Читать книгу Die Achatnen Kugeln - Kasimir Edschmid - Страница 4

Der erste Abschnitt

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Inhaltsverzeichnis

Der schlief mit einer Dänin mit gelbem Fjordhaar. Er lebte ruhig, stiller als Männer, die seinen Stand hatten. Er kannte keine anderen Frauen. War rundherum sicher, wußte, was er tat. Als der Bogen beendet, starb er mit gleicher Ruhe, wie er dagewesen. Sein Sohn glich ihm genau. Er hinkte mit dem linken Fuß, hatte blaue Augen zu dunklem Haar. Der Besitz wuchs, indem er ihn erhielt. Er hatte drei Söhne, einen erschlug der Blitz, der andere schoß sich vor den Kopf. Der Letzte blieb. Er spielte am Strand, war träumerisch und ernst. Sie lebten nach innen in der ganzen Linie. Nichts stieß sie aus dem Kreis heraus, den Landschaft, Erdgeruch, Besitztum um sie schlug. In der Pause erholte sich die Generation, schöpfte Atem, schluckte nach innen, in sich hinein.

Als Daisy die Mutter verließ, flaggten die Schuppen bis Quibec, pfiffen die Dampfer Schleifen und Spitzen bis zu den Großen Seen. Die Sonne schlug durch den Zenith. Am Abend starb die Mutter.

Der Vater trat ins Zimmer, duckte den Nacken etwas, schwieg. Schalen flammten in kurzer Nacht, umglänzten Daisys ersten Tag. Der vierte Vaudreuil nahm die Hand des Bischofs, es sprühte in besinnungsloser Trauer ihm das Gefühl der Ehre. Chorknaben durchsangen die Räume, schwenkten das Rauchfaß. Abordnungen des Hudson neigten das Kinn gegen die Brust. Im Fensterglas spiegelte ein Segler, der mit halbgehißter Fahne vom Ontario kreuzte. Nach dem Essen legte Vaudreuil die feine hart gebogene Hand auf die des Bischofs: „Sie irren, Eminenz, ich setze sie im Garten bei.“

Er stand am Fenster, sah, ungerührt, bewegungslos den Bischof hinabgehn, die Turbine des Motors schäumte weg von ihm, warf ihm Blasen, Wellen zurück. Abends kam für Daisy eine eingeborene Nurse. In der Nacht verbrannte er seine Frau im Garten. Die Nurse senkte die Gardinen. In der Dämmerung erst ging Vaudreuil zurück ins Haus. Abends trat er in ihr Zimmer. Als er die leere Bettfülle sah, den faden Geruch spürte, begriff er erst.

Blieb die Nacht wieder draußen, baute mit vier Gärtnern eine Hütte über der Asche. Jeder Windstoß erregte ihn. Morgens ging Brise. Die Angst wuchs, die Asche werde verweht. Sie war das Letzte. Von Montreal brachte der Bote den Wagen mittags. Brown, anglikanischer Pastor, sprach Gebete. Früher wagte Vaudreuil nicht, die Asche zu sammeln, so schmerzlich seinem Herz, das ohne schlagende Dränge nur Liebe kannte zu Respekt und Hergebrachtem, der Priester anderer Konfession war. Er trug die Vase selbst ins Zimmer, mit straffen Beinen. Dort fiel er zusammen, schlug die Arme auf den Tisch. Langsam, fest wuchs er in Stunden zurück, bis er senkrecht saß. Er würde weiter leben. Auferlegtes Werk weiter verwalten, dies Schicksal tragen, dieses und jenes, wie alles, das er, Erbe, trug. Doch ohne diese Frau, . . . er schloß die Augen.

Brown zog in die Familie ein. Vaudreuil band ihn an Haus, Besitz und Tätigkeit. Hätte ihn um sich gehalten, stänke er wie Aas, vergaß ihm das Gebet nicht. Nichts hätte dies zwischen ihnen herausgejagt. Doch Brown gewann nicht ganz Boden. Der Lebensschlag verwirrte ihn hier. Liebe aber wischte ihm das andere immer hinweg. Er sprach eckig, unfrei, seine Handgelenke, unter flatternden, fliehenden Manschetten, waren gerötet. Einmal erleichterte er sein Gewissen, schlug den Übertritt vor zu seiner Konfession, dies eine Mal gab Vaudreuil keine Antwort. Nichts war gesagt worden. Brown war es los.

Vaudreuil rief den Vorstand der achten Abteilung, zog aus den Akten ein Bündel, legte ein Papier auf: „Sie irrten.“ „Ich würde bedauern.“ Der junge Bursche trug den Fehler selbstbewußt.

„Sie haben zum zweitenmal geirrt.“

„Zu Ihrem Vorteil.“

„Das spielt keine Rolle. Das dritte Mal entlasse ich Sie, so sehr Ihr Eifer anerkannt wird.“ Er drehte sich um. Der Vorstand trat vor, bleich, einen Zahn in der Lippe. Vaudreuil nickte über die Schulter, der ging, errötete vor Freude. Die Ledertür fiel. Vaudreuil senkte sein Gesicht. Das Gehaltene verließ ihn, die Augen sahen durch die Papiere, Holz, Wand. Er ging in den Garten. Jeden Tag ward die Frist größer, die er blieb, die Intensität erschreckender, mit der er die Arbeit zusammendrängte, durchfuhr. Brown sprang ein, wagte es (was allein er konnte), legte die Hand auf seine Schulter, schlug einen Wechsel vor, des Wohnorts, der Luft. Vaudreuil schüttelte es ab. Generationen hatten hier gelebt. Er blieb. Brown deutete den Kiesweg runter, wo die Nurse das Kind heraufschob. „Es handelt sich nicht um Sie.“ Vaudreuil erblaßte etwas, er erkannte. Schwankte, ohne zu zeigen, was vorging, einige Tage. Dann entschloß er, ging aufs Ganze. Teilte; arrangierte die Übersiedlung zu den Ottava-Mühlen. Nachts schlief er am Lorenz, war sein Plan. Morgens fuhr er im Auto zum anderen Stromhaus, abends wieder zurück. Er hielt auseinander. Da starb die Frau. Dort lag sein Werk. So hielt er Gleichgewicht, indem er nicht mischte.

Brown nickte in der Sitzung: „Sie bleiben auf eignem Boden.“ Der Vorsteher der Büros zog zwei Kreise, die sich durchbohrten: „Der Schwerpunkt der Affären fällt nach Westen“. Nickte. War Franzose, der Plan war sein alter Plan. „Es geht um die Gesundheit, Fidley. Zaudern Sie nicht, das zu begreifen,“ sagte Vaudreuil.

Mittags fuhren sie im Auto den Lorenz hinauf, folgten ihm in Launen, Schlägen, Schnellen. Der Wald war dicht voll Saft, Sonne spielte in fetter Luft. Vögel schrieen. Schlugen hämmernd hinaus in Weizenebenen. Kühe tollten unter Bäumen, grad gesetzt, trächtig von Frucht. Blauer Himmel stieg vom Waldblock herauf, überflog sich taumelnd. Die Nurse saß neben Daisy. Der Wagen schwenkte nach Norden, fuhr an neuem Strom. Hinauf, hinauf. Ein Gartenhaus stand unter Blumen. Ottavagemurmel nickte, schwamm um jeden Kelch. Der Wagen hielt. Die Nurse packte Daisy. Sie stiegen aus. Daisy schrie hell und scharf, verstummte, wachte auf. Lange dunkle Wimpern brachen auf. Grau und stählern nahm der Blick die Landschaft, saugte sie ein, als besäße er sie.

Kam sie am Arm der Nurse schlenkernd herauf vom Fluß, rollten die weißen Sonnen der Sägen über ihr im Himmel. Gegen die Dämmerung heulten die Dampfhähne, Feuersignale schossen aus Schloten herauf, herab. Um sie wimmelten Menschen, grinsten mit gefletschten Zähnen, verbeugten sich, trugen Hüte in der Hand an ihr vorbei, Weiber drängten um sie Koseworte herum. Die Rollketten der Wegbahnen knatterten sich in endlosen Ellipsen um den Horizont herum. Am Garten begann Duft sie zu überfallen. Aus Kronen seltsam geformter Bäume schüttelten sich Schatten herunter, trieben im Geruch. Nachts schlief sie auf dem Geschaukel des Ottavageräuschs. Es füllte langsam, wachsend ihr Ohr.

Im Garten suchte sie Syg, Tochter der Nurse, hob die Goldregenzweige, suchte üppige Grasrosenstände durch, zirpte in Schneeballendickicht, Salmweiden: Syg. Sie schritten mit langen dünnen Beinen über den schiefrig blauen Kies; setzten sich auf die Bank in die Sonne, sahen nach dem Haus. Verschwand der Kopf der Nurse, streckten sie Zungen heraus. Erschien er, scharrten sie träumerisch mit den Füßen, preßten die Ellenbogen aneinander, verklucksten sich im Gegen-den-Boden-Lachen lautlos. Plötzlich drückte Daisys Hand die Sygs hart. Die Zweige hinter ihnen wogten und schluckten, fuhren rückwärts. Nach der leeren Bank flog der Nurse Geschrei.

Zuerst liefen sie durch Dickicht, Primelbeete, sodann kam das Hundeloch im Zaun. Hundert Meter dahinter flimmerte Prärie. Unten tief in der zitternden blauen Dunstwolke, die die Erdscheibe abbog, kam im Halbbogen das Atmen der Gräser in endlos wellender Flut sanft herauf. Unsichtbare Vögel sangen gedämpft aus dem Tau der Halme. Das Licht floß auf der Stille, wiegte, glitt. Sie schlichen bis zu drei Termitenhaufen. Unordnung kam in die brausende Stille, vom Zaun kamen Rufe. Sie lagen eine Stunde still im Zittergras, trauten der eingebrochenen Ruhe nicht, die über sie spielte, fürchteten das Spähauge, die schlaue Lauer der Nurse. Dann zog Syg die Mittelfinger aus den Ohren. Sie hatten nichts gehört. Daisy hob die Nase. Sprangen auf. Draußen kam ihnen Wind immer stärker, und wie sie liefen, knatternd sturmhaft um die Schläfen.

Sie banden vom Leib sich Tücher ab, ließen sie hinter sich schwenken. An der Erhöhung blieben sie stehen, drehten sie um sich langsam im Bogen. Die Sonne fing an, danach sich zu richten, lief mit ihnen im Kreis, sprang aus einem Tuch in das andere, mitten stand ein roter Knopf in das Viereck hineingerollt.

Hinter der Schanze kam der Nurse Hand, faßte Daisys Gelenk, Sygs Ohr. Auf Sygs Gequietsch legte Daisy die Hand auf der Nurse Leib, stampfte mit dem Fuß auf, das Weiß des Auges bekam einen kristallischen Kern. „Do . . . do . . . Daisy“, lockte die Nurse, knotete den Schürzzipfel, tuschelte damit zu dem Kind, schnalzte mit der Zunge, hob wie der Kordelhanswurst die Arme. Die Kinder lachten, hingen an ihren dicken Schenkeln.

Mit acht Jahren war das Tor frei, das Loch verachtet. Sie trugen gleicherweise dünne Seide, dieselben Röcke bis zu den Knieen, Shawls über den Schultern. Draußen zogen sie die Schuhe aus. Daisy bog sich in den Lenden vor, ging steif auf den Zehen, die Hand mit gerundetem Daumen nach unten. Sie schoß nach unten, hob eine Echse, genau am Hals gefaßt, ohne den Schwanz zu beschädigen, hoch. Der grüne Leib zuckte, der Kopf fuhr unruhig züngelnd herum. Riß einen roten großen Klapprachen auf. Ihn hielt Daisy an Sygs Hand. Die schrie und machte die Faust. Daisy hielt ihre Linke darüber, den Zeigefinger hinein. Wurde bleich, aber machte nichts, als es klappte. Es tat kaum weh.

Syg lag am Bachrain ohne Mucks. Kroch auf den Vieren weiter, blieb wieder Beine, Arme weggestreckt. Eine Grille schrie, Sygs Hand machte einen Bogen. Der Schatten des Armes aber lief eilender, das Tier verschwand. Auf den Knieen kreist sie herum, hing über dem Mausloch in Parade gegen die Sonne zu. Dann Ruck auf Ruck kam das Tier. Sie fing es wie eine Mücke ab, fegte es in die Faust. Stieß mißmutiges Geplärr aus, das Ungeduld bewies. Schlenkerte zu Daisy, blieb neben ihr, setzte von hinten das Tier ihr in die Brust. Daisy lief aufschreiend, beide Arme im Busen suchend, ein schmaler Hund lief mit, bellte leis auf, fraß die Grille, die unten aus dem Rock fiel. Sie tanzten zu dritt im Kreis, schlugen die Arme jedes quer über den Bauch vor Entzücken, traten das Gras, das unter ihren Beinen elastisch wieder sich erhob.

Tiefer in der Prärie bückte sich Daisy. Syg sprang ihr auf den Rücken, sah sich um.

Dann zogen sie die Hemden aus, schlichen, die dünnen schlanken Rücken neben den Gräsern, zitternd auf hohen Beinen nackt bis zum Baum. Sie legten die Hemden auf den Termitenberg, warfen zwei Steine hinein, sahen Tausende darüber wimmeln, Saft darauf spritzen. Erkletterte ein Outsider eine Wade, hupften sie rehhaft herum, schürten aus Rache neuerdings in dem Haufen. Dann griffen sie die Hemden heraus, liefen damit weit weg, schälten das letzte Tier heraus, schnauften, legten die Gesichter in das Leinen und sogen bis zum Rausch an dem Saftparfum. Als Pferde erklangen, lagen sie tief im Gras. Fidley ritt aus dem Hochgras. „Sie sehen sich ähnlich.“ Sie sahen sich an. „Syg ist dunkler,“ sagte Vaudreuil nach einer Weile.

Im neunten Jahr brachte Brown die Gouvernante ins Büro. Vaudreuil nickte hinter dem Schreibtisch. Die harte Figur der Frau schob sich zu einem Knotengeflecht zusammen. Dann wandte sie sich breit zu den Kindern. Daisy gab abwesend ihr die Hand. Vor Syg harrte die Frau einen Augenblick im Zweifel. Was in Daisys Blick an Zögerndem, Zweifelndem schwebte, ward fest. Sie nahm Sygs Hand, legte sie in die der weißen Frau. Dann trat sie zurück, lauernd, legte den Arm um die Taille der Nurse.

Nun lockte die Gouvernante den Widerstand aus Daisy heraus. Überraschte sie mit neuen Dingen, Sachen, Sprüchen, Bildern. Sie bezog alles, was sie gab, auf sich, als schenke sie den Eifelturm, sie den Tegernsee. Sie machte Geschenke, nichtswertendes Zeug, das aber überraschte, einen Haarring, ein Ericri. Sie sah die anknospenden kleinen Brüste, wo die Warzen schon unter sanftem Rotsaft standen. Lobte die Glieder, den Hüftschwung zum Becken, die Länge der Taille, die untadelige Wölbung, mit der der Schenkel abbog, mit der das Knie in die Wade absank. „Du, du. Welche Größe habt ihr an Land. Da werden Schiffe anfahren von drüben, Prinzen kommen, Daisy zu sehen, und diese und diese Fahne wird aufgehißt.“ Aber der Reflex war von Daisy ein stummes Fragen. Anders sah sie das Weib nie an.

Da machte diese den ersten Umweg und verwöhnte Syg. Sie behandelte sie gleich einer Dame. Da von Dienstboten Sygs Stellung gleich der Daisys gehalten ward, solange sie Kind schien, aber nicht gefestigt war für weiterhin, verwöhnte sie sie damit. „Du fährst dann in Autos. Durch Städte drüben, sitzest in Konzerten. Du hast Perlen, Syg.“ Syg lachte. Ihr imponierte mehr Kölnisches Wasser, das sie auf die Haut strich, das bitzelte und kühlte und roch. Ihre einfache Dankbarkeit kam der Frau entgegen. An Daisy aber glitt Sygs Lobgesang vorbei.

Nun schlug sie die zweite Umwegstour und machte sich an die Nurse, nannte sie Miß und schenkte ihr Tücher. Gab ihr einen Spiegel. Schwabbelnd hing die Nurse an ihren Röcken, sprach nur noch von ihr. Die Kinder lachten. Da machte das Weib die umgekehrte Taktik, versuchte die Nurse auszutreiben, weil hier der Liebespol der Kinder lag, den sie umleiten wollte. Sie nannte die Nurse Diebin, machte aus dem Spiegel eine verdrehte Geschichte. Aber mit Feuer traten die Kinder vor die Nurse. Das Bild der prallen Brüste, aus denen sie erstes Blut gesogen, lag ihrem Hirn so eingebrannt, daß kein Verdacht, selbst keine Tat es hinausgewischt hätte. Dies gab einen vollen Riß. Über ihn hinüber lauerten die Beiden. Da versuchte die Gouvernante das letzte, doch es war hirnlos. Sie rückte sich dem Gestirn zu, aus dem Schatten nach Vaudreuil, suchte ihm aufzufallen, an ihm sich zu halten. Er sah sie nicht.

Nachts kratzte es an Daisys Tür. Sie öffnete. Syg gab das Zeichen. Daisy zog die vom Weib verbotenen alten Seidenkleider an, sie verließen auf bloßen Zehen die Zimmer, zwischen denen das der Gouvernante lag. Mondlos. Dünne schwarze Schatten liefen sie unter dem Himmel. Zwischen Sternen schossen unaufhörlich Wolken. Sie hatten nasse Füße vom Grastau. „Syg . . . sieh.“ Sie hob die Hand über die Augen, die Nasenflügel bebten. Feuergeruch schwebte mit kleinen Rauchsäulen hintereinander deutlich herauf. „Weißt du es, Syg?“ Syg nickte.

„Weither?“ Syg starrte, sagte leis: „Viele Tage.“ Daisy legte die Handflächen auf den Mund. Aus dem Dunkel kamen breite große Flächen. Um die Ränder band sich weißer Rauch, sodaß es schien, sie flögen, dazu wellte der Fluß Nebel in zuckenden Linien um sie hoch. Die offenen Feuer schlugen in den Dampf hinein; brachten ihn zum Feuerexplodieren, Fächerstrahlen, Prismenschleudern. Gestalten huschten herum, sprangen schwarz von einem Ende zum andern. Ein riesenhaftes Ruder ward erfaßt von der Flammenspiegelung, bis an den Horizont aufgeschwungen. Lautlos glitten die Flöße so herunter.

Syg legte sich auf den Bauch. Die Stille summte von den Weiden herab. „Los“, stampfte Daisy ungeduldig. Syg legte die Wange gegen die Erde, stellte die Zunge gegen den Backen, ließ sie dann herausfahren. Zwei wimmernde Töne stiegen steil durch die Luft! „Pha . . . lux.“

Auf dem Fluß erfror die Stille. Eine Sekunde setzte der Flußlauf aus, gebar sich Leere, atemlos. Dann flog der gleiche Ton auf, langsam, weich und gedehnt am Anfang, zitterte auf, sank ab. Das zweite Floß fing ihn auf, ließ ihn nicht verhallen, setzte in der leisesten Verhallattitüde ein, schwang ihn hinauf, warf ihn hinter sich. Das dritte bog ihn, ferner schon und daher wehmütiger. Er schnellte den Fluß hinauf in Springkurven, fiel irgendwie in den Horizont, dessen Mondaufganglicht ihn hochsog.

Sie gingen Hände ineinander zurück, Syg mit Tanzzucken, das sie unterschlug, im Knie. Im Korridor stellte Daisy ihren Fuß genau so, daß sie mit dem anderen ihn schnitt. Stolperte, schlug mit den Händen gegen die Wand, stieß einen Säbel herunter. Syg hickelte erschreckt. Halbangekleidet stand die Gouvernante im Gang, mit strohigen Zöpfen, ein dünnes Nachtlicht in der Hand: „Woher?“

„Vom Garten.“

„Was war im Garten?“ Nichts war im Garten. Lauerndes Schweigen. „Syg,“ sagte die Gouvernante, die Stimme überschnappte sich. „Wir waren beide im Garten,“ sagte Daisy schnell. „Syg,“ ihr Licht schwankte, sie keifte. „Hier,“ Daisy warf Syg zurück, wiederholte Sygs dunklere Stimme, drang ins Dunkel vor, empfing zweimal die knochige kalte Hand ins Gesicht. Am Morgen saß sie auf der Terrassentreppe. Am Auto küßte sie sich mit Vaudreuil, gingen die Treppe hinauf. Als Vaudreuil sie vorgehen ließ durch die Tür, sah sie schräg zurück: „Was sagten Sie, wenn die Dame Syg schlüge?“ Eiskalt, neugierig ihr Blick. „Es würde an Syg liegen.“ Sie war stehengeblieben, etwas drängte ihn zurück, das hartnäckig tiefer herkam als die gleichgültige Frage. „Wenn es nicht an Syg läge . . .“ „Es würde wohl an Syg liegen . . .“ Da entfaltete sich ihre Stirn, hochmütig, sie gab es preis: „Sie irren Papa . . . aber — wenn sie Daisy schlüge und es läge nicht an Daisy . . . oder: es läge selbst daran.“ Die Frage schwebte zwischen ihnen, erhielt langsam Spannung. Vaudreuil sah die Wange, die ihm sich entgegenreckte. Sah kurz zu Boden. „Ich ordne es.“ Sie glitt zur Seite. Er ging hinein. Gegen Mittag fuhr das Auto vor. Die Gouvernante darin, Brown stieg zu, winkte an der Ecke. Die geröteten Handgelenke stiegen hoch, die Manschetten waren auf der Flucht.

Die Achatnen Kugeln

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