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2.

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Feuer flackerten auf dem Plateau in den kantabrischen Bergen.

Im Lager der baskischen Rebellen hatten sich mehr als fünfzig Männer versammelt. Ein Hammel wurde am Spieß gedreht, Fett tropfte zischend in die Glut der Kohlengrube. Weinschläuche kreisten, und die leisen Stimmen erfüllten die Senke zwischen den Felsen wie das stete, unruhige Murmeln von Meereswogen.

Philip Hasard Killigrew lehnte an einem Steinblock und betrachtete seine beiden Söhne, die sich wie kleine Katzen im Gras zusammengerollt hatten und den Schlaf der Erschöpfung schliefen.

Sie hatten ihn verdient, diesen Schlaf. Schließlich waren sie die Helden des Tages gewesen und entsprechend gefeiert worden – obwohl Hasard immer noch nicht sicher war, ob ihnen nicht eigentlich der Hintern versohlt gehörte. Verholten sich diese Bengel doch heimlich von der „Isabella“, um ihren Vater, Al Conroy, Sam Roskill und die beiden Geusen Jan Joerdans und Friso Eyck aus der Gefangenschaft bei den baskischen Rebellen zu retten. Die Zwillinge hatten nämlich mitgekriegt, daß das Plateau hier oben uneinnehmbar war. Auf drei Seiten fielen schroffe Felswände ab, die bewacht wurden. Die vierte Seite brauchte nicht bewacht zu werden: ein wilder Gebirgsstrom in einer tiefen, völlig unbesteigbaren Schlucht bildete eine natürliche Barriere. Nicht einmal mit Enterhaken und Seilen ließ sich diese Schlucht überwinden – die Felsen waren nämlich so morsch, daß die Haken ausbrachen, sobald sie das Gewicht eines Mannes tragen mußten.

Arwenack, der Schimpanse, könne es vielleicht so gerade eben schaffen, hatten die Männer auf der „Isabella“ überlegt, nachdem sie von ihrem Erkundungsmarsch zurückgekehrt waren.

Und die Zwillinge hatten sich auch etwas überlegt: daß sie nämlich nicht viel schwerer waren als Arwenack. Außerdem konnten sie seiltanzen, das hatten sie von den Gauklern gelernt, bei denen die Seewölfe sie in Tanger entdeckt hatten. Aber sie wußten natürlich, daß ihnen die Männer der Crew niemals ein so gefährliches Unternehmen gestatten würden. Also waren sie heimlich verschwunden und tatsächlich auf das angeblich uneinnehmbare Plateau gelangt. Dort hatten sie denn auch prompt die Hölle losgelassen.

El Vasco hatte die Seewölfe und die beiden Geusen gefangengenommen, um sie den Spaniern ans Messer zu liefern. Im Austausch gegen baskische Gefangene, unter denen sich El Vascos Bruder Gian Malandrés befand. Gefangene zu befreien, das war im übrigen auch der Plan der Seewölfe gewesen. Zusammen mit den Geusen wollten sie Marius van Helder aus der Festung holen. Da die Wassergeusen und die Basken verbündet waren, hatte kein Grund bestanden, an der Loyalität der Rebellen zu zweifeln. Ein fataler Irrtum, wie sich dann später herausstellte. El Vasco war entschlossen gewesen, seinen Bruder um jeden Preis zu retten, auch um den Preis, die Männer, die er eigentlich als seine Freunde betrachten mußte, wie eine Ware zu verschachern.

Inzwischen war er zur Besinnung gelangt.

Er hatte Hasards Messer an der Kehle gefühlt, als es dem Seewolf gelungen war, sich von den Fesseln zu befreien, und er hatte erlebt, daß der Seewolf keinen Wehrlosen tötete, nicht einmal in einer aussichtslosen Situation, nicht einmal einen Mann, den zu hassen er allen Grund hatte. Diese Haltung vor allem war es gewesen, die El Vasco die Niedertracht seines eigenen Verrats hatte begreifen lassen. Die beiden Männer waren sich einig geworden und hatten sich die Hand gereicht – genau in dem Augenblick, in dem die Zwillinge damit begannen, die baskischen Wächter mit Steinen zu bombardieren und im Handstreich die übrigen Gefangenen zu befreien.

Als die Männer von der „Isabella“ und der „Hoek van Holland“ anrückten, außer sich wegen des Verschwindens der beiden Kinder und finster entschlossen, notfalls das ganze Plateau abzutragen, gab es schon keinen Grund mehr zum Kämpfen.

Klar, daß die Seewölfe und die Geusen über diese Entwicklung erleichtert waren, auch wenn es ein paar von ihnen mächtig in den Fäusten juckte und sie El Vasco immer noch scheele Blicke zuwarfen. Doch die meisten baskischen Rebellen schienen kaum weniger erleichtert, daß nun alles anders kam. Es gab viele Unter ihnen, die von Anfang an offen gegen den Plan gestimmt hatten, und manche, die sich nur unter heftigen Gewissensbissen mit dem Verrat abfinden konnten.

Jetzt würden sie den geraden Weg gehen und offen und ehrlich kämpfen wie aufrechte Männer.

Und sie hatten eine Chance!

Der Plan, den der schwarzhaarige Riese mit den eisblauen Augen da entwickelte, war verblüffend einfach und versprach alle Aussichten auf Erfolg. Jedenfalls wenn er von Männern ausgeführt wurde, die weder Tod noch Teufel fürchteten und nichts weiter dabei fanden, die Hölle mit einem Eimer Wasser anzugreifen. Männer wie die Seewölfe und die Wassergeusen! Und wie die baskischen Rebellen, die mit ihrem unterirdischen Gang in die äußeren Festungsanlagen von Portugalete ja auch schon bewiesen hatten, daß sie notfalls bereit waren, den Teufel am Schwanz zu ziehen.

Hasard hielt einen schmalen spanischen Parierdolch in der Hand und zeichnete mit der nadelscharfen Spitze Linien in den Staub zu seinen Füßen.

Die Küste, die Bucht von Bilbao, den Außenhafen, einen groben Grundriß der Festung. Sie hatten sich das mächtige Bauwerk angesehen, die Männer des Spähtrupps, die dann später von den Basken überfallen worden waren. Sie wußten, wo der Kerker und die Folterkammern lagen, sie wußten, wo die mächtigen siebzehnpfündigen Eisenkugeln aus den Culverinen der „Isabella“ und der „Hoek van Holland“ in die Mauern schlagen mußten, Um ihnen einen Weg freizuhämmern. Und vor allem kannten sie das Haus innerhalb der weitläufigen Festungsanlage, in dem sich Benito Uvalde zu verkriechen pflegte. Weil er unter der baskischen Bevölkerung nämlich so ungeheuer beliebt war, daß er sich aus Furcht vor Anschlägen auf sein Leben nur selten in der Hafenkommandantur oder seinem Palacio in Bilbao aufhielt.

„Uvalde hat den Schlüssel für die Folterkammer bei sich“, sagte der Seewolf ruhig. „Als wir dort waren, hat er Van Helder über Nacht an die Wand ketten lassen.“ Er blickte El Vasco an. „Ist das das übliche Verfahren?“

Der kleine, breitschultrige Baske kniff die Augen zusammen. Sein zerknittertes Gesicht war maskenhaft starr. Daß der Seewolf ihn trotz allem als Parnter akzeptierte, wirklich akzeptierte – diese Tatsache mußte er erst noch verdauen.

„Kommt darauf an“, sagte er langsam. „Es ist eine besonders gemeine Methode, die Uvalde anwendet, wenn er nicht riskieren will, daß seine Opfer dem Henker unter den Händen sterben. Bei den Geusen will er das bestimmt nicht riskieren und bei meinem Bruder vermutlich auch nicht.“

„Also müssen wir damit rechnen, daß es notwendig wird, in die Folterkammer einzudringen?“

„Ja. Und dazu brauchen wir entweder den Schlüssel oder so viel Schwarzpulver, daß es vermutlich auch den Gefangenen das Leben kosten würde.“

„Den Schlüssel kriegen wir schon.“ Hasard lächelte und zeigte seine blitzenden Zähne. „Den Kerker werden uns die Wächter öffnen. Und die entscheidende Rolle spielt dann euer unterirdischer Gang. Die Spanier werden jedes Loch in der Mauer bewachen, während wir längst weg sind.“

„Klingt gut“, sagte El Vasco langsam. „Und es ist die einzige Möglichkeit. Es geht nicht ohne Kanonade.“

Hasard nickte.

Neben ihm kauerte Al Conroy, der Stückmeister, und betrachtete aus schmalen Augen die Skizze im Staub. Er wollte etwas sagen, aber er kam nicht mehr dazu, weil im selben Moment von Norden her aufgeregte Schreie herübergellten.

Die baskischen Wächter.

Hasard verstand die Worte nicht, da sie ihr heimisches Eskuara benutzten. Aber er sah, wie El Vasco mit einem Ruck den Kopf hochriß, wie sich seine Haltung spannte und die Gesichter seiner Kameraden blaß wurden.

„Spanier!“ zischte der Rebellenführer. „Die Spanier rücken an!“

Hastig sprang er auf. Die meisten anderen Männer folgten seinem Beispiel. Die Zwillinge, von der allgemeinen Erregung aufgeweckt, schnellten hoch wie Kastenteufelchen und warfen wilde Blicke um sich.

„Shane, Dan – ihr bleibt mit den beiden hier!“ befahl Hasard knapp.

Der junge O’Flynn fluchte, aber er tat es nur in unverständlichem Flüsterton – bei einem gewissen Tonfall in der Stimme des Seewolfs war es besser, keine Diskussionen anzufangen. Big Old Shane packte die beiden Jungen am Kragen und drückte sie energisch wieder auf ihren Platz zurück. Und sie mucksten sich nicht. So vorwitzig sie waren, diesen gewissen Tonfall in der Stimme ihres Vaters kannten sie bereits.

Minuten später huschten Hasard, Ed Carberry, Jan Joerdans und El Vasco zwischen den Felsen zu der steil abfallenden Wand hinüber, die das Plateau im Norden begrenzte.

Die anderen waren in einiger Entfernung zurückgeblieben. Noch war die Lage völlig unklar. Und falls sich nur ein spanischer Spähtrupp näherte, brauchte man ihn ja nicht gerade durch eine aufgeregte Menschenansammlung zu alarmieren.

Von wegen Spähtrupp, dachte Hasard eine Minute später erbittert.

Was da heranzog, war schon eher eine Armee. Soldaten in weit auseinandergefächerter Scharfschützen-Formation. Drei mächtige Kanonen auf rumpelnden Wagen, von Maultiergespannen gezogen. Ein halbes Dutzend Offiziere, das eben noch an der Spitze geritten war, übte sich jetzt in vornehmer Zurückhaltung. Und das bewies deutlicher als alles andere, daß die Spanier sehr genau wußten, was sie dort oben auf der Mesa erwartete.

„Halleluja“, sagte Ed Carberry ergriffen.

El Vasco sagte etwas auf Eskuara. Der Seewolf verstand es nicht. Aber er hätte geschworen, daß es ein ganz besonders lästerlicher Fluch war.

Der spanische Offizier, der das Unternehmen leitete, trug den schönen Namen José Maria Antonio Felipe y Gomez de Madre-Castillo.

Er war klein und dürr und häßlich. Niemand, der ihn sah, hätte einen hervorragenden Offizier Seiner Allerkatholischsten Majestät in ihm vermutet. Und eben deshalb mußte er immer etwas besser sein als alle anderen. Vor allem, wenn es galt, seine Leute anzutreiben und tollkühne Pläne zu entwerfen. Tollkühne Pläne, bei denen dann meist andere den Kopf hinhalten mußten, die vielleicht selbst der Ansicht waren, daß bisweilen Vorsicht der bessere Teil der Tapferkeit sei.

Selbst den Kopf hinhalten, das konnte José Maria Antonio Felipe nicht. Er hätte riskiert, daß seine kunstvolle Lockenperücke verrutschte. Und die üppigen weißen Rüschen an seinen Ärmeln waren im Kampf auch eher hinderlich. Aber dafür wirkten sie sehr eindrucksvoll, wenn er – so wie jetzt – mit großer Geste die Arme schwenkte.

„Eine Kanone dort auf die Felsen! Eine dort – und eine da drüben! Adelante, adelante!“

Sein Teniente verbarg seine wahren Gedanken hinter einer gußeisernen Miene und trieb die Männer an, die wiederum die Maultiere antrieben.

José Maria und so weiter spähte zu dem Plateau hinüber. Sein endloser Name gelangte nur zu Ehren, wenn er bei einer Festlichkeit vom Zeremonienmeister angekündigt wurde. Seine Offiziere und Soldaten nannten ihn „Comandante“, jedenfalls wenn er in der Nähe war. Sonst hatten sie einen anderen Namen für ihn. „Pigmeo ferreo“, nannten sie ihn dann, den „eisernen Zwerg“. Aber nur, wenn sie ganz sicher waren, daß er es nicht hören konnte.

Jetzt zog der „eiserne Zwerg“ ungeduldig die Brauen zusammen, weil ihm seine Leute die Kanonen nicht schnell genug in Stellung brachten.

Dabei schufteten die Männer wie die Wilden, schleppten Kugeln und Kartuschen, brüllten auf die störrischen Maultiere ein und stemmten sich selbst in die Speichen der Karrenräder. Genau genommen war es ein Unding, die schweren Geschütze dort oben zwischen die Felsen schaffen zu wollen. Aber wie gesagt: der „eiserne Zwerg“ war sehr begabt darin, seine Leute zu Höchstleistungen anzuspornen.

Ein siegessicheres Lächeln spielte um seine dünnen Lippen.

Er kannte diese Mesa. Er wußte, daß die Rebellen nicht entwischen konnten. Im ungünstigsten Fall konnte man sie schlicht und einfach aushungern, aber der „eiserne Zwerg“ war überzeugt davon, daß es ihm schon vorher gelingen würde, sie aus ihren Schlupfwinkeln zu treiben.

Das war dann das Ende des baskischen Widerstandes.

Und ihm, José Maria Antonio Felipe y Gomez de Madre-Castillo, würde ein Vertreter Seiner Allerkatholischsten Majestät einen neuen Orden an die Brust heften.

Der zwergenhafte Comandante lächelte, straffte die schmalen Schultern und drehte sich im Sattel, um seinen Leuten den Strick, die Garotte oder das Erschießungs-Kommando anzudrohen, wenn sie sich nicht endlich beeilten.

„Comandante Pigmeo! Der eiserne Zwerg! Ich kenne ihn, diesen spanischen Leuteschinder!“

El Vascos Augen glühten, seine Nasenflügel vibrierten. Genau wie die anderen beobachtete er die Soldaten, die mühselig die drei Kanonen in Stellung zu bringen suchten. Wenn sie es geschafft hatten, konnten sie den größten Teil des Plateaus beschießen. Aber es gab Deckungen genug, die für die schweren Eisenkugeln unerreichbar waren, und irgendein Ziel sahen die Spanier von ihren Plätzen aus auch nicht.

„Die Munition wird ihnen ausgehen“, prophezeite einer der Basken.

„Und uns werden die Vorräte ausgehen“, sagte Hasard trocken. „Sie können uns aushungern.“

„Aber auf jeden Fall können sie nicht herauf.“

„Genausowenig, wie wir hinunterkönnen, Mann!“

Es war El Vasco, der das hervorstieß. Ohnmächtige Wut ließ seine Zähne aufeinanderknirschen. Hasard blickte ihn an und grinste matt.

„Doch“, sagte er. „Wir können hinunter.“

„Und wie sollen wir …“

El Vasco stockte. In seinen dunklen, tiefliegenden Augen erschien ein wildes Funkeln. Al Conroy, der bis zum Rand der Felswand geschlichen war, um einen fachmännischen Blick auf die spanischen Kanonen zu werfen, boxte Carberry in die Rippen, und dessen Narbengesicht verzog sich triumphierend.

„Die Zwillinge“, sagte er. „Sie haben die verdammte Schlucht einmal geschafft, sie werden sie auch ein zweites Mal schaffen. Und dann brauchen sie nur noch eine von den Strickleitern mitzunehmen, die wir an beiden Enden ordentlich belegen.“

„Stimmt“, sagte Hasard. „Die Spanier kümmern sich offensichtlich nicht um die Schlucht, weil sie ihre Tücken kennen. Wir können also ohne große Schwierigkeiten von hier verschwinden. Aber ich fürchte, daß es damit nicht getan ist.“

Die Männer sahen sich an.

Al Conroy wiegte den Kopf. El Vasco fuhr mit allen fünf Fingern durch sein krauses, schon angegrautes Haar.

„Die Spanier werden ziemlich schnell merken, daß sie ein leeres Plateau beschießen“, sagte er langsam. „Der ‚eiserne Zwerg‘ wird vor Wut schäumen und alles daransetzen, uns aufzustöbern.“

„Und es wird ihm gelingen, zumindest unsere Spuren zu finden“, stellte Jan Joerdans fest. Der Geusenkapitän mit dem welligen hellbraunen Haar ließ den Blick schweifen. „Wir sind mehr als fünfzig Männer. Wir können nicht einfach nach Portugalete marschieren, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen.“

„Was wahrscheinlich bedeutet, daß die Spanier jedes Haus, jeden Schuppen und jeden Stall durchsuchen werden“, sagte El Vasco.

„Und daß sich entschieden mehr Soldaten in Alarmbereitschaft befinden, als wir gerechnet haben“, setzte Friso Eyck hinzu. „Unser ganzer Plan steht und fällt mit der Möglichkeit, daß sich ein Stoßtrupp unbemerkt bis zur ‚Linterna Roja‘ durchschlagen kann. Und das geht nicht, wenn die ganze verdammte Stadt von spanischen Soldaten wimmelt.“

Schweigen.

Hasard hatte sich abgewandt und spähte aus schmalen Augen zu den Kanonen hinüber, von denen jetzt die erste zwischen den Felsen in Stellung gebracht wurde. Mit den beiden anderen mühten sich die Männer noch ab. Das Gros der Spanier hatte sich in drei Scharfschützen-Reihen auf der Ebene versammelt. Wahrscheinlich würde der kleine Comandante, den man hier den „eisernen Zwerg“ nannte, später einen Versuch unternehmen, die Felswand erklettern zu lassen. Unter dem Schutz von massivem Musketenfeuer auf den Rand des Plateaus und einer ebenso massiven Kanonade mochte das sogar gelingen. Wenn auch die armen Kerle, die von ihrem Vorgesetzten in dieses Abenteuer gehetzt wurden, bestimmt nicht zu beneiden waren.

„Hast du vielleicht ’ne Idee, Sir?“ fragte Ed Carberry grollend.

Hasard wandte sich um und grinste ihn an.

„Sicher“, sagte er gelassen. „Wir müssen die Spanier schlagen, was sonst? Und zwar so vernichtend schlagen, daß keiner mehr nach Portugalete zurückfindet, um den Hafenkommandanten zu warnen. Das heißt, wir müssen sie absolut wasserdicht einkesseln und alles gefangennehmen, was sich ergibt.“

Eine kurze Stille folgte seinen Worten.

El Vasco und die baskischen Wächter glaubten, einen Scherz gehört zu haben. Nur daß Ed Carberry, Al Conroy und der Bootsmann Ben Brighton gar nicht so aussahen, als würden sie das als Scherz auffassen. Der Profos reckte mit einem zufriedenen Schnaufen die rahsegelbreiten Schultern. Ben Brightons ruhige graue Augen schienen die Stärke der Spanier abzuschätzen. Und selbst in den braunen Augen Jan Joerdans’ und den blauen Friso Eycks erschien nach einem Moment der Überraschung ein spekulatives Glitzern.

„Den Geschützmannschaften können wir in den Rücken fallen“, sagte Kapitän Joerdans gedehnt. „Dafür genügen je drei, vier Mann, das geht wie der Blitz. Wenn wir den Rest der Bande dann mit je zwanzig Mann von den Flanken aus angreifen …“

„Tun wir aber nicht“, sagte Hasard ruhig. „Wir bauen eine schöne saubere Falle auf. Sobald die Geschützmannschaften außer Gefecht sind, schmeißt die Gruppe, die hier oben zurückbleibt, den Gentlemen eine Flaschenbombe vor die Füße. Dann fordern wir sie auf, sich zu ergeben. Und wenn sie es nicht tun, haben sie sich die Folgen selbst zuzuschreiben.“

„Die werden laufen wie die Hasen!“ freute sich Al Conroy.

„Ja. Und zwar genau in die Arme der beiden Gruppen, die sie in die Zange nehmen. Auf diese Weise müßte es zu schaffen sein. Einverstanden, El Vasco?“

Der Baske hatte mit offenem Mund zugehört. Jetzt schluckte er heftig und versuchte, seine Fassung zurückzugewinnen.

„Dürfte ich vielleicht mal erfahren, was Flaschenbomben sind?“ fragte er erschüttert.

Hasard erklärte es ihm.

Er setzte auch gleich hinzu, daß die Seewölfe, die ja ursprünglich ebenfalls das Plateau hatten stürmen wollen, genug von den „Flaschenbomben“ bei sich hätten. El Vasco schluckte abermals. Er versuchte sich vorzustellen, was diese mit Zündschnüren versehenen, mit Schwarzpulver, Nägeln und Metallzeug gefüllten Flaschen anrichten konnten – und jetzt erschien auch in seinen Augen das spekulative Glitzern.

Im selben Moment ertönte ein dumpfes Krachen, Rauch wölkte auf, und die erste Kanonenkugel zog ihre gewölbte Bahn über die Ebene und schlug dröhnend zwischen den Felsen des Plateaus ein.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 147

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