Отрывок из книги
Titel
Prolog
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Ich kann nicht umhin, diese Anrede für Dich zu verwenden, auch wenn ich weiß, dass Du es, nein, dass Du mich verabscheust. Aber dieses Wort verleiht dem Ausdruck, was ich für Dich empfinde; was ein Vater für seinen Sohn empfindet, mit all seinen Sorgen und seinem Stolz.« Lanea hielt mit zitternder Stimme inne und rang um Fassung. Ihre Kehle schnürte sich bei jedem Wort weiter zu, und sie räusperte sich mehrfach, bevor sie weiterlas: »Wenn Du dieses Schriftstück erhältst, befindet ihr euch, Du, Lanea und die Crew in Sicherheit, und die Monsoon Treasure ist wieder ein Teil von Dir. Doch der Sieg ist kein wirklicher Sieg. Gerade habt Ihr von dem Überfall auf die Abtei von Santo Domingo und auf Puerto Cabballas erfahren, u nd das wird nicht alles sein, was die Waidami in naher Zukunft zerstören werden. Jedes erreichbare Kloster wird vernichtet werden, denn die Waidami wollen keine Religion neben der ihren dulden. Keine Küstenstadt, kein Fischerdorf, selbst Cartagena wird sicher sein, wenn es mir nicht gelingt, Dich davon zu überzeugen, dass meine Vision kein Hirngespinst ist und Du der Schlüssel zur Vernichtung Bairanis bist. – Du hast mich auf Bocca del Torres gefragt, ob Du am Ende frei sein wirst, und ich habe Dir nicht geantwortet. Die Antwort darauf geht über meine Kräfte. Es gibt keine Gewissheit, denn wie Du weißt, sind die Visionen letztendlich nur Möglichkeiten, doch ich sehe auch jetzt nur ein Ende voller Leid und Schmerz.« Laneas Stimme versagte abrupt. Sie hatte den Text doch schon gelesen und wusste genau, was darin stand. Wieso konnte sie nicht einfach vorlesen, ohne mit den Tränen kämpfen zu müssen? Ihr Blick verschleierte sich und sie wischte sich hastig über die Augen. Reiß Dich zusammen, ermahnte sie sich und holte tief Luft: »Dein Ende wird von dem gleichen Fluss gespeist wie Dein Leben; er ist voller Steine und Untiefen. Die Angst davor, Einzelheiten zu nennen und Dich damit dazu zu verleiten, die falschen Entscheidungen zu treffen, ist einfach zu groß. Alles wäre gefährdet! Aber mein Freund Durvin, der ebenfalls ein Seher ist und der Überbringer dieser Nachricht, wird Dich, soweit es in seiner Macht steht, unterstützen und über Dich wachen. Doch manche Dinge sind leider unvermeidbar auf dem Weg, der vor Dir liegt. Jess, es fällt mir schwer, denn ich weiß, was ich von Dir verlange, aber verlasse unverzüglich Cartagena und begib Dich nach Bocca del Torres. Waidami-Schiffe werden an der Insel patrouillieren und Dich dort finden und gefangen nehmen. Auch wenn es Dir unwahrscheinlich erscheinen mag, aber Bairani will Dich und braucht Dich, um seine Macht und seinen Schrecken in die Karibik zu tragen. – Ein Weg, der unglaublich viel verlangt und doch ist der andere Weg, der Dir offensteht, nicht weniger leidvoll. Schon bald ist die Übermacht der Waidami so groß, dass der spanische Gouverneur gezwungen ist, Hilfe aus Spanien zu erbitten. Doch keinem seiner Schiffe wird der Durchbruch gelingen und die so dringend benötigte Hilfe wird nicht eintreffen. Die spanischen Schiffe werden zum größten Teil vernichtet und selbst Cartagena wird fallen. Danach gibt es niemanden mehr, der sich noch gegen die Waidami stellen könnte. Lanea wird, wie unzählige andere, bei einem Angriff ums Leben kommen, und Du bleibst gebeugt unter der Last des Wissens zurück, dass Du dies hättest verhindern können. – Erneut meine Bitte, mein Flehen, verlasse auf der Stelle Cartagena. Nur, wenn Du Dich dem Willen Bairanis unterwirfst, wird Dir auf diesem Weg ein Mensch begegnen, der das Schicksal zu unseren Gunsten wenden wird, und nur so wird Dir die Gelegenheit verschafft werden, Bairani zu töten. – Mit einem Gewissen, das voller Schuld auf Dein Leben blickt, erbitte ich Deine Vergebung – Tamaka« Laneas Stimme wurde bei den letzten Worten immer leiser. Dann ließ sie die Rolle kraftlos sinken. Ihre Augen brannten so sehr, dass die Tränen dahinter unter dem Schmerz einfach versiegten.
Tirado räusperte sich leise, nahm Lanea behutsam die Schriftrolle ab und legte sie beiseite.
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