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XII

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Zwischen Tiber, Pincio und dem Kapitol drängt sich in einem Tal Rom, die Ewige, die heilige Stadt.

Die Straßen sind eng, schmutzig, schlecht gepflastert. Bei Regenwetter versinkt man ohne hohe Stiefel im Morast.

An der Piazza Giudea liegen die Handelshäuser. Im Rione di Ponte domizilieren die Handelsherren und Bankiers. Im Rione di Tarione hausen Prälaten, Buchhändler, Literaten, Künstler, Kurtisanen.

Es gibt keine Nachtbeleuchtung. Zwischen dunstigen, ärmlichen Häusern steigen plötzlich üppige Paläste und stolze Kirchen empor.

Die Ruinen der Vergangenheit begegnen einem auf Schritt und Tritt.

Auf dem Forum weiden Gänse und Ziegen. Um die Trajanssäule haschen sich die Kinder. Fünfzigtausend Einwohner zählt Rom – den dritten Teil von Venedig.

Durch ein Seitentor verließ Rodrigo Borgia seinen zwischen Engelsbrücke und Campo di Fiore gelegenen Palast, völlig unkenntlich, nur ein paar Lumpen umgehängt, aber unter den Lumpen den Toledaner Dolch. Er strich durch das Viertel Ponte.

An Kirchentüren blieb er stehen und bettelte.

Wie war die allgemeine Volksstimmung – für oder wider den Papst Sixtus IV.?

Die Orsini waren für ihn.

Die Colonna und Savelli gegen ihn.

Hehe – und die Borgia?

Er drückte seinen zerrissenen Kalabreser Hut tiefer in die Stirn.

Hier in Ponte, auf dem Monte Giordano, herrschten die Orsini.

Rodrigo Borgia schlich um die Torre di Nona und den Monte Giordano, wo Adriana Orsini wohnte, wie der Kater um den heißen Brei.

Man müßte die Vanozza vor den Orsini schützen – aber auch vor den Margana, Falle, Savelli, Cesarini, Barberini.

Für sie hatte es nur Borgia zu geben, große und kleine. Sie selbst war dazu da, Borgia zu gebären. Denn es sollte ein Geschlecht erzeugt werden, fähig, Rom und alle Tore der Erde aus den Angeln zu heben. Außer ihm, Rodrigo Borgia, dem Ahnherrn der Borgia und Schöpfer einer neuen Welt, waren bereits durch ihre und Gottes Hilfe Juan, Cesare und Lucrezia Borgia in dieses Leben getreten, ausersehen, es bunt und prächtig zu gestalten und alle niederen menschlichen und tierischen Wesen zu regieren und zu leiten: mit Hochherzigkeit, Kühnheit, Klugheit, Schönheit, aber auch mit unerbittlicher Strenge und Härte bei unbotmäßiger Auflehnung.

Gegen Gott und Borgia darf niemand löken. Juan! Cesare! Lucrezia! Ihr werdet Borgias Bannerträger sein!

Für euch, für Borgias Ruhm habe ich allen meinen Reichtum gescharrt und gekratzt und gehäuft. Valencia und Karthago sind meine Bistümer und senden mir Tribut, und hundert Abteien Spaniens und Italiens. Warum habe ich das Amt eines Vizekanzlers usurpiert? Um euch jährlich zehntausend Goldgulden sammeln zu können.

Zehntausend Goldgulden, murmelte er vor sich hin und drehte bettelnd seinen Hut vor Santa Maria del Popolo.

Dann trat er in eine Osteria – in eine der Osterien, deren Pächterin noch von früher die Vanozza war.

Er trank einige Viertel Barberino und fing dann zu grölen an:

Die Vanozza ist eine Hure. Wovon lebt sie, he? Von der Hurerei mit diesem – und er spuckte dreimal aus – sogenannten Kardinal Rodrigo Borgia, einem, hol mich Gott, verdammten spanischen Intriganten. Es wird kein gutes Ende nehmen – mit ihr nicht und mit ihm nicht. Warum rennt ihm ihr hochachtbarer Gatte, Signor Giorgio di Croce, nicht ein kaltes Eisen zwischen die Rippen? Rodrigo Borgia zog unter den Lumpen seinen Dolch hervor und fuchtelte damit herum.

Wenn ich diesem – er spuckte wieder aus – Borgia einmal allein begegne, so werde ich ihm mit diesem Messerchen ein wenig die Gedärme kitzeln. Der Kerl soll an mich denken —

Von allen Seiten in der Schenke machte es: Psst! Psst! Psst!

Er schrie so laut, daß man‘s bis auf die Straße hörte.

Jeder soll es hören, schrie er, daß der Kardinal Rodrigo Borgia ein Lump und die Vanozza eine Kapitalshure ist. Jeder. Meint ihr, sie betrüge ihren hochachtbaren Gatten nur mit diesem Borgia? Weit gefehlt! Da haben wir einmal die spanischen Senores Juan Lopez, Marades und Taranza, die bei ihr verkehren – hihi, verkehren – Auch von den edlen Familien der Barberini, Cesarini, Orsini, Torcari dürfte mancher männliche Sproß schon Wurzeln in ihr geschlagen haben…

Jetzt ist‘s aber genug, du Lästermaul! schrie der riesige Wirt der Taverne. Du bringst mir noch meine hochangesehene Schenke mit deinem greulichen Gebrüll bei allen ehrenwerten Bürgern in Verruf. Was gehen mich die Vanozza und der Kardinal Borgia an? Hinaus!

Und er packte Rodrigo Borgia um die Hüften und warf ihn hinaus auf das Pflaster, wo er einige Sekunden wie tot liegenblieb, sich humpelnd erhob und erst hinter einigen Straßenecken in seinen gewöhnlichen schlendernden Gang fiel.

Borgia

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