Читать книгу BABYBOOM - Die Stücke, Band 3 - Kilian Quast - Страница 3
Bild 1
ОглавлениеARNE´s und LUTZ´s Wohnung, Abend. Ein großer Raum mit Loftcharakter, dessen Eingang an der Rückwand links liegt. Rechts an der Rückwand befindet sich eine offene Küche mit vorgebautem Tresen und Barhockern. Quer im Raum steht eine Couch, schräg gegenüber eine TV – Wand mit Flachbildschirm, im Eingangsbereich ein Esstisch. Jeweils eine Tür führt an der rechten und linken Seite des Raumes zu den dahinter liegenden Zimmern. An den Wänden hängen Illustrationen und gerahmte Kohlezeichnungen. BEATRIX sitzt mit einem Blumenstrauß im Mantel auf der Couch. ARNE und LUTZ kommen mit Einkaufstüten knutschend in die Wohnung und beginnen sich währenddessen gegenseitig auszuziehen und in Richtung Couch zu bewegen.
ARNE
Aber Herr Doktor, was machen Sie denn da?
LUTZ
Ich teste eine neue Behandlungsmethode.
ARNE
Aha. Machen Sie das bei all Ihren Patienten?
LUTZ
Nein, diese Therapie ist nur für Sie.
ARNE
Oh. Ihr Instrument fühlt sich sehr vielversprechend an.
LUTZ
Mhm. Warten Sie bis ich die Lingualtherapie starte.
ARNE
Uh. Ich zittere jetzt schon.
(LUTZ legt ARNE rücklings auf die Couch,wodurch sie beide auf BEATRIX´s Schoß und dem Blumenstrauß landen. BEATRIX ist mit ihrem Gesicht zwischen den beiden. LUTZ guckt etwas irritiert, macht dann aber mit ARNE weiter.)
Schatz, alles in Ordnung?
LUTZ
Ich dachte meine Mutter säß auf der Couch. Bescheuert, was?
ARNE
Die scheint dich echt zu verfolgen. Ich werd sie dir ganz schnell aus dem Hirn...
BEATRIX
Guten Abend.
(ARNE und LUTZ fahren auseinander.)
ARNE / LUTZ
Aaaaaah!
LUTZ
Mutter!
BEATRIX
Ja.
ARNE
Ist die echt?
LUTZ
Ja, leider.
BEATRIX
Ich muss doch sehr bitten.
ARNE
Wie kommen Sie denn hier rein?
BEATRIX
Der Portier war so freundlich.
ARNE
Das ist ja wohl das Letzte!
BEATRIX
Bitte?
ARNE
Hat der nen Zweitschlüssel?
BEATRIX
In unseren Wohngegenden ist das so üblich.
ARNE
Was soll denn das heißen?
BEATRIX
Och, nichts.
LUTZ
Entschuldige, Arne.
BEATRIX
Wofür entschuldigst du dich?
ARNE
Genau Schatz. Sie sollte sich entschuldigen.
BEATRIX
Ich? Ich bin seine Mutter!
ARNE
Eben.
BEATRIX
Also, so eine Frechheit!
LUTZ
Ruhe!! So geht das nicht. Mutter, du gehst jetzt raus und wartest bis ich dich rufe. Arne, du ziehst dich bitte wieder an.
(ARNE und BEATRIX zucken mit den Schultern, BEATRIX verlässt beleidigt die Wohnung, ARNE und LUTZ ziehen sich an.)
Mutter, wir wären dann so weit.
(BEATRIX klingelt, LUTZ öffnet.)
Hallo Mutter.
(BEATRIX betritt stumm die Wohnung und drückt ARNE den verbeulten Blumenstrauß in die Hand.)
Darf ich vorstellen, Arne , meine Mutter, Mutter, das ist Arne.
ARNE
Hallo.
BEATRIX
Wenn die Zeremonien dann jetzt beendet sind, würde ich mich gerne wieder setzen.
LUTZ
Bitte.
BEATRIX
Zu freundlich. So, Arne. Hast du mir irgend etwas zu sagen Lutz?
LUTZ
Ja! Ich finde es unmöglich, dass du unangemeldet hier auftauchst. Du hättest in sonst was rein platzen könntest.
BEATRIX
Mehr als das gerade eben?
LUTZ
Ja.
BEATRIX
Mhm. Das beantwortet aber nicht meine Frage.
LUTZ
Das wird auch so bleiben.
ARNE
Dann werde ich eben...
LUTZ
Nein.
BEATRIX
Bemühen Sie sich nicht, Arne. Mein Sohn hält es seit geraumer Zeit nicht mehr für nötig sein Privatleben mit mir zu teilen. In sofern war ich gezwungen mir einige Informationen zu beschaffen, die unmiss-verständlich beweisen, dass zwischen Ihnen und meinem Sohn ein partnerschaftliches Verhältnis besteht.
LUTZ
Hast du uns etwa bespitzeln lassen?
BEATRIX
Ich habe mir Sorgen gemacht.
LUTZ
Das glaub ich jetzt nicht.
ARNE
Lutz, bitte beruhig dich.
LUTZ
Nein, tu ich nicht! Das ist wieder mal typisch! Frag sie doch warum.
ARNE
Warum?
BEATRIX
Weil ich finde, dass eine Mutter ein Recht hat zu erfahren, dass ihr Kind homosexuell ist.
ARNE
Sie wollte nur wissen ob du schwul bist.
LUTZ
Von wegen. Frag sie doch ob das alles war, was sie wissen wollte.
ARNE
War das alles was Sie wissen wollten?
BEATRIX
Im Prinzip schon. Natürlich wollte ich auch wissen mit wem mein Sohn zusammenlebt. Das ist doch normal. (Sie weint.) Ich war so traurig, dass er kein Vertrauen hatte offen mit mir zu sprechen. Wo ich immer versucht habe ihm zu zeigen, dass ich in jeder Situation für ihn da bin.
LUTZ
Glaub ihr kein Wort.
BEATRIX
Lutz, du bist mir so fremd geworden. Und dein plötzlicher Auszug - nach 31 Jahren. Was meinst du wie ich mich gefühlt habe?
LUTZ
Ich hab dir gesagt, dass ich mein eigenes Leben leben will und Abstand brauche. Es muss doch wohl möglich sein, das zu akzeptieren!
BEATRIX
Du weißt was wir nach dem Tod deines Vaters zusammen durchgemacht haben, und wie sehr ich an dir hänge. Es ist doch normal, dass ich erst lernen muss damit umzugehen.
LUTZ
Indem du uns einen Detektiv auf den Hals schickst? Das ist nicht normal.
ARNE
Da hat er allerdings Recht.
BEATRIX
Was hätte ich denn tun sollen? Von alleine hättest du es mir ja nicht gesagt.
LUTZ
Frag dich doch mal warum.
ARNE
Komm, Schatz, lass gut sein. Die Sache war daneben, aber immerhin hast du dir das peinliche Outing gespart.
LUTZ
Spinnst du? Wann, wo und bei wem ich mich oute ist meine Sache, und ob überhaupt. Glaub bloß nicht, dass es ihr nur darum ging. Mit Sicherheit hat sie dich bis auf die Knochen ausleuchten lassen.
ARNE
Haben Sie?
LUTZ
Frau van Drathen ist in allem besonders gründlich.
BEATRIX
Ein paar Hintergrundinformationen wollte ich schon haben.
LUTZ
Siehst du, ich hab´s gewusst.
ARNE
Was wissen Sie denn so?
BEATRIX
Ach, dass Sie sehr begabt sind zum Beispiel. Wie man ja sieht.
LUTZ
Und was noch?
BEATRIX
Wo Sie herkommen...
LUTZ
Wer deine Eltern sind, wo du zur Schule gegangen bist, wie viel du verdienst, etc., etc. Hast du auch seine Blutgruppe und seine Kinderkrankheiten ausspioniert?
BEATRIX
Aber nein! Von Masern, Mumps und Röteln abgesehen weiß ich überhaupt nichts. A negativ, nicht wahr?
LUTZ
Ich fasse es nicht!
ARNE
Tja, äh... krass, aber o.k.
LUTZ
Nein, ist es nicht!
BEATRIX
Lutz, ich weiß, dass du nicht ganz zu Unrecht wütend auf mich bist, aber bitte versteh mich doch!
ARNE
Ich kapier nicht ganz warum Sie das gemacht haben, aber ich finde es schade, dass wir uns so kennen lernen.
BEATRIX
Arne, Lutz ist mein einziger Sohn. Ich habe sonst niemanden, verstehen Sie?
LUTZ
Selber Schuld.
ARNE
Lutz, bitte. Wir sollten versuchen das Beste aus dieser komischen Situation zu machen.
LUTZ
Pfff.
BEATRIX
Lieber Arne, ich bin ja so froh und dankbar, dass Sie so eingestellt sind. Ich habe einen Fehler gemacht, das ist mir bewusst. Und ich wäre glücklich wenn Lutz es mir verzeihen könnte. Ich werde mich nicht weiter in euer Leben mischen, wenn ihr es nicht wollt. Jedenfalls weiß ich jetzt, dass Lutz in guten Händen ist.
ARNE
Na ja, wenn Sie mit der Beschattung aufhören wollen wir von ner Verbannung noch mal absehen, oder, Lutz?
LUTZ
Wieso? Auf dem Uranus soll es sehr schön sein.
BEATRIX
Ihr seid ja herzig! Ach, Arne, Sie haben einen wirklich guten Einfluss auf ihn. Kann ich zu meiner Entschuldigung vielleicht irgend etwas für euch tun?
LUTZ
Wie wär´s, wenn du uns jetzt in Ruhe lässt?
ARNE
Lutz!
BEATRIX
Nein, nein, das ist in Ordnung. Aber ich könnte uns doch für Samstag Karten für die Oper besorgen?
LUTZ
Ich kann Opern nicht ausstehen, das weißt du. Außerdem habe ich am Samstag Dienst.
BEATRIX
Ach, schade. Und Sie?
ARNE
Äh, na ja, ich würde schon mitgehen.
LUTZ
Sicher?
BEATRIX
Oh Arne, da freue ich mich! Das wird sicher ein interessanter Abend. Also dann sehen wir uns Samstag um 19:30 Uhr in der Oper. Einen ordentlichen Anzug haben Sie doch, oder?
LUTZ
Mutter!
BEATRIX
Schon gut, schon gut, sonst hätten wir noch einen gekauft. Also, dann bis Samstag, und entschuldigt nochmals meine kleine Störung. Wiedersehen. (ab)
ARNE
Hahahahaha!
LUTZ
Was gibt’s denn da zu lachen?
ARNE
Unglaublich.
LUTZ
Das kannst du laut sagen.
ARNE
Ist ja wie beim Denver-Clan.
LUTZ
Tja, aber das hier ist echt.
ARNE
Krass. Komm, mach dir nix draus. Man kann sich seine Eltern nicht aussuchen.
LUTZ
Warum willst du denn mit ihr in die Oper?
ARNE
Keine Ahnung. Sie hat mir irgendwie leid getan. Außerdem kann ich sie so doch mal näher kennen lernen.
LUTZ
Pass bloß auf, dass sie dich nicht vereinnahmt. Darin ist sie Weltmeister.
ARNE
Ach was.
LUTZ
Du kennst sie nicht.
ARNE
Ich hab auch eine Mutter.
LUTZ
Ja, aber deine ist anders gestrickt.
ARNE
Einfacher.
LUTZ
Das wollte ich damit gar nicht sagen.
ARNE
Ist doch so. Gott sei Dank. Stell dir mal vor wir hätten zwei von der Sorte.
LUTZ
Ich würde mich erschießen.
ARNE
Aua.
LUTZ
Was denn?
ARNE
Ich hab so ein komisches Ziehen.
LUTZ
Wo?
ARNE
Im Bauch.
LUTZ
Zeig mal. (Er tastet ARNE´s Bauch ab.) Hier?
ARNE
Nee, auf der anderen Seite.
LUTZ
Hier?
ARNE
Nee, es ist doch mehr in der Mitte. Ja, da ist es fast richtig, noch ein Stückchen tiefer.
LUTZ
Hier?
ARNE
Noch tiefer.
LUTZ
Also, ehrlich!
ARNE
Sie haben Ihre Untersuchung noch nicht beendet, Herr Doktor.
LUTZ
Dazu habe ich jetzt auch keine Lust mehr.
ARNE
Och, komm.
LUTZ
Nein.
ARNE
Das ist unterlassene Hilfeleistung.
LUTZ
Spinner.
ARNE
Sehen Sie, jetzt ist es schon aufs Hirn geschlagen. Sie müssen mich retten!
LUTZ
Wie wärs mit Elektroschocks?
ARNE
Ja! Man muss nur die Drähte zusammenführen.
LUTZ
Und Ihrer steht schon unter Strom, was?
ARNE
Ja, und so wie ich sehe Ihrer auch.
LUTZ
Das kann man so nicht stehen lassen!
(Beide fallen lachend und sich küssend auf die Couch zurück. Das Licht fadet aus. Zwischenspiel aus „Die Frau ohne Schatten“ von Richard Strauss.)
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