Читать книгу Beim nächsten Klick: Liebe? - Kathrin Noreikat - Страница 6

2. Kapitel

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An einem kalten, aber sonnigen Februartag erhielt ich diese Nachricht:

„Hi Helena, ich finde dein Profil interessant. Freue mich über eine Antwort. Mats.“

Ich schaute mir zunächst sein Profil an, bevor ich ihm eventuell antworten würde.

Seine Beschreibung: „Superman: Single. Spiderman: Single. Ich bin kein Superheld, aber ich wäre es gerne für dich!“

Auf die Frage: „Sind Sie bereit, sich auf eine Beziehung einzulassen?“ hatte er mit „vielleicht“ geantwortet. Bei auffälligster Charakter war „tollpatschig“ angegeben. Unsere Gemeinsamkeiten waren u.a. Musik hören, Kino, keine Kinder, keine Haustiere, Nichtraucher, ledig. Sein Foto war ein Selfie, das er wahrscheinlich in seinem Wohnzimmer gemacht hatte. Im Hintergrund war ein Bücherregal zu erkennen. Mats hatte ein eckiges Gesicht, seine braunen Haare waren mit Gel gestylt und auf seiner Nase saß eine Brille. Ich war neugierig was für ein Mann das war, der gerne ein Superheld sein wollte, sich selbst aber als „tollpatschig“ bezeichnete. Daher schrieb ich zurück.

Wie sich herausstellte, hatten Mats und ich uns viel zu erzählen. Wir wechselten deshalb von der Plattform zum E-Mailen über. Es wurden immer lange Nachrichten mit persönlichen Informationen über Beruf, Hobbies, Familie, Freunde. So erfuhr ich, dass Mats 40 Jahre alt war, Betriebswirtschaft studiert hatte und nun bei einem Kölner Zeitungsverlag arbeitete. Mittwochs traf er sich mit seiner Laufgruppe, sonst verbrachte er seine Freizeit damit, deutschlandweit Jahrmärkte zu besuchen. Oft schrieb er erst gegen Mitternacht, da er bis 23 Uhr im Verlag arbeitete, „um sich selbst zu beweisen“, wie er es einmal ausdrückte. Ich wollte diesen Mann gerne persönlich kennenlernen. Nachdem ich nach einem Treffen gefragt hatte, antwortete er: „Hallo Lena, wir können uns gerne persönlich treffen. Aber ob es direkt nächstes Wochenende klappt, kann ich dir im Moment noch nicht 100 % zusagen, aber morgen oder am Freitag. Viele Grüße Mats.“

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag ließ er mich wissen:

„Hallo Lena, ein persönliches Treffen gerne, aber dieses Wochenende bekomme ich das nicht hin wegen starker Erkältung in Verbindung mit viel Arbeit auf dem Tisch, die mich den Sonntag kosten wird. Ginge es bei dir denn auch an einem Tag am nächsten Wochenende? Ich würde mit dem Zug nach Aachen kommen, da ich kein Auto habe. Viele Grüße Mats.“

Von: Lena Bergmüller

Gesendet: Freitag, 09.02.2018 16:23

An: Mats Siebertz

Betreff: persönliches Treffen

Hallo Mats,

gute Besserung wünsche ich dir! Nächstes Wochenende habe ich an beiden Tagen Zeit. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir uns sehen würden. Ich wünsche dir trotz Erkältung eine schöne jecke Zeit! Am kommenden Rosenmontag habe ich frei!

Viele Grüße aus Aachen

Lena

In der Woche darauf erhielt ich am Aschermittwoch folgende Mitteilung von Mats:

„Hi Lena, sorry für die verspätete Nachricht. Karneval habe ich so einigermaßen überstanden, bin aber immer noch erkältet, daher würde ich dich sehr ungern gleich anstecken. Verschieben wir unser Treffen lieber auf das übernächste Wochenende, denn da bin ich bestimmt wieder gesund. Viele Grüße Mats.“

Ich schüttelte enttäuscht den Kopf. Mats und ich hatten uns in den E-Mails so gut verstanden, doch seit ich vorgeschlagen hatte, uns zu treffen, hatte sich der Ton in seinen Nachrichten verändert. Wollte sich Mats womöglich gar nicht mit mir treffen? War sein Interesse an mir nicht so groß, wie es schien? Wollte er nur eine Brieffreundschaft?

Von: Lena Bergmüller

Gesendet: Donnerstag, 15.02.2018 17:17 Uhr

An: Karla Hochstetter

Betreff: Mats

Hi Karla,

vor einer Weile habe ich auf der Singleplattform Mats kennengelernt. Er ist 40 Jahre alt, arbeitet bei einem Zeitungsverlag in Köln und geht gerne auf Jahrmärkte. Wir mailen uns täglich. Es macht Spaß mit ihm zu schreiben. Doch seit ich ihn nach einem persönlichen Treffen gefragt habe, vertröstet er mich ständig. Er sei erkältet und wolle mich nicht anstecken, behauptete er.

Ich finde es schade, dass es sich so entwickelt. Aber vielleicht ist er ja wirklich erkältet?

Viele liebe Grüße

Lena

Von: Karla Hochstetter

Gesendet: Freitag, 16.02.2018 19:46 Uhr

An: Lena Bergmüller

Betreff: Mats

Liebe Lena,

ich freue mich für dich, dass du wieder jemanden auf dem Portal kennengelernt hast. Entweder stimmt es, dass Mats erkältet ist (keine Wunder bei dem Wetter) oder er ist zu feige, dir persönlich gegenüber zu treten und er verwendet die Erkältung als Ausrede. Ich würde es ansprechen, dass du ihn gerne treffen willst, aber er ehrlich sagen soll, ob er das auch will. Ansonsten würde ich es beenden.

Viele liebe Grüße

Karla

Wie es mir meine beste Freundin geraten hatte, sprach ich Mats darauf an. Er versicherte mir, dass er mich auf jeden Fall persönlich treffen wolle und es ihm sehr leid täte, dass er krank geworden wäre.

Unser erstes Date fand an einem Samstag Ende Februar statt. Ich holte Mats um 14:07 vom Aachener Hauptbahnhof ab. Nach wochenlanger Korrespondenz sah ich Mats nun zum ersten Mal persönlich. Ich spürte einen Hauch Enttäuschung. Zwar waren auf der Onlineplattform drei Fotos von ihm hochgeladen, doch es war ein großer Unterschied, ihn jetzt in natura zu sehen. Zur Begrüßung umarmten wir uns. Es fühlte sich so an, als ob ich eine vertraute Freundin treffen würde, die ich eine Weile nicht gesehen hatte. Mats trug eine Winterjacke, einen Schal und eine blaue Kappe mit der weißen Aufschrift NYC auf dem Kopf. Auf seinem Rücken war ein Rucksack, den man gut für eine Mount Everest Besteigung verwenden konnte. Während wir das Bahnhofsgebäude verließen, fragte ich: „Warst du schon mal in Aachen?“

„Ja, aber das ist schon eine Weile her.“

Wir überquerten eine Fußgängerampel.

„Ich habe mir überlegt, dass wir einen Rundgang durch die Stadt machen könnten. Ich kann dir auch gerne zu den Sehenswürdigkeiten etwas erzählen, wenn du magst“, schlug ich vor.

„Okay. Warum nicht?“, entgegnete Mats. Er hat seine Hände tief in die Jackentaschen gesteckt. In seinen Bewegungen wirkte er gemütlich, fast schon langsam. Wir gingen am Theater vorbei. „Es ist 1825 eröffnet worden“, ließ ich ihn wissen.

„Aha“, brummte er.

Am Elisenbrunnen mit dem Säulenbau und den beiden Pavillons floss aus zwei Trinkbrunnen warmes Wasser. „Puh! Stinkt es hier!“, rief Mats und hielt sich die Nase zu.

„Das ist das Wasser. Es ist stark schwefelhaltig, deshalb riecht es hier nach faulen Eiern“, erklärte ich. Schnell gingen wir durch den dahinterliegenden Elisengarten in Richtung des gleichnamigen Restaurants.

„Magst du einen Kaffee trinken?“, fragte Mats.

„Gerne.“

Wir betraten das Restaurant und sahen keinen freien Tisch, an den wir uns setzen konnten. Mats zuckte die Schultern und sagte: „Wir finden sicher woanders einen Platz.“

„Samstags ist die Aachener Innenstadt immer voll“, meinte ich. „Vielleicht ist im Café gegenüber der Buchhandlung weniger los.“

Doch auch dort waren alle Tische belegt. Bevor wir die Suche fortsetzten, fragte ich: „Können wir in die Buchhandlung gehen? Ich benötige noch ein Geschenk für meine Freundin.“

In der Buchhandlung fuhren wir mit der Rolltreppe in den ersten Stock. Dort waren die Kochbücher. Während ich nach einem Buch mit vegetarischen Rezepten für Karla suchte, stand Mats gelangweilt ein paar Meter von mir entfernt. „Du kannst dich auch umschauen“, schlug ich vor. „Wir treffen uns in ein paar Minuten im Erdgeschoss an der Kasse, okay?“

Mats brummte etwas, was ich nicht verstand und blieb wartend stehen. Schade, dachte ich, er mag wohl keine Bücher. Schließlich wählte ich ein Kochbuch aus und bezahlte es an der Kasse. Nach dem Buchkauf erzählte ich Mats, dass die Aachener Printen eine Spezialität seien und dass man sie gleich um die Ecke in einem Laden kaufen könnte. Das weckte sein Interesse und wir gingen die wenigen Meter dorthin. Eine Verkäuferin stand mit einer kleinen Schale davor, bot Printen zum Probieren an. Mats griff mehrmals zu. „Köstlich!“

Im Laden kaufte er gleich sechs Beutel mit verschiedenen Printen, die er in seinen riesigen Rucksack verstaute. Eine Tüte mit Schoko-Nuss-Printen behielt er in der Hand: „Magst du?“ Er hielt mir die geöffnete Tüte hin. Ich nahm mir eine Printe heraus. Sie war wirklich lecker. Mats schmeckte es auch, denn als wir zum Dom kamen, war die Tüte bereits leer. Auf dem Vorplatz begann ich zu sprechen: „Das ist der berühmte Aachener Dom, der über 1200 Jahre alt ist. Er besteht aus mehreren Teilbauten, deren jeweilige Entstehungszeiten vom Frühmittelalter bis hin zur Neuzeit sind. Hier wurden zahlreiche römisch-deutsche Könige gekrönt. Außerdem ist dies ein bedeutender Wallfahrtsort.“

Ich wollte fortfahren, als Mats meinte: „Du brauchst mir das nicht so ausführlich erklären. Wir können auch in den Dom gehen und uns dort umschauen.“

„Ja, klar“, stotterte ich.

Nach der Dombesichtigung lehnte Mats meinen Vorschlag, in die Domschatzkammer zu gehen, ab. Er würde sich nicht so sehr für alte Reliquien interessieren und er wolle lieber einen Kaffee trinken gehen, informierte er mich.

Wir kehrten in ein Café am Fischmarkt ein, in dem es nicht mehr so voll war. Obwohl Mats die Printen gegessen hatte, bestellte er sich ein Stück Sachertorte und trank dazu eine heiße Schokolade mit Sahne. Mir wäre schon längst schlecht geworden, aber ihm schien diese Schokoladenmenge nichts auszumachen. Ich nahm ein kleines Stück Zitronentarte und eine Tasse Cappuccino. Bei Kaffee und Kuchen erzählte Mats von seiner Arbeit im Zeitungsverlag und dass er letztes Jahr bei der Leserreise in Cornwall dabei gewesen war. Außerdem berichtete er mir ausführlich von seinen Ausflügen zu den Jahrmärkten. „Das ist mein Hobby, Lena“, stellte er klar. „Am liebsten fahre ich zu den historischen Jahrmärkten.“

„In Aachen gibt es im Stadtteil Kornelimünster auch einen historischen Jahrmarkt“, warf ich ein.

„Ja? Wann denn?“

„Ich weiß es nicht so genau.“

Mats wühlte in seinem großen Rucksack, zog sein Smartphone heraus, tippte und scrollte auf dem Display. Mit einem breiten Lächeln verkündete er ein paar Sekunden später: „Am 30. Mai wird der Jahrmarkt eröffnet und dauert bis Mitte Juni.“

Er schaute mich erwartungsvoll an: „Wollen wir da zusammen hingehen?“

Ich war überrascht und murmelte: „Ja. Warum nicht?“

Es war Ende Februar und Mats fragte mich, ob ich mit ihm im Juni zusammen zu einer Veranstaltung gehen würde. Es kam mir etwas übereilt vor, weil wir uns noch kaum kannten und dies unser erstes Date war.

Nach dem Cafébesuch führten wir unseren Rundgang fort. Am Rathaus erwähnte ich nur den sogenannten Krönungssaal. Ich ersparte Mats weitere Erklärungen zur Baugeschichte des Gebäudes, denn das schien ihn nicht zu interessieren, wie ich bereits feststellen musste.

„Als nächstes wollte ich mit dir durch das Studentenviertel bis zum Ponttor gehen. Von dort aus können wir zum …“, schlug ich vor, als ich unterbrochen wurde.

„Oh, dort gibt es einen Modeleisenbahnladen. Ich würde gerne hinein gehen“, rief Mats und zeigte mit dem ausgestreckten Arm auf den schräg gegenüber liegenden Laden.

„Okay“, antwortete ich wenig begeistert.

In der nächsten halben Stunde betrachtete Mats mit einer kindlichen Begeisterung Modelautos und -eisenbahnen. „Schau mal!“, rief er und wies auf einen Cadillac oder Chevrolet in Miniaturgröße.

War das hier ein Date, fragte ich mich. Ich kam mir eher wie eine Mutter, die mit ihrem Sohn unterwegs war, vor.

Mats kaufte sich schließlich ein Modell eines gelben Audi TTs: „So ein Auto hätte ich gerne, aber das kann mir leider nicht leisten.“

Als wir aus dem Laden traten, erkundigte ich mich, ob wir nun durch das Studentenviertel gehen wollten. Mats schaute auf seine Armbanduhr und meinte: „Also, wenn es dir nichts ausmachen würde, würde ich jetzt lieber wieder Richtung Bahnhof gehen. Dann kann ich den Zug um kurz nach 18 Uhr nehmen.“

„Ja. In Ordnung“, sagte ich und war über seinen Vorschlag fast ein wenig froh.

So gingen wir plaudernd zum Bahnhof zurück, wo wir uns mit einer freundschaftlichen Umarmung verabschiedeten.

Lena zuletzt online 11:24

Lena: Hallo Karla, heute fand endlich das Date mit Mats statt. Es ist auf jeden Fall ein großer Unterschied, ob man mit jemanden schreibt oder ihn persönlich trifft. Ich muss zugeben, dass ich mit Mats lieber E-Mails schreibe, als mit ihm persönlich zusammen zu sein. 18:16

Karla zuletzt online 16:19

Karla: Wow, dass du Mats wirklich getroffen hast, hätte ich nicht gedacht. Nach all den Ausreden, die er hatte. Vielleicht seid ihr für eine Brieffreundschaft und nicht für eine Partnerschaft bestimmt? 18:27

Von: Mats Siebertz

Gesendet: Montag, 26.02.2018 22:58

An: Lena Bergmüller

Betreff: Aachen und Lüdenscheid

Hi Lena,

schön, dass wir uns in Aachen getroffen haben.

Wie du ja weißt, besuche ich sehr gerne Jahrmärkte. Mir gefällt es, die verschiedenen Fahrgestelle, Karussells, Geister- und Wildwasserbahnen zu fotografieren. Natürlich fahre ich auch sehr gerne damit.

Hast du Lust am kommenden Wochenende mit mir nach Lüdenscheid zu fahren? Dort ist nämlich Jahrmarkt. :)

Viele Grüße

Mats

Von: Lena Bergmüller

Gesendet: Dienstag, 27.02.2018 13:15

An: Mats Siebertz

Betreff: Geburtstagsfeier

Hi Mats,

nächstes Wochenende kann ich leider nicht, da ich auf der Geburtstagsfeier meiner besten Freundin eingeladen bin. Ich hatte ihr in der großen Buchhandlung das Kochbuch gekauft. Absagen kann ich nicht (mehr).

Viele Grüße aus Aachen

Lena

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