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d) Krankenversorgung im Kloster

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Vergünstigungen für Kranke

Zuständig für die Versorgung der Kranken war der so genannte Infirmarius. Ihm oblag die Aufsicht über das Infirmarium, in welchem er gemäß den Anforderungen der Regel gottesfürchtig und eifrig dem Wohle seiner Patienten dienen sollte. Unterstützt wurde der als Infirmarius tätige Mönch bei der Bewältigung seiner vielfältigen Aufgaben durch einen Laienbruder (famulus). Die heilkundliche Betreuung der Kranken erfolgte auf der Grundlage der Diätetik. Ein rechtes Maß an Licht und Luft, Essen und Trinken, Bewegung und Ruhe, Schlafen und Wachen, Stoffwechsel sowie Gemütsbewegung sollten demzufolge das Gleichgewicht der Körpersäfte und damit die Gesundheit wiederherstellen. In diesen Zusammenhang gehört etwa, dass die Betten der Kranken regelmäßig aufgeschüttelt werden sollten. Insbesondere aber war die Zuteilung einer ausgewogenen und reichhaltigen Kost vorgesehen. Kranken Mönchen war der ansonsten verbotene Genuss von Fleisch gestattet. Dieses kam nach der Säftelehre einer Vermehrung des als heiß und feucht geltenden Blutes zugute. Auch Wein stand auf dem Speiseplan der Kranken. Bäder durften sie sich richten lassen, soviel es ihnen gut tat – ganz im Gegensatz zu den übrigen Mönchen, die sich nach Auffassung des heiligen Benedikt beim Baden zurückhalten sollten.

Während der Zeit ihrer Krankheit waren die Brüder vom übrigen Konvent getrennt. Sie nahmen nicht an den gemeinsamen Chorgebeten teil, speisten in einem eigens für sie bestimmten Refektorium und schliefen in einem gesonderten Dormitorium. In den Rahmen der Behandlungen fiel – ebenfalls in Orientierung an der Säftelehre – der Aderlass. Nicht nur die Kranken, alle Mönche eines benediktischen oder zisterziensischen Klosters wurden zur Verfrischung der Säfte viermal im Jahr zur Ader gelassen. Die beiden Hochfeste Ostern und Weihnachten schieden aus religiösen Gründen als Aderlasstermine ebenso aus wie aus eher praktischen Erwägungen die Fasten- und Erntezeit.

… und Missbrauch

Wie in jeder größeren Gemeinschaft, waren auch die von Frömmigkeit durchdrungenen Mönche in jedem Fall von einem Missbrauch der durch den Krankenstatuts bedingten Vergünstigungen nicht gefeit. Schriftlich überlieferte Klagen aus verschiedenen Konventen über tatsächliche oder vermeintliche Simulanten in den eigenen Reihen machen dies unmissverständlich deutlich. Vor diesem Hintergrund verfügte der Abt Hugo von Semur für die cluniazensische Gemeinschaft, dass jeder Kranke seine Befindlichkeit zunächst vor der Versammlung der Mitbrüder, dem Kapitel, erklären müsse. Erst danach konnte er in den Genuss der besseren Kost und des Dispenses vom Chordienst gelangen. Die Unterschiede zu den Gesunden wurden in symbolischer Weise auch optisch deutlich gemacht. War das Einnehmen der Speise sowie das Schlafen in einem gesonderten Dormitorium von jeher mit dem Krankenstatus einhergegangen, so sollte der Patient nunmehr auch seinen Kopf stets bedeckt halten sowie einen Gehstock gebrauchen. Wer ohne fremde Hilfe wieder in der Küche arbeiten konnte, galt nach der weiterführenden Definition des Krankenstatus im Cluny des 12. Jahrhunderts als vollständig genesen.

Doch nicht allein bessere Speise, Befreiung von den Aufgaben, Bettruhe und Aderlass führten zur Genesung. Die Schätze des in jedem Kloster befindlichen Kräutergartens taten, zu Heilmitteln verarbeitet, ihren Teil, um die kranken Brüder auf den Weg der Genesung zu führen.

Krankheit und Heilkunde im Mittelalter

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