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2.

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Philip Hasard Killigrew, der Seewolf, sah der Pinasse mit den leeren Wasserfässern entgegen, als der Schuß fiel.

Luke Morgan, Sam Roscill und Matt Davies, der Mann mit der Haken-Hand, hatten eine weitere Quelle an der Westseite der Insel entdeckt. Eine Quelle, die passenderweise in Kaskaden über Felsvorsprünge floß, so daß man die Fässer nur unter das fallende Wasser stellen brauchte, um sie zu füllen. Am Strand waren der rothaarige Schiffszimmermann Ferris Tucker, der blonde Stenmark, Dan O’Flynn und der Moses Bill damit beschäftigt, aus jungen Palmenstämmchen und Lianen Tragegestelle zu fertigen. Arwenack, der Schimpanse, hüpfte um sie herum, keckerte aufgeregt und trommelte sich auf die behaarte Brust, als wolle er Besitzansprüche auf die Insel anmelden.

Der Schuß ließ nicht nur die Männer, sondern auch den Affen erstarren.

Philip Hasard Killigrew wirbelte herum, die eisblauen Augen zusammengekniffen. Der Schuß war irgendwo im Dickicht auf der Anhöhe gefallen, die den Mittelpunkt der Insel bildete. Kein Schrei folgte, kein Kampflärm – nur das eigentümlich hohe, schrille Singen, das entsteht, wenn eine Kugel von Stein oder Metall abprallt.

Im nächsten Augenblick fegte ein flatterndes rotes Etwas über die Palmwipfel, entpuppte sich als Sir John und ließ sich zielgenau auf der breiten Schulter Edwin Carberrys nieder, der gerade mit einem Sprung von der Pinasse an Land setzte.

„Affenarsch und, Rübenschwein!“ krächzte der Vogel. „Chinesisches Hackfleisch und Lochstickerei!“

„Hä?“ fragte der Profos verdutzt.

„Palmeiro!“ kreischte der Papagei. „Hilo Palmeiro! Hipp-hipp-hurra!“

Ed Carberry kratzte ratlos sein zernarbtes Rammkinn.

Der Seewolf spähte zu der Anhöhe hinauf und versuchte angestrengt, eine gedankliche Verbindung zwischen einem Pistolenschuß, chinesischem Hackfleisch, Lochstickerei und einem fremden Namen herzustellen. Es gelang ihm nicht. Erbittert knirschte er mit den Zähnen, zog die sächsische Reiterpistole aus dem Gürtel und marschierte quer über den Strand – mit dem schnellen, federnden Gang eines kampfbereiten Panthers.

Die anderen Männer schlossen sich an.

In der schwülen, schattigen Wildnis jenseits des Palmengürtels stießen sie auf Batuti, der den Schuß ebenfalls gehört hatte.

„Kleine Seewölfchen da oben!“ sprudelte der schwarze Herkules aus Gambia hervor, und Hasard hatte das Gefühl, als streiche ein Eiszapfen über seinen Rücken.

Drei Minuten später stellte er fest, daß er sich umsonst sorgte.

Es raschelte im Gestrüpp. Zweige knackten, jemand ächzte und rief verschiedene Heilige an – auf Portugiesisch. Die Reaktion erfolgte dreistimmig und klang nicht so, als seien die Besitzer der Stimmen zu Schaden gekommen.

„Beweg deine müden Knochen, du Laus“, knurrte Smoky, wobei er großzügig übersah, daß Läuse keine Knochen haben.

„Hopp-hopp, du Rübenschwein!“ kommandierte Hasard junior.

„Schneller, oder wir ziehen dir die Haut in Streifen von deinem verdammten Affenarsch!“ ließ sich Philip junior vernehmen.

Der Seewolf blieb stehen und schoß Ed Carberry einen vernichtenden Blick zu. Von ihm stammten nämlich die phantasievollen Sprüche, die ihm die Zwillinge noch eifriger als der Papagei ablauschten. Der Profos schluckte. Entgeistert starrte er dorthin, wo sich jetzt die Büsche teilten.

Als erster erschien der Portugiese, der die Heiligen angerufen hatte.

Mit gutem Grund. Seine Hände waren auf den Rücken gefesselt, von einer Platzwunde am Kopf rann Blut über sein Gesicht. Hinter ihm marschierte Smoky, sichtlich wütend, und knuffte ihn ab und zu unsanft in die Rippen. Die Zwillinge bildeten den Schluß, sahen sehr vergnügt aus und überboten sich gegenseitig darin, den Gefesselten mit den erlesensten Greueltaten der Marke Carberry zu bedrohen.

Der Portugiese, der nicht wissen konnte, ob Hautabziehen, Kielholen oder Tätowieren mittels Marlspieker tatsächlich zu den Gewohnheiten seiner Gegner gehörten, war gelblich-fahl wie altes Pergament.

Jetzt prallte er zurück, als sein Blick auf die Männer vor ihm fiel. Dabei hatte er das Pech, Smoky auf den Fuß zu treten. Und der Decksälteste, der den Seewolf und die anderen noch nicht sehen konnte, revanchierte sich mit einem deftigen Tritt in den Achtersteven.

Der Portugiese jaulte auf, segelte vorwärts und fiel Philip Hasard Killigrew in die Arme.

Der Seewolf lüftete ihn kurz an und stellte ihn auf die Füße. Dabei hielt er ihn am Kragen fest, weil der Bursche sichtlich weiche Knie hatte.

„Ach du liebe Zeit“, brummte Edwin Carberry nach einem prüfenden Blick auf das Jammerbündel.

„Wir ihn gefangengenommen“, verkündete Hasard junior.

„Mit Stein“, bekräftigte Philip junior. „Weil er Smoky mit Lochstickerei verzieren wollte.“

„Stimmt“, sagte der Decksälteste.

Und Edwin Carberry, auf dessen Schulter immer noch Sir John hockte, ging die rätselhafte Geschichte nun endgültig über die Hutschnur.

„Was, zum Teufel, ist Lochstickerei?“ brüllte er in einem Ton, der sekundenlang sogar das schrille Konzert der Vögel im Dickicht verstummen ließ.

Smoky erläuterte es.

Er wußte zwar auch nicht, was Lochstickerei war, aber er wußte, was sein Gegner gemeint hatte: das Stanzen von Löchern in den menschlichen Körper mittels Schußwaffe. Das Rätsel um Sir Johns „chinesisches Hackfleisch“ klärte sich ebenfalls. Währenddessen schien der Portugiese immer mehr in sich zusammenzukriechen. Am Ende schlotterte er an allen Gliedern – zumal Sir John immer wieder etwas von einem „Rübenschwein“ dazwischenkrähte, dem gleich an der Rah der Hals langgezogen würde.

„Sie heißen Hilo Palmeiro?“ erkundigte sich Hasard auf spanisch.

Der Portugiese schluckte und starrte den Seewolf an, als habe er einen Hellseher vor sich.

„J-ja“, stotterte er. „Ich schwöre bei allen Heiligen, daß ich niemandem etwas tun wollte, ich …“

„Und die Lochstickerei?“ erinnerte der Seewolf trocken.

„Ich wollte nicht schießen. Die Pistole ist losgegangen, als ich den Stein an den Kopf kriegte. Ich bin schiffbrüchig. Von der ‚Dona Felipa‘. Ich wurde im Sturm über Bord gespült und hier angeschwemmt, schon vor einer Woche. Ich mußte doch vorsichtig sein! Ich wollte doch nur wissen, ob ich Freund oder Feind vor mir hatte!“ Er stockte und rang mühsam um Fassung. „Wer sind Sie?“

„Philip Hasard Killigrew. Kapitän der ‚Isabella VIII‘.“

Hilo Palmeiro wurde noch um einen Schein blasser.

„Der Seewolf!“ stöhnte er.

„So nennt man mich, ja.“

„O Madonna! Der Himmel stehe mir bei! Heiliger Christophorus, Schutzpatron aller Seefahrer …“

„Dank lieber dem heiligen Sebastian“, unterbrach ihn Hasard sanft.

„Dem – dem heiligen Sebastian?“

„Das ist der Schutzpatron aller Schützen“, sagte Hasard trocken. „Er hat dich davor bewahrt, meinen Decksältesten zu treffen, und das ist dein Glück. Wir sind Engländer, Amigo. Bei uns ist es Brauch, Schiffbrüchigen zu helfen – ohne Rücksicht auf die Nationalität.“

Hilo Palmeiros Blick huschte von einem zum anderen.

So blutrünstig, fand er, sahen die Männer jetzt gar nicht mehr aus. Er schluckte den Kloß in der Kehle herunter und atmete tief.

„Und was werden Sie mit mir tun?“ wollte er wissen.

Hasard zuckte mit den Schultern.

„Da Sie nicht gut hierbleiben können, werden wir Sie mitnehmen“, sagte er. „Vielleicht begegnen wir der ‚Dona Felipa‘ oder stoßen auf eine portugiesische Niederlassung.“

„Boote Steuerbord querab!“

Die Stimme des Ausgucks gellte über die Decks der „Dona Felipa“. Reichlich verspätet, wie Capitan da Carrilho mit einem einzigen Blick feststellte. Die Galeone segelte mit halbem Wind unter Fock und Besan gemächlich an der Küste von Neu-Guinea entlang. Gemächlich deshalb, weil die Crew die gefährlichen Untiefen dieses Gewässers kannte. Für den Ausguck, der in erster Linie auf Schaumstreifen und erst in zweiter Linie auf die Küste zu achten hatte, war das eine hinreichende Entschuldigung. Für die Mannschaft war es ein Anlaß zu Mißmut: da jeden Augenblick blitzschnelle Segelmanöver notwendig werden konnten, waren sämtliche Rumflaschen ins Kombüsen-Schapp geschlossen worden.

Der Schrei des Ausgucks fuhr wie ein Donnerkeil unter die dösenden Gestalten.

Der Capitan war auf dem Absatz seines ausgelatschten Seestiefels herumgefahren. Aus schmalen Augen spähte er zur Küste. In seinem Magen schienen plötzlich Ameisen zu kribbeln, als er den Schwarm schneller, wendiger Ausleger-Boote sah, der mit explosiver Plötzlichkeit zwischen den mächtigen Luftwurzeln der Mangroven hervorschoß.

Papuas! Die Eingeborenen, unter denen die portugiesischen Piraten ein brutales Massaker angerichtet hatten.

Die Boote waren verschont geblieben. Der Teufel mochte wissen, wie es die Wilden geschafft hatten, sie so schnell über Land zu transportieren. Oder handelte es sich um einen anderen Klan? Waren sie nicht auf Rache aus, sondern einfach nur auf Beute?

„D-d-das sind ja Hunderte!“ stammelte der Steuermann der „Dona Felipa“ erschrocken.

Da Carrilho preßte die Lippen zusammen.

Ja, es waren Hunderte! Und sie näherten sich in einem Höllentempo, bei dem sie nicht lange brauchen würden, um die Galeone zu erreichen. Sicher konnte man sie mit den Bordgeschützen gehörig dezimieren. Aber selbst wenn jede Kugel ein Boot traf und die Männer sich mit Pistolen und Musketen als Wunderschützen entpuppten, was beides unwahrscheinlich war, würden noch genug von den Kriegern übrigbleiben, um zu entern und an Bord der „Dona Felipa“ ein Blutbad anzurichten.

Da Carrilhos Nackenhaare stellten sich auf.

Seit er den tollkühnen Sturmangriffen auf Festungen oder feindliche Kriegsgaleonen entsagt hatte, hielt er Vorsicht für den besseren Teil der Tapferkeit. In diesem Fall riet ihm die Vorsicht zur Flucht. Die Vorstellung, jemand könnte ihm seine eigene Medizin zu schlucken geben, ließ ihn erschauern.

„Heißt Blinde, Großsegel und Marssegel!“ schrie er mit überschnappender Stimme. „Etwas abfallen! Schneller, ihr Hundesöhne!“

Die Männer rannten, als wären die Planken unter ihren Füßen plötzlich glühend geworden.

Minuten später hatte die „Dona Felipa“ jeden Fetzen Tuch gesetzt, schwang leicht nach Steuerbord herum und rauschte mit raumem Wind wie ein zorniger Schwan über das Wasser. Auf diese Weise geriet sie zwar etwas dichter unter Land, hängte jedoch um so schneller die Boote ab, die sie verfolgten. Der Pulk der Eingeborenen-Fahrzeuge blieb achteraus. Capitan da Carrilho starrte mit verkniffenem Gesicht nach vorn. In der Nähe der Küste verrieten Brecher die tückischen Sandbänke. Wenn die Galeone auflief, konnten sie alle ihr Testament machen. Der Capitan mahlte so ingrimmig mit den Zähnen, daß seinem Steuermann ob des knirschenden Geräusches ein kalter Schauer über den Rücken rieselte.

„Anluven!“ brüllte da Carrilho. „Wir gehen höher an den Wind!“

„Anluven!“ nahm der Bootsmann die Worte auf. „Hurtig, hurtig, ihr lahmen Säcke! Beeilt euch, oder ich nagele eure Ohren an den Großmast!“

Fluchen gehörte zum Handwerk, auch auf der „Dona Felipa“.

Bei dem müden Haufen an Bord war das auch notwendig. Meistens jedenfalls. Jetzt allerdings, von gefährlichen Untiefen bedroht und noch gefährlicheren Wilden verfolgt, zeigten die Männer, daß sie sich notfalls mächtig ins Zeug legen konnten.

Blitzartig wurden die Rahen dichter geholt, die „Dona Felipa“ ging hoch an den Wind und hielt wieder etwas von der Küste ab. Die Auslegerboote hatten jetzt keine Chance mehr, die Galeone einzuholen.

Da Carrilho starrte zu den braunhäutigen Eingeborenen hinüber, die wütend ihre Speere schüttelten, und fragte sich, was wohl an den Gerüchten dran war, die den Papuas herzhafte kannibalische Gelüste nachsagten.

Den Portugiesen überlief es kalt trotz der Hitze.

In dieser Gegend, wurde ihm klar, konnten sie nicht länger bleiben, ohne beträchtliche Gefahren für ihre kostbare Haut heraufzubeschwören. Da Carrilho überlegte einen Augenblick, dann beschloß er, sich so schnell wie möglich nach Süden abzusetzen.

Die Aussicht auf Beute war weder hier noch dort besonders verlockend. Aber Carrilho und seine Genossen nährten sich ohnehin seit langem nur noch von der Hoffnung, daß ihnen eines Tages der große Glückstreffer begegnen würde.

„… und dann setzte dieser verdammte Sturm ein. Das Großsegel ging flöten, die Vormarsrah krachte weg und kappte das Manntau, an dem ich mich gerade entlanghangelte. Und schon war’s passiert! Meine Kameraden hatten keine Chance, mich aufzufischen. Ich konnte mich an der Rah festhalten, die mit über Bord gegangen war. Reines Glück, daß ich hier angeschwemmt wurde, bevor mich die Haie erwischten.“

Hilo Palmeiro erzählte auf spanisch, das er fließend beherrschte.

Der Seewolf hörte mit halbem Ohr zu, während er aufmerksam in den Himmel spähte. Ein Himmel, dessen intensives Blau ihm nicht recht gefiel, weil es einen Stich ins Metallische hatte. Auch Ed Carberry und Ben Brighton, der Bootsmann, blickten immer häufiger nach oben und sogen die Luft ein, als witterten sie in den Wind.

An Bord der „Isabella“ hatte Donegal Daniel O’Flynn senior, Dans Vater, bestimmt schon verkündet, daß er den drohenden Wetterumschwung in seinem Beinstumpf spüre.

Hasard zuckte unwillkürlich mit den Schultern und sah zu seinen Söhnen hinüber, die Steine gesammelt hatten und Zielübungen auf Kokosnüsse veranstalteten.

Die erbeuteten Früchte betrachteten sie als Privatbesitz. Erstens weil sie immer hungrig waren, zweitens weil sich aus den sorgsam ausgehöhlten Kokosnuß-Schalen alle möglichen Dinge anfertigen ließen, deren Qualitäten und Nutzeffekt den Erwachsenen schleierhaft blieb. Es gab auch noch einen dritten Grund, der in dem Wunsch aller kleinen Jungen dieser Welt wurzelte, die Gewohnheiten echter Männer nachzuahmen. Dieser dritte Grund wurde strikt als Geheimnis gehütet. Bisher hatte noch niemand das Versteck der angebohrten und wieder zugestopften Kokosnüsse entdeckt, deren Milch vor sich hin gärte und in ein, zwei Wochen hoffentlich ein handfestes, hochprozentiges Schnaps-Stadium erreichen würde.

Die Männer, die nicht mit dem Verladen der gefüllten Wasserfässer beschäftigt waren, hörten Hilo Palmeiro zu.

Daß sich einzelne spanische und portugiesische Schiffe in dieser Gegend herumtrieben, war an sich nicht verwunderlich: sie suchten ständig neue Quellen für ihren Handel mit kostbaren Gewürzen, seltenen Hölzern, fremdartigen Kunstgegenständen und ähnlichem. Die „Dona Felipa“ schien allerdings schon seit etlichen Jahren hier zu vagabundieren, ohne auf Heimatkurs zu gehen. Nach einem rechtschaffenen portugiesischen Handelsfahrer sah das nicht gerade aus. Eher schon nach einem wilden Haufen gestrandeter Existenzen, nach jenem besonderen Menschenschlag, den man oft in den Tropen traf: Männern, die irgendwann und irgendwo hängengeblieben waren und nicht mehr den Weg zurück in die Zivilisation fanden. Erfahrungsgemäß mußte man solche Typen mit Vorsicht genießen, aber was die „Dona Felipa“ betraf, war das vorerst nur eine Vermutung.

Auf dem ausgetretenen Pfad jenseits des Palmengürtels entstand Bewegung.

„Wahrschau!“ ertönte ein rollender Baß, der dem früheren Schmied und Waffenmeister der Feste Arwenack gehörte. Die Warnung galt den Zwillingen, die sofort ihre Zielübungen einstellten, damit niemand eine Kokosnuß auf den Kopf bekam. Big Old Shane, Ferris Tucker, Batuti und Blacky brachen aus dem Dickicht, das Gestell mit dem letzten Wasserfaß zwischen sich schleppend. Mit geübtem Schwung verstauten sie es in der Pinasse. Die beiden Jungen beeilten sich indessen, ihre Kokosnuß-Beute aufzusammeln.

Minuten später legte das Beiboot ab.

Hilo Palmeiro war sichtlich froh, die Insel hinter sich zu lassen. Sie hatte ihn zwar gerettet und hätte ihn wohl auch noch eine Weile mit allem Lebensnotwendigen versorgt, aber zum Eremiten war der hagere Portugiese nicht geboren.

Auf die selbstverständliche Gastfreundschaft an Bord der „Isabella“ reagierte er mit verborgenem Mißtrauen: ein weiterer Anhaltspunkt für den Verdacht, daß es in seiner gewohnten Umgebung auf der „Dona Felipa“, üblich war, in erster Linie die eigenen Schäfchen ins Trockene zu bringen. Der Portugiese erweckte den Eindruck eines Mannes, der hinter jeder Geste der Hilfsbereitschaft unweigerlich eine Falle witterte. Aber im Augenblick blieb ihm gar nichts anderes übrig, als seinen Gastgebern zu vertrauen und zu hoffen, daß man ihn möglichst schnell bei irgendwelchen Landsleuten absetzen würde.

Nach all der einseitigen Kost aus Fisch und Früchten erschienen ihm Brot, Pökelfleisch und Suppe, die der Kutscher servierte, wie das leibhaftige Paradies.

Frisches Wasser gab es auch wieder, den obligatorischen Zitronensaft hatte der Kutscher zur Feier des Tages mit Rum und Zuckerrohr gewürzt. Als die „Isabella“ wenig später ankerauf ging, hätte die Stimmung ausgezeichnet sein können, wenn nicht diese bleierne Schwüle in der Luft gewesen wäre.

Der Seewolf stand an der Schmuckbalustrade des Achterkastells, spähte mit gefurchter Stirn nach Westen und schätzte, daß das Unwetter höchstens noch ein paar Stunden auf sich warten lassen würde.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 192

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