»Er ist hinterlistig. Er will sich befreien – entweder durch Gewalt oder, wenn dies nicht möglich sein sollte, durch List.«

»Ich fürchte weder seine Körperkraft, noch seine Verschlagenheit. Er steckt unten in der Grube und ist gebunden. Was will er mir tun? Er kann nicht die Hand nach mir ausstrecken.«

»Aber er wird dich überreden!«

»Das wird er nicht. Ich gehöre nicht zu den leichtgläubigen Leuten und bin nicht der Mann, welcher jetzt so denkt und in fünf Minuten ganz anders. Uebrigens wirst du ja dabei sein. Komm!«

Wir standen eben im Begriff, die den Keller verschließende Tür zu öffnen, als die Frau des Schmiedes hinzutrat, mich geheimnisvoll am Arme berührte und dabei leise sagte:

»Ich habe es gefunden, ich habe es gefunden!«

»Was?« fragte ich, indem ich die Hand von der Türe ließ.

»Sein Gesicht, seine Narbe.«

»Du meinst wohl das Gesicht und die Narbe des Gefangenen?«

»Ja, Effendi; ich hatte beides vergessen.«

»So hast du ihn wohl bereits einmal gesehen?«

»Ja. Aber es war mir wieder entfallen. Ich habe während der ganzen Nacht darüber nachgedacht. Ich marterte mein Hirn, ohne mich besinnen zu können. Nun aber ist es mir ganz plötzlich eingefallen.«

»Komm in die andere Stube! Er könnte uns hören,« sagte ich.

Beide folgten mir in die Wohnstube, und dort sagte der Schmied im Tone der Verwunderung zu seinem Weib:

»Du hast ihn gesehen? Du hattest es vergessen, und du hast während der ganzen Nacht neben mir gesessen und darüber nachgedacht? Warum hast du mir nichts davon gesagt?«

»Ich wollte mich nicht irre machen. Hätte ich davon gesprochen, so wäre es mir gar nicht eingefallen; das dachte ich.«

»Du magst recht haben,« sagte ich. »Gut, daß du dich nun besonnen hast. Also, wo hast du ihn gesehen?«

»In Topoklu.«

»Wann?«

»Im letzten Frühjahre; bei meiner Freundin.«

»Als du in Topoklu zum Besuche warst?« fragte ihr Mann erstaunt.

»Ja, damals.«

»Was tat er denn bei deiner Freundin?«

»Er kaufte Schießpulver und Zündhütchen.«

Und zu mir gewendet fuhr sie fort:

»Du mußt nämlich wissen, daß der Mann meiner Freundin einen Kramladen besitzt und allerlei verkauft, was man für den Augenblick nötig hat. Ich war eingeladen worden, weil sie krank war und niemand hatte, der sie pflegen sollte. Ich saß bei ihr, und da trat jemand in den Laden und verlangte Munition. Er wollte sie sogleich probieren. Da bat ihn der Krämer, dies nicht zu tun, da seine Frau krank sei und das Schießen nicht vertragen könne; aber der Mann lud dennoch sein Pistol und schoß mit der Kugel nach dem Pferdekopf des gegenüberliegenden Hauses.«

Der Bulgare liebt es nämlich, über seine Türe oder an den Firstenden, also an den Giebelwinkeln seines Hauses Pferdeköpfe oder auch die Köpfe anderer größerer Tiere, wie Rinder-, Maultier- und Mauleselsköpfe, anzubringen.

Die Frau fuhr fort:

»Meine Freundin schrie bei dem Schuß vor Schreck laut auf. Er lachte und schoß noch mehrere Male. Und als der Krämer es ihm nun streng verbot, drohte er, auf ihn selbst zu schießen. Endlich bezahlte er und ging. Vorher aber sagte er, daß er eigentlich gar nicht zu bezahlen brauche, da er zu den Verschwörern gehöre.«

»Was für Leute sind das?« fragte ich.

»Das weißt du nicht?« meinte der Schmied.

»Ich habe es noch nie gehört.«

»Ein Verschwörer ist ein Mann, der dem Großherrn nicht gehorchen, sondern ein bulgarisches Reich mit einem eigenen, unabhängigen König haben will.«

»Darf es denn jemand wagen, sich öffentlich zu diesen Verschwörern zu bekennen?«

»Warum nicht? Der Großherr wohnt in Istambul, und je weiter du dich von dieser Stadt entfernst, desto geringer wird seine Macht. Und sieht so ein Mann sich in Gefahr, so geht er in die Berge. – Erzähle weiter, Frau!«

»Ich hatte durch die Ritzen der Rutenwand geblickt,« fuhr sie fort, »und den Menschen gesehen. Er trug ein großes Wundpflaster über der rechten Wange, und als wir dann den Krämer fragten, wer der Fremde sei, sagte er uns, daß dieser in den Bund der Unzufriedenheit gehöre und in dem Dorfe Palatza wohne. Er heiße Mosklan und sei eigentlich Roßkamm, habe aber dieses Geschäft aufgegeben, um seine ganze Zeit dem Geheimbunde widmen zu können. Doch bat uns der Krämer, keinem Menschen etwas davon zu sagen. Wir hörten noch, daß dieser Roßtäuscher selten zu Hause sei und sich stets unterwegs befinde.«

»Und du glaubst, ihn in unserem Gefangenen wiedererkannt zu haben?«

»Ja. Er trägt das Pflaster nicht mehr; das machte mich irre. Ich fühlte, daß ich ihn irgendwo gesehen habe, doch konnte ich mich nicht besinnen. Aber da fiel mir jetzt doch die Narbe ein, welche er über der rechten Wange hat, und nun weiß ich es genau, daß er es ist.«

»Wirst du dich nicht irren?«

»O nein. Ich kann es beschwören, daß er es ist.«

»Und er hat sich Pimosa genannt und gesagt, er sei ein Serbe, ein Agent aus Lopaticza am Ibar.«

»Das ist eine Lüge.«

»Ich habe es ihm ja auch gar nicht geglaubt. Er sprach walachisch, und zwar spricht er diese Sprache, wie mir scheint, genau so, wie ich sie in der Gegend von Slatina gehört habe.«

»Slatina? Ja, ja!« nickte die Frau mit Eifer. »Der Krämer schien ihn besser zu kennen, als er uns merken lassen wollte. Er war zornig auf ihn und nannte ihn einen Walachen, einen Giaur, einen russialy Katolik, einen Ketzer aus Slatina.«

»Daraus ist allerdings zu schließen, daß er ihn sehr genau kennt und daß er auch weiß, daß der Mann aus Slatina ist.«

»Und jetzt fällt mir auch ein, daß er ihn in seinem Zorne einen Fußboten der Aufwiegler und einen Reitboten der Revolutionärs schimpfte.«

»Das ist höchst interessant! Vielleicht ist bei dem dicken Bäcker in Dschnibaschlü noch mehr zu erfahren.«

»Willst du wirklich hin, Effendi?«

»Ja; jetzt ganz gewiß.«

»Und soll der Gefangene es erfahren?«

»Allerdings; er selbst hat mich ja dazu aufgefordert.«

»Wirst du ihm auch sagen, daß du erfahren hast, wer er eigentlich ist?«

»Nein. Das wäre eine Unvorsichtigkeit, deren ich mich nicht schuldig machen will. Habt ihr für jetzt vielleicht noch etwas zu bemerken?«

»Nein,« sagte die Frau. »Ich habe alles gesagt, was ich weiß. Aber erlaube, daß ich dich um etwas frage, was mir Sorge macht!«

»Frage nur immer zu! Vielleicht ist deine Sorge grundlos.«

»O nein! Wenn dieser Mann zu den Unzufriedenen gehört, so befinden wir uns in Gefahr. Wir haben ihn gefangen genommen, und er wird sich rächen oder von seinen Mitverschworenen gerächt werden.«

»Das ist allerdings ein Gedanke, den ihr nicht von euch weisen könnt; aber vielleicht läßt sich dieser Angelegenheit ein solcher Ausgang geben, daß ihr nichts zu befürchten braucht. Seine Verbündeten haben euch mißhandelt, und ihr habt also alle Veranlassung gehabt, euer Verhalten danach einzurichten. Vor allen Dingen will ich jetzt noch einmal mit ihm reden, da er dies verlangt hat.«

Wir brannten einen Span an, öffneten den Keller, legten die Leiter an, und dann stieg ich hinab. Der Gefangene lag auf dem Kohlenhaufen und empfing mich mit Schimpfworten.

»Glaubst du, in dieser Weise deine Lage zu verbessern?« fragte ich ihn.

»Laß mich los!« antwortete er. »Gib mich frei! Du hast kein Recht, mich hier festzuhalten.«

»Bis jetzt aber bin ich überzeugt, dieses Recht zu haben!«

»Hat dich der Färber Boschak nicht eines Besseren belehrt?«

»Ich war noch nicht bei ihm.«

»Warum nicht? Warum zauderst du? Es muß jetzt weit über Mittag sein. Du hast längst Zeit gehabt, nach Dschnibaschlü zu gehen.«

»Du irrst. Es ist noch nicht so weit, wie du denkst. Aber ich werde mich sogleich aufmachen. Also du behauptest, daß er dich kennt?«

»Ja. Frage nur nach dem Agenten Pimosa.«

»Weiß er, daß du jetzt nicht in Edreneh gewesen bist?«

»Ja. Er wird, wenn du ihn fragst, bezeugen, daß ich während der letzten Tage in Mandra und Boldschibak gewesen bin.«

»Wie will er das wissen?«

Er zögerte, zu antworten, und sagte erst nach einer Pause:

»Das wirst du von ihm selbst hören.«

»Ich möchte es aber noch lieber gleich jetzt von dir erfahren.«

»Wozu denn?«

»Es ist das die beste Weise, mein Mißtrauen zu bekämpfen.«

»Das sehe ich nicht ein!«

»Muß ich dir vielleicht vorher eine Erklärung geben? Du schweigst, weil du verhüten willst, daß seine Aussage der deinigen widerspricht. Also sage mir, ob er vielleicht mit dir an jenen beiden Orten gewesen ist.«

»Das habe ich nicht nötig. Gehe hin, und frage ihn selbst!«

»Es scheint, daß du dir deine Lage nicht verbessern willst. Was habe ich denn eigentlich für eine Ursache, zu diesem Boschak zu gehen? Gar keine!«

»Ich verlange es aber, damit du meine Unschuld erkennst.«

»Wärst du schuldlos, so würdest du selbst mir die geforderte Auskunft erteilen.«

»Du sollst ihm sagen, daß ich mich hier befinde.«

»Damit er dich aus diesem Keller holt? Glaubst du, daß meine Dummheit größer als deine Klugheit sei? Um aber alle Vorwürfe zu vermeiden, werde ich zu dem Färber gehen. Vielleicht erfahre ich bei ihm ganz das Gegenteil von dem, was er nach deinem Wunsche mir sagen soll. Hast du Hunger?«

»Nein.«

»Oder willst du trinken?«

»Nein. Noch lieber will ich verschmachten als von solchen Menschen, wie ihr seid, einen Tropfen Wasser annehmen!«

»Ganz nach deinem Belieben!«

Ich machte Anstalt, wieder emporzusteigen; da sagte er in barschem Tone:

»Ich verlange, daß ihr mir die Fesseln abnehmt!«

»Von Menschen, welche nicht wert sind, dir einen Tropfen Wasser anzubieten, kannst du das doch nicht verlangen.«

»Sie tun mir weh!«

»Das schadet nichts! Der Durst tut auch weh, und dennoch willst du ihn ertragen, um nur von uns nichts empfangen zu müssen. Uebrigens weiß ich sehr genau, daß dir die Fesseln keine Schmerzen verursachen. Der Prophet sagt: Wenn du in Leiden fällst, so bedenke, daß es meist nicht Allahs Wille, sondern nur der deinige gewesen ist. Denke an dieses Wort, bis ich zurückkehre!«

Er zog es vor, sich nun in Schweigen zu hüllen.

Der Schmied hatte die Zeit dazu benutzt, mir mein Pferd vorzuführen. Er brachte zugleich dasjenige des Gefangenen mit.

»Willst du wirklich den Meinigen entgegen reiten?« fragte ich.

»Wenn du es erlaubst, Effendi, ja!«

»Meinest du, daß deine Gegenwart hier nicht nötig sein werde?«

»Meine Frau ist da. Sie wird den Gefangenen bewachen.«

»Man weiß nicht, was sich während unserer Abwesenheit ereignen kann!«

»Was soll sich ereignen? Ich halte es für notwendig, daß deine Leute erfahren, wo du dich befindest, und daß du auf sie wartest. Ich reite nur bis Dere-Kiöj: finde ich sie da nicht, so kehre ich zurück!«

»Ihr könnt euch umreiten.«

»Meine Frau wird dafür sorgen, daß sie hier nicht vorüberkommen, ohne einzukehren.«

»Nun, wie du willst! Auch hat sie vor allem dafür zu sorgen, daß kein Mensch erfährt, wir hätten einen Mann im Keller.«

Die Frau hatte bei uns gestanden und alles gehört.

»Effendi, reite ohne Sorge nach Dschnibaschlü,« sagte sie. »Es wird alles so sein, als ob du selbst dich hier befändest.«

Auf diese Versicherung hin bestieg ich das Pferd. Es kam mir der Gedanke, die Gewehre zurück zu lassen, um leichter zu sein; doch waren sie mir zu wertvoll, als daß ich sie hätte in Gefahr bringen mögen. Es gab in diesem Hause keinen Ort, der ein sicheres Versteck bieten konnte. Also nahm ich sie mit.

Das Dorf lag nicht weit von der Schmiede. Es war nicht groß, ich kam also schnell hindurch. Dann ging‘s über die Brücke und links um nach Südost, nicht, wie der Schmied gesagt hatte, nach Süden zu.

Ich passierte einige Maisfelder, dann Weideland und kam nun an unbebautes Land. Einen eigentlichen Weg gab es nicht. Jeder läuft, fährt oder reitet hier, wie es ihm beliebt. Darum wunderte ich mich nicht, als ich zu meiner Rechten, in ziemlicher Entfernung von mir, einen Reiter auftauchen sah, welcher dieselbe Richtung zu verfolgen schien. Auch er bemerkte mich und hielt nun nach mir herüber.

Als er näher herangekommen war, beobachtete er mich und schien nicht ins klare kommen zu können; dann faßte er einen schnellen Entschluß und kam im Trabe ganz heran.

»Ssabahhak bilcheer – guten Morgen!« grüßte er mich, zu meinem Erstaunen in schönstem arabisch.

»Allah jußabbihak bilcheer – Gott gebe dir einen guten Morgen!« antwortete ich in freundlicher Weise.

Der Reiter gefiel mir nämlich. Er gehörte jedenfalls nicht zu den reichen Leuten. Sein Pferd war keine zweihundert und fünfzig Mark wert, und er trug eine fast ärmliche Kleidung; aber diese Kleidung zeugte von einer hier in dieser Gegend ungewöhnlichen Sauberkeit, und das Pferd war, wenn auch nicht üppig genährt, doch sehr gut gehalten. Der Striegel und die Kardätsche mußten wohl den Mangel von Haferüberfluß ersetzen. Dies macht auf den Pferdefreund stets einen guten Eindruck. Uebrigens war der junge Mann sehr schön gewachsen, und sein von einem wohlgepflegten Schnurrbart geziertes Gesicht hatte einen so offenen, ehrlichen Ausdruck, daß ich mich keineswegs darüber ärgerte, den Gang meiner Gedanken durch ihn unterbrochen zu sehen.

»Sie sprechen arabisch?« fuhr er fort, indem er durch ein befriedigtes Nicken zu erkennen gab, daß er sich freue, mich richtig beurteilt zu haben.

»Gewiß, sehr gern sogar.«

»Wollen Sie die Güte haben, mir zu sagen, woher Sie kommen?«

»Von Koschikawak.«

»Ich danke schön!«

»Wollen Sie vielleicht mit mir kommen?«

»Ich werde Ihnen dafür sehr verbunden sein!«

Das war eine recht herzgewinnende Höflichkeit. Ich fragte ihn nun, wie er auf den Gedanken gekommen sei, mich arabisch anzureden. Er deutete, indem seine Augen blitzten, auf mein Pferd und antwortete:

»So einen Nedschi kann nur ein Araber reiten. Das ist ein echter Wüstenhengst! Bei Allah! Rote Nüstern! So ist die Mutter wohl gar eine Kohelistute gewesen?«

»Sie haben ein gutes Auge. Der Stammbaum weist allerdings nach, daß Sie recht haben.«

»Sie glücklicher und Sie reicher Mann! Die Hufe und die Fesseln zeigen, daß dieses Pferd nicht in der Sand-, sondern in der Steinwüste geboren wurde.«

»Auch das ist richtig. Ist die hiesige Gegend Ihre Heimat?«

»Ja.«

»Wie kommen Sie da zu diesem Scharfblick für arabische Pferde?«

»Ich bin Hadschi. Nachdem ich in Mekka meine Gebete absolviert hatte, ging ich nach Taïf, wo ich in die Reiterei des Großscherifs von Mekka trat.«

Ich kannte diese Elite-Kavallerie und wußte, wie gut sie beritten war. Der Großscherif besitzt einen wahrhaft glänzenden Marstall. Kein Wunder also, daß dieser junge Mann seinen Blick hatte üben können.

Es war mir interessant, einen ehemaligen Kavalleristen des Großscherifs von Mekka vor mir zu sehen.

»Warum blieben Sie nicht dort?« fragte ich ihn.

Er errötete, blickte vor sich nieder, richtete dann die Augen voll und aufrichtig auf mich und sagte das eine Wort:

»Mahabbe – die Liebe!«

»welak – oh wehe!«

»Na‘m; hakassa – ja, ja, so ist es!«

Ich hatte mein Wehe in scherzhaftem Tone gesprochen; er aber machte ein sehr ernsthaftes Gesicht und blickte so nachdenklich vor sich hin, daß ich sehr leicht erraten konnte, wie es stand. Natürlich aber fiel es mir nicht ein, ihn über diese äußerst zarte Angelegenheit mit Fragen zu behelligen. Ich lenkte vielmehr um und sagte:

»In Beziehung auf das Pferd haben Sie ganz richtig geurteilt; aber Ihre Ansicht über den Reiter ist eine irrige.«

»Wie? Sie sind doch jedenfalls Beduine?«

»Sitze ich wie ein Bedawi zu Pferde?«

»Allerdings nicht. Das fiel mir sogleich auf, als ich Sie bemerkte.«

»Und Sie wunderten sich?«

»Ja.«

»Sie sind aufrichtig!«

»Soll ich es nicht sein?«

»In Allahs Namen! Sprechen Sie nur freimütig!«

»Ich konnte nicht begreifen, daß der Besitzer eines seltenen Pferdes so schlecht reitet.«

»Das geht so in der Welt!«

Er warf einen besorgten Blick zu mir herüber und fragte: »Sie haben mir das übel genommen?«

»O nein!«

»O doch!«

»Machen Sie sich keine Sorge! Was Sie sagten, das hat mir schon mancher andere auch gesagt, ohne daß ich es übel nahm.«

»Warum geben Sie sich nicht Mühe, das Reiten zu lernen?«

»O ich habe mir viel Mühe gegeben, sehr viel!«

»Jumkin – wahrscheinlich!« lächelte er ungläubig.

»Sie zweifeln daran?«

»Ja.«

»Nun, ich will Ihnen sagen, daß ich jahrelang den Sattel nur verlassen habe, um zu schlafen.«

»Allah akbar – Gott ist groß! Er schafft die Menschen und beschenkt einen jeden mit einer besonderen Gabe, aber auch mit einem besonderen Mangel. Ich habe einen kennen gelernt, dem es unmöglich war, zu pfeifen. Er gab sich alle Mühe, brachte es aber nicht fertig. Andere pfeifen schon, wenn sie noch in der Wiege hängen. Ihnen geht es mit dem Reiten grad so, wie jenem mit dem Pfeifen. Dafür aber wird Allah Ihnen ein anderes Talent verliehen haben.«

»Das ist richtig.«

»Darf ich erfahren, welches Talent es ist?«

»Ja gewiß: das Trinken.«

»Das Trinken?« fragte er verblüfft.

»Ja. Ich habe bereits getrunken, als ich noch in der Wiege hing.«

»Spaßvogel!«

»Wollen Sie auch das nicht glauben?«

»O, sehr gern. Dieses Talent haben wir alle wohl so früh schon besessen. Nur ist das kein Grund, um stolz darauf zu sein. Das Reiten fällt schon ein wenig schwerer.«

»Das merke ich!«

Es war fast der Ausdruck des Mitleides, mit welchem er mich anblickte. Dann meinte er:

»Ist denn Ihr Rückgrat gesund?«

»Ja.«

»Und Ihre Brust auch?«

»Sehr.«

»Warum machen Sie das erstere so krumm, und warum drücken Sie letztere so hinein?«

»Ich habe es von tausend anderen so gesehen.«

»Das sind sehr schlechte Reiter gewesen.«

»Sogar sehr gute! Ein Reiter, welcher sein Pferd lieb hat, der schont es; er sucht es also so viel wie möglich zu entlasten. Wie das zu machen ist, davon hat weder der Türke, noch der Araber eine Ahnung.«

»Das verstehe ich nicht.«

»Ich glaube Ihnen.«

»Aber sind Sie kein Araber?«

»Nein.«

»Was sonst?«

»Ein Nemtsche.«

Da nickte er bedächtig vor sich hin und sagte:

»Ich habe in Stambul Leute aus Alemanja gesehen. Sie verkaufen Leinwand, Sacktuch und Messerklingen. Sie trinken Bier und singen Lieder dazu. Aber zu Pferde habe ich keinen einzigen von ihnen gesehen. Gibt es in Alemanja viele Soldaten?«

»Mehr als im Oszmanly memleketi.«

»Aber um die Kavallerie muß es schlecht bestellt sein!«

»Sie reiten grad wie ich.«

»Fürwahr?«

»Gewiß!«

»Traurig, geradezu traurig!«

Er meinte es ehrlich. Es fiel mir gar nicht ein, ihm bös zu sein. Er mochte aber doch meinen, zu weit gegangen zu sein; darum fragte er:

»Sie sind fremd hier. Darf ich fragen, wohin Sie wollen? Vielleicht kann ich Ihnen nützlich sein.«

Es war vielleicht nicht geraten, ihm mit voller Aufrichtigkeit zu antworten; darum sagte ich:

»Zunächst nach Dschnibaschlü.«

»Da reiten wir noch eine Viertelstunde miteinander, dann geht mein Weg rechts ab nach Kabatsch.«

»Wohnen Sie dort?«

»Ja. Erraten Sie, was ich bin?«

»Nein. Ich wundere mich aber, daß Sie so jung dazu kamen, in den Dienst des Großscherifs zu treten, und daß Sie ihn bereits wieder aufgaben.«

»Weshalb es geschehen ist, wissen Sie bereits. Ich war früher Uhrmacher und bin jetzt Buchhändler.«

»Haben Sie einen Laden?«

»Nein. Mein Vorrat befindet sich hier in der Tasche. Ich verkaufe hier diese Sachen.«

Er griff in die Tasche und zog einen Zettel hervor. Dieser enthielt die Fatha, die erste Sure des Koran, mit gespaltenem Rohre in Neskhi-Schrift mittels aufgelöstem Gummi geschrieben und dann mit Gold bronziert. Er war also Kolporteur und hatte, wie ich bemerkte, einen großen Vorrat dieser Zettel.

»Wurde dies in Mekka geschrieben?« fragte ich ihn.

»Ja.«

»Von den Hütern der Kaaba?«

Er machte ein pfiffiges Gesicht und zuckte die Achsel.

»Ich verstehe. Ihre Käufer glauben das letztere.«

»Ja. Sie sind ein Nemtsche, also ein Christ. Ihnen will ich es sagen, daß ich es selbst geschrieben habe, allerdings in Mekka. Ich habe einen großen, großen Vorrat mitgebracht und mache ganz gute Geschäfte.«

»Wie viel kostet ein Exemplar?«

»Je nach dem Vermögen des Käufers. Der Arme gibt einen Piaster, bekommt es vielleicht auch umsonst, während ich von reichen Leuten auch schon zehn und noch mehr Piaster bekommen habe. Von dem Erlös lebe ich mit meinem alten Vater, der gelähmt ist, und kaufe mir das Material zu meiner Uhr.«

»Sie arbeiten also noch in Ihrem früheren Fache?«

»Ja. Ich arbeite an einer Uhr, welche ich dem Großherrn zum Kauf anbieten will. Es wird im ganzen Lande keine zweite ihresgleichen sein. Kauft er sie, so bin ich ein gemachter Mann.«

»Also ein Kunstwerk?«

»Ja.«

»Werden Sie es fertig bringen?«

»Ganz gewiß. Erst hatte ich selbst Sorge; aber jetzt bin ich überzeugt, daß es gelingen wird. Und dann – dann, dann werde ich mit diesem Boschak reden!«

Er hatte die letzten Worte in beinahe drohendem Tone ausgesprochen. Der genannte Name frappierte mich. So hieß ja der Bäcker, zu dem ich wollte!

»Boschak? Wer ist das?« fragte ich.

»Ihr Vater.«

»Warum sprechen Sie nicht eher mit ihm?«

»Er wirft mich hinaus, wenn ich jetzt komme. Ich bin ihm zu arm, viel zu arm.«

»Ist er denn reich?«

»Nein. Aber sie ist das schönste Mädchen von Rumili.«

Ich machte eine Armbewegung gegen die Sonne und sagte:

»Heut ist es heiß!«

»Hier ist es heiß!« antwortete er, mit der geballten Faust nach der Gegend drohend, in welcher ich das Dorf Dschnibaschlü vermutete. »Ich war bei ihrem Vater, aber er zeigte mir die Türe!«

»Würde diese Schönste in Rumili Ihnen die Türe ebenso zeigen?«

»Nein. Wir sehen uns ja des Abends und sprechen miteinander.«

»Heimlich?«

»Ja, denn anders geht es nicht.«

»Was ist ihr Vater?«

»Bäcker und Färber. Sie heißt Ikbala[33]

»Welch ein schöner Name! Ich wünsche, daß er an Ihnen in Erfüllung gehen möge.«

»Das wird geschehen, denn es ist Allahs Wille und auch der meinige. Die Mutter ist unsere Verbündete.«

»Gott sei Dank!«

»Ja. Sie wacht über uns, wenn wir zusammenkommen, während der Bäcker schläft. Allah möge ihr dafür ein langes Leben geben und Enkel die Hülle und die Fülle! Der Alte aber möge Knoblauch kauen und Tinte schlucken müssen, bis er sich entschlossen hat, mein Schwiegervater zu werden!«

»Dann können Sie ihn als Tintenfaß benützen, wenn Ihr jetziger Vorrat ausgegangen ist und Sie also gezwungen sind, einen neuen Vorrat von Amuletts zu schreiben. Wo wohnt denn dieser wütende Vater einer so gepriesenen Tochter?«

»In Dschnibaschlü.«

»Das weiß ich. Aber in welchem Hause?«

»Wenn Sie von dieser Richtung in das Dorf kommen, ist es das fünfte Haus zur rechten Hand. Vor der Türe hängt ein hölzerner Apfelkuchen, ein gelber Handschuh und ein roter Strumpf, zum Zeichen, daß Boschak Bäcker und auch Färber ist. Warum fragen Sie nach seiner Wohnung?«

»Ich möchte diesen Tyrannen kennen lernen.«

»Das ist sehr leicht.«

»Wie so?«

»Lassen Sie etwas bei ihm färben.«

»Ich wüßte nicht, was. Ich müßte mir meinen Rappen blau färben lassen. Doch hätte ich auch keine Zeit, zu warten, bis er vollständig trocken wäre.«

»So kaufen Sie sich Zuckerwerk bei ihm!«

»Ist er denn auch Zuckerbäcker?«

»Ja. Er bäckt alles.«

»Doch nicht auch Strümpfe und Handschuhe! Eine Verwechslung der beiden Gewerbe kann ja vorkommen. Halt! Haben Sie etwas gehört?«

Ich hielt mein Pferd an und lauschte.

»Nein,« antwortete er.

»Es war mir, als hätte ich einen fernen Ruf vernommen.«

Auch er hielt still und horchte. Der eigentümliche Laut, den ich vernommen hatte, wiederholte sich.

»Das klingt gerade, wie die Stimme eines eingemauerten Menschen!«

»Nein,« erwiderte er. »Es ist ein Frosch, welcher schreit.«

»Ich habe noch nie einen Frosch mit solcher Stimme gehört.«

»So ist es eine Kröte. Ich habe oft Unken in dieser Weise schreien hören. Der Ruf kömmt dort links aus dem Dorngestrüppe, welches so niedrig ist, daß wir den Menschen sehen müßten, wenn einer darinnen stäke. Es ist ein Tier, nichts anderes. Und nun, hier geht mein Weg nach rechts. Ich muß scheiden.«

»Darf ich nicht vorher Ihren Namen erfahren?«

»Man nennt mich überall Ali den Buchhändler.«

»Ich danke! Und wie weit ist es von Dschnibaschlü bis in Ihr Kabatsch?«

»Ich reite es in drei Viertelstunden. Wollen Sie etwa dann nach Kabatsch?«

»Möglich.«

»So bitte ich Sie, zu mir zu kommen und sich mein Uhrwerk anzusehen. Vielleicht darf ich dann auch die Fragen aussprechen, welche ich jetzt unterlassen habe.«

»Warum fragten Sie nicht?«

»Darf man unhöflich sein?«

»Ich habe mich doch auch nach Ihren Verhältnissen erkundigt!«

»Sie dürfen das, denn Sie sind ein Anderer als ich. Sie sind ein Inkognito; das ist sicher!«

Er lachte mich dabei so zuversichtlich an, daß auch ich laut lachen mußte.

»Sie irren sich!«

»O nein! Sie können zwar nicht reiten, aber das tut nichts. Sie sind vielleicht ein großer Gelehrter oder sonst ein Effendi aus dem kaiserlichen Hof, obgleich Sie ein Christ sind. Wären Sie ein Moslem, so hätten Sie meine Zettel mit der Fathha, mit dem Gruße beehrt. Aber ich weiß, daß der Großherr auch Christen bei sich hat, und da Sie kein Reiter sind, so ist der Rappe aus dem Stalle des Padischah geborgt. Habe ich recht?«

»Nein.«

»Gut; ich will schweigen.«

»Daran handeln Sie klug. Können Sie mir Ihre Wohnung beschreiben?«

»Sehr leicht. Es ist eigentümlicherweise grad so wie hier. Wenn Sie von Dschnibaschlü nach Kabatsch kommen, so ist es das fünfte Haus zur rechten Hand, in welchem ich wohne. Es ist nur eine kleine Hütte. Mein Vater war ein blutarmer Hirt. Die Mutter lebte noch, als ich nach Mekka pilgerte. Sie starb, und kurze Zeit später traf den Vater der Schlag. Jetzt kann er kein Glied bewegen und auch nicht sprechen, sondern nur lallen; dennoch betet er ohne Unterlaß, daß Allah ihn erlösen möge, damit er mir nicht länger zur Last falle. Ich aber bete heimlich zu der großen göttlichen Liebe, ihn mir noch lange, lange zu erhalten. Vater und Mutter hat man nur einmal. Sind sie gestorben, so hat der Kirchhof den besten Teil des Kindes empfangen, und keine Seele auf Erden meint es mit ihm wieder so gut und treu, wie die Hingeschiedenen. Einst, als ich noch klein war, da kam ein alter Mann in unsere Hütte und bat um Herberge. Er bekam ein Lager und Milch und Brot. Mehr hatten wir selbst nicht. Ich hatte etwas getan, was die Mutter erzürnte. Da nahm der alte Gast einen Zettel hervor und einen Bleistift. Er war ein römischer Katholik, und obgleich er die türkische Sprache nicht verstand, schrieb er mir einen Vers aus Ihrer Bibel auf, welches die heilige Schrift der Christen ist, und sagte mir, daß ich diese Worte auswendig lernen und stets befolgen und nie wieder vergessen solle. Ich habe diesen Zettel als Amulett bei mir getragen, bis er in Fetzen ging. Er ist zerrissen und verschwunden; aber die Worte sind mir im Gedächtnisse und im Herzen geblieben bis auf den heutigen Tag und werden auch da bleiben, bis der Engel des Todes zum großen Abschied ruft.«

Ich war tief gerührt und fragte den Sahaf, dessen Augen feucht geworden waren:

»Wie lauten diese Worte?«

»Sie lauten: Bir göz zewklen-ar babaji, bir göz itaatetmez, kargalar onu kazar-lar yrmak jakinda, gendsch kartalar onu jutar-lar.«

Das waren die Bibelworte: »Ein Auge, welches den Vater verspottet und sich weigert, der Mutter zu gehorchen, das werden die Raben am Bache aushacken und die jungen Adler fressen.«

Wieder ein Beispiel von der unwiderstehlichen Macht des göttlichen Wortes, welches wirkt, wie »ein Hammer, der Felsen zerschmettert«. Wo hat der Kuran, wo haben die Vedas und wo hat (man verzeihe!) die Offenbarung der >letzten Heiligen<, ich meine das Machwerk jenes Joe Smith, welches er book of the Mormons nannte, eine Stelle von so gewaltiger, unmittelbarer Wirkung aufzuweisen? Man lese das Gold-Glanz-Buch, welches Buddhas Lehren über sich, über Buße, Pflicht und das Ende der Dinge enthält; man vertiefe sich mittels eines entsetzlichen Studiums in die heiligen Bücher Indiens, in die Papyrus Aegyptens mit ihren Ptah-, Re- und Amon-Reminiszenzen – — es gibt doch nur das eine Gotteswort, von dem es so lieblich heißt: >Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege<, und dessen strafende, vernichtende Macht doch auch nicht erschütternder geschildert werden kann, als in der fürchterlichen Stelle: >Und er wurde zu Stein!<

Ich reichte dem Uhrmacher-Buchhändler die Hand und fragte ihn:

»So lieben Sie also Ihren Vater?«

»Herr, warum fragen Sie? Kann es einen Sohn geben, welcher seinen Vater nicht liebt? Kann ein Kind seiner Eltern vergessen, denen es alles, alles zu verdanken hat?«

»Sie haben recht; meine Frage war gänzlich überflüssig. Vielleicht bekomme ich Ihren Vater zu sehen, und dann werde ich ihm ebenso einen Vers aufschreiben, wie der alte römische Katholik Ihnen aufgeschrieben hat. Und geht der Wunsch, den ich jetzt im stillen hege, in Erfüllung, so ist es mir wohl möglich, ihm und Ihnen außerdem eine recht große Freude zu machen. Bleiben Sie daheim, damit ich Sie finde, wenn ich komme! Allah jusellimak – Gott behüte Sie!«

»Fi aman Allah – in Gottes Schutz!« antwortete er, indem er meine ihm dargebotene Hand an seine Stirn drückte.

Da nahm er sein Pferd »al el meimene« – zur rechten Hand und ritt im Trabe davon.

Ich blickte ihm nach, bis er hinter fernem Strauchwerk verschwunden war, und setzte dann meinen Weg fort. Ich war noch nicht weit geritten, so sah ich etwas auf der Erde liegen, was ich an diesem Orte nicht gesucht hätte, nämlich eine richtige, wirkliche, echte und wahrhaftige Semmel, eine braune und knusperig gebackene Zeile von acht, sage acht Semmeln.

Dieses Backwerk ist von uns nach der Türkei gebracht worden, weshalb es dort vorzugsweise Frandschela, »die Fränkische« genannt wird.

Ich stieg vom Pferde und hob die Semmel auf, eine neubacken duftende Reminiszenz an die Heimat. Was mit der Achterzeile tun? Ohne mir darüber klar zu sein, brach ich ein Eckchen ab und – hielt es meinem Rappen hin. Er hatte so etwas noch nie gesehen; aber das verursachte ihm keine Skrupel. Ob Chaß etmek oder Frandschela, ob auf Deutsch Semmel oder auf Englisch roll, ob auf Französisch pain blanc oder im Italienischen piccoli pani, ob in polnischer Sprache bulka und pszenna und in serbischer pletenitza, ob auf Walachisch pune albeh oder auf Russisch bulka, grad wie auch in Ostpolen – der Rappe hatte weder sprachliche noch andere Bedenken; er prüfte mit der Nase, nahm das Eckchen und riß mir sodann die ganze übrige Zeile aus der Hand.

»Ma li hadsche fih, sufra daïme, tajib heiwan – ich brauche es nicht; gesegnete Mahlzeit, mein gutes Tier!«

Nachdem er die seltene Delikatesse verzehrt hatte, rieb er den schönen, charaktervollen Kopf an meiner Achsel, dann stieg ich auf und – — – kaum zwanzig Schritte weiter lag abermals eine Semmelzeile.

Was war das? Was hatte das zu bedeuten? Diese Art von Manna regnet es weder vom Himmel, noch wächst es auf der Manna-Esche (Fraxinus ornus) oder kriecht als Mannaflechte (Sphaerothallia esculenta) am Boden hin!

Ich stieg zum zweiten Male ab, hob den Fund auf und steckte ihn in die Satteltasche.

Kaum wieder im Sattel, sah ich von weitem wieder eine Zeile liegen. Wieder absteigen? Nein! Ich gab dem Rappen die Sporen. Er legte sich lang aus, ventre a terre; ich nahm im Ritt die Semmel vom Boden auf und – — erblickte einige Exemplare anderer Gebäckarten, an denen wir vorübersausten.

War hier ein amerikanischer Rollboy mit einem defekten Semmelwagen gefahren? Diese unternehmenden Gentlemen machen gern Geschäfte, aber so sehr weit vom heimatlichen Baker‘s oven verirren sie sich denn doch wohl nicht!

Ich nahm das Pferd wieder in langsameren Gang, und nun zeigte es sich, daß auch weiterhin der Weg in verschiedenen Intervallen mit Gebäck interpunktiert war. Welch ein gesegnetes Land, dieses Rumelien!

Ich ließ natürlich liegen, was am Boden lag, und trachtete danach, den wohltätigen Spender dieser nahrhaften Kommata zu erreichen. Ein kleines Gebüschinselchen inmitten der unbebauten Fläche – ich bog um dasselbe herum, und siehe, da stand er, der Wohltätige, und zwar in sehr irdischer Gestalt. Es war eines jener Wesen, welche von den Arabern Baghl, von den Türken Katyr, von den gelehrten Abendländern Equus hinnus und von den ungelehrten Deutschen respektwidrigerweise Maulesel genannt werden.

Ja, da stand er und – — fraß. Und was fraß er? Nicht etwa Semmeln, die doch meinem edlen Pferde so ausgezeichnet gemundet hatten, sondern Zuckerwerk, teures, süßes Zuckerwerk, wie es von den abendländischen Damen zum Nachtische geknuspert, von den orientalischen Schönen aber während des ganzen Tages zwischen den roten Lippen und schwarzen Zähnen geführt wird. Man sagt freilich verleumderischerweise, daß diese Konfitüren auch im Abendlande außerhalb des Nachtisches eingehende Beachtung finden.

Ich sprang vom Pferde, nun zum dritten Male. Der Maulesel sah erst mich an, dann den Rappen und wendete sich hernach, ganz unbefangen und keiner Schuld bewußt, zur Seite, als habe er nicht das mindeste Verständnis dafür, daß Unterschlagung und darauffolgende Verwendung im eigenen Nutzen vom Strafrichter mit unnachsichtlicher Sühne zu belegen sei. Oder verließ er sich etwa bereits auf die bekannten mildernden Umstände? Das mußte aber mir egal sein, denn selbst die absoluteste Unkenntnis der Gesetze schützt vor Strafe nicht. Ich begann also, um mich eines diplomatischen Ausdruckes zu bedienen, der Konfitürenfrage etwas näher zu treten.

Der Maulesel trug auf dem Rücken ein eigenartiges Ding, halb Pack- und halb Damensattel. Zu beiden Seiten desselben war je ein Korb befestigt gewesen, und der Inhalt dieser Körbe hatte in dem Semmel- und Zuckergebäck bestanden. Das Tier war aus irgend einer Ursache scheu geworden und durchgegangen. Die Befestigung der Körbe hatte sich während des Rennens gelockert, und ein Teil des Inhaltes war verstreut worden. Der Maulesel war auf den nicht sehr bewundernswerten Gedanken gekommen, mitten durch das Gebüsch zu brechen, und bei dieser Gelegenheit mit dem nachschleifenden Zügel hängen geblieben.

Er hing noch, ein Bild des ereilten Verbrechens. Ich war die zornige Erinnye, die rächende Eumenide; aber der Uebeltäter kaute Zuckerwerk. Bildete er sich etwa auf das Nichtvorhandensein des Dolus etwas ein? Ich hatte alle Hoffnung, ihm denselben beizubringen.

Die Körbe waren abgestreift worden und lagen am Boden, ganz in unmittelbarer Nähe von den Resten ihres einstigen Inhaltes. Ich zog dem sehr ehrenwerten Sir Aß mit der Reitpeitsche eins über das schlummernde Gewissen, so daß er ganz verblüfft zur Seite sprang und mich mit einem vorwurfsvoll fragenden Blick und einem windmühlenähnlichen Drehen seiner Ohren beglückte. Dann band ich ihn los und führte ihn zur Seite, um ihn dort noch fester anzufesseln.

Jetzt war wenigstens das übriggebliebene Backwerk gerettet. Nun drängte sich mir natürlich die Frage auf, ob der Maulesel ganz allein oder in irgend einer Begleitung seinen häuslichen Herd verlassen habe. Ich empfand einen unwiderstehlichen Geistesdrang, mich der letzteren Ansicht zuzuneigen. Und das tat ich dann mit Vehemenz.

Jetzt die weitere Frage: War die betreffende Person ein Reiter oder Fußgänger gewesen – natürlich ein »in« hinzugefügt, falls es sich um ein Femininum handeln sollte?

Weder am Sattel, noch auch sonst am Tiere war ein Merkmal zu finden, auf Grund dessen man diese Frage hätte beantworten können. Eins aber stand fest: War der Maulesel geritten worden, so hatte er den Reiter höchst wahrscheinlich abgeworfen. Wo befand sich dieser letztere?

Ich mußte zurückreiten und nach einer Spur suchen. Das tat ich ohne Zögern. Vorher hatte ich nicht achtgegeben; jetzt aber sah ich deutlich die Spuren meines Pferdes und auch diejenigen des Maulesels. Letztere Spuren führten nach einer Weile von der geraden Richtung ab, rechts hinüber nach dem Dorngestrüpp zu, aus welchem vorher, als der Sahaf sich noch bei mir befunden hatte, der dumpfe Ruf erklungen war.

Jetzt hörte ich ihn wieder. Es klang, wie bereits bemerkt, wie der Ruf eines Eingemauerten. Ich eilte näher und sprang vor dem Gestrüpp ab. Es bestand aus lauter Brombeer- und Himbeerranken und schien undurchdringlich zu sein.

»Jardym, jardym, imdad – Hilfe, Hilfe, Hilfe!« hörte ich es jetzt mit ziemlicher Deutlichkeit.

»Wer ist da?« fragte ich.

»Tschileka, Tschileka!« antwortete es.

Das war eine weibliche Stimme. Auch der Name, welcher »Erdbeere« bedeutet, sagte mir, daß es sich um ein weibliches Wesen handle.

»Gleich, gleich!« antwortete ich.

Ich lief am Saum des Gesträuches hin und fand die Stelle, an welcher der »Einbruch« geschehen war. Da gab es doch wenigstens einigermaßen Bahn. Ich drang hindurch, indem ich mein Messer zu Hilfe nahm, und befand mich dann am Rande einer kessel- oder vielmehr trichterartigen Vertiefung, welche aber nicht, wie ich erwartet hatte, mit Dornwerk, sondern mit – — Teppichen und ähnlichen Dingen angefüllt war.

Hier auf dieser Seite war der Maulesel hinein und drüben wieder hinausgegangen. Unten aber saß auf der weichen Unterlage ein Frauenzimmer, wie so wohlbeleibt ich in meinem ganzen Leben noch niemand gesehen hatte.

»Hilfe, Hilfe!« rief die Frau immerfort.

Kaum aber erblickte sie mich, so verbarg sie, laut aufkreischend, ihr Gesicht in einem Teppichzipfel.

»Was ist denn hier geschehen?« fragte ich.

»Hascha! Geri tschek! Jaschmak-üm, jaschmak-üm – Gott behüte! Geh‘ fort! Mein Schleier! Mein Schleier!«

Sie rief um Hilfe und jagte mich doch wieder fort, weil sie keinen Gesichtsschleier hatte. Als ich mich genauer umblickte, sah ich die Fetzen desselben an den Dornen hängen.

»Burada; al mendil-im – hier; nimm mein Taschentuch!« rief ich ihr zu.

Ich zog es hervor, beschwerte es mit einigen kleinen Steinchen und warf es ihr zu.

»Tschewir, büs bütün, tamam bütün – drehe dich hinum, ganz und gar, vollständig!«

Ich gehorchte ihrem Befehle.

»Tekrar etrafynda – wieder herum!« kommandierte sie nach einem Weilchen.

Als ich mich ihr nun zudrehte, hatte sie ihr Gesicht mit meinem Taschentuche verhüllt, sehr unnötigerweise, denn ich hatte ihr dunkelrotes Gesicht mit den Backentaschenwangen doch bereits genau genug gesehen.

Wäre sie ein Mann gewesen und beim verflossenen Leipziger Turnfeste erschienen, so hätte sie bei der bekannten »dicken Riege« schon durch ihr bloßes Erscheinen jede Konkurrenz und Rivalität aus dem Felde geschlagen. Da sie aber eine Dame war und ich mich gern für »genteel« halten lasse, so sei von einer näheren Personalbeschreibung hiermit abgesehen.

Der Orientale mißt die Schönheit seines Weibes nach dem Lehrsatze: Radius mal Radius mal Pi, multipliziert mit dem Quadrate des ganzen Durchmessers, gibt, in Millimetern ausgedrückt, die Kubikwurzel des Schönheitsgrades. Nach diesem Theorem enthielt die von Dornen eingefaßte Vertiefung einen Schatz von ungeheurem Werte.

Tschileka war in einen kurzärmeligen blauen Mantel gekleidet, welcher aber durch die Dornen ein wenig gelitten hatte. Diese kurzen Aermel erlaubten, ein Paar sehr lange, fuchsfeuerrote Handschuhe zu sehen, welche von ausgezeichneter Arbeit waren, da sie sich ohne das leiseste Fältchen an Hand und Arm anschlossen.

Es war ihr, ich weiß nicht wie, gelungen, ein Loch in das Taschentuch zu konstruieren. Durch dieses Monocle betrachtete sie mich eine Weile. Dann sagte sie unter einem mächtigen, donnerartig grollenden Seufzer:

»Fremdling, willst du mich retten?«

»Ja,« antwortete ich galant.

»Kannst du mich tragen?«

Ich erschrak auf das tiefste; doch suchte ich mich zu fassen und erkundigte mich:

»Muß dies denn sein?«

»Ja.«

»Kannst du nicht gehen?«

»Nein.«

»Bist du verletzt?«

»Ja.«

»Wo?«

»Ich weiß es nicht.«

»Du mußt es doch fühlen!«

»Ich fühle es überall.«

»Hast du versucht, aufzustehen?«

»Nein.«

»Warum nicht?«

»Es geht nicht.«

»Versuche es getrost. Ich werde dir helfen.«

Nur drei Fuß bis hinab zu den Teppichen betrug die Tiefe. Ich sprang hinab und wollte ihr meine Hand bieten. Da aber schrie sie laut auf:

»Müssibet, müssibet – Unglück, Unglück! Rühre mich nicht an! Ich bin nicht verhüllt!«

»Wo denn nicht?«

»Hier an den Armen.«

»Du hast doch Handschuhe an!«

»Handschuhe? Fremdling, bist du blind? Das ist doch nur el Pane, die rote Farbe des Krapp!«

Wahrhaftig! Diese Tschileka, zu deutsch »Erdbeere«, welche hier mitten unter Brom- und Himbeeren saß, hatte keine Handschuhe an. Ihre Arme waren vom Krapp so hochrot gefärbt. Ja, nun begriff ich, warum diese Handschuhe so faltenlos gesessen hatten!

Aber noch etwas anderes begriff ich auch: Frau Erdbeere war eine Bäckerin. Sie hatte krapprote Arme; sie war also wohl auch Färberin. Ich hatte die Frau des Bojadschy Boschak vor mir, den ich besuchen wollte, die gute Frau, welche ihre Tochter beschützte, wenn diese mit dem Freier sprach.

O gute Erdbeere! Derjenige, dessen Liebe du unter deinen mütterlichen Fittich nimmst, hat dich vor kaum einer Viertelstunde für einen Frosch, für eine Kröte und deine hilfeflehende Stimme für den Ruf einer mit klebrigen Warzen bedeckten Unke gehalten! Hat die Liebe nicht mehr Instinkt? Vermag sie nicht, die Nähe der Beschützerin zu ahnen —?

»Aber, wie soll ich dich aufrichten, wenn du mir nicht erlaubst, dich anzurühren?« fragte ich sie.

»Fasse mich von hinten an!«

Ich schlug einen Halbkreis, mit dessen Hilfe ich hinter ihren Rücken gelangte, und legte ihr die Hände unter.

»Chajyr, chajyr! Sen tschapuk kydschylelanyr – nein, nein! Ich bin kitzlich!« kreischte sie so laut auf, daß ich vor Schreck mehrere Ellen weit zurückprallte.

»Aber wo soll ich dich anfassen?« fragte ich.

»Ich weiß es nicht.«

»So müssen wir es anders versuchen.«

»Aber wie?«

»Dort liegt ein Strick. Diejenigen, welche diese Waren hierherbrachten, haben ihn vergessen. Ich werde dich mit dem Strick aufziehen.«

»Doch nicht am Halse?«

»Nein, sondern an der Hüfte.«

»Versuche es!«

Ich holte den Strick, schlang ihn um den Leib der Erdbeere, drehte mich so, daß wir uns Rücken an Rücken befanden, zog den Strick, indem ich mich bückte, über meine Achsel und kommandierte dann:

»Gözet! Bir – iki – ütsch – passe auf! Eins – zwei – drei!«

Bei drei richtete ich mich langsam auf. Der Strick spannte sich an, und ich begann zu ziehen. Es ging nicht.

»Sür, sür, sür – schieb, schieb, schieb mit!« rief ich keuchend.

»Mümkinsiz, mümkinsiz; kajar-im – unmöglich, unmöglich; ich rutsche aus!« keuchte sie noch mehr als ich.

Ich zog ihr den Strick wieder weg und holte Atem. War das ein ungeschicktes Weib! Allerdings war die Teppichlage, auf welche diese Mammut-Erdbeere zum Fall gekommen war, von einer gewissen Glattheit; überdies bildete dieselbe eine schiefe Ebene. Eine solche Last, die an sich keine Beweglichkeit besitzt, ist da nicht leicht empor zu bringen, und ich gestehe, daß mir beim Anblick der stacheligen Ranken ein sehr verbrecherischer Gedanke kam, den ich aber sofort von mir wies.

»Hast du denn jetzt nicht wenigstens bemerkt, ob du verletzt bist?« fragte ich.

»Ich bin verletzt,« antwortete sie.

»Wo denn?«

»Ich weiß es nicht – überall. O Allah! Was werden die Leute sagen, wenn sie erfahren, daß ich mit dir ganz allein hier gewesen bin?«

»Habe keine Sorge! Man wird nichts erfahren.«

»Du sagst nichts?«

»Nein. Ich bin übrigens hier fremd.«

»Fremd? So bist du nicht aus dieser Gegend?«

»Nein.«

»Woher denn?«

»Weit her aus dem Abendlande.«

»So bist du kein Moslem?«

»Nein. Ich bin ein Christ.«

»Nicht wahr, die Frauen der Christen brauchen sich nicht zu verhüllen?« fragte sie.

»Nein.«

»Nun, so brauche auch ich keinen Schleier. Ich werde durch die Augen eines Christen, der tausend Frauen sieht, nicht beleidigt. Gib mir deine Hände!«

Ich gab sie ihr. Sie faßte an. Ich zog, und – — da stand sie aufrecht vor mir, zwar ein wenig schnaufend, aber doch glücklich auf die Füße gebracht.

War es eine Schande für mich, daß sie meinte, sich vor mir nicht genieren zu dürfen? Oder war es eine Ehre?

»Wie lange steckst du bereits hier?« fragte ich.

»O, eine lange, lange Zeit.«

»Wie aber kamst du herein?«

»Der Esel wurde scheu. Die Dornen stachelten ihn an die Beine.«

»Du saßest auf ihm?«

»Ja.«

Armer, armer Maulesel! Jetzt bedauerte ich es, ihn in seinem Schmaus gestört zu haben. Er hatte den Zucker mehr als reichlich verdient.

»Warum aber bist du mit ihm in diese Dornen geritten?« erkundigte ich mich.

»Ich wollte – wollte – — —«

Sie wurde noch röter, als sie so bereits war, und schwieg. Ich warf einen Blick umher. Das war ja ein kleines Magazin hier unten.

»Wem gehören diese Sachen?« fragte ich.

»Ich – ich – — ich weiß es nicht!«

»Und doch hast du gewußt, daß sie sich hier befinden?«

»Nein.«

»Ich bin verschwiegen und zudem fremd. Vor mir brauchst du keine Angst zu haben. Aber wie gut, daß ich dich nicht vorher bemerkte, als noch ein zweiter bei mir war!«

»Du warst nicht allein?«

»Nein. Ein junger Mann aus Kabatsch war bei mir.«

»Wo ist er jetzt?«

»Nach Hause.«

»Kennst du seinen Namen?«

»Ja. Es ist der Sahaf Ali.«

»Dieser, ah dieser! Nein, der darf nicht wissen, was du hier gesehen hast. Du kennst ihn gut?«

»Ich sah ihn heute zum erstenmal, aber er hat mir sehr gut gefallen.«

»Und wie hast du mich gefunden?«

»Ich sah dein Gebäck am Boden liegen und dann fand ich den Maulesel. Er war in den Sträuchern hängen geblieben. Ich band ihn an und folgte deiner Spur. So kam ich hierher.«

»Dieser Esel ist ein sehr dummes Geschöpf. Nun muß ich das Gebäck von der Erde auflesen und kann mich doch nur sehr schwer bücken. Wirst du mir helfen?«

»Gern!«

»So komm!«

»Wird es gehen? Wirst du hier emporsteigen können?«

»Nein. Aber du wirst mich ziehen oder schieben.«

»Ich denke, du bist kitzlich!«

»Nun nicht mehr, da du ein Christ bist.«

Hm! Diese Dame besaß wirklich höchst eigentümliche Nerven! Ich stieg jetzt auf dem Teppichlager herum, um es mir genauer zu betrachten. Dann fragte ich:

»Gehört dieser Ort noch zu Koschikawak oder bereits nach Dschnibaschlü?«

»Nach Dschnibaschlü.«

»Was für ein Mann ist euer Kiaja?«

»Ich bin nicht seine Freundin,« antwortete sie aufrichtig.

Jetzt wußte ich genug. Der Zufall hatte mir hier einen Trumpf in die Hand gespielt, den ich zugunsten des Buchhändlers auszuspielen entschlossen war.

»Gehst du mit?« fragte sie.

»Ja.«

»So komm! Führe mich!«

Ich geleitete sie von den Teppichen herab bis dahin, wo die Dornen begannen.

»Aber mein Gewand wird hängen bleiben!« sagte sie.

»Ich werde dir Platz machen. Ich schlage die Dornen mit meinem Messer ab.«

»Nein, nein!« sagte sie ängstlich. »Das darfst du nicht!«

»Warum nicht?«

»Es ist verboten!«

»Wer hat es verboten?«

»Eben dieser böse Kiaja.«

Ich durchschaute sie. Dieser Platz war ein sehr passendes Versteck für das gesetzwidrige Treiben ihres Mannes. Man hielt das Gestrüpp für undurchdringlich; aber es mußte doch eine Stelle geben, wo es leicht passierbar war. Bahnte ich einen breiten Weg hindurch, so war die Grube der Entdeckung ausgesetzt. Das wollte sie verhüten.

»Wohin willst du mit dem Gebäck?« fragte ich sie.

»Nach Göldschik; da aber ging der Esel durch.«

Ah, sie hatte gewußt, daß, vielleicht während der letzten Nacht, diese Waren hier untergebracht worden waren, und sie war durch die Neugierde, dieselben zu sehen, von dem Wege abgetrieben worden. Sie hatte den Esel zu weit in die Dornen gedrängt, und dieser war durchgegangen, unglücklicherweise mitten durch das Gestrüpp und über die Vertiefung hinweg.

»Woher kommst du heute?« fragte sie mich.

»Von Koschikawak.«

»Und wohin willst du?«

»Nach Dschnibaschlü und Kabatsch.«

»Was willst du in Kabatsch?«

»Ich will Ali, den Sahaf besuchen.«

»Wirklich? Sag‘, Fremdling, willst du mir wohl da einen Gefallen erweisen?«

»Sehr gern.«

»Ich will dir etwas für ihn mitgeben.«

»Schön!«

»Aber ich habe es nicht hier. Du müßtest mit nach meiner Wohnung gehen.«

Das war mir eben recht. Dennoch bemerkte ich:

»Ich denke, du willst nach Göldschik reiten!«

»Nun nicht. Dem Esel ist heute nicht mehr zu trauen. Aber ich muß dir sagen, daß mein Mann nicht wissen darf, daß ich dir eine Botschaft für Ali gebe.«

»Ich werde schweigen. Wer ist dein Mann?«

»Er heißt Boschak und ist Bojadschy und Etmektschi. Ich werde ihm gar nicht mitteilen, daß wir beide hier gewesen sind, und du wirst niemals zu einem Menschen davon sprechen!«

Diese Frau setzte meine Verschwiegenheit als etwas ganz Selbstverständliches voraus. Dann fuhr sie fort:

»Ich werde meinem Manne nur erzählen, daß mir der Esel durchgegangen ist und mich abgeworfen hat. Du hast ihn eingefangen und mich auf dem Wege gefunden. Nachher bin ich von dir heimgeleitet worden.«

»Was soll ich dem Sahaf bringen?«

»Das sage ich dir später. Jetzt wollen wir fort von hier.«

Es war kein leichtes Stück Arbeit, diese eigenartige Erdbeere die Böschung hinauf und dann durch das dichte Dorngestrüpp zu schaffen. Es gelang aber doch.

»Jetzt wirst du den Gang, den wir getreten haben, wieder zumachen«, befahl sie peremptorisch. »Kein Mensch darf wissen, daß man durch die Dornen dringen kann!«

»Du bist eine vorsichtige Herrin. Du hast recht.«

Nach diesen Worten machte ich mich an die mühsame Arbeit, wobei mir mancher Dorn in die Haut drang.

»So ist es gut!« sagte sie, nachdem ich die Aufgabe zu ihrer Zufriedenheit gelöst hatte. »Du bist sehr geschickt in solchen Dingen. Ich danke dir! Jetzt wirst du mir erlauben, mich auf dein Pferd zu setzen.«

»Willst du nicht lieber gehen?«

»Warum?«

»Mein Pferd hat noch nie ein Weib getragen.«

»O, ich tue ihm nichts!«

»Das glaube ich! Aber sieh dir diesen Sattel an. Er ist nicht für die zarten Glieder eines weiblichen Wesens gemacht. Er ist so eng, daß du gar nicht Platz in ihm finden würdest.«

»So nimm ihn herab. Ich setze mich auf den bloßen Rücken des Tieres. Da finde ich Platz.«

»Das würde viel Zeit erfordern. Ich müßte das Pferd führen, und zudem könnten wir ja dein Gebäck nicht auflesen, welches dein Maulesel auf dem Boden verstreut hat. Es ist gar nicht weit bis dahin, wo ich ihn angebunden habe.«

»Du hast ihn festgebunden? Das ist gut! Ich werde also, da du es für besser hältst, zu Fuße gehen, obgleich mir diese Bewegung schaden kann. Ich pflege, wenn ich gehe, den Atem zu verlieren, und dann muß ich stets lange warten, bis er wieder kommt. Das Gehen verursacht mir immer ein großes Herzklopfen, und dann bekomme ich schlimmen Husten und Niesen, so daß ich dem Tode nahe bin.«

Ich nahm meinen Rappen am Zügel. Sie stützte sich auf meinen Arm, und wir setzten uns in Bewegung. Wir hatten kaum dreißig Schritte getan, so begann sie zu pusten und zu schnaufen. Sie blieb stehen, holte tief Atem und sagte:

»Siehst du, jetzt geht es los. Ich muß mich noch besser auf dich stützen. Wir wollen langsamer gehen.«

Wir schritten nun mit der halben Geschwindigkeit eines Leichenzuges weiter. Als wir die Stelle erreichten, an welcher die erste Semmel lag, sagte sie:

»Hier liegt eine Frandschela. Hebe sie auf!«

Ich tat es. Eine kurze Strecke weiter wiederholte sie:

»Hier liegt abermals eine Frandschela. Hebe sie auf!«

Ich gehorchte abermals.

Nach kurzer Zeit hatte ich einen ganzen Arm voll Bäckerwaren zu tragen, das Pferd zu führen und auch die gute Dame zu stützen. Nach einer weiteren Strecke blieb sie halten, zog ihren Arm aus dem meinigen, schlug die Hände zusammen und rief:

»O Allah! Hier liegt ein ganzer Haufe Buttergebackenes! Dieser Maulesel muß eine Menge Ratten im Kopfe haben, daß es ihm einfällt, diese kostbare Speise auf die Erde zu werfen. Hebe sie auf!«

»Gern, sehr gern! Aber sage mir vorher, wohin ich diese Saj jaghyla tun soll. Ich habe keinen Platz mehr für sie.«

»Tue sie in deinen Mantel!«

»Allah l‘ Allah! Siehst du nicht, welche Farbe mein Mantel hat?«

»Er ist weiß. Er ist so weiß wie der Schnee des Gebirges. Ich vermute, daß er neu ist.«

»Allerdings. Er ist neu, und ich habe volle zweihundert Piaster dafür bezahlt!«

»Das ist gut. Ich würde gar nicht zugeben, daß dieses Butterwerk in einen schmutzigen Mantel getan werde.«

»Allah hat dir den schönen Sinn für die Reinlichkeit verliehen; du mußt ihm Zeit deines Lebens dafür dankbar sein, denn Sauberkeit ist die schönste Zierde des Weibes. Aber ich sage dir, daß ich mich ganz derselben Gottesgabe erfreue. Es würde meine Seele schmerzen und mein Herz mit Traurigkeit erfüllen, wenn ich mir meinen neuen Mantel voll Butterflecken machen müßte.«

»O, Butter ist gut! Ein Butterfleck im Mantel ist keine Schande. Butter ist weder Fischtran noch Pferdefett.«

»Aber niemand wird es diesen Flecken ansehen, daß sie von deiner Butter verursacht wurden!«

»Teurer Herr, du bist ein vornehmer Herr; es kann dir ganz gleichgültig sein, ob man die Flecken deines Mantels für Butter- oder Tranflecken hält. Ziehe ihn aus und wende ihn um, so wird man sie vielleicht gar nicht bemerken.«

»Weißt du nicht, daß es verboten ist, sich in Gegenwart eines Weibes eines Kleidungsstückes zu entledigen?«

»O, du bist mein Freund, mein Retter, und du trägst ja eine Jacke und eine Weste unter dem Mantel!«

»Dennoch möchte ich mich nicht gegen die Gesetze der Höflichkeit und Sittsamkeit versündigen. Erlaube, daß ich diese Eßwaren in meine Pferdedecke tue!«

»Ist sie rein?«

»Ja. Ich pflege sie täglich auszuklopfen.«

»Ich muß mich überzeugen. Klopfe einmal!«

Diese Verhandlung gab mir unendlichen Spaß. Ich war nicht darauf gekommen, die Decke zu reinigen. Sie war hinter dem Sattel festgeschnallt und zeigte sehr deutliche Spuren des Staubes, der sich während des gestrigen Rittes festgesetzt hatte. Ich schnallte sie los und rollte sie auf.

»Schüttle einmal!« befahl die holde Erdbeere.

Ich gehorchte, und der Staub flog in einer sehr sichtbaren Wolke von der Decke ab. Dennoch meinte die Frau: »Ja, sie ist rein. Hebe also dieses Butterwerk auf und tue es hinein.«

Ich bildete aus der Decke einen Sack, in welchen ich alle Backwaren stopfte, die nach und nach von der Erde aufzunehmen waren.

So erreichten wir das Gebüsch, in welchem ich den Esel angebunden hatte. Beim Anblick der am Boden liegenden Körbe schlug sie die Hände hoch zusammen und rief:

»O Allah! O Ayescha! O Fathme! Welch ein Unheil hat dieses Tier angerichtet! Da liegen die Körbe am Boden und dabei alle meine Delikatessen! Doch nein, nicht alles ist da. Es fehlt sehr viel. Wo ist es?«

Sie warf einen fragenden Blick auf mich und fuhr fort:

»Effendi, diese Sachen schmecken sehr süß und sehr gut!«

»Ich glaube es!«

»Liebst du Süßigkeiten?«

»Zuweilen.«

»Hast du vielleicht das, was hier fehlt, gegessen?«

»Nein.«

»Sage mir die Wahrheit! Ich werde dir nicht zürnen, sobald du es nur bezahlst!«

»Ich habe es nicht gegessen, holde Tschileka.«

»Aber wo ist es hin? Wo liegt es? Ich muß meinem Manne von jedem Stück Rechenschaft ablegen!«

»Ich sage dir, daß es nicht gegessen worden ist.«

»Was denn?«

»Gefressen!«

»Gefressen? Von wem?«

»Von diesem deinem Maulesel.«

»O Unglück, o Verwegenheit! Glaubst du denn wirklich daß ein Maulesel Zuckerwerk fressen kann?«

»Ich habe ihn ja dabei erwischt!«

»Du hast es mit deinen eigenen Augen gesehen?«

»Mit diesen meinen Augen.«

»Und mich hat er niemals merken lassen, daß er Süßigkeiten liebt! Dieser Heuchler! Dieser Scheinheilige! Effendi, willst du mir einen Gefallen erzeigen?«

»Einen einzigen? Habe ich dir nicht bereits bewiesen, daß ich dir gern gefällig bin?«

»Ja, du hast alles an mir getan, was ich von dir begehrte. Nimm jetzt einmal deine Reitpeitsche und haue das Tier so um den Kopf, daß die Ohren herunterfliegen!«

»Das werde ich nicht tun.«

»Nicht? Warum nicht?«

»Das würde Tierquälerei sein.«

»Was geht das dich an! Gehört der Esel dir?«

»Nein.«

»Sondern mir! Nicht?«

»Ja freilich.«

»Nun, er ist mein, und mein Eigentum kann ich quälen, so viel ich will. Also schlage nur zu!«

»Verzeihe, daß ich es doch nicht tue. Hast du dem Esel gesagt, daß er diese Sachen nicht essen soll?«

»Nein.«

»Da hast du einen großen Fehler begangen. Er hat geglaubt, das Zuckerwerk fressen zu dürfen, weil es Eigentum seiner Herrin ist. Beim nächsten Ritt darfst du nicht versäumen, es ihm klar zu machen.«

»O, das werde ich gleich jetzt, und ich hoffe, daß er meine Worte sehr gut verstehen wird!«

Sie zog meine Reitpeitsche aus der Sattelöse und trat damit zu dem Esel, welcher sie mißtrauisch anblickte und dabei besorgt mit den Ohren wedelte.

»Was hast du getan?« schrie sie ihn an. »Weißt du, was du bist? Ein Spitzbube, ein großer Spitzbube! Hier hast du deine Strafe!«

Er erhielt einen kräftigen Hieb über den Kopf.

»Ein Leckermaul!«

Sie versetzte ihm einen zweiten Hieb.

»Ein heimtückischer Schurke!«

Ein dritter Hieb sauste durch die Luft. Aber der Maulesel schien keine gute Erziehung genossen zu haben und seine Herrin in nur geringem Grade zu respektieren. Er machte eine blitzschnelle Wendung und schlug mit den beiden Hinterhufen nach ihr aus. Das ging so schnell, daß ich kaum Zeit gefunden hatte, sie auf die Seite zu reißen.

Jetzt war aller Aerger vorüber. Sie zitterte vor Angst.

»Effendi,« sagte sie bebend, »was hat er getan? Nach mir ausgeschlagen hat er!«

»Ja.«

»Der Elende! Das undankbare Vieh! Weißt du nicht, ob er mich getroffen hat?«

»Ich glaube nicht, daß du getroffen worden bist. Fühlst du denn Schmerz?«

»Natürlich, ja! Mein ganzer Körper scheint eine einzige Beule zu sein.«

»O weh! Eine solche Beule wird schwer zu heilen sein!«

»Ja. Aber doch glaube ich, daß die Hufe an mir vorübergegangen sind. Nicht?«

»Ich glaube, dasselbe bemerkt zu haben.«

»Allah sei Dank! Wenn er mich auf die Brust getroffen hätte, so wäre ich eine Leiche; oder gar in das Gesicht! Er hätte mir einen Zahn ausschlagen können, vielleicht auch alle. Ich werde dieses Ungeheuer nie wieder schlagen!«

»Daran tust du recht. Ich sagte dir, daß ich es nicht tun würde; du aber achtetest nicht auf meinen Rat.«

»Aber der Esel ist mein Eigentum. Wie darf er es wagen, nach mir zu schlagen! Ich bin erschrocken, daß ich am ganzen Leibe bebe. Siehst du mich zittern?«

»Ja, ich sehe es!«

»Halte mich!«

»Wird dies wirklich notwendig sein? Ist es so schlimm?«

»Ja, es ist sehr schlimm! Es ist sogar so schlimm, daß ich mich setzen muß, um mich zu erholen.«

Eine ätherischer gestaltete Dame hätte sich in ästhetisch malerischer Weise niedersinken lassen. Tschileka machte zwar auch den Versuch dazu, aber das Gewicht ihres Körpers war zu groß; sie verlor das Gleichgewicht und kam infolgedessen mit so rapider Schnelligkeit zur Erde, daß ich kaum Zeit fand, den Korb wegzureißen, in welchen sie sich sonst gesetzt hätte.

»Ah, ich danke dir!« sagte sie. »Jetzt muß ich Atem holen. Ich schnappe nach Luft.«

Dies tat sie auch buchstäblich. Dann, als sie regelmäßig zu atmen vermochte, sagte sie:

»Jetzt wirst du mir alles, was übrig ist, hier in die Körbe tun und dann den Sattel wieder in Ordnung bringen. Dann brechen wir auf.«

Ich gehorchte auch diesem Befehl, im Innern sehr gespannt darauf, wie es mir möglich sein werde, sie in den Sattel zu bringen. Es kostete schon eine bedeutende Anstrengung, ihr beim Aufstehen behilflich zu sein. Als dies gelungen war, blickte sie sich ratlos um.

»Was suchst du?« fragte ich.

»Eine Treppe, eine kleine Treppe.«

»Eine Treppe? Wo soll hier im freien Felde eine Treppe herkommen?«

»Aber ich brauche sie doch, um aufzusteigen!«

»O weh! Das ist allerdings sehr schlimm!«

Nun ließ auch ich meinerseits den Blick ziemlich ratlos in die Runde schweifen.

»Dort,« sagte sie, »Dort sehe ich einen Baumstumpf. Führe mich hin!«

Es gelang mir mit einiger Anstrengung, sie auf den Stumpf und von da in den Sattel zu bringen. Der arme Maulesel brach unter ihrer Last fast zusammen, schien aber doppelte Kräfte zu bekommen, als er bemerkte, daß der Ritt heimwärts ging. Schon nach kurzer Zeit sah ich einige weit zerstreute Häuser von weitem.

»Ist das Dschnibaschlü?« fragte ich.

»Nein; das ist erst Klein-Dschnibaschlü. Aber wir wohnen da,« antwortete sie.

Wir langten dort an und ritten an einigen armseligen Gebäuden vorüber, bis wir ein etwas größeres Haus erreichten, nach dessen hinterer Fronte meine Begleiterin einlenkte.

Dort gab es mehrere Gruben, in welche man Fässer eingelassen hatte. Diese Fässer waren mit farbigen Flüssigkeiten gefüllt. Wir befanden uns also bei der Wohnung des Färbers und Bäckers Boschak.

Die Amazone stieß einen schrillen Schrei aus, den sie noch einige Male wiederholte. Dann öffnete sich ein kleines, in der Nähe stehendes Bretterhäuschen, und eine männliche Gestalt mit einem Vogelgesicht kam herbei.

Der ganze Anzug dieses Menschen bestand aus einer Art von Badehose. Aber nicht dieser Umstand fiel mir auf, sondern die Färbung der Haut frappierte mich. Sein Körper schillerte in allen Nuancen vom tiefsten Dunkelbraun bis zum schreiendsten Orange. Und dabei machte der Mensch ein so unbefangenes, ernstes Gesicht, als ob diese Malerei sich ganz von selbst verstehe.

Ich war vom Pferde gestiegen und erwartete das Kommende mit lebhafter Neugierde.

»Sydschyrda, meine Treppe!« befahl sie.

Also Sydschyrda, das ist Star, hieß der Mann. Hm, es gibt ja allerdings auch Prachtstare, wie jeder Ornitholog weiß. Der Gerufene schritt gravitätisch zur Hintertür ins Haus hinein und brachte wirklich eine mehrstufige Treppenleiter herbei, welche er neben den Maulesel stellte. Die Reiterin stieg ab.

»Was macht mein Mann?« fragte sie.

»Ich weiß es nicht,« war die Antwort.

»Nun, er muß doch etwas machen!«

»Nein.«

»Dummkopf! Wo ist er denn?«

»Weiß es nicht.«

»Doch im Zimmer?«

»Nein.«

»In der Kammer?«

»Nein.«

»Wo denn sonst?«

»Ich weiß es nicht.«

»Er ist doch daheim?«

»Nein.«

»Also fortgegangen?«

»Ja.«

»Warum sagtest du‘s nicht gleich? Schaffe den Esel fort!«

Der farbenprächtige Mensch hatte seine Antworten in höchst feierlicher Weise gegeben, mit einem Ernste, als ob es sich um die hochwichtigste Angelegenheit handele. Jetzt ergriff er den Esel beim Zügel und wollte fort.

»Erst abladen, natürlich!« schrie sie ihn an.

Er nickte ihr verständnisvoll zu und machte sich nun daran, die Körbe abzunehmen.

»Komm nun mit herein, Effendi!« lud sie mich ein.

Ich hatte mein Pferd an einen in den Boden gerammten Pfahl gebunden und folgte ihr. Es drang mir ein starker Geruch von Butter und heißer Sodalauge entgegen. Links bemerkte ich eine Vorrichtung, welche ich für den Backofen zu halten geneigt war, denn ein Dachsbau konnte sich doch nicht hier im Wohnhause befinden. Rechts war der Eingang in den Wohnraum.

Als wir da eintraten, stand ich dem leibhaftigen, allerdings jüngeren Ebenbilde meiner »Erdbeere« gegenüber. Ich konnte nicht im Zweifel sein, daß es ihre Tochter sei.

Diese war nach bulgarischer Weise, doch häuslich leicht gekleidet, hatte keine so uninteressanten Züge und besaß die größte Schönheit des orientalischen Weibes, die Wohlbeleibtheit, beinahe in demselben Grade wie ihre Mutter.

Sie stand vor einigen Schüsseln und war im Begriffe, von der darin befindlichen Milch die Haut mittels der zwei Zeigefinger nach ihrem weit geöffneten Munde zu führen.

»Ikbala, was tust du da?« fragte die Mutter.

»Derisini tschykar-im – ich häute ab,« antwortete die Gefragte.

»Nereje – wohin?«

»Aghyz itschine – in den Mund hinein.«

»Aber diese Häute sollst du doch auf einen Teller oder in einen Topf tun, keineswegs aber in den Mund.«

»Es schmeckt gut!«

Das war allerdings ein sehr triftiger Grund, welchen das Mädchen da angab. Die Mutter ließ ihn auch gelten, denn sie trat auf die Tochter zu, klopfte ihr zärtlich auf die volle Wange und sagte in liebkosendem Tone:

»Benim tschüstlüka – mein Leckermäulchen!«

Dieses Leckermäulchen richtete einen sehr erstaunten Blick auf mich. Die Mutter erklärte:

»Dieser Effendi will sich hier bei uns ausruhen.«

»Warum?«

»Er ist ermüdet.«

»So mag er draußen im Grase liegen. Wie kannst du ohne Schleier mit einem Fremden verkehren und ihn zu mir bringen, da du doch weißt, daß ich hier keinen Schleier trage?«

»O, er ist mein Freund, mein Erretter!«

»Warst du in Gefahr?«

»In großer Lebensgefahr.«

Jetzt richtete die Tochter ihre Augen mit verminderter Strenge auf mich; dann sagte sie:

»Du kannst noch gar nicht zurück sein. Es muß dir unterwegs etwas geschehen sein?«

»Freilich ist mir etwas geschehen.«

»Was denn?«

»Ein Unglück.«

»Das vermute ich allerdings. Aber was denn für ein Unglück?«

»Ich hatte nicht daran gedacht, daß heute einer der fünfzig unglücklichen Tage des Jahres ist; sonst wäre ich daheim geblieben. Ich war kaum eine halbe Stunde geritten, da tat sich vor mir die Erde auf – —«

»O Allah!« sagte die Tochter erschrocken.

»Ein blauer Rauch stieg hervor,« fuhr die Mutter fort.

»Wai sana – wehe dir!«

»Und aus diesem Rauche trat ein Geist, ein Gespenst hervor, welcher hundertvierundvierzig Arme nach mir ausstreckte – —«

»Allah beschütze dich! Es gibt viele und schlimme Gespenster auf der Erde!«

»Allerdings, mein Kind. Mein Esel erschrak natürlich ebenso wie ich und entfloh, so schnell er konnte. Ich bin eine sehr gute Reiterin, wie du weißt; aber ich kam dennoch zu Falle, und der Esel entfloh.«

»Welch ein Unglück! Ist er fort?«

»Nein. Dieser Effendi kam geritten, nahm den Esel gefangen und hob auch mich von der Erde auf, um mich heimzugeleiten. Wo ist dein Vater?«

»Er ist in das Dorf gegangen.«

»Was will er da?«

»Er will Rosinen und Mandeln kaufen.«

»Hat er gesagt, wann er wieder kommt?«

»Er sagte, daß er nicht lange ausbleiben werde.«

»So bediene diesen Effendi, bis ich zurückkehre. Ich muß ein anderes Kleid anlegen.«

Sie wollte sich durch eine zweite Tür zurückziehen, aber ihre Tochter faßte sie am Arme und sagte:

»Sage mir vorher, was aus dem Geiste, aus dem Gespenste geworden ist.«

»Ich habe keine Zeit; frage den Effendi, er wird es dir sagen.«

Damit entfernte sich die Schlaue und überließ es mir, ihr Gespenstermärchen bis zu Ende zu führen.

Was mich betrifft, so hatte ich mich bereits nach den ersten, zwischen Mutter und Tochter gewechselten Worten auf eine an der Wand liegende Matte gesetzt.

Die junge »Erdbeere« sah sich nun mit mir allein und war in sichtlicher Verlegenheit. Nach einer Pause fragte sie:

»Bist du müde, Effendi?«

»Nein.«

»Oder hungrig?«

»Auch nicht, mein Kind.«

»Aber durstig?«

»Es ist warm. Würdest du mir einen Schluck Wasser geben, du Tochter der Holdseligkeit?«

Da griff sie nach einer der Milchschüsseln, von deren Inhalt sie mit ihren zarten Zeigefingern das »Dicke« vorhin >abgehäutet< hatte. Sie hielt mir die Schüssel vor und sagte:

»Hier hast du Kuhmilch. Sie ist frisch und wird dir schmecken. Oder ist dir vielleicht Ziegenmilch noch lieber als diese?«

»Ist von der letzteren auch bereits die Milchhaut abgenommen?«

»Ja, ich habe es selbst getan.«

»So gib mir Wasser. Ich trinke nur dann Milch, wenn sie ihre Haut noch hat.«

Sie ging hinaus und brachte mir einen tönernen Becher voll Wasser, welches genau so roch und so aussah, als ob ein alter Tabaksbeutel oder ein schmutziger Pudelhund darin gewaschen worden sei.

»Wo hast du dieses Wasser geschöpft?« fragte ich.

»Ich habe es aus dem Backtrog genommen,« antwortete sie.

»Hast du kein anderes Wasser?«

»Ja, wir haben nicht weit vom Hause ein fließendes Wasser.«

»Kannst du mir nicht von diesem bringen?«

»Ich könnte es; aber du wirst es nicht trinken.«

»Warum nicht?«

»Es sind Frösche und Kröten darin, so groß wie ein Schäferhund oder ein Igel, wenn er recht fett geworden ist.«

»Habt ihr denn keinen Brunnen in der Nähe?«

»Ja; aber es sind Eidechsen darin, so lang und so stark wie ein Aal.«

»O wehe! Da will ich lieber nicht trinken.«

»Herr, einen guten Most könnte ich dir geben.«

»Ist er wirklich gut?«

»Er ist so süß wie Zucker und Honig.«

»So bitte ich dich, mir davon zu geben!«

Sie entfernte sich abermals. Als sie zurückkehrte, brachte sie mir einen ausgehöhlten halben Kürbis, in welchem sich eine Flüssigkeit befand, deren Aussehen ein geradezu lebensgefährliches war. Ich roch daran und wurde dadurch nur in dem Vorsatze bestärkt, mich äußerst reserviert zu verhalten.

»Aus welchen Früchten ist der Most gepreßt?« erkundigte ich mich.

»Aus Maulbeeren, Beeren der Eberesche und Zitronen. Er ist mit gelben Pilzen gewürzt und mit Sirup gesüßt. Er wird dich erquicken und stärken, wie ein Strom des Paradieses.«

Also Maulbeeren, welche an und für sich einen eklen Geschmack besitzen, Ebereschenbeeren, welche ein Futter für Gimpel und andere Vögel bilden, und saure Zitronen! Mit Gelbschwämmen gewürzt und mit Zucker süß gemacht. Der Geschmack ließ sich denken und die Wirkung ahnen. Ein Leibschneiden oder ähnliches mußte die unvermeidliche Folge sein. Aber ich hatte wirklich Durst und setzte darum den Kürbis an die Lippen, machte die Augen zu und tat einige Züge. Da aber hatte mich das Mädchen schnell beim Arme.

»Dur, dur – halt, halt!« rief sie. »Salt bir itschimi, salt bir itschimi – nur einen Schluck, nur einen Schluck!«

»Warum?« fragte ich.

Und indem ich das Gefäß absetzte, bemerkte ich erst den widerlichen Geschmack des hinterlistigen Getränkes.

»Sandschy, korkulu sandschy – Bauchgrimmen, fürchterliches Bauchgrimmen!« antwortete sie.

»Warum aber gibst du mir das Zeug?«

»O, der Most ist sehr gut; aber man darf nur einen einzigen Schluck nehmen. Paß auf! So!«

Und sie nahm mir den Kürbis aus der Hand, um einen langen, langsamen, schlürfenden Zug zu tun. Dabei machte sie ein Gesicht, als ob sie den Extrakt des himmlischen Nektars trinke.

Es kam mir dabei der Gedanke an den entsetzlichen Kumis, den ich in der Kirgisensteppe getrunken hatte. Bei den ersten Versuchen hätte ich in Ohnmacht fallen mögen. Man riet mir, beim Trinken die Nase zuzuhalten, und in der Befolgung dieses guten Rates war es mir wirklich gelungen, diesen mephitischen Trank später ohne Abscheu zu genießen.

Dieser Most hier in Dschnibaschlü war jedenfalls ein weit schlimmeres Kunstprodukt; da ich mich aber stets eines ausgezeichneten Magens erfreut habe, blieb der Mordversuch der schönen Bäckers- und Färberstochter ohne alle Folgen.

Als sie nun den Kürbis zur Erde setzte, kam ein alter, dreifarbiger Kater, welcher bisher in einer Ecke gelegen hatte, herbei, tauchte rekognoszierend den Schnurrbart in den Most, schüttelte bedenklich den Kopf, begann aber doch zu lecken, erst leise und mißtrauisch, dann aber mit sichtbarem Behagen.

»Kätschük kedi-im itsch; aschyk-üm, tatlylyk-üm, benim, dschanymlyk, itsch, itsch, itsch – trink, mein Kätzchen; sauf, sauf, sauf, meine Süße, meine Teure!« sagte die Türkin, indem sie das Tier streichelte.

»Halt, halt!« rief ich, und zwar so laut, daß sie ganz erschrocken emporfuhr.

»Was ist‘s? Warum rufst du so?« fragte sie.

»Laß deinen Liebling doch nicht von diesem Most trinken!«

»Warum nicht?«

»Er wird das Bauchgrimmen bekommen, vor welchem du mich gewarnt hast!«

»O nein! Er ist den Most gewöhnt.«

»Ah, er trinkt den Most öfters?«

»Ja.«

»Aus diesem Kürbis?«

»Ja. Er trinkt ihn sehr gern; er hat erst vorhin daraus getrunken, der Gute, der Liebe.«

Also auch das noch! Erst hatte der »Liebling« getrunken, dann ich, dann sie! Und dazu die unübertreffliche Unbefangenheit, mit welcher sie mir das sagte! O Ikbala, wie wenig bist du doch von den guten Sitten des westlicheren Europa übertüncht!

Ich hätte recht zornig werden mögen, brachte aber im Gegenteile, aller Rachsucht bar, das Gespräch auf den Gegenstand, welcher ihr jedenfalls der allerliebste war:

»Trinkt Ali, der Sahaf, auch zuweilen von dem Most?«

Als ich diese Frage in aller Gleichmütigkeit aussprach, blickte sie mich überrascht an.

»Herr, kennst du den Sahaf?« fragte sie.

»Ja, ich kenne ihn.«

»Wo hast du ihn kennen gelernt?«

»Auf dem Wege von Koschikawak hierher, und zwar heute, vor ungefähr zwei Stunden.«

»Hat er von mir gesprochen?«

»Ja. Ich soll dir einen Gruß von ihm sagen.«

»So hat er dir gesagt, daß er mich liebt?«

»Das hat er gesagt und auch noch etwas.«

»Was denn?«

»Daß du ihn ebenso liebst.«

»Ja, das ist wahr. Wir lieben uns von ganzem Herzen. Er ist um meinetwegen aus Arabien zurückgekehrt.«

»Und soll doch nicht mit dir sprechen!«

»Leider! Der Vater will es nicht.«

»Aber deine Mutter ist der Schutzgeist, welcher euch umschwebt.«

»Ach ja! Hätten wir diese nicht, so wäre unser Herzleid so groß wie das höchste Minaret im ganzen Reiche des Beherrschers aller Gläubigen. Wir würden uns töten, entweder durch Rattengift, oder durch Ersäufen, da wo das Wasser am tiefsten ist.«

»Du meinst draußen im fließenden Wasser?«

»Ja, das meine ich.«

»Aber, sagtest du nicht, daß sich dort Frösche und Kröten befinden, so groß und so dick wie ein Igel?«

»Ja. Und das ist wahr. Aber wir würden uns eine Stelle suchen, wo sich keine Frösche befinden.«

»Und woher würdet ihr das Gift bekommen?«

»Ali würde nach Mastanly reiten. Dort gibt es zwei Apotheker, welche alle Gifte haben.«

»Vielleicht ist es nicht nötig, daß ihr in das Wasser oder in die Apotheke geht. Dein Vater wird wohl noch freundlicher gesinnt gegen Ali werden.«

»O nein! Mosklan gibt das nicht zu.«

»Wer ist dieser Mosklan?«

»Er handelt mit Pferden und tut auch noch allerlei anderes. Doch du kennst ihn nicht. Ich soll zur Ehe mit ihm gezwungen werden.«

»Ich weiß es.«

»Hat Ali es dir erzählt?«

»Ja. Führt dieser Mann nicht noch andere Namen?«

Sie zögerte mit der Antwort.

»Du kannst aufrichtig mit mir sein; ich meine es sehr gut mit dir,« bemerkte ich.

»Nein, er führt keinen anderen Namen,« sagte sie.

»Das sagst du aus Angst vor ihm und deinem Vater!«

»O nein! Ich weiß von anderen Namen nichts.«

»Nun, hast du nicht einmal einen Mann gesehen, welcher Pimosa heißt und aus Lopaticza ist?«

Sie wurde verlegen und fragte stockend:

»Wo sollte ich ihn gesehen haben?«

»Hier, bei euch, in diesem Hause.«

»Nein; du irrst.«

»Nun gut, so habe ich mich geirrt, und das ist gar nicht gut für dich.«

»Nicht gut? Warum?«

»Wüßtest du, wer dieser Pimosa ist, und was er tut, so könnte ich deinen Vater bewegen, dich dem Ali zum Weibe zu geben.«

»Wie sollte das möglich sein?«

»Nun, ich will dir sagen, daß ich hierher gekommen bin, um dich zu sehen. Ich hatte mir, falls du mir gefallen würdest, vorgenommen, zu Ali zu reiten, um ihn deinem Vater als Schwiegersohn zuzuführen.«

»Das ist unmöglich!«

»O nein; es ist sogar sehr leicht möglich.«

»Wie wolltest du dies anfangen?«

»Das kann ich dir nicht sagen, weil auch du nicht aufrichtig bist. Ich wollte deinen Vater zwingen, heute seine Einwilligung zu geben; heute, verstehst du wohl?«

»Und du glaubst, daß er sie gegeben hätte?«

»Ja, ganz gewiß. Aber du vertrauest mir nicht, und so bin ich hier bei dir überflüssig. Ich werde also jetzt wieder aufbrechen.«

Ich wollte von meinem Sitz aufstehen; aber schon stand sie bei mir, hielt mich zurück und sagte:

»Herr, bleib sitzen! Wer bist du denn, daß du glaubst, eine solche Macht über meinen Vater zu haben?«

»Ich bin ein Effendi aus dem Abendlande; ich stehe unter dem Schatten des Padischah und kann, wenn ich will, allerdings deinen Vater zwingen, deine Neigung zu Ali zu gestatten. Aber ich habe keine Zeit; ich muß fort!«

»Bleibe noch da! Ich will aufrichtig gegen dich sein.«

»Daran tust du klug. Es ist zu deinem Nutzen. Also sag mir, ob du jenen Pimosa kennst.«

»Ja, ich kenne ihn. Verzeihe mir, daß ich vorhin anders redete!«

»Ich verzeihe dir. Ich weiß ja, daß du in Rücksicht auf deinen Vater so sprechen mußtest.«

»Aber kannst du mir versprechen, daß du meinen Vater nicht in Schaden bringen willst?«

»Ja, ich verspreche es.«

»Gib mir deine Hand darauf!«

»Hier hast du sie. Wenn ich etwas verspreche, so halte ich auch Wort. Nun aber sage mir, wer Pimosa ist!«

»Er heißt nicht Pimosa; er nennt sich zuweilen so. Er ist jener Mosklan, dessen Frau ich werden soll.«

»Ich wußte es bereits. Was ist das, was er außer dem Pferdehandel noch betreibt?«

»Er ist Pascher, und er ist auch der Bote des Schut.«

»Hat der Schut ihn auch bereits zu deinem Vater gesendet?«

»Ja.«

»In welcher Angelegenheit?«

»Das weiß ich nicht.«

»Dein Vater ist Pascher?«

»Nein.«

»Sage die Wahrheit!«

»Er ist kein Pascher; aber die Schmuggler kommen zu ihm und dann – — —«

Sie stockte.

»Nun? Und dann – — —?«

»Und dann hat er immer sehr viele Waren.«

»Wo? Hier im Hause?«

»Nein, sondern draußen auf dem Felde.«

»An welchem Ort?«

»Das darf ich nicht sagen. Ich und die Mutter haben schwören müssen, nichts zu verraten.«

»Das hast du gar nicht nötig, denn ich kenne den Ort ebenso genau wie du.«

»Das ist ganz unmöglich. Du bist ja fremd!«

»Und dennoch kenne ich ihn. Es ist das Loch da draußen in dem Dorngestrüppe.«

Da schlug sie erstaunt die Hände zusammen und rief:

»O Allah! Du weißt es wirklich!«

»Siehst du! Eben heute befinden sich viele Waren dort.«

»Hast du sie gesehen?«

»Ja. Es sind lauter Teppiche.«

»Wirklich, wirklich, du weißt es! Wer hat dir diesen Ort verraten?«

»Kein Mensch. Wo sind die Teppiche her?«

»Sie sind mit dem Schiffe über das Meer gekommen. In Makri werden sie gelandet, und von da haben sie unsere Träger nach Gümürdschina und zu uns gebracht.«

»Und wohin sind sie bestimmt?«

»Sie sollen nach Sofia gehen und von da aus immer weiter; ich weiß nicht, wohin.«

»Ist der Schut bei dieser Pascherei beteiligt?«

»Nein. Der Hauptanführer ist ein Silahdschi in Ismilan.«

»Ah, so! Dieser Mann hat auch ein Kahwehane?«

»Ja.«

»Er wohnt in der Gasse, welche nach dem Dorfe Tschatak führt?«

»Effendi, du kennst ihn?«

»Ich habe von ihm gehört. Ist dir sein Name bekannt?«

»Er heißt Deselim.«

»War er zuweilen bei euch?«

»Sehr oft. Er wird auch heute oder morgen kommen.«

»Wohl wegen der Teppiche, welche sich da draußen im Felde befinden?«

»Ja. Sie müssen fortgeschafft werden.«

»Bringt er die Träger mit?«

»Einige; die andern wohnen hier in der Nähe.«

»In Dschnibaschlü?«

»Hier und in den nächsten Orten.«

»Wer ruft sie zusammen?«

»Mein Vater.«

»Er selbst doch aber nicht?«

»Nein, sondern er sendet unsern Gesellen, der sie alle kennt.«

»Das ist der Mensch, welcher deiner Mutter vom Maulesel hilft?«

»Ja. Er hat alle Farben im Gesicht. Er ist ein sehr schlauer und auch ein sehr mutiger Mensch. Horch! Es kommt jemand!«

Draußen unter dem Eingange ließ sich ein eigentümliches Schnaufen und Stöhnen vernehmen.

»A buh! A buh!« erklang es ächzend.

»Das ist mein Vater,« sagte sie. »Laß ihn ja nicht merken, daß ich mit dir gesprochen habe!«

Im nächsten Augenblick war sie verschwunden, dahin, wohin auch ihre Mutter gegangen war.

Ich befand mich also ganz allein im Zimmer, den Kater abgerechnet, welcher sich wieder in seine Ecke zurückgezogen hatte. Das war mir unlieb, konnte aber nicht geändert werden. Ich hörte einige schwere, schlürfende Schritte, einige wiederholte »A buh«, und dann trat er ein.

Ich erschrak beinahe, als ich den Mann sah. Er war fast so dick wie hoch und mußte sich förmlich zur Türöffnung hereindrängen. Er trug sich vollständig bulgarisch. Seine Hose, seine Tunika, sein kurzer Aermelmantel waren von Wollenstoff, während der Osmane für die Sommerszeit einen faltenreichen, leichten, leinenen oder baumwollenen Stoff anzulegen pflegt. Die Beine des Bäckers waren auch nach bulgarischer Manier mit dicken Bändern umwickelt, die auch den Fuß umhüllten. Der Altbulgare, ein zum Slawentum übergetretener Tatar, liebt andere Fußbekleidungen nicht.

Es versteht sich ganz von selbst, daß diese Tracht den Bäcker noch mehr entstellte. Der kurze Mantel, die umwickelten Beine, der anderthalb Fuß breite Gürtel, welchen er um den Leib trug, machten ihn noch viel dicker und unförmlicher, als er eigentlich war. Dazu kam, daß er den Kopf rasiert hatte. Nur oben auf der Mitte des Schädels befand sich ein langer Haarbüschel, der, in zwei Zöpfe geflochten, hinten hinunterhing. Ein Fez oder irgend eine andere Kopfbedeckung trug er nicht. In der Hand hatte er ein mit den Knoten zusammengebundenes Tuch, in welchem sich einige Düten befanden.

Würde man mich fragen, welche Farbe sein Anzug gehabt habe, so könnte ich das unmöglich sagen. Ursprünglich war jedenfalls eine Farbe dagewesen. Ueber diese hinweg aber gab es Striche von allen möglichen Farben, so daß der eigentliche Grund gar nicht mehr zu erkennen war. Man sah nur, daß der Mann seine Finger, mochten sie nun beim Backen mit Teig oder beim Färben mit Farbe beschmiert gewesen sein, ganz einfach an seiner Kleidung abgewischt hatte.

Seine Hände hatten das Aussehen, als ob er einen Farbenkasten zerstampft, das Pulver in Oel gerieben und sich dann damit die Finger angepinselt hätte. Die Arme konnte ich nicht sehen; jedenfalls aber glichen sie ganz genau denjenigen seiner holden »Erdbeere«, deren Farbüberzug ich ja erst für Handschuhe gehalten hatte.

Und nun gar das Gesicht! Das war grandios zu nennen. Jedenfalls hatte er zwei Angewohnheiten oder auch drei, welche sich bei seinem Geschäfte nicht vertrugen: er schnupfte; er liebte es, sich die Augen zu reiben, und er pflegte sich wohl auch gern hinter den Ohren zu kratzen, denn sowohl die Nase, wie die Umgebung der Augen und Ohren schienen mit schwarzer Tinte, Pflaumenmus, Eigelb, Himbeersaft und geschlemmter Kreide eingerieben worden zu sein.

Wenn eine Orientalin die Augenwimper mit Khol färbt, so giebt dies dem Blick eine eigenartige, melancholische, interessante Schärfe. Der Bäcker schien der Ansicht zu sein, daß seine Physiognomie durch die erwähnte Farbenschicht auch an Schönheit gewinne. Wohl aus diesem Grunde oder aus Bequemlichkeit hatte er es seit langer Zeit unterlassen, sein Gesicht mit einem Tropfen Wasser zu beleidigen. So etwas kann im Abendlande wohl kaum vorkommen. Da wäre die Polizei gezwungen, sich ins Mittel zu schlagen, weil ein solcher Mensch öffentliches Aergernis erregen würde.

Es war wirklich spaßhaft, mit welchem Erstaunen er mich, der ich ruhig neben der Türe sitzen blieb, betrachtete. Seine Stirn zog sich empor; sein Mund öffnete sich weit, und seine Ohren schienen sich nach hinten retirieren zu wollen.

»Oelüm jyldyrym – Tod und Blitz!«

Mehr brachte er nicht hervor. Er mußte schnaufen, ob aus Atemnot oder aus Ueberraschung, das weiß ich nicht.

»Sabahiniz chajir ola – guten Morgen!« grüßte ich ihn, indem ich langsam aufstand.

»Ne is ter sen bunda? Ne ararsen bunda – was willst du hier? Was suchst du hier?«

»Seni – dich,« antwortete ich kurz.

»Beni – mich?« fragte er kopfschüttelnd.

»Ewwet, seni – ja, dich.«

»Du verkennst mich!«

»Schwerlich. Dich erkennt man sofort.«

Er schien die Beleidigung, welche in den letzten Worten lag, gar nicht zu fühlen. Er sagte, noch immer kopfschüttelnd:

»Du bist in einem falschen Hause.«

»Nein; ich bin im richtigen.«

»Aber ich kenne dich nicht!«

»Du wirst mich kennen lernen.«

»Zu wem willst du denn?«

»Zu einem Bojadschy, welcher zugleich Etmektschi ist und Boschak heißt.«

»Der bin ich allerdings.«

»Siehst du, daß ich mich nicht irre!«

»Aber du sagtest, daß du mich sofort erkannt habest! Hast du mich bereits gesehen?«

»Nein, nie und nirgends.«

»Wie kannst du mich da erkennen?«

»An der glänzenden Würde deines Standes, welche in deinem Gesichte zu bemerken ist.«

Auch den eigentlichen Sinn dieser Worte begriff er nicht, denn er verzog dieses farbig erglänzende Gesicht zu einem breiten, wohlgefälligen Lächeln und sagte:

»Du bist ein sehr höflicher Mann, und du hast recht. Mein Stand ist ein sehr wichtiger. Ohne uns müßten die Menschen verhungern, und wir sind es auch, die jedem Kleide erst die Schönheit geben. Welchen Wunsch hast du denn?«

»Ich möchte über ein Geschäft mit dir sprechen.«

»Bist du vielleicht ein Mehlhändler?«

»Nein.«

»Oder ein Farbenhändler?«

»Auch nicht. Es ist ein anderes Geschäft, welches ich meine.«

»So sage es mir!«

»Dann, wenn du es dir bequem gemacht hast. Ziehe deinen Mantel aus und setze dich zu mir!«

»Ja, das werde ich tun. Erwarte mich hier!«

Er ging zu derselben gegenüber befindlichen Türöffnung hinaus, durch welche die Frau und die Tochter verschwunden waren. Jedenfalls gab es dort zwei Räume hintereinander, und ich hörte aus den dumpf zu mir schallenden Lauten dreier Stimmen, daß sich die Erwähnten in dem hintersten »Kabinett« befanden.

Als er zurückkehrte, blieb er vor mir stehen und sagte:

»Im bunda. Ischtahnyz warmy? – Da bin ich. Hast du Appetit?«

»Wozu?«

»Etwas zu essen?«

»Nein,« antwortete ich, indem ich an die Spuren der Teigfinger dachte, welche er an seinen Hosen abgewischt hatte.

»Oder zu trinken?«

»Ich danke sehr!«

Der Appetit war mir infolge des Backtrogwassers und des famosen Mostes vollständig vergangen.

»Nun, so wollen wir von unserem Geschäft sprechen.«

Es ist geradezu unbeschreiblich, in welcher Weise es ihm unter vielem Aechzen gelang, mir gegenüber auf dem Boden Platz zu nehmen. Als diese Turnübung bei Ach und Krach gelungen war, legte er sein Gesicht in eine ernste, gebieterische Miene und klatschte laut in die Hände.

Ich hätte ihm beinahe in das Gesicht gelacht, als er sich damit das Ansehen eines hohen Mannes gab, welcher zu befehlen gewohnt ist. Aber das Klatschen der Hände war gehört worden, denn der stieglitzähnliche Färbergehilfe, welchen die Tochter einen schlauen und mutigen Mann genannt hatte, trat ein.

Er war jedenfalls, da er sich doch hinter dem Hause befunden hatte, durch eine Fensteröffnung unterrichtet worden, wie er sich zu verhalten habe. Er verbeugte sich mit über der Brust gekreuzten Armen und blickte seinen Herrn und Meister demütig erwartungsvoll an.

»Getir benim lülejü – bringe mir meine Pfeife!« befahl der letztere im Tone eines Pascha mit drei Roßschweifen.

Der Sklave dieses Augenblickes gehorchte dem Befehle. Er brachte eine Tabakspfeife, welche aussah, als ob sie schon lang im Schlamme eines Karpfenteiches gelegen habe. Der Diener entfernte sich, und der Herr langte in die Hosentasche und brachte aus derselben eine Handvoll Tabak hervor, welchen er in den Pfeifenkopf stopfte. Dann fragte er mich:

»Sen mi tütün itschen? – Bist du Tabaksraucher?«

»Ewwet – ja,« antwortete ich.

Ich befand mich nun in der Angst, daß er mir eine eben solche Pfeife bringen lassen und sie aus derselben Tasche stopfen werde, fühlte mich aber angenehm enttäuscht, als er nun weiter fragte:

»Kibritler onun itschün melik ol-sen – folglich besitzest du Streichhölzer?«

»Bre kaw zabt etmez-sen – besitzest du nicht Zunder?« erkundigte ich mich.

Der Mann hatte nämlich bei seiner Frage ein eigentümlich pfiffiges oder vielmehr dummschlaues Gesicht gemacht. Zündhölzer sind in jener Gegend nicht überall gebräuchlich; man kann ganze Dörfer aussuchen, ohne ein einziges zu finden. Wer solche bei sich führt, der ist ein Mann, der sich etwas bieten kann. Der Bäcker wollte nun jedenfalls sehen, ob ich zu diesen bevorzugten Leuten gehöre. Darum antwortete ich ihm in dieser Weise.

»Ich müßte wieder aufstehen,« sagte er. »Ich sehe es dir an, daß du Kibritler bei dir hast.«

»Wie willst du das sehen?«

»An deiner ganzen Kleidung. Du bist reich.«

Wenn er gesagt hätte: »Du bist reinlicher als ich«, so hätte er recht gehabt. Ich griff in die Tasche, zog ein Döschen Wachshölzer hervor und gab ihm eins derselben. Er betrachtete es ganz erstaunt und sagte:

»Das ist doch nicht hölzern?«

»Nein. Ich mag keine, welche von Odun gemacht sind.«

»Das ist wohl gar Wachs?«

»Ja; du hast es erraten.«

»Und es ist ein Docht darin?«

»Natürlich!«

»Müdschüpatly, tschok adschaib – wunderbar, höchst wunderbar! Eine Kerze zum Anbrennen des Tabaks! Das habe ich noch nicht gesehen. Willst du mir nicht lieber das ganze Päckelchen schenken?«

Man glaubt nicht, welchen Eindruck oft eine solche Kleinigkeit macht. Es ist dann wohl getan, die Gelegenheit zu benützen; darum antwortete ich:

»Diese Zündkerzchen sind von großem Wert für mich. Vielleicht schenke ich sie dir, wenn ich mit unserer Unterhaltung zufrieden bin.«

»So wollen wir beginnen. Vorher aber will ich mir die Pfeife anbrennen.«

Als das geschehen war, bemerkte ich, daß er gar nicht etwa eine schlechte Sorte Tabak rauchte. Vielleicht hatte er ihn in nicht ganz legaler Weise an sich gebracht.

»So, nun können wir sprechen,« meinte er. »Du wirst mir zunächst sagen, wer du bist.«

»Natürlich; denn du mußt doch wissen, mit wem du redest. Aber – vielleicht ist es doch besser, wenn ich dir meinen Namen erst später sage.«

»Warum denn?«

»Das Geschäft, welches ich mit dir besprechen will, ist kein gewöhnliches. Es gehört Schlauheit und Verschwiegenheit dazu, und ich weiß noch nicht, ob du diese beiden Gaben besitzest.«

»Ah, nun weiß ich, was du bist!«

»Nun, was bin ich?«

»Du treibst verschwiegenen Handel.«

»Hm! Vielleicht hast du nicht ganz falsch geraten. Ich habe eine Ware zu verkaufen, welche sehr teuer ist und die ich dennoch sehr billig losschlagen werde.«

»Was ist es?«

»Teppiche!«

»Ah, Teppiche! Das ist eine gute Ware. Aber was sind es für Teppiche?«

»Echte Smyrnaer Ware.«

»Allah! Wieviel?«

»Gegen hundert.«

»Wie verkaufst du sie?«

»Im Pausch und Bogen. Ich fordere Stück für Stück dreißig Piaster.«

Da nahm er die Pfeife aus dem Munde, legte sie neben sich auf den Boden, schlug die Hände zusammen und fragte:

»Dreißig Piaster? Wirklich dreißig?«

»Nicht mehr!«

»Echte Smyrnaer Teppiche?«

»Gewiß!«

»Kann man sie einmal ansehen?«

»Natürlich muß sie der Käufer vorher sehen!«

»Wo hast du sie?«

»Ah! Denkst du wirklich, daß ich das sagen werde, ehe ich weiß, daß der Käufer ein sicherer Mann ist?«

»Du bist sehr vorsichtig. Sage mir wenigstens, ob der Ort, an welchem sie sich befinden, weit von hier ist.«

»Gar nicht weit.«

»Und sage mir ferner, wie es kommt, daß du dich grad an mich wendest.«

»Du bist ein berühmter Färber, du bist also Kenner und wirst beurteilen können, ob die Ware wirklich in der Farbe echt ist.«

»Das ist wahr,« meinte er geschmeichelt.

»Darum komme ich zu dir! Ich denke zwar nicht, daß du die Teppiche kaufen wirst, aber ich habe gemeint, daß du vielleicht einen andern kennst, welcher bereit ist, einen so vorteilhaften Handel einzugehen.«

33

Die Glückgebende.

In den Schluchten des Balkan

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