Читать книгу Das Dorf Band 4: Das Ende - Karl Olsberg - Страница 5

Оглавление

2. Der Angriff

Kurz darauf sind Primo, Golina, Porgo, Willert, Ruuna, Margi und Kolle in Porgos Schmiede versammelt.

„Hat er gesagt, wohin das Ei zurückkehren muss?“, fragt Willert, nachdem Golina noch einmal berichtet hat, was sie Primo erzählte.

„Nein. Er hat nur gesagt, ‚an seinen Ursprungsort‘. Oder jedenfalls ist es das, was ich verstanden habe.“

„Du glaubst doch nicht etwa, dass der Traum etwas mit dem Auftauchen des Schattenmanns heute zu tun hat?“, fragt Primo.

„Ich weiß es nicht“, sagt Willert. „Aber wir können diese Möglichkeit nicht ausschließen.“

„Nicht ausschließen?“, schaltet sich Ruuna ein. „So ein Blödsinn! Natürlich hat das was miteinander zu tun, das ist doch so klar wie Sumpfwasser! Endermen tun nie etwas ohne Grund.“

„Nachtwandler tun auch nie etwas ohne Grund“, wirft Primo ein. „Ebenso wenig wie Hühner.“

„Eben!“, stimmt Ruuna zu.

„Wir wissen nicht, ob Golinas Traum eine reale Bedeutung hat“, stellt Porgo fest. „Aber selbst wenn wir das wüssten, was könnten wir tun? Wir kennen weder den Ursprungsort dieses Eis, noch haben wir eine Ahnung, wie wir es dorthin zurückbringen könnten.“

„Primo hat es aus dem Nether geholt“, meint Margi. „Vielleicht muss es wieder dorthin zurück.“

„Das glaube ich nicht“, widerspricht Primo, der wenig Lust verspürt, noch einmal an diesen schrecklich heißen Ort zurückzukehren. „Der Fremde hat das Ei anscheinend in den Nether gebracht.“

„Vielleicht sollten wir es dann dem Fremden zurückgeben“, schlägt Porgo vor.

„Der Fremde ist tot, Vater!“, entgegnet Primo. „Er ist im Nether in die Lava gestürzt.“

„Die Fremden sterben nicht“, widerspricht Willert. „Jedenfalls nicht für immer. Wenn sie getötet werden, dann verschwinden sie aus unserer Welt und kehren in ihre eigene zurück. Aber sie können jederzeit wieder herkommen, wann immer sie es wollen.“

„Selbst wenn“, meint Kolle. „Wir wissen nicht, wo der Fremde ist. Entweder, er ist in seiner eigenen Welt geblieben, oder er ist an irgendeinem unbekannten Ort in unserer Welt. Auf jeden Fall können wir ihm das Ei nicht geben, solange er nicht von allein wieder zu uns kommt.“

„Das kann lange dauern“, meint Willert. „Ich weiß nicht, ob wir es uns erlauben können, darauf zu warten.“

„Was der Schattenmann gesagt hat, klang für mich wie eine Warnung“, sagt Golina. „Es hat sich so angehört, als wäre es dringend.“

„Was sollen wir tun?“, fragt Margi. „Das Ei in die Schlucht werfen? Oder in den Abgrund unter dem Dorf, den Primo und Kolle gefunden haben?“

„Ich könnte versuchen, es wegzuzaubern“, schlägt Ruuna vor.

Erschrocken reden die anderen alle gleichzeitig auf sie ein und versuchen, ihr diese Idee auszutreiben. Ruunas Hexereien haben nur selten den beabsichtigten Effekt, dafür aber oft unvorhersehbare Nebenwirkungen.

„Na schön, dann eben nicht!“, sagt die Hexe beleidigt.

„Nein!“ Golina schüttelt energisch den Kopf. „Die Anweisung des Schattenmanns lautete: Das Ei muss an seinen Ursprungsort zurückgebracht werden. Alles andere würde die Sache wahrscheinlich nur noch schlimmer machen.“

„Dann können wir nichts tun“, stellt Primo fest. „Mein Vater hat recht: Wir kennen den Ursprungsort des Eis nicht, also können wir es auch nicht dorthin zurückbringen.“

„Ich habe einen Verdacht, wo das Ei herkommt“, wirft Willert ein. „Aber dorthin zurückbringen können wir es trotzdem nicht.“

„Und woher, denkst du, kommt das Ei?“, fragt Porgo.

„Wenn ich recht habe, dann ist das ein Enderdrachenei“, sagt Willert. „Das heißt, es stammt aus dem Ende.“

Einen Moment lang sagt niemand etwas.

„Du glaubst, die Legenden sind wahr?“, fragt Porgo.

„Das werden wir wohl niemals herausfinden“, meint Willert. „Denn es ist unmöglich, ins Ende zu gelangen. Jedenfalls für uns. Die Fremden können das angeblich.“

„Damit wären wir wieder am Ausgangspunkt angelangt“, stellt Margi fest. „Wir können nichts tun, außer darauf zu warten, dass der Fremde zurückkehrt, und ihm das Ei zu geben, damit er es dorthin zurückbringt, wo er es hergeholt hat.“

„Ich finde ja immer noch, ich sollte es einfach wegzaubern“, grummelt Ruuna, doch niemand geht darauf ein.

„Also gut, dann ist es eben so“, stellt Willert fest. „Wir müssen einfach abwarten.“

„Eine Bitte hätte ich“, sagt Golina. „Das Ei ... können wir es vielleicht woanders hinbringen? Ich schlafe schlecht in seiner Nähe.“

„Und wohin?“, fragt Margi.

„Wir könnten es in unsere Hütte im Wald mitnehmen“, schlägt Ruuna vor.

Willert macht ein erschrockenes Gesicht. Wahrscheinlich befürchtet er, dass die Hexe heimlich an dem Ei herumzaubern wird, wenn er gerade nicht hinguckt.

„Nein“, widerspricht Porgo. „Wenn dieses Ei tatsächlich so bedeutend ist, dann sollten wir besser gut darauf aufpassen, bis der Fremde wiederkommt. Wir bringen es hierher. Primo und ich werden es bewachen.“

Golina wirkt sehr erleichtert.

„Klar, das machen wir!“, bekräftigt Primo. „Wir werden mit diesem dummen Ding schon fertig!“

Also ist es beschlossen. Primo geht mit Golina zum Haus ihrer Eltern und nimmt das Ei mit.

Zum Abschied gibt sie ihm einen Kuss. „Danke!“, sagt sie. „Und sei bitte vorsichtig!“

„Ach was!“, meint Primo. „Was soll schon passieren? Das ist bloß ein Ei!“

Doch ein etwas mulmiges Gefühl hat er trotzdem, als er das unförmige Objekt in die Schmiede trägt und neben seinem Bett platziert.

An diesem Abend kann Primo nicht einschlafen. Während er das Ei am Fuß seines Bettes betrachtet, gehen ihm immer wieder das rätselhafte Erscheinen des Endermans und Golinas Schilderung ihres Traums durch den Kopf. Gibt es da tatsächlich einen Zusammenhang? Stammt das Ei wirklich von jenem mystischen Ort, um den sich so viele Legenden ranken? Primo hatte bisher seine Zweifel, dass es das Ende tatsächlich gibt, so wie er auch nicht wirklich daran glaubt, dass ein Schöpfer namens Notch existiert. Wie sollte denn auch ein einzelnes Wesen, egal wie groß und klug es ist, eine ganze Welt erschaffen können?

Andererseits hat er auch nicht an die Existenz des Nether geglaubt, bis er mit Kolle tatsächlich dort war. Und irgendwoher muss dieses rätselhafte Ei ja kommen.

Ein langgezogenes Unngh ist zu hören. Doch das Stöhnen der Nachtwandler, die draußen um das Dorf herumstreichen, beunruhigt Primo nicht sonderlich. Schließlich hört er es jede Nacht, und hinter verschlossenen Türen ist man vor den Monstern sicher.

Ob Endermen tatsächlich eine eigene Sprache haben? Primo glaubt immer noch nicht recht daran, dass Golinas Traum eine tiefere Bedeutung hat, aber die Geräusche, die diese Wesen machen, klingen wirklich ein wenig wie Worte. Doch worüber sollten sie sich unterhalten wollen? Woher kommen sie überhaupt? Was tun sie, wenn sie nachts in der Dunkelheit herumschleichen? Manchmal tragen sie Blöcke umher, als wollten sie daraus etwas bauen, aber Primo hat noch nie von einem von Endermen errichteten Bauwerk gehört.

Ein lautes Klopfen ertönt von draußen. Primo schreckt hoch. Was war das? Er lauscht, doch es ist nur das Stöhnen der Nachtwandler und das leisere Klackern der Knochenmänner zu hören. Es scheinen allerdings heute Nacht mehr zu sein als gewöhnlich.

Er betrachtet das Ei. Zum ersten Mal kommen ihm Zweifel, ob er es nicht doch besser oben auf dem Berg hätte zurücklassen sollen, nachdem es Dau durch das Netherportal dorthin gekickt hatte. Vielleicht hatte Kolle recht: Das Ei hat den Zombie-Pigmen nicht viel Glück gebracht, und dem Fremden anscheinend auch nicht. Vielleicht ist es sogar verflucht.

Primo schüttelt über sich selbst den Kopf. Das ist nichts als Aberglaube! Die Zombie-Pigmen haben das Ei für heilig gehalten und deshalb untereinander Krieg geführt, doch in Wirklichkeit ist es ein nutzloser Gegenstand, um den sie sich gestritten haben. Es taugt höchstens dazu, es in einem freundschaftlichen Wettkampf hin und her zu kicken. Er nimmt sich vor, beim nächsten Fußschädel-Spiel statt des Knochenmannschädels das Ei zu benutzen, auch wenn er die Sportart dann in „Fußei“ umbenennen muss. So wird vielleicht auch Golina ihre Angst vor dem dummen Ding verlieren. Es war auf jeden Fall ein Fehler, es ihr zu schenken. Sie ist immerhin ein Mädchen, und da ist es kein Wunder, wenn sie seltsame Träume bekommt und unbegründete Angst vor dem Ei hat.

Wieder ertönt ein lautes Klopfen. Kurz darauf folgt ein spitzer Schrei. Das Stöhnen der Monster draußen scheint lauter und vielstimmiger geworden zu sein. Erschrocken springt Primo aus dem Bett und eilt zum Fenster. Als er hinausschaut, blickt er direkt in das grünliche Gesicht eines Nachtwandlers, der von draußen hereinstarrt, als suche er etwas.

„Vater!“, ruft Primo. „Vater, wach auf! Schnell! Das ganze Dorf ist voll von Nachtwandlern und Knochenmännern!“

Kaum hat er das gesagt, klopft der Nachtwandler, der eben noch durch das Fenster geschaut hat, laut an die Tür.

„Verschwinde, du Scheusal!“, ruft Primo und zieht sein Schwert.

Sein Vater taucht hinter ihm auf, den großen Schmiedehammer in der Hand.

„Schon wieder ein Angriff?“, fragt er.

Tatsächlich erinnert die Menge der Monster an den Angriff der Nachtwandler, als der Fremde zum ersten Mal auftauchte. Das Pochen an der Tür wird lauter. Von draußen hört man immer mehr erschrockene Schreie.

„Ich weiß es nicht“, sagt Primo. „Vielleicht verschwinden sie ja wieder.“

„Das glaube ich nicht“, meint Porgo. „Erst der Enderman und nun diese Monsterflut, das kann kaum ein Zufall sein. Ich fürchte, Golinas nächtliches Erlebnis war doch mehr als ein gewöhnlicher Alptraum.“

„Was machen wir jetzt? Was, wenn sie wieder die Türen einschlagen, so wie letztes Mal?“

„Das glaube ich nicht“, sagt Porgo. „Lass uns erst mal abwarten, bis sie ...“ Doch in diesem Moment hört man das Splittern von Holz, dann einen spitzen Schrei. Er kam aus dem Nachbarhaus.

„Golina!“, schreit Primo.

„Nicht!“, ruft Porgo.

Doch Primo ignoriert seinen Vater. Er reißt die Tür auf und stößt dem Nachtwandler das Schwert in den Bauch. Das Monster stöhnt auf. Mit Unterstützung von Porgo ist es schnell besiegt, doch die Straße ist voll von ihnen. Gemeinsam kämpfen sich Vater und Sohn einen Weg durch die Grünhäutigen. Aus dem Augenwinkel sieht Primo eine blasse Gestalt, die einen Bogen spannt.

„Duck dich!“, ruft er. Keine Sekunde zu früh. Der Pfeil zischt dicht über Porgo hinweg und trifft einen Nachtwandler, der von der anderen Seite angreift.

„Ihr Mistkerle! Habt ihr immer noch nicht genug?“, ruft eine vertraute Stimme von links. Im selben Moment fliegt ein Nachtwandler durch die Luft.

„Kolle! Notch sei Dank!“, ruft Primo. „Er wird es diesen Monstern schon zeigen!“

„Ich fürchte, es sind zu viele, selbst für ihn!“, meint Porgo.

Primo will lieber nicht darüber nachdenken, was das bedeutet. Er konzentriert sich darauf, sich zum Haus von Golinas Vater Bendo durchzukämpfen. Als er endlich die eingeschlagene Tür erreicht, sind von drinnen Kampfgeräusche zu hören. Voller Angst um seine Freundin stürmt Primo ins Haus, dicht gefolgt von seinem Vater.

Gleich drei Nachtwandler befinden sich im Inneren und bedrängen die Bewohner. Mit Fackeln wehren diese die Angreifer tapfer ab, so gut es geht. Primo und Porgo haben keine große Mühe, zwei der Monster von hinten auszuschalten, und erledigen kurz darauf mit vereinten Kräften das Dritte.

Erleichtert nimmt Primo seine Freundin in den Arm. „Bist du verletzt?“

Sie schüttelt den Kopf, doch sie wirkt blass. Primo hat allerdings keine Zeit, sich weiter um sie zu kümmern, denn schon kommen durch die zerbrochene Tür neue Nachtwandler herein. Porgo und Primo drängen sie zurück und kämpfen sich den Weg zurück auf die Straße frei.

Als Primo aus dem Haus tritt, verlässt ihn aller Mut. Es sind nicht etwa weniger Monster geworden, seit der Angriff begann, sondern noch mehr. Sie füllen die Straße des Dorfs, so dass sie sich selbst kaum noch bewegen können.

„Bei Notch!“, ruft Porgo aus. „Gegen diese Übermacht können wir nichts ausrichten! Und Willert und der Fremde sind nicht da, um uns zu helfen.“

„Sieh mal dort, bei der Kirche!“, ruft Primo, während er den Angriff eines Nachtwandlers abwehrt. Er hat eine schwarze Gestalt entdeckt, die inmitten der Monsterhorde steht und den Kopf hin und her dreht. Es sieht beinahe so aus, als ob ...

„Der Enderman scheint der Anführer der Monster zu sein“, spricht sein Vater Primos Gedanken aus. „Von so etwas habe ich noch nie gehört.“

„Meinst du, er ist wegen des Eis hier?“, fragt Primo, dessen Kraft allmählich erlahmt, während er immer wieder mit dem Schwert auf die angreifenden Monster eindrischt.

„Vielleicht.“ Auch sein Vater ist außer Atem vor Anstrengung.

„Wir könnten es ihm einfach geben. Vielleicht ziehen sie dann ab.“

„Dazu müssten wir erst mal zurück in unser Haus kommen. Außerdem habe ich kein gutes Gefühl dabei. Dieser Enderman wirkt irgendwie böse.“

Als hätte die unheimliche Gestalt diese Aussage gehört, ruckt ihr Kopf in Primos Richtung. Gerade noch rechtzeitig weicht er dem Blick der leuchtenden Augen aus. Über das Stöhnen der Nachtwandler hinweg kann er die rätselhafte Stimme des Schattenmanns deutlich hören.

„Es hat keinen Zweck“, ruft Porgo. „Wir müssen uns ins Haus zurückziehen und versuchen, den Eingang irgendwie zu verbarrikadieren. Vielleicht halten wir bis zum Sonnenaufgang durch.“ Es klingt nicht so, als glaube er daran.

Doch in diesem Moment geschieht etwas Unheimliches: Mitten zwischen den Nachtwandlern taucht plötzlich ein weiterer Schattenmann auf, dann noch einer und noch einer. Im Nu hat sich ein Dutzend der schwarzen Gestalten materialisiert.

„Bei Notch, jetzt kommen noch mehr von ihnen!“, ruft Primo verzweifelt. „Wie sollen wir mit denen fertig werden? Das ist ...“

Er stockt, als er sieht, was die Endermen tun: Statt der Dorfbewohner greifen sie die Nachtwandler an! Mit ihren langen Armen schlagen sie nach den grünhäutigen Monstern. Die Getroffenen lösen sich oft bereits beim ersten Schlag auf. Diejenigen, die nicht in Reichweite der unheimlichen schwarzen Gestalten sind, ergreifen die Flucht. Schon nach kurzer Zeit ist das Dorf wie leergefegt. Nur die Endermen sind noch da. Sie umringen den einen, der neben der Kirche stand und anscheinend die Monsterarmee befehligte.

„Was zum Nether geht da vor?“, fragt Porgo.

Golina drückt sich an Primo, um hinaus auf die Straße zu sehen. Er legt schützend den Arm um sie.

„Das ... ist unheimlich!“, flüstert sie.

Die Endermen scheinen in ihrer fremdartigen Sprache miteinander zu reden. Der in der Mitte stößt laute, wütende Schreie aus, dann verschwindet er plötzlich. Nur ein paar violette Funken bleiben zurück und lösen sich rasch auf.

Einer nach dem anderen lösen sich auch die übrigen Endermen auf, bis nur noch einer von ihnen übrig ist. Er blickt sich im Dorf um, als suche er etwas. Plötzlich dreht er sich um und blickt Primo direkt an.

„Sieh ihm nicht in die Augen!“, warnt Golina.

Doch es ist bereits zu spät.

Das Dorf Band 4: Das Ende

Подняться наверх