Читать книгу Sexualität erleben & leben - Karla Moser - Страница 9
ОглавлениеLiebe
Erfahrungsgemäß wissen die allerwenigsten Menschen, was wirklich Liebe bedeutet bzw. ist.
• Liebe ist geschlechtslos
• Liebe ist selbstlos
• Liebe ist losgelöst
• Liebe ist verbindlich
• Liebe ist verstehend
• Liebe ist verzeihend
• Liebe ist unendlich
• Liebe ist universell
• Liebe ist spirituell
• Liebe ist überall
• Liebe ist Licht und Leben
• Liebe ist, den Willen des anderen zu akzeptieren, respektieren und zu achten und diesen leben zu lassen, auch dann, wenn die Entscheidung seines Willens für ihn selbst schmerzhaft sein sollte.
Das Wort Liebe oder das, was unter Liebe verstanden wird, wird tagtäglich gebraucht und auch „missbraucht“. Missbraucht insofern, dass man sich damit Zuwendung „erschleicht“ und sich die Sympathie des begehrten Objekts sichern will.
Unter Liebe werden die zwischenmenschlichen Beziehungen verstanden, die voller Achtung und Respekt gelebt werden. Eine gute Beziehung wird durch die Liebe getragen.
Diese besonderen Partnerschaften konnte ich bisher nur selten in meiner Praxis beobachten. Solche Partnerschaften sind ein großes Glück, sozusagen „ein Sechser im Lotto“.
Wenn wir wachsam sind, können wir tatsächlich Liebe tagtäglich und überall feststellen.
Wie viel Freude, Fröhlichkeit und Glück empfunden wird und entsteht, wenn wir der Liebe begegnen und selbst auch lieben.
Wenn Menschen lieben, haben sie eine wunderbare Ausstrahlung. Alles um sie herum wird weicher, liebevoller, verständnisvoller und konsequenter. Sie werden positiv von anderen Menschen wahrgenommen. Ihre Nähe wird gesucht.
Meine Tochter und ich hatten vor Jahren beide einen Hund. Oft dachte ich, dass man von ihnen lernen kann, was Liebe ist, was Liebe bedeutet.
Hunden ist es egal, ob du dick oder dünn bist, groß oder klein, schön oder hässlich. Wenn sie etwas für uns tun, dann ohne eine Erwartung zu haben oder eine Gegenleistung zu erwarten. Nur das Verhältnis zwischen Mensch und Tier ist wichtig. Sie lieben ausschließlich und bedingungslos.
Liebe ist nicht verletztend. Liebe tut auch nicht weh. Es sollte unterschieden werden zwischen Liebe, den Gefühlen und Emotionen dem „geliebten“ Menschen gegenüber.
Liebe macht den Menschen ausgeglichen und harmonisch.
Die Freude darüber, dass es allen Menschen, besonders denen, die uns nahe stehen, gut geht, macht den Liebenden glücklich.
Gefühle wie Neid, Eifersucht, Besitzergreifung, Egoismus, auf Kosten anderer leben, sind einem liebenden Menschen fremd.
Immer wieder stelle ich fest, dass bei einer Partnertrennung der „Zurückgebliebene“ erfüllt ist von Unverzeihlichkeit, Hass, Schuldzuweisungen und Rache. Es wird dem ehemaligen Partner nicht gegönnt, dass er einen anderen Weg eingeschlagen hat. Dass es ihm jetzt besser geht und dass er glücklicher ist. Und es spielt keine Rolle, ob mit oder ohne einer neuen Partnerschaft.
Man kann dem Partner, der gegangen ist nicht verzeihen, weil man ihn so „geliebt“ hat.
Das ist genau keine Liebe. Hier zeigt sich der Egoismus und ein Besitzergreifen. Er gehört mir bzw. zu mir. Es kann nicht akzeptiert werden, dass er diese Entscheidung für sich getroffen hat. Es wird ihm nicht gegönnt.
Wenn man liebt, trauert man nicht um einen Menschen, der gegangen ist, sondern ist dankbar für die Zeit, die man mit ihm verbracht hatte.
Den Schmerz, den wir empfinden, bezieht sich auf das „Gernhaben“, auf eine wundervoll gelebte Beziehung, Erlebnisse und Erinnerungen. Diese fehlen uns jetzt und hinterlassen eine gewisse Leere. Es dauert eine Weile, bis sich diese Leere wieder gefüllt hat. Lieben wir, geht es schneller.
Auch „schlechte“ Partnerschaften hinterlassen diese Leere. Doch hier ist Wut und Zorn vorhanden über die „vergeudete“ Zeit.
Es liegt jetzt an uns, unser Leben wieder in die Hand zu nehmen, zu achten und zu respektieren, dass der andere ging und uns jetzt wieder unserer eigenen Zukunft widmen.
Doch wirkliche Liebe endet nicht mit dem Tod. Das Schicksal des von uns gegangenen Partners wird akzeptiert.
Wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass wir nur wegen uns selbst auf dieser Welt leben. Wir leben nur unser Leben und wir sterben auch nur unseren Tod. Was dazwischen ist haben wir uns zur Aufgabe gemacht. Wir sind es, die das bestimmen.
Wenn wir so bewusst leben, dann können wir auch lieben, nämlich nach dem Grundsatz: Lieben ist nur möglich, wenn man sich selbst zuerst liebt und dann die anderen.
Ein Gedicht zum Thema Liebe:
Kontakt
Er sah sie. Sie sah ihn.
Sie sahen sich an. Er lächelte. Sie lächelte.
Sie waren sich zum Greifen nahe.
Und sie griffen sich. Tasteten sich ab. Schon
liebkosten sie. Mit den Augen.
Keine zwei Meter voneinander entfernt.
Einmet ersechsunds iebzig.
Das kann sehr nahe sein.
Sie sagten nichts.
Also gab es keine Worte zum Tausch.
Sie tauschten Gedanken oder bündelten sie.
Sein Puls schlug schnell, schneller.
Sie schaute ihm klar ins Gesicht,
direkt, frontal.
Er parierte diesen Blick, diese Blicke.
Er konnte sehen, wie sie atmete;
gezwungen ruhig,
sicherlich deshalb tiefer als sonst.
Er sah, wie sie - unbewusst nahm er an -
mit der Zungenspitze ihre Lippen befeuchtete.
Wie sie sich mit der rechten Hand über das
Haar strich.
Sie sah, wie er - unbewusst dachte sie –
etwas fahrig mit der Linken über Mund und
Kinn fuhr.
Wie er an seinen Hemdkragen faßte.
Sie hielten sich fest. Mit den Augen.
Er wollte ihren Blick aushalten.
Sie ließ ihn keinen Moment aus ihren Augen.
Nichts zwischen ihnen, außer den
Einmeters echs unds iebzig
und zwei Scheiben dicken Glases.
Drei Minuten dies alles.
Dann verschob sich die Perspektive.
Langsam, unerbittlich, verzerrend., zerstörend..
Der Zug, in dem sie saß, fuhr weiter.
Sie wandte ihren Kopf weiterhin zu ihm,
bis man sich nicht mehr sehen konnte.
Er wollte winken, hob jedoch die Hand nur bis
zur Höhe seines Kopfes.
Warum sollte seine Frau, die neben ihm saß,
wissen, dass er nun eine andere liebte?