Читать книгу (UN)ENDLICH FREI - Karolin Meerle Schönemann - Страница 8
ОглавлениеKAPITEL 1
HEUTE SITZE ICH HIER
(Lauscha, 06.-09.07.2020)
Ich atme. Ich schließe die Augen und atme tief und langsam ein. Ich halte die Luft acht Sekunden an. Dann atme ich langsam und bewusst wieder aus. Alles durch die Nase. Ich öffne die Augen wieder. Jetzt lächle ich. Ich tippe gerade diese Zeilen hier in den Computer bei meinen Eltern zu Hause in Lauscha im Thüringer Wald. Ich bin seit etwas über einer Woche zurück von meiner „Welt“-Reise, die mich fast 20 Monate nach Teneriffa geführt hat.
Ich war heute Vormittag Quellwasser am Edelweißbrunnen holen und habe dabei, in einer Astgabel liegend, einen Wanderstein entdeckt, der während der Coronakrise entstanden ist. Corona hat so viele positive Dinge entstehen lassen. Dieser Stein ist ganz klar ein positives Resultat von Corona. Er ist wunderschön. Er trägt auf der Vorderseite neben einem Gemälde von drei Katzen, eine rot-getigerte, eine weiße und eine schwarze, den Spruch: „Change your perspective and you can discover new things.“ Und auf der Rückseite steht geschrieben: „#TH Steine ,Lauscha‘ Ich bin ein Wanderstein. Nimm mich ein Stück mit und poste mich in facebook.“ Das ist eine tolle Idee. Ich nahm den Guten also mit, machte ein Foto von ihm in unserem heimischen Garten und postete es auf meinem Facebook-Profil. Und ein paar Stunden später entdeckte die Schöpferin dieses kostbaren Gutes ihren Stein in diesem sozialen Netzwerk und freute sich natürlich wahnsinnig, dass wieder einmal einer ihrer Werke entdeckt wurde und so weiterwandern durfte. Mein Gedanke ist, ihn als Begleiter ein Stück auf meinen Weg mitzunehmen.
Meine Mutti kocht gerade Wasser in der Küche auf. Sie kocht sich einen Tee. Und dann schneidet sie mir Wassermelone mit auf. Die kommt, glaube ich, von Spanien. Das ist noch okay für mich. Ich bin ja gerade erst zurück aus diesem Land. Also darf sich mein Körpersystem noch langsam Schritt für Schritt an unser regionales Angebot anpassen. Das kann ich auch nur langsam, denn hier im Thüringer Wald ist gerade jetzt das heimische Obstangebot sehr, sehr begrenzt. Auf Teneriffa hatte ich da eine riesige Auswahl und habe mich dementsprechend fast nur von Obst ernährt. Ich aß letztens noch die sogenannten Platanos1, Papayas, Granatäpfel, Landgurken und Orangen sowie natürlich die megaleckeren und süßen Ananas von El Hierro.
Und jetzt knappere ich nebenbei Studentenfutter … Na ja, darf auch mal sein. Sonst bin ich ja gerne voll im Bewusstsein des schönen Spruches: „Wenn ich esse, dann esse ich. Wenn ich laufe, dann laufe ich. Wenn ich schreibe, dann schreibe ich.“ Aber wie lautet die andere Lebensweisheit so schön: „Ausnahmen bestätigen die Regel.“ Und außerdem: „Am giftigsten wirkt alles, was ich mir verbiete.“
Ich bin ein bisschen müde. Das liegt wohl wie immer alles an einer Kombination aus vielen verschiedenen Faktoren. Erstens schlafe ich seit einigen Nächten wieder vollkommen alleine. Dann schlafe ich drinnen nur mit einem kleinen, aber voll geöffneten Fenster im Zimmer. Außerdem war ich die letzten Nächte lange wach; bin also erst spät ins Bett gefallen. Zudem aß ich jeden letzten Abend Brot mit Gluten, jedoch das Dinkelvollkornbrot schmeckt einfach so lecker. Zu guter Letzt halte ich mich wieder jeden Tag länger am PC auf und verbringe im Allgemeinen viel mehr Zeit drinnen als das noch der Fall auf Teneriffa war. Dort war ich eigentlich stets und ständig draußen. Nur nachts zum Schlafen habe ich drinnen im Bett mit meinem Liebsten gelegen – allerdings auch hier bei voll geöffneten Fenstern und einem magischem Blick aufs Meer.
Jetzt in diesem Moment sehe ich die Fichten beim Blick aus dem Fenster. Es ist bewölkt, aber die Außentemperatur ist sehr angenehm. Gerne würde ich jetzt draußen mit einem Laptop sitzen. Den habe ich indes nicht. Also sitze ich eben drinnen und schaue nur raus. Das ist auch okay. Ich nutze immer die Ressourcen, die ich gerade zur Verfügung habe. Wahrscheinlich wäre hingegen das Draußensitzen echt geiler, dann würde ich wohl auch nebenbei nichts knabbern. Na ja, wer weiß …
Auf jeden Fall habe ich kein Handy mehr. Im September 2019 warf ich es zusammen mit meinen letzten Errungenschaften, die mich im System hielten, wie meiner EC-Karte, weg. Und heute kann ich sagen, es lebt sich für mich handyfrei echt gut.
Ich habe einen Lebenspartner. Ich bin ihm sehr dankbar – zum einen, einfach für sein Sein, zum anderen natürlich für alles, was er mir gibt, was er mit mir erlebt und ich durch ihn. Er ist und war ein sehr großer Lehrmeister für mich in den verschiedensten Bereichen. Bisher habe ich so vieles durch ihn lernen dürfen – vor allem, einen Menschen einfach sein lassen. Ich ernähre mich zum größten Teil vegan, nehme keine Drogen, rauche nicht und trinke keinen Alkohol. Vor langer Zeit hatte ich mir mal gesagt: „Nie wieder werde ich in einer Beziehung sein mit jemandem, der Drogen nimmt, der raucht, der sich von allem ernährt und dazu noch kifft.“ Und was ist passiert?
Fabian trat im Juli 2019, während ich gerade eine Villa namens „Haus der Klarheit“ auf Teneriffa verwaltet und in dieser Zeit dort viele liebe Gäste empfangen habe, als mein erster Workawayler in mein Leben. Ich spürte von Anfang an, schon beim ersten schriftlichen Kontakt mit ihm über E-Mail, dass da mehr ist. Ich wusste und konnte es damals noch nicht fassen, was dieses „Mehr“ ist. Also holte ich ihn bei seiner letzten Workaway-Stelle auf Teneriffa voller Vorfreude ab und ließ alles einfach mal fließen. Meine Intention war es, nichts zu erzwingen und vor allem wollte ich mich nicht wieder nur in eine Charaktereigenschaft meines Gegenübers verlieben, die ich selbst noch nicht in mir geheilt hatte und noch nicht lebte sowie daher nur in meinem Gegenpart entdecken und durch ihn leben konnte.
Wie mir Fabian im Nachhinein sagte, spürte er in den ersten beiden Tagen eine sexuelle Anziehung zwischen uns beiden, nahm das aber einfach hin und machte außer ein paar Andeutungen und Neckereien nichts dergleichen, um mich wie viele andere Männer „rumzukriegen“. Gerne erzähle ich an dieser Stelle von einem passenden Ereignis, was einmal stattfand, als wir vom Baden im Meer zurück in die Villa kamen. Fabian fragte mich grinsend: „Willst du zuerst duschen oder ich? Wir können natürlich auch zusammen duschen. Aber du duscht ja kalt und ich nicht!“ Ich glaube, ich bin während dieser anzüglichen Worte rot geworden, zumindest hatte ich das Gefühl und antwortete flüchtig: „Du kannst zuerst duschen.“ Jedoch durch den Kopf schoss mir natürlich damals: Oh, wie gerne möchte ich mit dir duschen, aber das geht echt nicht, weil ich nur noch kalt duschen will und du nicht.
In jenen Tagen sträubte ich mich noch dagegen, offen für wirklich alles zu sein. Die Zeit war allerdings eben auch noch nicht reif dafür. Alles hatte, wie immer, seinen tiefen Sinn und durfte in seiner Geschwindigkeit entstehen und sich entwickeln.
Dann am letzten Tag, bevor Fabian Teneriffa nach Gran Canaria verließ – es war der 10.08.2019 – fuhren wir mit Kirsten zum Flughafen, um ihren Ziehsohn Stephan abzuholen. Kirsten und Stephan wollten ein paar Stunden in der bunten Touristen- und Hippiestadt El Medano verbringen. Fabian und ich fuhren sie also an diesen Platz und machten uns dann glücklich auf den Weg zu einem nahe gelegenen Sandstrand. 17 Uhr hatten wir mit Kirsten vereinbart, sie wieder in El Medano abzuholen. Wir genossen beide den Strand und machten uns rechtzeitig auf den Weg zurück zum Auto. Die Strecke zum Parkplatz zog sich doch etwas länger als erwartet hin und so wollte ich, beim Auto angekommen, Kirsten kurz schreiben, dass wir gleich da sind. Im Moment des Verfassens der Nachricht zog sich Fabian mit dem Rücken zu mir stehend gerade neben mir um. Dieses Mal aber ließ er sein Handtuch plötzlich über seinen Arsch nach unten fallen und sagte ganz offen und direkt zu mir: „Na, willst du mal drauf hauen?“ Das tat ich natürlich und, wie immer in solchen Situationen, wurde mir ziemlich warm. Kurz darauf erhielt ich von Kirsten ihre Reaktion auf meine Mail: „Ihr seid gleich warm? Was meinst du denn damit?“ Ich musste so lachen und hatte doch tatsächlich statt: „Wir sind gleich DA“ geschrieben: „Wir sind gleich WARM“. Na ja, nach dieser witzigen Situation setzten wir uns dann ins Auto, holten die beiden von El Medano ab und fuhren nach Hause in die Villa zurück. Nun, dies war der letzte Abend von Fabian hier bei mir. Und ich dachte mir: Entweder heute oder nie mehr.
Stephan und Fabian verstanden sich blendend. Sie teilten auch ein gemeinsames Hobby: das Kiffen. Also saßen die beiden zusammen draußen, irgendwo in der Weite unseres Palmengartens, und unterhielten sich über Gott und die Welt. Ich schrieb Fabian eine Nachricht: „Also, wenn du noch Bock hast, kannst du gerne noch zu mir ins Zimmer zum Quatschen kommen.“ „Gerne, aber noch sitze ich mit Stephan draußen.“ Irgendwann habe ich dann die Hoffnung aufgegeben, dass Fabian noch zu mir kommt, schickte ihm nur noch einen Internettext, der sich mit der Fledermaus als Botentier beschäftigt, da wir eine auf dem Teide bei unserem Nachtausflug am 07.08. gesehen hatten, und genau in dem Moment stand er plötzlich draußen neben meinem Fenster: „Hä, was soll ich denn damit anfangen?“, fragte er verblüfft in Bezug auf den Fledermaustext. „Na, wir haben doch die Fledermaus oben auf dem Teide gesehen und damals habe ich dir gesagt: „Wow, die Fledermaus ist ein starker Bote dafür, dass sich dein Leben komplett verändern wird“, erwiderte ich kompetent, wonach er, sehr gespannt auf den Abend, zu mir meinte: „Ah okay, ich komme mal rein zu dir.“
Er legte sich neben mich aufs Bett und sprach äußerst emotional: „Boa, hätte ich gewusst, dass es hier oben so schön ist, dann hätte ich von Anfang an hier geschlafen.“ Meine Matratze war wohl bequemer, der Ausblick viel geiler und im Allgemeinen lag mein Zimmer damals separiert von den Räumen aller anderer: damit hatte ich immer Ruhe um mich. „Na ja, jetzt bist du ja hier und du kannst ja deine letzte Nacht hier verbringen“, entgegnete ich hoffnungsvoll. Nachdem wir uns dann gefühlt ewig unterhalten hatten, küssten wir uns endlich. Mein Herz war so erleichtert und freudig. Wir schliefen danach sogar zum ersten Mal miteinander. Aber alles wirkte noch irgendwie unrhythmisch und ein wenig außer der Form. Na ja, ich hatte auch, seitdem ich auf Teneriffa gelandet war, – am 02.11.2018 – keinen Sex mehr gehabt, geschweige denn, einen Mann geküsst. Für mich fühlte es sich so an, als ob ich noch einmal komplett bei Null anfangen würde. Fabian hatte mir auch einmal Ende Juli 2019 gesagt, im Moment, da ich ihm von meinem Leben vor und auf Teneriffa berichtete: „Dann hast du dir jetzt also einen Keuschheitsgürtel angelegt?“
Ja, das war also unsere erste gemeinsame Nacht und sollte zudem erst einmal die letzte gewesen sein für das Jahr 2019.
Fabian fuhr am 11.08.2019 mit der Fähre nach Gran Canaria und arbeitete dort als Workawayler bei diversen Hostels, gestaltete unter anderen hölzerne Sonnenschutzkonstruktionen und Co. und bereicherte die lieben Hostelmenschen auch sonst so mit seinen handwerklichen Fähigkeiten.
Und ich? Ich verwaltete meine Villa in La Matanza weiterhin. Allerdings nur noch kurzzeitig, bis ich am 09.09.2019 das Haus verließ, mein Handy wegwarf und mich mit sehr leichtem Gepäck auf den Fußweg vom Norden Teneriffas in den Süden machte. Mein stetiger Begleiter war meine mal mehr, mal weniger vorhandene Gewissheit, dass ich Fabian im richtigen Augenblick wieder an meiner Seite haben werde. Ich wusste die ganze Zeit, nur denjenigen, welchen ich frei lasse, den kann ich auch wieder erhalten. Aber dennoch war das jetzt mit Fabian eine ganz andere Nummer als vorher mit Freunden, selbst mit meinen Eltern fiel mir diese Loslass-Nummer leichter. Schließlich habe ich ihm auch immer nur ganz sporadisch ab und an mal mitgeteilt, wo ich mich gerade aufhalte. Ich schrieb zwischen September 2019 und Februar 2020 nur ein paar Mal meiner Schwester, welche mich mit ihrem Partner im Juli 2019 auf der Insel besuchte, und Fabian, wo ich mich gerade auf Teneriffa aufhalte.
Aber mein Plan ging genauso auf, wie ich es mir immer und immer wieder in meinen Gedanken und Gefühlen ausgemalt sowie mir meine Intuition ja auch von Anfang an gesagt hatte … Und so stand am Ende Fabian an einem Mittwochabend Mitte Februar 2020 erneut vor mir und zwar genau an dem Ort, an dem wir beide auch im Jahr vorher schon gemeinsam viel Zeit miteinander verbracht hatten – in der Villa, im „Haus der Klarheit“. Oder wie Fabian und ich stets so schön sagten: „im Haus der ungeklärten Verhältnisse“. Das traf den Nagel auf den Kopf, denn irgendwie lebte jeder, der hier aus- und einging, in unklaren Verhältnissen. Sei es zu einem Menschen, sei es in seiner Wohnsituation oder im Verhältnis zu sich selbst. Bis kurz vor meiner Abreise am 28.06.2020 war auch die Beziehung zwischen Fabian und mir immer wieder von Unklarheiten hin- und hergerissen. Zwischendurch ignorierten wir uns sogar fast gänzlich, betrachteten uns als gute Freunde und blühten dann doch als wahre, gegenseitig Liebende auf. Doch das war ein Weg … und was für einer … und vor allem, mit welch wundervollen Erfahrungen und Lernprozessen verbunden.
Als ich nun endlich beschloss, dieses Buch zu verfassen, hatte ich, neben anderem, als erstes im Kopf, unsere Liebesgeschichte niederzuschreiben. Unser Zusammenwachsen ist für mich noch so einzigartig, dass ich diese – unsere – Story unbedingt mit ganz vielen Menschen teilen möchte. Denn es ist eine Romanze des wahren Freilassens, eine Geschichte göttlicher Sexualität und Ekstase sowie des wahren, bedingungslosen Liebens, Gebens und Annehmens. Doch dann überkamen mich Zweifel; auch hatte ich plötzlich nicht mehr so richtig Lust, alles in Wort und Schrift zu packen. „Oh“, dachte ich mir nachdenklich: „Warum mache ich es mir wieder so umständlich? Im Grunde habe ich mein Buch doch schon fertig geschrieben. Alle Blogbeiträge stehen, nur ein bisschen was muss ich noch ergänzen. Die ganze Geschichte mit Fabian aufschreiben, das wird echt ganz schön aufwendig.“
Doch das ist doch Quatsch. Ich habe unsere Geschichte immer mal stückchenweise verschiedenen Menschen erzählt, einige haben sie live miterlebt oder zumindest am Rande mitbekommen. „Der Körper ist träge“, waren meine Gedanken dazu. Mir wurde währenddessen klar, welch eine Freude und Heilung ich allen bringen kann, die dieses – unseres – Buch lesen und meine Motivation kehrte zurück … Es gibt Dinge, die sind so heilsam. Also erzähle ich euch jetzt mal unsere Geschichte ab diesem speziellen Mittwochabend im Februar 2020, an dem Fabian plötzlich nochmals vor mir stand. Oder nein, lasst mich kurz davor beginnen. Denn auf welche Weise fand mich Fabian wieder?
Ich ging, nachdem ich am 09.09.2019 die Villa zu Fuß verlassen hatte, zunächst für ein paar Tage erneut zurück nach El Medano – an den Ort, den ich liebevoll meinen Reset – oder Neustart-Ort nenne. Dieses ehemalige Fischerdorf diente mir in meinen fast 20 Monaten auf Teneriffa immer als Ort des Neuanfangs. So fühlte ich mich nach jedem Besuch von El Medano so, als ob ich neu beginnen würde, quasi wie neu geboren. Einmal, es war Ende März 2019, verbrachte ich hier fünf Tage entspannt an einem kleinen Strand und aß und trank nichts. Danach wanderte ich gestärkt aufgrund dieser krassen Reinigung durch die Berge und gelangte schlussendlich per Anhalter und Bus in den Norden der Insel, welcher mich mit saftigem Grün und Dauerregen empfing. Nach 5-monatigem Aufenthalt im staubigen, kargen und trockenen Süden Teneriffas war das eine echte Wohltat.
Von El Medano aus ging ich Ende September 2019 wieder zurück nach La Caleta, in meine Aussteigerbarrancos, und lebte dort bis Anfang Januar 2020. Im Anschluss trampte ich zurück in den Norden nach La Orotava zu einer guten Freundin namens Jessica, bei der ich bis zum 30.01.2020 blieb. Ich verließ sie und ihre Familie dann aber an dem Morgen dieses Tages Hals über Kopf. Aufgrund meines stürmischen Weggangs, der einer Flucht glich, trug ich lediglich ein Kleid, ein Tuch und meine Trinkflasche bei mir und zog so einfach los in die Berge, ohne ein Wort des Abschieds. Wir hatten uns nicht verstritten, jedoch war mittlerweile die Beziehung zwischen uns prekär geworden, woraufhin ich wie ein kleines bockiges Kind reagierte und mal wieder vor der Situation, vor mir und allem, was damit zutun hatte, flüchtete. Auf jeden Fall gelangte ich – nach einer Nacht heimlich in einem bewärmten Abstellraum eines Hotels schlafend – zu der Lösung, doch einfach wieder ins „Haus der Klarheit“ zurückzugehen. Dieses wurde gerade von einer Sonja, die ich eben damals noch nicht gekannt habe, verwaltet, wie ich kurz vorher von Jessica erfahren hatte. Ich hatte, als Kirsten noch die Verwaltung der Villa übernahm, von ihr die herzliche Einladung erhalten, sehr gerne immer bei ihr vorbeikommen zu dürfen. Doch Sonja kannte ich zu dem damaligen Zeitpunkt noch nicht. Wie würde sie reagieren, wenn ich vor ihrer Haustür auftauchen würde? Ich vertraute einfach meinem Gefühl, das mir sagte: Sie ist eine ganz Liebe und wird dich ebenso herzlich willkommen heißen. Und was konnte schon mehr passieren, als ein: „Nein, ich möchte nicht, dass du hier bist.“ zu empfangen. Nichts! Also fuhr ich per Anhalter nach La Matanza und stand vor der Tür der Villa. Sonja empfing mich dort von ganzem Herzen und nahm mich auf wie ihre eigene jüngere Schwester. Ich fühlte mich unbeschreiblich wohl an ihrer Seite. Wie oft haben wir doch Angst, vor Dingen, die nie eintreten werden, und dann am Ende sogar noch viel, viel besser werden, als wir sie uns jemals ausgemalt haben?
Tatsächlich hielt ich mich ab dem 31.01. bei Sonja in der Villa auf. Eines schönes Tages Anfang Februar, ich war gerade draußen im Garten am Unkrautjäten, kam sie mit ihrem Handy zu mir und sagte, Fabian ist am Telefon. Wow, ich hatte Schmetterlinge im Bauch. „Hi“, sagte ich aufgeregt. „Hi. Mann, es war echt schwer, dich zu finden“, sprach Fabian leicht erregt. „Jetzt hast du mich ja gefunden. Das ist die Hauptsache. Die Vergangenheit ist doch egal. Du weißt doch, es gibt nur das Jetzt. Und jetzt weißt du, wo ich bin!“, äußerte ich nun ruhiger werdend. „Ich bin gerade in Abades und will noch ein paar Tage nach La Caleta. Und dann würde ich gerne zu dir kommen. Bist du dann noch in der Villa?“, fragte Fabian neugierig.
„Ich bleibe hier, bis du bei mir bist. Ich laufe jetzt nicht mehr vor dir weg.“, entgegnete ich völlig entschlossen. Fabian fragte daraufhin, vielleicht etwas irritiert: „Bist du denn vorher vor mir weggelaufen?“ Und ich antwortete ehrlich: „Ja, irgendwie schon. Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr.“
Ja, danach tauchte er, so wie auch ich es in letzter Zeit immer gehandhabt habe, einfach so Mitte Februar vor unseren Pforten auf. Ich war unendlich glücklich, ihn endlich wieder bei mir zu wissen. Damals blieb er nur eine Nacht, in der wir viel miteinander erzählten und erst früh morgens Schlaf fanden. Miteinander geschlafen haben wir indes nicht. Wir küssten uns lange sowie intensiv und irgendwann sagte Fabian: „Es tut mir leid, aber irgendwie kann ich nicht.“ Ich reagierte zunächst mit meinem routinierten Worten: „Das muss dir nicht leidtun und du brauchst dich niemals für etwas zu entschuldigen“ und dann sagte ich noch etwas für ihn und mich sehr Wichtiges: „Ich möchte auch gar nicht mit dir schlafen. Ich möchte einfach nur, dass du bei mir bist.“
Nach dieser Nacht ging für ihn seine Reise erneut nach La Caleta, wo sein Kumpel Christian auf ihn wartete. Aber schon eine Woche später kam er, diesen Freund im Schlepptau ziehend, zurück zu mir nach La Matanza. Irgendwie war die Situation damals ein bisschen skurril. Fabian und Christian nutzten die Villa sozusagen als Übernachtungsmöglichkeit, da sie im nahe gelegenen Santa Cruz den Karneval besuchten. Dementsprechend tranken die Jungs bei uns Wein sowie Bier und Fabian kiffte in alter Manier. Eines Abends, wir saßen zu viert zusammen im Wohnzimmer, entbrannte ein Gespräch über alte Saufgelage. Ich verabschiedete mich aus der Runde mit den folgenden Worten an Sonja gerichtet: „Irgendwie fühle ich mich gerade wie im falschen Film.“ Ich drückte Sonja und ignorierte die Jungs. Christian sagte noch: „Gute Nacht Karolin.“ Ich sprach ruhig: „Gute Nacht Christian.“ Dann stapfte ich in mein Zimmer und legte mich ins Bett. Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob ich in dieser Nacht noch mit Fabian sprach oder ob ich bereits schlief, als er zu mir ins Bett kam. Ich war nicht sauer. Ich war auch nicht enttäuscht. Ich war einfach nur verwirrt und äußerte wohl auch genervt den Satz mir selbst gegenüber: „Oh Mann, wie glücklich war ich, als ich nur für mich alleine war.“ Doch eben das ist es … Klar, als Einsiedler kann ich zwar vollkommen in Glückseligkeit mit mir und der Natur schwelgen, doch wir Menschen sind soziale Wesen und gerade in Liebesbeziehungen wird es uns ermöglicht, so viel zu lernen und so viel zu heilen. Nur dürfen wir das erst einmal bewusst erkennen und dann auch nach dieser Erkenntnis handeln.
Nachdem der Karneval vorbei war und auch Calima, der über die Karnevalstage ordentlich eingesetzt hatte und so stark wie seit zwanzig Jahren nicht mehr über die kanarischen Inseln fegte, machten sich die Jungs wieder auf den Weg zurück nach La Caleta. Als sich Fabian von mir verabschiedete, sagte ich nur: „Na mal schauen, wo und wann wir uns wiedersehen.“ Mit diesen Worten ging er. Ich wusste nichts Besseres zu sagen. Noch im Unklaren über meine Gefühle seiend, konnte und wollte ich damals nicht meine Verletzlichkeit über diese merkwürdige Lage zugeben. Zudem war mir bewusst, wie immer, dass im Endeffekt alles Themen meiner Selbst sind. Bevor ich Fabian, und damit auch mich, durch irgendwelche Vorwürfe angehen und verletzen würde, gab ich lieber eine solche schwammige, nichts sagende Floskel von mir. Dann kam es aber so, dass Sonja, eine weitere Freundin und ich einen Tag nach La Caleta an den Strand wollten. So beschloss ich für mich, danach ein paar Tage bei Fabian zu bleiben. Zwei Nächte verweilte ich dort und es war gut so. Es löste etwas. Tagsüber machte jeder so Seins. Nur die Nächte verbrachten wir zwei so wirklich zusammen und kamen dem Anderen hier auch wieder körperlich näher. Zumindest küssten wir uns aufs Neue intensiv und kuschelten uns aneinander. Als wir dieses Mal Abschied von unserem Gegenüber nahmen, drückten wir uns fest und ich sagte in tiefer Dankbarkeit zu ihm: „Du weißt, du bist immer herzlich willkommen bei uns in der Villa. Ich freue mich immer, wenn du mich besuchen kommst.“ Daraufhin erwiderte er ebenso dankbar: „Ja, ich werde bald wieder zu dir kommen.“
Und er ließ seinen Worten auch bald wahrhaftige Taten folgen. Eine Woche nach dem Abschied in La Caleta stand Fabian wieder bei mir und wir konnten nun auch endlich wieder miteinander schlafen. Vorher war es nicht nur unmöglich, ich wollte es auch nicht. Einmal später, es muss so Ende März gewesen sein, lagen wir abends im Bett, küssten uns und Fabian wollte in mich eindringen. Doch noch bevor er überhaupt einen richtigen Versuch startete, sagte ich zu ihm: „Du brauchst es erst gar nicht zu probieren. Es wird nicht klappen.“ Er fragte nur verwundert: „Warum? Was ist los? Ich möchte so gerne mit dir schlafen. Hast du keine Lust?“ Ich erwiderte leicht traurig: „Ich möchte auch total gerne mit dir schlafen, aber irgendwas an mir, möchte es wohl nicht. Du merkst ja, dass ich trocken bin. Das ist ja nicht nur ein eindeutiges Zeichen, sondern macht es einfach auch unmöglich.“ Fabian meinte daraufhin scherzend zu mir: „Wir können ja Aloe Vera nehmen.“ Und ich entgegnete kurz: „Also echt? Nein.“ Dann nach kurzem Schweigen fragte mich Fabian, mithilfe folgender Aussage: „Du würdest niemals mit mir schlafen, wenn du es nicht willst?“ „Nein, ich werde immer nur mit dir schlafen, wenn ich es wirklich will. Du wirst es niemals erleben, dass ich ,nur‘ so mit dir schlafe. Ich will dich lieben. Und das immer.“
Dank Corona übernahm Fabian auch ab Mitte März die Verwaltung der Villa, nachdem Sonja nach Deutschland zurückgereist war. Jetzt waren er und ich also am selben Ort zusammen und das fast 24 Stunden, sieben Tage die Woche. Das bedeutete viel Zeit zum Sich-Begegnen.
Doch wie ist das mit den Plänen im Leben: „Pläne sind dazu da, damit das Leben dazwischen kommt.“ Es war ein Hin und Her sowie ein Auf und Ab zwischen uns, und schließlich beschlossen wir mehr oder weniger in getrennten Zimmern zu schlafen und nur noch wie Freunde miteinander zu verkehren, wobei diese Freundschaft und ihre Kommunikation teils aus nicht mehr als einem „Guten Morgen“ und „Gute Nacht“ bestand.
Wir teilten uns ein Bett bis zum 31.03. In der Nacht auf den besagten Tag hatten Fabian und ich einige Kontroversen. Im Großen und Ganzen lief zwar alles ruhig ab, aber am Ende entschied sich Fabian dazu, mitten in der Nacht aus dem Zimmer zu gehen und wollte eigentlich mit einer Flasche Wein alleine in einen Barranco zum Nachdenken gehen, wie er sagte. Dort jedoch kam er niemals an … Er kiffte stattdessen einen und schlief dann unten im Wohnzimmer auf dem Sofa mit unserem liebsten Kater Joshi ein. Na ja, was mich anbelangte: ich dachte damals noch viel nach und beschloss daraufhin früh morgens des besagten Tages etwas, was ich schon seit längerer Zeit vorhatte: Mir die Haare abzurasieren … Und dieses Vorhaben setzte ich auch schnellstmöglich nach dem Aufstehen in die Tat um. Frisch geschoren aus dem Bad kommend, erblickte mich Fabian und erlitt sichtlich einen Schock: „Nein, das ist nicht wahr! Oh mein Gott, warum hast du das denn gemacht?“, fragte er recht abwertend. „Weil ich’s kann!“, entgegnete ich nicht weniger gekränkt, aber natürlich in einer überspielt fröhlich, lächerlich klingenden Tonart. Dieser Akt war für Fabian gewiss eine immense seelische Erschütterung; darüber hinaus war jedoch die Tatsache schlimmer, dass er nicht wusste, warum ich das getan hatte und sich damit unbewusst die Schuld für mein Tun gab. Er musste weg, um Abstand zu dieser Situation und zu mir zu gewinnen. Das war klar und verständlich. Am 01.04. fuhren die beiden Jungs für eine Woche nach La Caleta. Christian umarmte mich zum Abschied. Für ihn war es auch irgendwie cool, was ich da gemacht hatte. Zumindest sagte er das und machte zudem einen sehr lockeren Eindruck, als er mir über meinen kahlen Kopf fuhr: „Ich wusste, dass du das tun würdest!“, sagte er lächelnd. Fabian drückte mich nicht zum Abschied. Er sagte nur mehr anstandshalber: „Tschüss.“ Hingegen würdigte er mich nur mit einem kurzen Blick. In diesem Moment war das für mich okay. Schließlich hatte ich mir das selbst eingebrockt und konnte nun die Konsequenzen meines Verhaltens tragen. Nachdem die beiden wieder zurückkamen, besuchte mich noch am selben Abend vor Sonnenuntergang Fabian in meinem Zimmer und bat um eine Aussprache. Er fragte mich erneut: „Warum hast du dir die Haare abrasiert?“ Ich antwortete nun umfangreich zum Thema, da ich ja genug Zeit gehabt hatte, mir über die Motive meines Handelns bewusst zu werden und sie in Worte hinein zu geleiten. So spüre ich mittlerweile eine Art Klarheit, dass es mir oft im Leben so ergeht: Erst handle ich und später werde ich mir mehr und mehr bewusst, warum ich Etwas auf diese Weise getan habe. So sagte ich ihm folgendes: „Weißt du, für mich sind meine Kopfhaare ganz eng verknüpft mit meiner Geschichte. So viele Menschen haben sie schon in der Vergangenheit berührt. So viele Menschen, die ich nicht mochte, die mich verletzt haben, die ich verletzt habe. Ich hatte den Gedanken, mir meine Haare einmal komplett abzurasieren schon lange. Ich wollte mich von all diesen alten, unschönen, unsauberen Energien befreien, mich reinigen. Das war einer der Hauptgründe. Ich fühle mich wieder wie ein Neugeborenes und dieses Mal war ich die erste, die meinen Kopf und meine Haare berührt hat.“ Fabian schaute nun sehr erfreut aus und äußerte sich auch dementsprechend: „Oh, bin ich erleichtert. Ich dachte schon, du hättest das wegen mir getan. Weil du sauer auf mich warst und dich ‚rächen‘ wolltest.“ Lachend sagte ich: „Ach Fabian, du weißt doch. Ich mach alles immer nur wegen mir. Alles, was ich tue, wie ich reagiere, hat seinen Ursprung in mir. Keiner außer ich entscheide über mein Leben und meine Handlungen.“ Nun atmete er vollends friedvoll: „Weißt du, ich dachte auch, vielleicht willst du sehen, ob ich dich auch noch hübsch finde ohne Haare. Und ja, du bist immer noch so hübsch. Okay, mit Haaren gefällst du mir noch besser. Aber du bist einfach so hübsch. Dich entstellt nichts. Das kannst du nie ändern.“ Wir schliefen die Zeit danach einige weitere Nächte gemeinsam in einem Zimmer und Bett – bis sich unsere Wege erst einmal ein wenig trennen durften und sollten.
Auch diese Zeit war sehr ereignisreich und bescherte mir viele Lektionen, aber so richtig interessant wurde es wieder, besonders für euch liebe Leser, ab dem 31.05.2020.
In der Nacht auf diesen Pfingstsonntag übernachtete ich bei einem älteren Bekannten nicht weit von unserer Villa in La Matanza entfernt. Am Morgen schauten wir gemeinsam eine Pfingstrede eines modernen Gottesdienstes. Der Beitrag war sehr bewegend und berührte mich stark. Mir kullerten Tränen über die Wange. Im Anschluss buchte ich nun endlich meinen Flug zurück nach Deutschland. Mit meinem gedruckten Flugticket in der Hand machte ich mich wieder zurück auf den Heimweg. Zu Hause angekommen, berichtete ich voller Stolz und Vorfreude von meinem gebuchten Flug für den 28. Juni. Die Jungs waren auch freudig, schließlich wussten sie, dass es mein tiefster Herzenswunsch war, wieder in meine Heimat, nach Deutschland, zurückzukehren. Bis zu diesem Abend schliefen Fabian und ich in getrennten Zimmern. In den letzten Tagen unterhielten wir uns zwar wieder etwas intensiver tagsüber, aber sonst war unser Kontakt sehr begrenzt. Und nun sagte Fabian am Abend des 31.05. zu mir: „Mir fehlen unsere Bettgespräche.“ Ich erwiderte, schon sehr fröhlich, aber ruhig: „Auf diesen Moment habe ich schon lange gewartet. Auch ich vermisse unsere Bettgespräche. Ich vermisse es, auf deiner Brust zu liegen und dich zu streicheln. Die ganze Zeit über habe ich auf diesen Moment gewartet, in dem du von dir aus auf mich zukommst. Du warst immer herzlich willkommen bei mir. Das weißt du. Ich habe schon immer auf dich gewartet. Doch ich wollte dich nie bedrängen. Ich wollte dir immer deine Freiheit lassen; dich immer frei entscheiden lassen, zu mir zu kommen oder nicht. Und jetzt ist es so weit. Oh Gott, ich freue mich so sehr. Ich schlafe heute Nacht wieder bei dir.“
Und damit begann doch tatsächlich eine Serie von 28 aufeinander folgenden Nächten, die ich an Fabians Seite schlief – Nacht für Nacht. In der ersten dieser Nächte führten wir natürlich ein fast unendlich langes Gespräch, schließlich hatten wir ja jetzt schon gut sechs Wochen nicht mehr so intensiv miteinander gesprochen. Wir redeten über alles, was uns so in den letzten sechs Wochen beschäftigt hatte und dann sagte Fabian hoffnungsvoll: „Na vielleicht geht dein Flugzeug am 28. auch gar nicht oder du verpasst es.“ Ich antwortete ihm: „Ah, nein. Du weißt, es ist mein tiefster Wunsch, nach Deutschland zurück zu kommen. Ich bin so gerne bei dir, aber du kannst ja jederzeit nach Deutschland. Mir ist das nur kurzzeitig möglich, dann läuft mein Ausweis wieder ab. Weißt du, dieses Mal kann ich zu dir sagen: ,Komm doch mit mir mit. Ich packe dich einfach in meinen Rucksack ein.‘“
Ihr müsst wissen, dass ich im Dezember 2018 meinen Reisepass in die Papiertonne geworfen habe und seither keinen Ausweis mehr hatte, im physischen Sinne, im System ist natürlich alles noch immer erfasst. Um zurück nach Deutschland mit dem Flugzeug reisen zu können, musste ich also wieder diese Papiere erstellen lassen. Das tat ich auch. Ich erhielt am 03.06.2020 einen vorübergehenden Reiseausweis als Passersatz, der nur 30 Tage gültig war. Für mich grenzte dieses wieder innehaben von Reisedokumenten an ein Wunder. Endlich hatte ich wieder in unserem System diese Reisefreiheit erreicht, die ich mir vorher freiwillig genommen hatte.
Da ich nicht will, liebe Leser, dass euch langweilig wird, werde ich jetzt nur noch von einer Nacht mit Fabian berichten. In den 28 Nächten gab es nämlich eine ganz besondere. Jede Nacht ist natürlich besonders und einzigartig. Doch manche sind es eben auf eine ganz spezielle Art und Weise.
In der Nacht des 14.06. schliefen wir wieder miteinander, wie fast jede Nacht. Doch diese sexuelle Vereinigung war einfach fast unbeschreiblich. Irgendwann konnte ich meine Orgasmen einfach nicht mehr mitzählen. Die Intensität und Schnelligkeit waren für mich nicht nur eine freudige Überraschung, sondern brachten mich sogar irgendwann einfach nur noch zum Lachen. Noch nie vorher habe ich bei einem Orgasmus lachen müssen oder können. Es war einfach zu witzig. Es müssen wohl so 14 multiple Orgasmen gewesen sein, die meinen Körper durchfluteten. Ich war in vollkommener Ekstase. Ich habe schon viel über heilige, göttliche Sexualität gelesen und habe mit einem Exfreund Tao-Yoga praktiziert, aber solche Erlebnisse hatte ich noch nie zuvor erlebt … Vor allen Dingen nicht, diese auf so einfachem Weg zu erreichen. Ganz einfach, ohne beim Sexualakt irgendetwas zu wollen, zu denken oder zu erzwingen. Ich dachte in keinerlei Form daran, mit Fabian Tao-Yoga, Energieleiten oder Heilarbeit über unseren Sex etc. zu praktizieren. Es geschah einfach so … Das muss wirkliche, wahrhaftige heilige Sexualität sein, dachte ich und denke ich mir heute immer noch.
Kurz bevor ich am 28.06. Teneriffa Richtung Deutschland verließ, schliefen Fabian und ich nochmals miteinander. Nachdem ich einen ekstatischen Orgasmus erlebt hatte – und ich war mir in diesem Moment sicher, es war der letzte hier im Beisammensein mit Fabian – rollten mir Tränen über die Wangen. Irgendwie war ich natürlich fröhlich, bald nach Hause, nach Deutschland, zurückzukehren, jedoch in diesem Moment wurde mir so plötzlich bewusst, dass ich dafür nun Fabian erst einmal zurücklassen würde. Auch er fing plötzlich an, zu weinen. Ich hatte Fabian nur einmal vorher, nämlich drei Tage zuvor, kurz in meinen Armen weinen erlebt. Für mich war es extrem befreiend und erleichternd, zu erleben, wie sich Fabian mir gegenüber öffnen konnte. Tränen sind eine so tiefe Verbindung zu unserer Seele und es setzt ein solches Vertrauen voraus, sich einem anderen Menschen gegenüber auf diese Weise zu öffnen. Ich muss an dieser Stelle sogar sagen, dass ich mich echt mega gefreut habe, dass Fabian weint. Ich war auf mich stolz und auf ihn. Das war ein wahrer Durchbruch. Ich weiß, dass meine Reaktionen auf so manche menschliche Situationen für so manch einen skurril wirken. Daran darf sich niemand stören. Für mich sind Ereignisse, wie z.B. eine tiefe Depression, etwas sehr Positives, denn mein Grundsatz lautet: „Nur ein leeres Gefäß kann gefüllt werden.“ Und zwar gefüllt mit reinster Liebe … Wenn sich ein Todesfall ereignet, freue ich mich über dieses Geschehnis, weil wieder eine Seele den Weg zurück zu ihrer Heimat gefunden hat. Es hat einfach nur eine Transformation stattgefunden. Viele Menschen leben hier auf Erden ein Leben, ohne wirklich jemals gelebt zu haben. Für viele Seelen ist es daher tatsächlich eine Erlösung, wenn die menschliche Hülle stirbt, da sie deshalb erst einmal wieder frei sind und sich auf einen neuen Weg machen können. Das Leben ist wunderschön – wenn wir wahrhaftig leben.