Читать книгу Vertraue deinen Träumen - Karolin Maier - Страница 7

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1. Mein Traum

Es war Nachmittag, die Sonne schien, die Vögel zwitscherten auf dem Kirschbaum sitzend ihr Liebeslied.

Ich saß in meinem großen Zimmer am Schreibtisch und kaute auf meinem Füller herum und wusste nicht, wie ich anfangen sollte.

Meine Mutter hatte mir zu meinem Geburtstag, der jetzt genau eine Woche her war, ein Tagebuch geschenkt. Es war rotweiß gestreift und hatte ein silbernes Herz auf der Vorderseite, hinten stand der Spruch:

Vertraue alles Deinem Tagebuch an, egal ob es schöne oder traurige Sachen sind, ob Träume oder Erlebnisse, die Du sonst keinem, nicht mal Deiner besten Freundin erzählen willst, hier kannst Du alles aufschreiben, denn eins ist sicher, Dir wird es danach immer ein bisschen besser gehen als davor.

Bei dem Wort „Träume“ schlug mein Herz plötzlich schneller, denn ich hatte selber einen sehr großen Traum: Ich wollte um jeden Preis der Welt reiten lernen, doch das war leichter gesagt als getan.

Ich saß nämlich seit fast drei Jahren im Rollstuhl und ihr fragt euch jetzt bestimmt, wie ich überhaupt in den Rollstuhl kam und ich werde es euch so einfach wie möglich erzählen.

Ich erinnere mich nur noch daran, wie wir, meine Eltern, ich und meine beste Freundin Sarah im Auto saßen, die Musik dröhnte und ich einen goldenen Pokal in der rechten Hand hielt. Ich hatte bei einem Ballettturnier den ersten Platz gewonnen.

Wir haben lautstark gejubelt und eine Sekunde später, vielleicht waren es auch zwei, raste plötzlich ein LKW mit Vollgas auf uns zu. Meine Mutter fing an zu weinen, mein Vater, der das Steuer in der Hand umklammert hatte, fluchte erschreckt. Meine Freundin starrte mit offenen Augen und offenem Mund auf den LKW und ich, ich war wie gelähmt, mein Herz pochte wie wild und auf meiner Stirn bildeten sich Schweißperlen. Ich hielt den Atem an und dann wurde alles schwarz vor meinen Augen.

Das letzte was ich sah waren meine Eltern und das Erste die Krankenschwester, die mich liebevoll anlächelte. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie meine Eltern versucht haben, mir Mut zu machen und dafür bin ich ihnen bis heute dankbar und natürlich auch meiner aller besten Freundin Sarah. So jetzt wisst ihr also Bescheid über mein Leben früher und heute.

Ich schlug mein Tagebuch zu und drehte mich zu meiner Freundin Sarah um, die lächelnd in meinem Zimmer im Bett lag und es sich bequem gemacht hatte auf meiner Kissenpyramide.

Sie schaute mich erwartungsvoll an und ich atmete tief durch und fragte sie schließlich, ob sie zum Essen bleiben möchte. Sie aber schüttelte bedauernd den Kopf und sagte: „Tut mir echt leid, ich wäre gerne zum Essen geblieben, aber du kennst ja meine Mutter, die ist total neben der Spur, wegen der neuen Hauptrolle in ihrem nächsten Film. Sie will, dass ich sie modisch berate, als ob ich nichts Besseres vorhätte.“ Sie rollte genervt mit den Augen.

„Du Arme, das holen wir nach, versprochen. Wie wäre es Samstag um drei? Wir könnten Kaffee trinken und am Abend in meinem Zimmer picknicken?“, schlug ich vor.

Sarah antwortete: „Super Idee, meine Mutter bringe ich auch mit, dann kann sie sich mal entspannen und wir können ungestört Spaß haben. Wie wäre eine Übernachtungsparty?“

„Du spinnst, wie willst du das denn anstellen?“, fragte ich.

„Na ganz einfach, ich habe doch erst vor kurzem einen Kinogutschein für drei Personen bekommen. Den gebe ich als Dankeschön für die nette Einladung Deinen Eltern und meiner Mutter. Dreimal darfst du raten bis wann er eingelöst werden kann“, sagte Sarah triumphierend.

„Ich schätze mal genau dann, wenn die Übernachtungsparty steigen soll“, sagte ich lächelnd.

„Ganz genau, den Film habe ich auch schon festgelegt, er geht genau drei Stunden und zufällig habe ich in der letzten Reihe Plätze bekommen. Bei der Gelegenheit können wir dann auch gleich mal überlegen, wie du deine Eltern doch noch überzeugen kannst deinen Traum zu verwirklichen“, sagte Sarah.

„Ich? das klingt ja Spitze! Ich besorge Schokolade, Kekse und Obstspieße, Okay?“

„Alles klar, dann bringe ich noch Muffins mit und Limo. Aber jetzt muss ich echt los, sonst macht sich meine Mutter wieder Sorgen, wo ich bleibe“, sagte Sarah begeistert.

„Na dann, bis Samstag.“ Ich freute mich schon riesig darauf.

Eine halbe Stunde später rief meine Mutter, dass ich runterkommen sollte, denn das Essen war fertig und stand schon bereit auf dem großen runden Esstisch im Freien. Es war angenehm warm und ich stemmte mich mit der Hilfe meines Vaters auf die Eichenbank. Meine Mutter kam fröhlich pfeifend aus der Küche und balancierte in der linken Hand haltend, die große, aus Porzellan bestehende Schüssel. Es duftete verführerisch nach Pommes und Würsten, die auf dem Grill lagen.

„Das ist meine Gelegenheit“, dachte ich meine Eltern sind guter Laune.

„Papa, was war dein größter Traum, als du jung warst?“, fragte ich so beiläufig wie möglich.

„Mein größter Traum?“, Papa runzelte die Stirn, dann fing er aber doch zu erzählen an. „Na ja, ich wollte früher einmal Architekt werden.“

„Und heute ist dein Traum in Erfüllung gegangen“, vollendete ich seinen Satz, und im gleichen Moment wurde mir klar, dass das keinen Sinn ergab. Ich musste es anders angehen, vielleicht hatte er ja bemerkt, dass es mir nicht darum ging. Ich aß also meinen Teller schweigend leer, und erst als meine Mutter mich bat, ihr zu helfen, schreckte ich auf, ich war so in meinen Gedanken versunken, dass ich….

…erstens die Zeit vergessen hatte und zweitens nicht die Gelegenheit hatte meine Mutter zu fragen, ob es Okay für sie wäre, dass Sarah am Wochenende kommen würde. Ich nahm also meinen ganzen Mut zusammen und erzählte meiner Mutter meine Idee. Zu meiner großen Überraschung freute sie sich darüber und sagte, dass es natürlich gar kein Problem wäre.

Nachdem ich ihr beim Abwasch geholfen hatte, fuhr ich mit dem Treppenlift hoch in mein Zimmer, machte meinen Computer an und schrieb eine E-Mail an Sarah.

@Hallo Sarah, ich habe es nochmals versucht, meinen Eltern meine Pläne in den Sommerferien zu erzählen. Aber du kennst meine Eltern, die haben sofort dicht gemacht und sind nicht weiter darauf eingegangen. Die gute Nachricht ist, dass meine Mutter nichts dagegen hat, wenn ihr uns besuchen kommt am Wochenende.

Ich drückte auf „senden“ und hoffte, dass Sarah bald zurückschreiben würde. Mein Wunsch wurde erhört und nach nicht einmal zwei Minuten machte es bing.

@Hallo Julia, klingt ja richtig super! Wir haben dann genug Zeit um unseren Plan durchzuführen. Am besten du besorgst Zeitschriften, Bücher und sonstiges über Pferde. Eben alles was du bis dahin auftreiben kannst. Du wirst sehen, wenn wir genügend Argumente zusammen haben werden deine Eltern ihre Sorgen vergessen und zustimmen. Glaub mir.

Einen Versuch war es schließlich wert, deinen Vater zu fragen, also ärgere dich nicht, beim nächsten Mal klappt es bestimmt.

@Wie war die Shoppingtour mit deiner Mutter? Hattest du schon Zeit ihr mitzuteilen, dass du bei mir übernachten möchtest?

@Ja, sie war ganz begeistert von der Idee und sie meinte, dass ihr mal ein bisschen Ruhe gut tun würde.

@Super, dann läuft ja bis jetzt alles nach Plan. Freue mich schon auf unsere PARTY!

@Ich mich auch. Bis morgen!

Ich fuhr den Computer herunter und rollte zu meinem Fenster. Der Mond leuchtete hell über den Dächern und der Himmel war so klar, dass man sogar ein paar Sterne sehen konnte. Plötzlich huschte eine funkelnde Sternschnuppe über den Himmel. Ich schloss meine Augen und wünschte mir, dass ich eines Tages reiten lernen würde. Nach fünf Minuten, glaube ich jedenfalls, rollte ich hinüber zu meinem Bett, lies mich in meine weichen Kissen fallen und deckte mich bis zur Nasenspitze zu.

Als ich am nächsten Morgen, von einem Sonnenstrahl gekitzelt aus dem Bett gelockt wurde, wusste ich erst nicht, warum ich so aufgeregt war, aber gleich darauf fiel es mir wieder ein: Heute war die Übernachtungsparty geplant, das entscheidende Wort in diesem Satz war „geplant“ und ich hoffte, dass alles reibungslos funktionieren würde.

Ich aß mein Frühstück, suchte die Sachen zusammen, die zu einer richtig guten Party gehörten und schaute fast jede halbe Stunde auf die Uhr.

Endlich war es so weit! Schon von weitem hörte ich meine Freundin lachen. Sie begrüßte mich stürmisch und gab meiner Mutter wie vereinbart den Gutschein. Diese freute sich riesig darüber und bedankte sich bei Sarah und fügte dann noch lächelnd hinzu: „Das ist aber eine Überraschung, dass du ausgerechnet unseren Lieblingsfilm ausgesucht hast.“

Sarah strahlte bis über beide Ohren, besser laufen konnte es gar nicht, las ich von ihrer Stirn ab. „Jetzt müssen wir nur noch warten, bis es endlich Abend wird“, dachte ich vergnügt.

Meine Mutter hatte in der Zwischenzeit den Esstisch auf der Terrasse gedeckt. Auf dem runden Eichentisch lag eine blaue Decke, darauf stand eine kostbare Vase, die aus purem Glas war und in ihr steckten die rot-rosa schimmernden Rosen, die mein Vater zuvor gekauft hatte. Der Duft von frisch gebackenem Erdbeerkuchen lag in der Luft. Teller, Tassen und eine Kanne voll heißem Kaffee standen um die teure Vase herum. Herzen, aus Servietten gefaltet, krönten den feierlich gedeckten Esstisch.

Nach ein paar Minuten rief meine Mutter, dass es angerichtet sei. Wir setzten uns auf die alte Eichenbank und die Erwachsenen nahmen ihre Plätze auf den übrigen Stühlen ein. Meine Mutter schenkte jedem eine Tasse Kaffee ein und gab uns je einen Becher mit frisch gepresstem Orangensaft. Danach schnitt sie den Kuchen an und verteilte ihn in großen Stücken an uns. Er schmeckte wirklich hervorragend, aber das war jetzt Nebensache. Als ich meinen Kuchen aufgegessen hatte, raunte ich meiner Freundin zu:

„Komm, wir gehen nach oben, die haben sich bestimmt eine Menge zu erzählen, da stören wir doch nur.“

Meine Freundin stutzte, aber dann sagte sie so leise wie möglich: „Okay, dann können wir ja bei der Gelegenheit zwei Stücke mitnehmen.“

Ich nickte nur kurz zur Antwort und schob meinen Rollstuhl zurück. Mein Vater schaute mich überrascht an und meine Mutter bat, uns die Teller in die Küche zu stellen.

„Ihr könnt euch auch noch zwei Kuchenstücke mitnehmen und wenn ihr wollt, in der Küche steht noch eine Kanne lauwarmer Kakao.“

Ich umarmte meine Mutter und sagte, dass wir ihr Angebot gerne annehmen würden. Als die Erwachsenen außer Sicht- und Hörweite waren, jubelte ich los und klatschte mich bei meiner besten Freundin ab. Dass es so gut laufen würde, hätte selbst sie nicht gedacht. Mit ein paar kräftigen Armstößen waren wir am Aufzug angelangt.

In meiner rechten Hand hielt ich den Teller mit den beiden Kuchenstücken und in der linken die Kanne mit dem Kakao. Sarah hatte sich ihren Rucksack übergeworfen, darin waren eine große Tüte Chips, Schokolade, Obstspieße, eine Tüte Gummibärchen und Kekse. Außerdem eine Zahnbürste, ein Schlafanzug und ihre Lieblingsdecke. Den Schlafsack hatte sie sich unter den Arm geklemmt.

„Wow!“, sagte ich begeistert. „Wo in aller Welt hast du die vielen Sachen her?“

Als Antwort lachte meine Freundin nur und zwinkerte mir verschwörerisch zu. Der Aufzug stoppte und ich fuhr neben Sarah in mein Zimmer.

Ich hatte meinen Nachttisch zur Seite geschoben, etwas Platz in meinem Kleiderschrank gemacht und sogar noch ein paar Hefte, Bücher und Broschüren über Pferde besorgt. Im Internet hatte ich mich auf die Suche nach Anzeigen gemacht. Die meisten waren zu weit weg oder gefielen mir nicht.

Meine Freundin war sprachlos, es dauerte einige Minuten lang, bis sie ihre Sprache wieder fand. Sie drehte sich zu mir um, ihre Augen waren groß und rund, ihr Mund war weit geöffnet. Das Einzige, was sie gesagt hatte, war: „Wow, du hast echt an alles gedacht.“

Danach ließ sie ihren Rucksack von der Schulter gleiten und machte den Reisverschluss auf. Eine Minute später hatte sie eine Pyramide von unzähligen Klamotten auf dem Arm und balancierte diese zu meinem Kleiderschrak. Drei Meter vorher blieb sie stehen, zog meinem Stuhl heran und legte den Stapel darauf. Prustend sah sie sich hilfesuchend um, ich kam ihr gleich zu Hilfe und machte den Kleiderschrank auf. Dann nahm ich ihr die Hälfte ab, die ich in den Kleiderschrank schob. Die andere Hälfte wurde in die unteren Schubladen und auf die restlichen Kleiderbügel verteilt.

„So, das hätten wir!“ sagte ich lachend.

Danach verstauten wir die Süßigkeiten in der Kiste hinter meinem Nachtisch und bauten das Schlafquartier auf. Zuerst breitete Sarah den Schlafsack aus und währenddessen legte ich die Decke darauf, mit Kissen und Schlafanzug für die Nacht.

Wir setzten uns auf mein Bett und fingen an, die Hefte, Bücher und Broschüren über Pferde durchzulesen.

Nach einer Weile stellte ich fest, dass wir das nie geschafft hätten ohne die geniale Idee meiner Freundin. Ich ließ meinen Blick über die Notizen wandern und stoppte abrupt, als ich Schritte hörte, die sich eindeutig uns näherten. Meinem Zimmer näherten.

„Psst, Sarah pack schnell die Sachen weg, meine Mutter kommt und lass dir was einfallen“, flüsterte ich panisch.

Im selben Moment ging die Tür auf und meine Mutter schob ihren Kopf herein.

„Ich wollte nur kurz schauen, was ihr so treibt und euch Bescheid geben, dass wir jetzt gehen. Falls ihr etwas braucht oder etwas sein sollte, ruft einfach an“, sagte meine Mutter.

„Okay, Mum, euch noch einen schönen Abend und mach dir keine Sorgen, wir sind schon groß und können auf uns selber aufpassen“, entgegnete ich ruhig.

Meine Mutter verabschiedete sich von uns und bedankte sich nochmals für die tolle Einladung.

Die Tür fiel krachend ins Schloss und ich rollte zum Fenster hinüber. Sarah folgte mir. Ich schaute aus dem Fenster hinaus, sah gerade noch, wie meine Eltern in den silbernen BMW einstiegen und wegfuhren.

Mein Blick wanderte nun zum Himmel hoch, der war heute leider ein wenig bewölkt und man konnte den Mond nur blass scheinen sehen.

Meine Freundin legte mir einen Arm um die Schulter und flüsterte:

„Komm, lass uns schon mal das Essen hinrichten. Ich habe einen riesigen Hunger.“

Ich nickte zur Antwort nur und drehte mich dann zu meiner Freundin um.

Nach einer viertel Stunde war das Zimmer-Picknick angerichtet und die Bücher, Hefte und Broschüren zu Bergen gestapelt. Wir setzten uns in mein Bett und fingen an unsere Teller mit den köstlichen Sachen zu beladen. Dann war erst einmal Schweigen, man hörte nur das Kauen. Danach ging es an die Arbeit. Ich nahm mir die Bücher vor und Sarah den Stapel Hefte. Während Sarah die Broschüren durchblätterte, fuhr ich den Computer hoch und suchte nach brauchbaren Sachen, die ich meinen Eltern dann zeigen konnte.

Ich tippte „Ferien auf dem Reiterhof“ in die Suchmaschine ein und gleich darauf wurden mir drei Reiterhöfe vorgeschlagen.

Der erste lag an der Ostsee, der zweite an der Nordsee und der dritte nahe des Rheins.

Ich las mir alle drei Anzeigen genau durch und schrieb das Wichtigste in Stichpunkten heraus. Am besten fand ich aber, war der erste Reiterhof, die Anzeige war mit Herz geschrieben worden. Sie war außerdem noch mit kunstvollen Zeichnungen verziert.

Bei diesem Reiterhof war nicht nur eine Anzeige dabei, sondern auch ein Video und ein Link zur Homepage. Auf der ersten Seite war ein großes, elegant springendes Pferd. In Großbuchstaben stand:

REITERHOF: PERLE DES OSTENS

Reiterhof Perle des Ostens, wie cool klang das denn?

Ich rammte Sarah meinen Ellenbogen in die Seite und sagte mit aufgeregter Stimme:

„Ich habe den perfekten Reiterhof gefunden. Er liegt an der Ostsee, direkt am Meer. Es ist ein schönes, gelbes Backsteingebäude, mit hellblauen Fensterläden und meerblauen Dachziegeln. Zu dem Gestüt gehören außerdem eine riesige Koppel und ein großes Stallungsgebäude. Da ist genügend Platz für die Pferde, das Futter und eine Reithalle mit Schiebetür nach draußen. Auf dem Übungsreitplatz hat man einen wunderbaren Ausblick auf das Meer und…“

„Und die würdest am liebsten deinen Koffer packen, in den nächsten Zug steigen und zur Ostsee düsen.“, vollendete sie meinen Redeschwall und fügte begeistert hinzu: „ Das klingt ja richtig gut, nun müssen wir uns nur noch überlegen, wie wir das deinen Eltern schmackhaft machen könnten.“

„Okay, alles klar, wie wäre es mit einer kleinen Pause? Wir könnten ein Onlinespiel spielen?“

Meine Freundin hob zur Antwort beide Daumen in die Höhe.

Darauf folgte eine wilde Kissenschlacht. Ich nahm ein Kissen aus meinem Bett und warf es zu Sarah, diese schleuderte dann mir wiederrum zwei weiche Kissen entgegen. Ich duckte mich noch rechtzeitig und die Kissen landeten auf meinem Schreibtisch. Es war ein Hin und Her. Kissen und Federn flogen.

Plötzlich hörte ich ein leises Miauen, es kam vom Fenster. Ich rollte hastig hinüber und sah auf der Straße einen schwarzen Fleck hin und her huschen. Ich rieb mir die Augen, um mich besser an die Dunkelheit zu gewöhnen. Ich schaute auf meine Uhr, es war genau Mitternacht. Plötzlich wurde aus dem Miauen ein Wimmern, das immer lauter wurde. Nach einer Weile konnte ich ein paar Ohren, einen gebogenen Schwanz und braun-weißes Fell erkennen.

Oder bildete ich mir das nur ein? „Nein“, dachte ich. Dieses Miauen war echt.

Sarah stand neben mir und wickelte sich eine Haarsträhne um den Finger, als sie plötzlich innehielt und lauschte. Das hilflose Miauen hatte aufgehört.

„Was machen wir den jetzt?“, fragte ich mit zitternder Stimme. In meinem Hals hatte sich ein dicker Klumpen gebildet, dass ich nur noch röchelte.

Meine Freundin sagte nichts, gar nichts. Sie rannte nur zur Tür hinaus die Treppen hinunter und ich nahm in der zwischen Zeit den Fahrstuhl.

Wir kamen gleichzeitig unten an der Haustür an. Ich riss sie mit aller Kraft auf und wir stürzten in die Finsternis. Von einer Sekunde auf die nächste hörte ich den Motor eines Autos - eines sehr schnellen Autos.

Bei dem Wagen handelte es sich um unseren alten Nachbar. Er hatte die braun-weiße Katze nicht entdeckt. Er raste ungebremst weiter, ohne auf die Mädchen oder die arme kleine Katze zu achten.

Ich fuhr so schnell ich konnte zu der Katze, flüsterte ihr etwas Beruhigendes in ihr Ohr und schloss sie in den Arm. Sie klammerte sich mit ihren kleinen, scharfen Krallen ganz eng an mich und zitterte am ganzen Körper. Ich drehte mich blitzschnell um und übergab sie mit weichen Knien meiner Freundin, die wie angewurzelt da stand.

„Hier nimm sie!“, rief ich hektisch. Meine Freundin wirbelte herum, nahm dann endlich die Katze auf den Arm, streichelte sie zur Beruhigung und wir liefen, ich rollte so schnell wie möglich ins warme Innere.

Sarah setze die Katze behutsam auf dem Holzboden ab und fuhr sich mit der flachen Hand über die Stirn. Die kleine Katze sah uns mit ihren braunen Kulleraugen an und leckte sich dann behaglich die Pfote.

„Ich glaube sie hat Hunger“, sagte ich zu meiner Freundin.

Sie stemmte die Hände in die Hüften und ging Richtung Küche. Im nächsten Augenblick kam sie zurück. In der rechen Hand hielt sie einen Futternapf mit frischem Futter und in der linken einen Wassertrog.

„Hier Katze, das ist für dich. Lass es dir schmecken“, sagte sie fröhlich.

Wir beschlossen, dass die Katze, deren Namen wir nicht wussten, in meinem Zimmer essen konnte. Während sie sich über das Essen her machte, rollte ich zu meinem Schreibtisch und holte einen Block und Stifte. Ich schrieb einen kurzen Steckbrief:

Katze gefunden! Sie hat braun-weiß gestreiftes Fell und eine Herzblässe auf der Stirn. Sie hat außerdem große blaue Kulleraugen und eine zart rosa gefärbte Zunge. Darunter schrieb ich noch Sarahs und meine Adressen sowie unsere Telefonnummern.

Nach kurzer Zeit war ich fertig und zeigte auf den Rechner. Sarah kam zu mir und sagte: „Richtig gut, willst du es deinen Eltern eigentlich erzählen?“

Ich schluckte, drückte auf drucken und sah sie an. „Nein, es ist besser, wenn sie es nicht erfahren, sonst lassen die uns doch nie mehr alleine!“, erwiderte ich.

Sarah stimmte zu: „Okay, am besten ist es, wenn wir die Zettel morgen in aller Frühe austeilen.“

Am nächsten Morgen wurde ich durch leises Piepen, das zu meinem Wecker gehörte, geweckt. Schnell rüttelte ich meine Freundin wach, die noch tief und fest schlief. Nach einigen Minuten waren wir fertig angezogen und stapfen, ich rollte mit meinem roten Rollstuhl ins Freie.

Meine Freundin hatte sich eine Weste übergeworfen und sich den Stapel Steckbriefe unter den Arm geklemmt. Ich hatte ein blaues Kleid an, das in der Sonne funkelte.

Wir machten uns auf den Weg, bogen nach rechts ab und entschieden uns schließlich, uns aufzuteilen. Ich hoffte so sehr das wir den Besitzer oder die Besitzerin finden werden. Aber wenn nicht? Was ist dann? Was wird dann aus ihr? Diese Fragen rasten immer und immer wieder durch meinen Kopf und ich wusste auf keine eine Antwort. Ich schluckte trocken und wischte meine Gedanken beiseite. „Es wird alles gut, wir werden es gemeinsam schaffen“, flüsterte ich mir zu.

Ich nahm mir unser Viertel und die zur Schule führende Straße vor. Sarah den Park, das gegenüberliegende Viertel und die Straße, in der der neue Bürgermeister wohnte.

Ich befestigte die Steckbriefe an Laternen, Mauern und Bäumen mit einem Reisnagel. Nach einem prüfenden Blick auf die Zettel die im Wind flatterten, fuhr ich danach zu einigen Läden und fragte die Ladenbesitzer, ob ich in ihrem Laden auch Zettel aufhängen dürfte Die meisten waren verständnisvoll und antworteten mit einem klaren Ja, leider nicht alle. An der Schule angekommen wollte ich gerade dort Zettel aufhängen, als eine tiefe Männerstimme „Stopp was machen sie denn da?“, rief. Ich wirbelte herum und starrte in ein Gesicht mit Stoppeln, kurzen schwarzen Haaren und ziemlich deutlichen Wangenknochen. „Äh…“, setzte ich zu einer Erklärung an. „Und was sind das für Zettel, wolltest du die etwa hier aufhängen?“, wollte er wissen. „Ja, wollte ich. Es ist so ich meine Freundin wir haben eine Katze gefunden und nun wollen wir den Besitzer finden.“, stotterte ich. Ja und? Wofür brauch ihr dann die Blätter?“, fragte er mürrisch. Ich zeigte darauf und erklärte ihm immer noch zitternd das, das ein Stechbrief ist und „Falls jemand die Katze kennt kann er uns anrufen.“, sagte ich zum Schluss“ „Das ist nicht mein Problem!“, rief er laut. „Aber verstehen sie denn nicht diese Katze wird vielleicht vermisst und…“ „Nichts da! Hier auf diesem Gelände werden keine Blätter und sonstiges verteilt. Haben wir uns verstanden?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte er sich um und ging. Ich blieb wie angewurzelt stehen. „So ein Blödmann!“, dachte ich sauer, „wie kann man nur so gemein sein!“ Nach einer halben Stunde kam ich wie vereinbart nach Hause, doch von Sarah fehlte jeder Spur.

„Ob sie schon rein gegangen ist?“, fragte ich mich selber.

Da kam plötzlich meine Mutter laut lachend mit einem großen Tablett vorbei und sah mich irritiert an, ging aber dann ohne etwas zu fragen schweigend weiter.

Mir blieb also nichts anderes übrig, als zu warten bis Sarah endlich auftauchen würde. Ich beobachtete in der Zeit, in der ich auf Sarah wartete, ein paar Jungvögel mit ihren Eltern.

Da tauchte plötzlich, wie aus dem nichts Sarah neben mir auf. Als sie mich sah, hob sie keuchend ihren feuerroten Kopf und erzählte: „Tut mir wahnsinnig leid, aber ich habe meine Mutter bei ihrem Morgenspaziergang getroffen und die hat mich prompt darauf angesprochen, was ich hier um diese Zeit eigentlich tue. Das hat eine ganze Weile gedauert bis ich die wieder los hatte.“

„Das glaub ich Dir!“, sagte ich glücklich und scheinbar immer noch ein wenig genervt.

„Was ist los?“, fragte sie. „Gab es Probleme beim Steckbriefe austeilen?“

„Ja, allerdings!“, antwortete ich.

„Los erzähl schon?“, drängelte meine Freundin.

Ich atmete tief ein und aus und berichtete ihr dann ausführlich die Begegnung an der Schule mit dem nicht gut gelaunten Hausmeister. Oder ich vermutete, dass es der Hausmeister war. Immerhin trug er einen grauen Arbeitsanzug.

„Und der hat gar nicht mit sich reden lassen? Hast du ihm klargemacht um was es geht? Hast du ihm den Steckbrief gezeigt?“, löcherte sie mich mit Fragen.

„Ja natürlich, doch er meinte, was mit „auf diesem Gelände werden keine Zettel verteilt“ und „das ist nicht mein Problem“.

„Ich hab ihm wirklich alles geschildert, ihm erzählt, dass wir sie gefunden haben und ihm den Steckbrief, mit dem Foto gezeigt. Nichts!“

Sarah überlegte, das sah ich genau. Sie ballte die Hand zu einer Faust und rief: „So ein Idiot! Wie kann man nur so fies sein? Hat der den überhaupt kein Herz?“

„Ich schätze mal er mag Tiere nicht so besonders“, antwortete ich achselzuckend.

„Oder er darf es nicht? “, überlegte Sarah. „Kann man da nicht eine Ausnahme machen, immerhin geht es um einen echten Notfall! Eine Katze wird vermisst!“

„Hey, reg dich nicht auf, der Typ ist es nicht wert, okay?“ Wir finden den oder die Besitzerin schon, versprochen?“, raunte sie mir zu.

Ich nickte. Manchmal weiß ich echt nicht, wie ich solche Situationen ohne Sarah durchstehen würde. Sie hat immer ein Ohr frei, eine passende Antwort und ermunternde Aussage parat. Wahnsinn!

Während wir uns ausgiebig unterhielten, hatte meine Mutter den Esstisch auf unserer aus grau-weißen Steinen bestehende Terrasse gedeckt.

Auf dem hellbraunen Tisch lag eine gelbe Decke, darauf stand die schöne Keramik Vase mit herrlich duftenden orangegelben Rosen. Ein noch lauwarmer Zopf umstellt von Marmeladengläsern, einer Butterschale und drei verschiedenen selbst gemachten Säften. Am linken und rechten Kopfende stand jeweils ein Silbertablett mit verschiedenen Käse - und Wurstsorten und daneben eine Schüssel mit Obstsalat, der mit Mango- und Melonenstreifen garniert war. Das absolute Highlight war ein riesiger Käsekuchen mit Erdbeeren und Heidelbeeren verziert. Als Tischdekoration waren süße Schmetterlinge aus Servietten gefaltet auf den Tellern.

„Wow!“, sagte ich begeistert und im selben Moment blieb mir die Sprache weg. Sarah blieb hinter mir stehen und rührte sich keinen Zentimeter mehr. Als meine Mutter uns entdeckt hatte, winkte sie uns zu sich. Gerade als wir uns gesetzt hatten, kamen Sarah´ s Mutter und mein Vater um die Ecke. Die beiden strahlten mit der Sonne um die Wette.

Sie setzten sich auf die letzten beiden freien Plätze und ließen sich von der Sonne bräunen. Meine Mutter schenkte uns beiden warmen Kakao ein, sich und Sarahs Mutter eine gute, heiße Tasse Kaffee. Mein Vater trank genüsslich seinen Espresso leer und schenkte sich dann ein Glas Wasser ein.

Meine Mutter schnitt den Kuchen an und verteilte großzügige Stücke an uns. Ich aß mein Stück Kuchen auf und nahm mir dann eine Schale mit Obstsalat.

Meine Mutter unterhielt sich interessiert mit Sarahs Mutter über die Filmbranche und ihre Hauptrolle. Mein Vater studierte die Zeitung und so bemerkte niemand, dass wir uns verdrückten.

Als wir in meinem Zimmer waren, fragte ich meine Freundin ratlos: „Und jetzt?“ „Na was wohl, du legst ihnen ganz unauffällig beim Abendessen die Notizen und den Link der Homepage hin“, sagte sie bestimmt.

Ich nickte nur und dachte für mich im Stillen, ob das wirklich eine so gute Idee war. Ich schüttelte die Bedenken dann aber doch ab und probierte positiv zu denken. Es war Nachmittag geworden, Sarah und ich saßen auf meinem Bett und hörten mit unseren neuen Kopfhörern Musik. Die braun-weiße Katze hatte sich vor unseren Füßen hingelegt und schnurrte ruhig vor sich hin.

Ich machte die Musik aus und setze mich aufrecht im Bett auf. Sarah nahm augenblicklich die Kopfhörer ab und fragte mich, ob alles okay wäre. Ich sah sie mit traurigen Augen an und erzählte ihr von meinen Sorgen. Ich schluckte, mein Hals war wie ausgetrocknet und mir wurde kalt und heiß zugleich. „Vielleicht…“, fing ich an, „wird die Katze ja gar nicht vermisst, sondern sie wurde extra ausgesetzt, weil der Besitzer oder die Besitzerin kein Futter mehr kaufen konnte oder die Arztkosten zu teuer waren. Kann doch sein, wir haben doch überall in der Stadt Zettel aufgehängt!“

„Jetzt beruhig dich erst mal!“, schlug meine Freundin vor.

„Oder sie ist weggelaufen? In der Zeitung stand doch etwas über eine vermisste Katze aus einem Tierheim“, überlegte ich laut weiter.

„Jetzt mach dich nicht verrückt“, meinte Sarah. „Das sagt sich so leicht“, dachte ich im Stillen für mich. Ich sah meine Freundin mit großen, trüben Augen an.

Sie stemmte die Hände in die Hüfte und sagte: „Wenn du unbedingt willst, dann ruf ich da jetzt an und frage nach!“

Ich nickte nur, denn hätte ich geantwortet, wäre das sowie nur ein Schluchzen gewesen. Meine Freundin nickte, zog ihr Handy aus der Hosentasche ihrer blauen Jeans und tippte die Nummer ein, die in der Zeitung stand.

Sie drehte sich zu mir um und lächelte, das heißt, sie versuchte zu lächeln. Auf ihrer Stirn konnte ich ablesen, dass sie genauso dachte wie ich.

Ich kaute auf meiner Unterlippe herum und versuchte mir vorzustellen wie es unserer gefundenen Katze gerade ging. „Was ist, wenn sie wirklich aus dem Tierheim ausgebrochen ist? Und wenn ja, hat sie dann auch keine Besitzer mehr? Ist sie deshalb ausgerissen um ihn oder sie zu suchen? Möglich wäre es. Müssen wir sie dann dorthin zurückbringen?“, dachte ich nachdenklich.

„Ja, Hallo!“, hörte ich Sarah sagen. „Ganz genau eine weißbraune Katze, mit Kulleraugen und einer Herzblesse auf der Stirn.“

„Ja, ich warte!“

Eine Minute verging - Stille. Drei Minuten vergingen – endlose Stille und nach fünf vergangenen Minuten war es totenstill im Zimmer.

Meine Freundin räusperte sich und sagte dann in den Hörer: „Ja, alles klar. Wir bringen sie gleich vorbei. Nein, nein keine Ursache, ich finde es sehr toll, wie sie sich um die Tiere kümmern. Okay, dann bis gleich.“

Sie legte das Telefon beiseite und ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Deshalb fragte ich nur:

„Wer war das und was heißt „bis gleich“?“

Sarah kam langsam auf mich zu und ich wusste, wenn meine Freundin langsam auf mich zugeht, dann ist etwas Schlimmes passiert.

„Was ist los?“, fragte ich noch einmal, diesmal etwas eindringlicher.

Meine Freundin schluckte und fing dann aber endlich an zu erzählen: „Zu deiner ersten Frage: Das war die Chefin vom Tierheim und es stimmt, sie vermissen wirklich eine Katze.“

Und zu deiner zweiten Frage: Sie will, dass wir die Katze gleich ins Tierheim bringen.“ Sie senkte den Kopf.

Ich sah meine Freundin entsetzt an und etwas Warmes, Nasses rollte an meinen Wangen herunter: Eine Träne! Erst eine, dann zwei und schließlich schossen mir die Tränen in die Augen und ich konnte gar nicht mehr aufhören zu weinen. Sarah kam schnell zu mir und nahm mich in den Arm und flüsterte: „Mir fällt der Abschied doch auch nicht leicht, aber glaub mir, im Tierheim ist sie besser untergebracht. Dort gibt es Leute, die sich um sie kümmern und ihr helfen können, wenn sie krank ist.“

Ich nickte nur und wischte mir meine Augen und meine rote Nase mit einem weißen, weichen Papiertaschentuch.

Danach machten wir uns mit der Katze auf dem Schoß auf den Weg zum Tierheim. Den ganzen Weg lang machte ich mir Gedanken darüber, ob sie es wirklich gut im Tierheim hätte. Vor einem großen roten Gebäude mit der Aufschrift:

Ein Herz für Tiere blieben wir schließlich stehen.

Ich drückte die Katze so fest an mich wie ich nur konnte und gab ihr einen kleinen zarten Kuss auf die Stirn. Sie miaute zur Antwort, schmiegte sich an mich und fing an leise zu schnurren. Ich hatte noch nie in meinem ganzen Leben eine Katze schnurren gehört, höchstens im Fernsehen, aber das ist etwas ganz anderes. Jetzt konnte ich die Nähe spüren, ich konnte hören, wie ihr kleines Herz wild schlug und ich traute mich gar nicht mehr mich zu bewegen.

Meine Freundin strich ihr sanft über die Stirn wo die Blesse war. Die Katze schaute kurz auf und sah uns mit ihren großen Kulleraugen einige Minuten lang an, ohne den Blick von uns zu wenden.

„Am liebsten würde ich umdrehen und sie für immer behalten“, dachte ich. Doch es war zu spät.

Plötzlich hörte ich Schritte und eine freundliche Stimme sagte zu uns gewendet: „Das ist aber schön, dass ihr Mimi gleich vorbeigebracht habt. Ich hatte schon richtige Sorgen, denn eigentlich kommt sie immer gleich, wenn ich sie rufe. Nur eben gestern Abend nicht.“, fügte sie mit einem schiefen Grinsen hinzu. Ich bin übrigens, Annika. Die Chefin des Tierheims.“

Sie trug eine weiße Bluse und darüber hatte sie sich eine dünne dunkelblaue Jacke übergeworfen. Eine zerfranste Jeanshose und ihre Füße steckten in Sandalen, die aus dünnen haselnussbraunen Streifen bestanden.

„Mimi? Ein schöner Name“, dachte ich.

Ich drückte ihr Mimi in die Hand und sie gab mir als kleines Dankeschön, dass wir uns um sie gekümmert hatten, zwei Kinogutscheine.

„Für euch!“, meinte sie.

Ich bedankte mich bei ihr ganz herzlich und sie machte uns das Angebot einer kleinen Sonderführung durch das Tierheim. Dieses großzügige Angebot nahmen wir gerne an.

Zuerst brachten wir Mimi zu den anderen Katzen in das sogenannte Spielezimmer und marschierten dann Richtung Garten. Wir kamen an großen Beeten vorbei, die mit Gemüse und Obst, aber auch vereinzelt mit Blumen bepflanzt waren. Während wir Annika durch das Tierheim folgten, erzählte sie uns wie Mimi hergekommen war.

„Wir haben sie in einem Mülleimer gefunden. Sie war noch sehr klein und schwach. Ich habe sie dann mit der Flasche aufgezogen, nachdem ich und mein Team ihren Besitzer nicht ausfündig machen konnten. Seitdem ist sie bei uns.“

„Wie traurig“, sagte ich.

„Ja, da hast du recht!“, antwortete sie.

Ich schaute Sarah an und auch sie sah geschockt aus, genau wie ich.

„Umso besser, dass sie jetzt ein Zuhause hat und Menschen die für sie da sind“, sagte sie.

„Ja, dass finde ich auch“, antwortete ich.

Nach einer Weile hörte ich das Kläffen und Miauen der Welpen und Babykatzen.

Annika blieb vor einer Tür stehen. Mein Herz hüpfte in meiner Brust und mein Puls raste wie wild. Als ich die kleinen Welpen und Katzenbabys sah, wurde mir ganz warm ums Herz. Ich sah die Kulleraugen der Katzen, die mich vertrauensvoll anblickten. Ich hörte das Schnurren, der Katzen und leise Bellen der Hunde.

Im gleichen Augenblick spürte ich einen weichen Schwanz an meinen Füßen und ein Köpfchen schmiegte sich an mich. Dann ertönte leises, behagliches Schnurren. Ich war so glücklich wie in meinem ganzen Leben noch nicht. Annika hielt mir eine Flasche mit warmer Milch hin und ich gab sie meiner kleinen Babykatze. Ich sah ihre rosa Zunge und ihre blauen Augen, die in der untergehenden Sonne glitzerten.

Ich legte sie in ihr Schlafkörbchen, das in der Ecke des Zimmers stand und schaute ihr eine Weile lang nur zu und rührte mich nicht. Sie war so süß! Sie umklammerte einen kleinen Filzball fest mit ihren Krallen und schlief ein.

Wir verabschiedeten uns leise von Annika.

„Schön, dass ihr hier wart und nochmals vielen lieben Dank! Ihr habt Mimi gerettet, das werden mein Team und ich niemals vergessen. Außerdem könnt ihr sie jederzeit besuchen kommen. Ich glaube sie würde sich riesig darüber freuen. Also bis bald hoffentlich und euch noch einen schönen Abend.“

„Danke! Wir besuchen Mimi bald! Tschüss und passen sie gut auf sie auf“, riefen wir fröhlich.

Ich drehte mich noch einmal zum Tierheim um, bevor wir uns auf den Nachhauseweg machten. Die Dämmerung hatte eingesetzt und meine Mutter erwartete uns sehnlichst.

„Wo wart ihr denn so lange?“, fragte sie neugierig.

Ich tauschte einen Blick mit meiner Freundin und fing an, ihr die ganze Geschichte, ausgenommen der Party, zu erzählen. Meine Mutter war sichtlich begeistert von der Rettungsaktion und fand es ebenfalls richtig die Katze ins Tierheim zurückgebracht zu haben.

„Ich schätze mal, nach so einem anstrengenden und aufregenden Tag hat man sicher einen riesigen Hunger“, sagte sie schmunzelnd.

Bevor ich irgendetwas anders antworten konnte rief Sarah: „Ja, du hast recht wir sind echt am Verhungern!“ „Na dann kommt, das Abendessen steht schon auf dem Tisch“, sagte sie glücklich.

Wir klatschten uns ab und wuschen uns die Hände im Bad.

„Bist du sehr traurig, dass wir Mimi ins Tierheim gebracht haben?“, wollte sie wissen.

„Nein, es war richtig, dass wir angerufen haben. Mimi hat es im Tierheim richtig gut und wir können sie ja immer besuchen. Das Einzige was mich traurig macht ist, wie sie Mimi gefunden haben.“

Ich musste schlucken. „Ja, stimmt. Wenn ich mir nur vorstelle was passiert wäre, wenn sie keiner gefunden hätte…? Sie war doch noch so klein und hilflos“, antwortete Sarah.

„Ja, ich will mir gar nicht vorstellen wie sie gelitten hat, als sie bemerkt hat, dass ihr Besitzer nicht mehr kommt um sie abzuholen“, sagte ich traurig.

„Es muss schrecklich für sie gewesen sein“, meinte Sarah und schaute mich mit großen Augen an.

Wir aßen gemeinsam zu Abend. Danach musste Sarah nach Hause zu ihrer Mutter.

„Danke, dass du da warst und mir geholfen hast“, sagte ich fröhlich.

„Dafür sind beste Freundinnen schließlich da oder nicht?“, fragte sie.

„Ja! Du hast absolut Recht Tschüss und bis morgen!“, rief ich.

„Bis morgen in der Schule!“, verabschiedete sie sich von mir.

Wir umarmten uns und Sarah lief nach Hause. Ich schaute ihr noch lange nach.

Danach fuhr ich nach oben in mein Zimmer und schrieb Tagebuch, das heißt ich versuchte es, aber ich musste immer an Mimi denken:

Liebes Tagebuch, heute haben Sarah und ich die gefundene Katze ins Tierheim gebracht. Sie war von dort ausgerissen. Wir sahen Babykatzen und Welpen. Natürlich auch große Hunde, mit braunem, weißem oder schwarzem Fell und Katzen die gepunktet, gestreift oder einfarbig waren. Aber das aller beste war, das ich Mimi das Fläschchen geben durfte. Sie war so süß und so weich. Tschüss liebes Tagebuch und bis morgen!!!

Ich klappte mein Tagebuch zu und ließ meinen Blick durchs Zimmer schweifen. Von unten hörte ich die Stimmen meiner Eltern, die sich lautstark unterhielten. Ich konnte aber nicht verstehen um was es genau ging.

Ich entschied mich leise aus meinem Zimmer zu rollen und hörte meine Mutter sagen:

„Weist du ich habe nachgedacht“, sagte sie.

„Über was hast du nachgedacht?“, wollte mein Vater wissen.

„Du weißt ganz genau von was ich rede. Ich rede über….“

„Redest du etwa von Julias verrücktem Traum reiten zu lernen?“, vollendete er ihren Satz.

„Genau davon. Wir dachten sie sei zu jung, aber das ist sie nicht.“

„Ich dachte dieses Thema wäre ein für alle Mal geklärt. Julia ist zu jung, sie sitzt im Rollstuhl und sie ist auf unsere Hilfe angewiesen. Hast du das etwa vergessen?“, rief ihr Vater ärgerlich.

„Nein habe ich nicht!“, zischte meine Mutter zurück. „Aber sie hat mit Sarah eine Katze gerettet und Steckbriefe verteilt. Damit hatten sie leider keinen Erfolg, aber sie haben nicht aufgegeben.“

„Was hat das Reiten mit der Katzensache zu tun?“

„Julia ist jung und sie sitzt im Rollstuhl, aber sie kämpft für sich, ihren Traum und für die arme Katze. Und das beweist uns eindeutig, dass sie Tiere über alles liebt und, egal wie schwierig und aussichtslos die Lage auch ist immer weiter macht.“

„Ja das kann schon sein“, brummte er.

„Nein, es kann nicht schon sein, es ist so!“, rief sie.

„Na gut nehmen wir an wir sagen ja, wo würdest du vorschlagen sollte sie das am besten tun, wann und mit wem?“, fragte mein Vater.

„Lass mich Mal überlegen“, sagte sie ruhig.

„Und fällt dir was ein?“, wollte er wissen.

„Ja mir fällt tatsächlich etwas ein und zwar könnte sie in den Sommerferien mit Sarah zusammen auf den Reiterhof von Lena Lange gehen.“, schlug sie vor.

„Wer ist Lena Lange?“, fragte er ahnungslos.

Sie seufzte und erklärte ihm, dass Lena Lange ihre beste Schulfreundin ist und sie ein Gestüt an der Ostsee betreibt.

„Sie ist total nett, würde sich super um sie und Sarah kümmern und er liegt auch nicht aus der Welt“, vollendete sie ihre kurze Erklärung.

„Na gut! Ich kann dich ja sowieso nicht mehr umstimmen oder?“, sagte er.

„Stimmt genau!“, bestätigte sie lächelnd.

„Okay, du hast mich überredet Julia darf ihren Traum verwirklichen“, antwortete er geschlagen.

„Super!“, rief sie „ich bin schon so gespannt über Julias Gesicht. Die wird morgen Augen machen!“

Am nächsten Morgen in der Schule ahnte ich von gar nichts. Ich hatte wunderbar tief und fest geschlafen und stand jetzt mit Sarah vor unserem Klassenzimmer und wartete darauf, dass unsere Lehrerin kommt. Unsere Klassenlehrerin Frau Müller verteilte und die Arbeitsblätter zum heutigen Thema. Wir waren so beschäftigt, dass wir erst in der großen Pause zum Reden kamen.

„Sarah, willst du heute bei uns Mittagessen, wenn deine Mutter nichts dagegen hat auch bis zum Abendessen bei uns bleiben.“

„Ja, danke! Ich habe Zeit, jede Menge sogar! Meine Mutter muss zu einer Probe in die Stadt, da kommt deine Einladung wie gerufen. Ich freu mich schon!“, rief sie. „Ich auch!“, erwiderte ich „und wie!“

Nach der Schule machten wir uns zusammen auf den Weg zu mir nach Hause.

„Haben deine Eltern noch irgendetwas gesagt?“, fragte sie.

„Nein, das heißt ja…“ „Was jetzt Ja oder Nein“, wollte sie wissen.

„Sie haben nichts Direktes zu mir gesagt, sondern sich am Abend über irgendetwas unterhalten.“

„Über was! Mach es doch nicht so spannend!“, rief sie. „Ich weiß nicht über was sie sich genau unterhalten haben, aber ich hörte meine Mutter so etwas wie: „Weißt du ich habe nachgedacht“ sagen hören. So ganz sicher bin ich mir aber nicht“, gab ich zu.

„Ach, vielleicht sprachen sie ja über deinen Trrr… “, Sie brach ab und seufzte.

Dann kniete sie sich hin um ihren Schuh zu binden. „Was dachtest du über was sie reden?“, wollte ich wissen. „Ach, weißt du, ist nicht so wichtig. Vergiss einfach was ich gesagt habe.“

Wir machten uns schweigend weiter auf den Weg bis zu unserem Haus.

Meine Mutter begrüßte uns guter Laune und wedelte mit der einen Hand mit einem Kochlöffel herum. Es duftete nach frischer Lasagne.

Im Garten angekommen stellten wir unsere Taschen ab und mit der Hilfe von Sarah gelang es mir, auf die Bank zu rutschen. Der Tisch war schön gedeckt, mit Tellern, Gläsern und Silberbesteck. Eine kunstvolle, ovale Vase mit Sonnenblumen stand in der Mitte und um sie herum die weiße, aus Porzellan bestehende Schale mit der köstlichen Lasagne.

„Und wie war es in der Schule?“, erkundigte sich meine Mutter, während wir aßen.

„Alles bestens!“, versicherte Sarah „und danke für die nette und spontane Einladung.

„Wir danken!“ Eine kleine Gegeneinladung für den schönen Abend im Kino.“

„Das freut mich, dass sie ihn so genossen haben.“

Meine Mutter lächelte verträumt und widmete sich dann wieder ihrem Essen zu, das mittlerweile lauwarm sein sollte. Ich kaute herum und schaute in die Ferne.

Nach dem Essen fuhren wir hoch in mein Zimmer und hörten Musik. Ich legte eine CD ein und wir sangen zu den Liedern. Es war ein wunderschöner Nachmittag.

Ich hörte wie ein Auto in die Einfahrt fuhr. Mein Vater den Schlüssel umdrehte und die Haustür öffnete.

„Hallo zusammen!“, rief er fröhlich. Meine Mutter begrüßte ihn ebenfalls und fügte hinzu: „Julia, Sarah kommt ihr, das Essen ist fertig!“

„Ja Mum, wir kommen!“, erwiderte ich und hakte mich bei meiner Freundin ein und wir fuhren mit dem Fahrstuhl abwärts.

Mein Vater umarmte mich und sagte: „Hallo Sarah, schön, dass du da bist!“

Sie nahm es mit einem Lächeln und der Aussage: „Das sie sowieso heute nichts anders vorhatte“ zur Kenntnis.

Mein Vater ging voraus ins Wohnzimmer wir folgten ihm. Die Dämmerung war eingebrochen und es wehte ein lauer Wind, das konnte ich alles aus dem Fenster sehen. Meine Mutter hielt mich an der Schulter fest und fragte an Sarah gewannt:

„Sarah, willst Du das Julia heute die Überraschung erfährt oder erst morgen?“

Ich starrte beide ungläubig an und erwiderte mit aufgeregter Stimme: „Natürlich will ich die Überraschung heute erfahren!“ und kam Sarah zuvor.

Wir setzten uns also auf die Holzbank im Garten und ich überlegte fieberhaft was die Überraschung sein sollte.

Plötzlich kam meine Mutter mit einer riesigen Torte um die Ecke und erst jetzt bemerkte ich, dass überall Girlanden und Lampions hingen, die in der Abendsonne magisch glitzerten und funkelten. Ein lauwarmer Wind strich mir über mein Gesicht und meine Freundin hielt meine Hand. Ich glaube sonst wäre ich umgekippt vor lauter Aufregung.

Auf dem runden Tisch lagen drei große, mit goldenem Papier eingepackte Geschenke. Eine kunstvolle Vase stand in der Mitte. Meine Lieblingstorte aus Heidelbeeren und weißer Schokolade stand rechts und auf der linken Seite ein Tablett mit Bananen Muffins und Schokoküssen.

Meine Mutter räusperte sich und sagte schließlich:

„Liebe Julia, dein Vater und ich haben beschlossen, dass du deinen Traum vom Reiten verwirklichen sollst und zwar auf dem Reiterhof meiner besten Schulfreundin Lina Lange. Ihr Reiterhof liegt direkt an der Ostsee und du fährst in den Sommerferien mit Sarah dorthin.“

Mir liefen die Tränen herunter – Freudentränen. Vor lauter Glück, dass ich endlich reiten lernen durfte.

„Wahnsinn! Ihr seid die aller besten Eltern auf der ganzen Welt!! Danke, danke und noch mal danke!!!

Ich umarmte meine Eltern stürmisch, klatschte mich bei meiner Freundin ab und jubelte drauf los. Es war der beste Tag in meinem Leben. Das könnt ihr mir glauben. Ich rief immer wieder: „Juhu, ich lerne reiten!“ Dabei strahlte ich um die Wette und war so glücklich, wie schon lange nicht mehr.

Danach packte ich meine Geschenke aus und konnte es immer noch nicht so richtig fassen. „Hatten meine Eltern etwa gerade ja gesagt? Haben sie nichts mehr dagegen, dass ich reiten lernen will?“, dachte ich sprachlos.

Ich bekam eine nagelneue Reithose mit passenden Lederstiefeln. Eine wunderschöne Reiterjacke und eine weiße Bluse, die sich schön ergänzten. Ein schwarzer Reiterhelm war das i-Tüpfelchen. Ich fragte meine Mutter, ob ich sie anprobieren durfte. Meine Mutter nickte etwas erleichtert und ich eilte so schnell ich konnte in mein Zimmer, mit meiner Freundin im Schlepptau.

Zehn Minuten später war ich fertig umgezogen und drehte mich vor dem Spiegel hin und her.

Die cremefarbene Reiterhose mit der schneeweißen Bluse war perfekt kombiniert mit den hellbraunen Lederstiefeln. Die dunkelblaue Reiterjacke und der schwarze Reiterhelm rundeten mein Outfit ab.

„Du siehst spitze aus!“, sagte meine Freundin beeindruckt.

Ich lächelte verlegen.

„Und wie gefällt dir deine neue Reiterkleidung?“, wollte sie neugierig wissen.

„Sie ist der absolute Hammer! Vielen Dank!“

„Das freut mich Julia!“, antwortete meine Mutter glücklich. Mein Vater steckte beide Daumen in die Höhe und meinte

„Jetzt können die Ferien und der Reiterurlaub kommen.“ „Ja, das stimmt“, dachte ich überglücklich.

Am Abend schrieb ich noch Tagebuch:

Liebes Tagebuch, heute ist der beste Tag meines Lebens. Ich darf meinen Traum vom Reiten erfüllen und zwar in den Sommerferien mit meiner aller besten Freundin Sarah an der Ostsee! Cool oder? Wenn ich ehrlich bin kann ich´s noch nicht ganz fassen. Es ist einfach zu unglaublich. Ich freue mich auf jeden Fall schon riesig darauf! Hoffentlich gehen die Tage bis zu den Sommerferien schnell rum. Ich kann´s nämlich kaum erwarten.

Bis dann Tagebuch und bis morgen.

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