Читать книгу Fesselnde Spiele - Kelly Stevens - Страница 5
Im Club
ОглавлениеIch halte die Kerze in meiner rechten Hand ein wenig schräg, sodass heiße Wachstropfen ein unregelmäßiges weißes Muster auf die Haut der Frau unter mir sprenkeln, während ich ihr mit meiner Linken die langen Haare aus dem immer noch perfekt geschminkten Gesicht streiche.
Sie zuckt und stöhnt, aber die Fesseln halten sie bäuchlings auf der gepolsterten Bank fest. Mit einem Blick überprüfe ich, dass die Wachstropfen sich langsam härten, bevor ich neue auf ihren Rücken träufele. Sie stöhnt lauter. Ihr Dom Henry nickt mir anerkennend zu, während er sie fickt.
Die Frau, die durch mich mit immer mehr Wachs überzogen wird, heißt Ashley und ist eine der Typen, die ich nicht ausstehen kann: jung, reich, hübsch und immer auf der Suche nach dem nächsten Kick. Früher waren es in der Londoner Szene Musik und Drogen, heute sind es Sexparties und BDSM. Wobei Ashley eine dieser Möchtegern-Subs ist, die allenfalls vorsichtig an der Oberfläche der Szene kratzen will, aber viel zu viel Angst hat, sich wirklich darauf einzulassen.
Einen Moment zuckt meine Hand, dann gebe ich der Versuchung, sie zu testen, nach und gieße einen Schwall Wachs aus niedriger Höhe auf ihren Rücken. Sofort schreit sie auf und zerrt an ihren Fesseln, dabei weiß ich aus Erfahrung, dass, selbst wenn ihr Körper gerade kein Adrenalin ausschütten würde, es mehr Überraschung als wirklicher Schmerz gewesen ist. Wenn sie schon bei so ein bisschen Wachs zetert, dann darf sie sich nie eine richtige schwedische Massage verpassen lassen. Oder ein nettes Spanking. Als sie vorhin das Paddle gesehen hat, hat sie schon geschrien, bevor Henry es überhaupt in die Hand nahm. Mich wundert nur, dass er es nicht benutzt hat – für mich wäre ihr Verhalten die perfekte Aufforderung gewesen, ihr ein bisschen Respekt einzuflößen und Manieren beizubringen.
Aber Ashley ist eine dieser Frauen, die montags in eine hippe Bar geht, um Cocktails zu trinken und mit reichen Männern zu flirten, sich dienstags mit ihren Freundinnen zu einem Charity-Dinner trifft und mittwochs eben in einen BDSM-Club flaniert, um sich zu amüsieren.
Ich hatte schon mehrfach das zweifelhafte Vergnügen, auf sie zu treffen, und allmählich reicht es mir. Sie hat die Szene nicht begriffen und wird es auch nie. Jede zweite Session bricht sie mittendrin mittels Codewort ab, meistens, bevor überhaupt irgendetwas passiert ist, was dies in meinen Augen rechtfertigen würde, um danach in die Bar zu gehen und ein paar kostenlose Drinks zu kippen, als wäre sie nur wegen dem Alkohol hier. Vielleicht ist sie das sogar.
Henry ist inzwischen kurz davor, zu kommen. In der Position, in der Ashley festgebunden ist, kann ich nicht viel machen, um ihr Lust zu verschaffen, deshalb halte ich mich an die Absprache und tropfe weiter Wachs auf ihre Schultern.
Wenn sie wirklich auf Lustschmerz stehen würde, wäre sie von der ganzen Situation jetzt so heiß, dass sie sofort käme, sobald Henry es ihr erlauben würde.
Und wenn er ein guter Dom wäre, wäre ihm bewusst, dass er auch für ihre Lust verantwortlich ist und nicht nur für seine.
Zumindest ist dies meine Einstellung. Es gibt natürlich auch genug Anhänger der harten SM-Szene, die die Sklaven rücksichtslos zur Befriedigung ihrer eigenen Lust benutzen und sich allenfalls für ihre körperliche Unversehrtheit verantwortlich fühlen. Auch Henry scheint einer dieser Doms zu sein, der sich mehr um sich selbst kümmert als um seine Sub.
Während ich überlegen lächele, schüttele ich innerlich den Kopf. Genau diese Art von Gästen hat es früher hier nicht gegeben. Der Club gilt als ultra-exklusiv, und normalerweise muss man von anderen Mitgliedern empfohlen werden, bevor man selbst Mitglied werden kann. Aber der BDSM-Modewelle, die seit einiger Zeit in Büchern, Filmen und neuerdings auch Clubs praktiziert wird, konnte sich auch Frankie, der Clubbesitzer, nicht verschließen. Er behauptet, er sei jung und brauche das Geld, und Geld bringen diese neuen Kunden, selbst auf die Gefahr hin, dass sie uns Stammkunden verdrängen.
Henry hat seinen Höhepunkt, Ashley nicht. Trotzdem spüre ich, dass die Session damit beendet ist, und löse auf sein Zeichen hin ihre Fesseln. Da er nicht so aussieht, als wolle er sich um sie kümmern, übernehme ich: »Warte, bleib noch kurz liegen. Lass deinen Kreislauf sich stabilisieren. Ich mache dir derweil das Wachs ab.«
Sie murrt, was mich an den Rand meiner Geduld bringt. Keine gute Idee. Soll sie es doch selbst machen. Doch dann kommt mir eine bessere Idee. Ich grinse und greife nach einer Gerte, die ich gespielt drohend erhebe. »Ich schlage es schnell ab, das geht am Schnellsten.«
»Bist du wahnsinnig!«, quiekt sie und richtet sich viel zu schnell auf, sodass sie leicht schwankt und sich an der Bank festhalten muss.
Falsche Antwort, Schätzchen. Zwar hat sie heute nicht abgebrochen, aber ihr Make-Up ist immer noch perfekt und nicht verlaufen, für mich ein Zeichen, dass sie sich nicht wirklich auf die Session eingelassen hat. Auch ihre Haut ist, bis auf eine kleine Stelle, wo sie der Wachsschwall getroffen hat, kaum gerötet. »Nein. Viel Spaß alleine in der Dusche.«
Das Wachs wird größtenteils von selbst abfallen, sobald sie sich bewegt. Mir kann es egal sein, schließlich bin nicht ich diejenige, die ihr hinterher putzen muss. Dafür hat Frankie mehrere Asiatinnen, die frühmorgens hier anrücken, um im Club und den Spielzimmern die Spuren der vorangegangenen Nacht zu beseitigen, und immer mindestens eine, die während der Öffnungszeiten auf Abruf bereitsteht. Die meisten Gäste haben keine Ahnung, was im Hintergrund alles abläuft, von gesetzlichen Vorschriften, die eingehalten werden müssen, über Organisation, Marketing und PR bis hin zu so mundanen Dingen wie Desinfektion und dem Bereitstellen frischer Handtücher.
»Geile Session. Gut gemacht, Kat.«
»Danke, Henry. Immer wieder gerne.«
Das ist gelogen. Ich kann ihn genauso wenig ausstehen wie Ashley, aber ich habe einen Ruf zu verlieren. Den Ruf, die beste Session-Assistentin im Club zu sein.
An der Bar schwinge ich meinen Hintern im knappen schwarzen Lederminikleid auf einen der roten Lederhocker und bestelle einen Gin Tonic. Leder auf blanker Haut liebe ich: Es sieht nicht nur geil aus, es fühlt sich auch so an. Für mich jedenfalls. Und dieses Kleid hier ist auch noch eins meiner besten. Mein eigenes Design.
Frankie steht persönlich hinter dem Tresen, wie er es abends oft macht. Von hier kann er seine Gäste gut im Blick behalten, denn die Bar befindet sich im Erdgeschoss in der Nähe des Eingangs. Jeder, der zu den Spielzimmern will, muss hier vorbei. Dunkle Farbtöne und gedimmtes Licht sorgen trotzdem für Intimsphäre. Nur am Tresen ist es hell.
»Alles klar?«, fragt er, während er das Glas vor mich hinstellt.
Bei Frankie brauche ich mich nicht zu verstellen, sondern kann die Wahrheit sagen, wenn auch durch die Blume. »Das Übliche.«
Er nickt mitfühlend. Frankie führt den Club schon seit Jahren, und ich weiß, dass auch er nicht glücklich mit der Entwicklung ist, die in der Szene gerade stattfindet. Wenn er könnte, würde er wieder auf exklusive Mitgliedschaften umstellen, aber dafür braucht er einen Geldgeber. Und obwohl einige unserer Clubmitglieder Multimillionäre sind, scheint keiner von ihnen mit einem Sexclub in Verbindung gebracht werden zu wollen. Um sich auszutoben ist es ihnen hier gut genug, um zu investieren nicht.
»Tritt Peter am Dienstag wieder mit dir auf?«
Ich nicke bejahend. An jedem ersten Dienstag im Monat veranstaltet Frankie Bondage-Events. Abende, an denen ich oft kunstvoll verschnürt von der Decke baumele. Noch so eine dieser Neuerungen, die mir nicht gefallen, weil er dann seine Clubtüren für jeden aufmacht, der bereit ist, die – zugegebenermaßen horrenden – Eintrittspreise zu bezahlen. Trotzdem sind die Events immer sehr gut besucht. So gut, dass er inzwischen nur noch mit Anmeldungen arbeitet. Der Club ist in London schnell vom Insidertipp zur Location für außergewöhnliche Abendunterhaltung avanciert.
Ich nehme einen Schluck von meinem Drink und blicke mich um. Es ist kurz vor Mitternacht und die Bar ist nicht allzu voll. Viele Gäste scheinen sich gerade in den Spielzimmern aufzuhalten.
»Ach, bevor ich’s vergesse, Kat, ich wollte dir noch jemanden vorstellen.« Frankie, der wieder zu mir gekommen ist, schiebt ein Schälchen gesalzene Erdnüsse über den Tresen.
Zu kostenlosem Essen sage ich nie nein, selbst, wenn mir nach der Session mit Henry und Ashley etwas Süßes lieber gewesen wäre. Vielleicht hole ich mir auf dem Weg nach Hause noch einen Schokoriegel.
»Hmmm?«, bringe ich kauend zustande.
»Danny, das ist Kat, von der ich dir erzählt habe. Katherine, das ist Daniel.«
Warum stellt er mich mit meinem richtigen Namen vor? Im Club heiße ich nur Kat. Schnell schlucke ich die halb gekauten Erdnüsse hinunter, drehe mich auf meinem Hocker halb um und begrüße den Neuankömmling neben mir mit einem huldvollen Kopfnicken.
Meine Güte, wer hat den denn hier reingelassen, denke ich unwillkürlich, als mein Blick auf ihn fällt. »Ist der überhaupt schon volljährig?«
»Er steht vor dir und hört dich sehr gut, und ja, ich bin volljährig.«
Ich schlucke, diesmal ohne Erdnüsse. Na toll, Antipathie auf den ersten Blick. Ein blondes Jüngelchen, durchaus hübsch, aber mit zartem Körperbau und sehr blass. Unter seinen Augen liegen lila Schatten.
»Kat wird dir alles zeigen.«
Nein!, protestiere ich innerlich, kann aber nichts weiter machen als Frankie einen bösen Blick zuwerfen, den er gekonnt ignoriert.
Genervt rutsche ich vom Hocker. Ich bin relativ klein, aber selbst mit meinen hohen Absätzen ist der Besucher immer noch einen halben Kopf größer als ich. »Na, dann komm mal mit. Dein erstes Mal in einem Club?«
Zu meiner Überraschung schüttelt er den Kopf. Obwohl er so blass ist, errötet er noch nicht einmal.
»Behandele ihn gut, Kat!«, ruft Frankie mir hinterher.
»Keine Sorge, Master!«, gebe ich großspurig zurück. Frankie und ich wissen beide, dass ich keinen Meister habe und auch keinen suche, aber unser kleiner Schlagabtausch diesbezüglich hat Tradition. »Ich werde dein Goldstück nicht anfassen.«
Frankie lacht. »Wie ich dir gesagt habe, Danny.«
Was geht denn hier gerade ab? Einen Moment geht mein Blick zwischen den beiden Männern hin und her, dann zucke ich die Schultern und nehme den letzten Schluck meines Drinks, bevor ich Richtung Flur gehe. Als ich an Daniel vorbeikomme, schnippe ich leicht mit den Fingern. »Folge mir.«
Er tut es anstandslos, geht sogar einen halben Schritt hinter mir. Für einen Gast ist er mit der schwarzen Anzughose und einem schwarzen Hemd relativ formell gekleidet. Schwarz ist zwar die bevorzugte Farbe im Club, aber meistens in Lack, Leder, Latex, Samt oder Spitze.
»Die Garderobe und die Umkleiden sind gleich am Eingang. Du bekommst beim Check-In einen Schlüssel für einen der Schränke. Hier kannst du dich in Ruhe umziehen und deine Sachen unterbringen.«
Daniel sieht aus, als wolle er eine Frage stellen.
»Ja?«
Doch er schüttelt den Kopf und folgt mir an der Bar vorbei in den hinteren Teil der Räumlichkeiten.
»Das Haus hat drei Etagen und einen Keller. Im Keller sind die Verliese.« Ich spreche bei den letzten Worten bewusst tiefer und rauer, aber er schmunzelt nur. Mit meiner normalen Stimmlage fahre ich fort: »Im Erdgeschoss ist die Bar, die du ja bereits gesehen hast, unser Veranstaltungssaal, zwei größere Räume für Gemeinschaftsspiele und die Duschen. Außerdem eine Ruheecke, wenn du dich kurz zurückziehen oder nach einer Session erholen möchtest. Dort gibt es ein paar bequeme Récamièren, die ausdrücklich nicht zum Spielen gedacht sind.« Den Sanitätsraum hinter der Bar erwähne ich nicht, obwohl es ihn natürlich gibt – falls sich doch einmal jemand verletzt, was leider immer wieder vorkommt.
»Gemeinschaftsspiele?«, fragt Daniel nun doch.
Ich zeige auf einen der Räume, dessen Tür geöffnet ist. »Manche finden es inspirierend, wenn noch andere aktive Paare dabei sind.« In dem Raum wird gerade eine weibliche Sub an einer Bank von zwei Männern bespielt, während eine andere vor einem Mann auf dem Boden kniet und eine dritte gerade von einem weiteren an der Wand festgebunden wird. »Wenn du auf mehr Privatsphäre stehst, gibt es oben auch diverse kleinere Spielzimmer. Man kann sie im Voraus reservieren, wenn du ein bestimmtes Themenzimmer haben möchtest. Für Zweier oder Kleingruppen, was auch immer du wünschst.«
Ich gehe vor ihm die breite Treppe in den ersten Stock hinauf. Das Haus ist ein viktorianischer Altbau und etwas verwinkelt, aber Frankie hat das Beste daraus gemacht. Hier oben befindet sich eine Galerie, von der aus man nach unten schauen kann. Ich biege in den nächsten Gang ein und deute auf die Türen an beiden Seiten. »Hier sind unsere individuellen Spielzimmer. Jede Tür hat ein Fenster. Je nachdem, ob der Sichtschutz auf der Innenseite hinuntergezogen ist oder nicht, ist Zusehen erlaubt. Wenn das grüne Licht neben der Tür leuchtet, ist das Zimmer frei, bei gelb sind Zuschauer auch innerhalb des Zimmers erlaubt, und rot bedeutet, dass keinerlei Störung gewünscht ist.«
Daniel nickt anerkennend. »Kluges System.«
»Hier, das ist gelb.« Ich weise auf eine Tür, durch deren Fenster man in den halbdunklen Raum sehen kann. In der Mitte des Raumes befindet sich ein Strafbock, an den eine Frau gekettet ist, während ein Mann mit einer Peitsche in der Hand um sie herumstolziert. Aufschneider, denke ich unwillkürlich. Die Frau ist eine vollschlanke Brünette, deren Gesicht ich nicht erkennen kann; bei dem Mann handelt es sich um Tom, ein neues Mitglied.
»Bei den Themenzimmern stehen immer ein paar Stichworte dabei, was sich darin an Spielzeug befindet. Hier beispielsweise der Bock und verschiedene Schlaginstrumente.« Ich tippe mit dem Zeigefinger auf das Schild neben der Tür. »Die Helligkeit im Raum und die Lichtquellen kann man einstellen. Viele Gäste bevorzugen es dunkler.«
»Und hier könnte ich jetzt einfach reingehen?«
»Grundsätzlich ja, wobei auch hier gilt, dass du immer um Erlaubnis bitten musst. Der Top entscheidet, ob er dir Zutritt gewährt oder nicht, für wie lange, und ob du nur zusehen oder eventuell auch mitmachen darfst. Die Entscheidung des Tops ist endgültig und sofort zu befolgen. Ohne Diskussion.« Das hatten wir hier nämlich auch schon. Noch ein Nachteil, wenn plötzlich so viele neugierige Anfänger im Club rumschwirren, die die Regeln nicht kennen oder sie nicht ernst nehmen. Es gibt hier nicht umsonst so viele Regeln. Sie dienen nicht nur dem Schutz der Subs, sondern auch der Doms, selbst, wenn das Viele nicht verstehen wollen. Manche Spielarten hier sind nicht ungefährlich, deshalb muss man sich jederzeit und hundertprozentig darauf verlassen können, dass alle die Regeln kennen und einhalten.
Daniel blickt immer noch durch das Fenster. Ich schnippe wieder mit den Fingern, um seine Aufmerksamkeit zu mir zurückzuholen. Nach einigen Sekunden folgt er mir.
Ein paar Meter weiter ist eine Tür geöffnet. »Dieses Zimmer ist gerade leer.« Ich winke ihn herein. »Eins unserer Bondage-Zimmer. Du kannst unsere Seile benutzen oder deine eigenen mitbringen. Wenn du unsere benutzt, rolle sie hinterher genau so auf, wie du sie vorgefunden hast. Wenn du dazu nicht in der Lage bist …«, am liebsten würde ich sagen »dann lass die Finger davon«, beende meinen Satz aber mit: »… dann sag bitte in der Bar Bescheid, damit sich jemand schnellstmöglich darum kümmern kann. Die Zimmer werden nach jeder Session aufgeräumt und die Geräte gereinigt, aber die große Putzkolonne kommt erst am Vormittag. Also verlasse einen Raum am besten so, wie du ihn vorfinden möchtest.«
Daniel nickt. Braver Junge. Ich hoffe, er meint es auch so.
Auf dem Rückweg kommen wir an einer Tür vorbei, die mit ‚privat‘ gekennzeichnet ist. »Oben sind Frankies Privaträume, hier haben Gäste keinen Zutritt.« Selbst ich war noch nicht dort. Ich weiß, dass sein Büro oben ist, und ich vermute, dass ab und zu die eine oder andere Dame dort nächtigt, aber letztendlich geht es mich nichts an.
Im Erdgeschoss zeige ich Daniel noch die Duschen, die perfekt bestückt sind, sodass man selber nichts mitbringen muss, bevor ich auf die Treppe zeige, die abwärts führt. »Zu den Verliesen geht es dort lang.«
Er folgt mir fast ein bisschen zu eifrig. Sollte das sein geheimer Fetisch sein? Eine Frau in einen Käfig sperren und mit nachgemachten mittelalterlichen Folterwerkzeugen quälen?
Hier unten ist alles offener gehalten, man hat weniger Privatsphäre als in den Spielzimmern im ersten Stock. Aber selbst, als wir an stöhnenden Pärchen und schreienden Frauen vorbeigehen, verzieht Daniel keine Miene. Komischer Kunde. Oder schon so abgestumpft, dass ihn das alles nicht mehr anregt? Dabei sieht er noch so jung aus.
Im letzten Kerker steht eine rothaarige Frau, vor der ein Mann kniet, dem ein Plug im Anus steckt. Ich lächele anzüglich. »Dies ist Madame Xenia, sie ist eine der wenigen Dominas hier im Club. Und dies dort ist ihr Hund. Falls du auf so etwas stehst.«
»Petplay? Nein, danke.« Daniel ist nicht aus der Ruhe zu bringen. Und er scheint doch mehr Ahnung von der Szene zu haben, als ich dachte. Verdammt. Ich mag es nicht, wenn ich nicht die Kontrolle habe.
»Kontaktaufnahme vorzugsweise in der Bar. Du kannst auch ohne eigene Sklavin kommen, manche haben nichts dagegen, wenn jemand mitspielt, aber es werden keine fremden Sklavinnen angefasst ohne ausdrückliche Erlaubnis des Herren. Ansonsten gibt es bei kleineren Verstößen eine Verwarnung, bei schwerwiegenden sofort Hausverbot.«
»Verstanden.«
»Das Geschäftliche regelt Frankie. Es gibt Probemitgliedschaften und reguläre Mitgliedschaften. Wenn du dich entschließt, Mitglied zu werden, stimmst du zu, dass dein Background gecheckt wird – Erfahrung mit BDSM, Vorlieben und Tabus, Gesundheitszustand, und dass du tatsächlich derjenige bist, der du vorgibst zu sein. Beim BDSM basiert viel auf Vertrauen. Dem Vertrag liegt ein Regelwerk bei, das dem Schutz aller Spielpartner dient.«
»Selbstverständlich.«
»Gut. So, Ende der Führung.« Mit aufgesetztem Lächeln komme ich neben der Bar zum Stehen. »Hast du schon etwas gesehen, das dich interessiert?«
Der Blick, den er mir aus blauen Augen zuwirft, ist plötzlich sehr hart und klar und gar nicht mehr jugendlich-verträumt. »Oh ja, das habe ich.«
Trotzdem nehme ich es ihm nicht ab. Vielleicht sollte ich ihn gleich warnen, bevor er die schmerzhafte Erfahrung am eigenen Leib macht, Probemitgliedschaft hin oder her. »Tut mir leid, aber glaube mir, das hier ist nichts für dich. Sei klug und bleib diesem Club in Zukunft fern.« Selbst, wenn ich Frankie damit einen Gast vergraule, noch mehr Anfänger, die nicht wissen, was sie tun, kann sich der Club nicht mehr erlauben, oder es geht rapide bergab und Frankie wird sein Lebenswerk verlieren.
»So, glaubst du?«
Selbst seine Stimme klingt nicht wie die eines Masters.
»Daniel, du eignest dich nicht zum Dom. Ich spüre so etwas. Akzeptiere es einfach.«
Er sieht mich einen Moment lang fast prüfend an, bevor er sanft lächelt. »Wir sehen uns, Katherine.«