Читать книгу Tiefschwarze Seelensplitter - K.P. Hand - Страница 4
Der Rabe
ОглавлениеSchweiß bildete sich auf seiner Stirn und perlte seine Schläfen hinab, obwohl es eine kalte Oktobernacht war, stürmisch und verregnet. Sein Grunzen war das einzige Geräusch in der nächtlichen Stille, denn sie machte schon seit einer geraumen Zeit keine Laute mehr.
Das würde sie auch nicht mehr.
Nie mehr.
Der Wald war stockdunkel. Einzig und allein das grelle Licht des Vollmondes stahl sich durch die dichtstehenden Tannen. Der Boden war matschig, denn es hatte den ganzen Tag geregnet, und es goss weiter wie aus Eimern. Gut! Der Regen würde seine Spuren wegspülen, seine Fußspuren und die Schleifspuren, das ersparte ihm einiges an Arbeit. Er packte den Müllsack noch etwas fester und beschleunigte seinen Schritt, mit der anderen Hand hatte er einen Spaten geschultert. Der aufgeweichte Boden würde es ihm auch wesentlich einfacher machen, ein Loch zu graben.
Ein tiefes Loch.
Diese Art von Beseitigung hatte er bisher noch nicht vorgenommen, und obwohl er sich frei von Furcht hielt, war ihm doch mulmig dabei, dieses Risiko einzugehen. Denn egal wie tief er grub, es würde von nun an immer Beweise geben, auf die irgendwann, irgendwer stoßen könnte.
Nicht, dass der Eindruck aufkäme, er hielte sich für furchtlos. Oh nein, er verspürte Angst, so wie vermutlich jeder Mensch – zumindest jeder, dessen Gehirn vollfunktionsfähig war –, doch was er meinte war, dass er längst keine Furcht mehr davor spürte, erwischt zu werden.
Vielleicht war er mit der Zeit zu selbstsicher, ja, sogar arrogant geworden. Zu glauben, niemals erwischt zu werden, war so ziemlich immer der erste Schritt ins Verderben.
Nein, auch wenn er die Arroganz besaß, sich für cleverer als die zu halten, die ihn jagten, er durfte trotzdem keine Fehler machen.
Das Loch musste tief werden.
Nachdem er eine Weile durch den gespenstisch stillen, finsteren Tannenwald gelaufen war, glaubte er, eine geeignete Stelle gefunden zu haben. Er ließ den Sack los, hier würde er die Beweise verschwinden lassen. Doch der Ort war gewiss nicht zufällig gewählt.
Sonst war er seine Beweise stets im Fluss losgeworden, doch deswegen warteten seine Jäger nur darauf, dass er es erneut tat.
Aber so dumm war er nicht.
Er stieß mit einem grimmigen Blick den Spaten in die noch lockere Erde des Urnengrabes und begann zu graben. Schon am Nachmittag, noch bevor es überhaupt etwas zum Vergraben gegeben hätte, war er hier rauf aufmerksam geworden. Bei einem Spaziergang durch den Wald hatte er durch die Bäume die Beerdigung mitangesehen. Die Familienmitglieder, ganz in schwarz, weinten in ihre Taschentücher, eine Frau – die Witwe? Schwester? – verzweifelt klagend.
Ein Waldfriedhof in mitten eines düsteren Tannenwaldes. Die Umgebung hatte etwas sehr Abgeschiedenes, für Hinterbliebene vermutlich etwas Friedvolles. Wer würde schon auf die Idee kommen, hier noch einmal zu graben.
Na ja, bis auf er.
Er wählte den Baum mit dem frischen Grab. Es gab kein großes Loch, hier wurden schließlich nur Urnen bestattet, aber das machte nichts. Der Sack würde reinpassen, dafür hatte er immerhin gesorgt.
Nachdem er die Urne ausgegraben und sie behutsam beiseitegelegt hatte, sagte er kurz unbehaglich: »Verzeihung, Kumpel, ich muss dich kurz stören.« Er hatte Respekt vor den Toten, er hatte Respekt vor dem Leben, vor Menschen, die Respekt verdienten.
Trotzdem war er ein Monster. Vielleicht sogar ein sehr viel größeres Monster als alle anderen in seinem – er nannte es mal – Handwerk. Denn er war nicht verrückt, er handelte im vollen Bewusstsein, mit dem Wissen, dass er falsche Entscheidungen traf, aber ohne den Wunsch, sich ändern zu wollen.
Nein, er war nicht verrückt, er war einfach kaltblütig.
Und froh machte ihn das nicht, wenn er sich auch manchmal arrogant darüber amüsierte, seinen Jägern immer wieder zu entkommen. Aber der größte Grund, weshalb er während seiner Handlungen niemals Angst verspürte, war schlicht und ergreifend der, dass er sich nicht davor fürchtete, sollte er doch erwischt werden.
Manchmal wünschte er sogar, sie würden ihn fassen und er würde seine gerechte Strafe bekommen.
Aber dazu würde es nie kommen, das wusste er. Er war zu vorsichtig, zu … clever. Ganz ohne sich preisen zu wollen, wusste er, dass er seinen Jägern immer einen Schritt voraus sein würde.
Nachdem er das Loch vermutlich viel tiefer als nötig gegraben hatte, stopfte er mit aller Gewalt den Müllsack hinein. Mit dem Fuß trat er die zerteilten Teile, die der Sack beinhaltete, bis zum Loch des Bodens.
Er dachte kurz an das Opfer, erinnerte sich an ihr Aussehen, ihr recht hübsches, rundes Gesicht. Für ihr Alter hatte sie noch wirklich heiß ausgesehen. Ihre braunen Augen hatten ein warmes Funkeln besessen, trotzdem war ihr verwegener Blick von der ersten Sekunde an, als er sie in seine Wohnung eingeladen hatte, deutlich hervorgetreten. Er roch noch den süßlichen Duft – Vanille –, der ihrer haselnussbraunen Lockenpracht angehaftet hatte. Ihre etwas wulstigen Finger waren sanft gewesen, suchend nach Nähe und so verzweifelt suchend nach warmen Fleisch. Oh wie war sie einsam gewesen, ihr ganzes Leben schon, und nicht nur ihre Worte hatten es ihm vermittelt, auch ihr warmer, nach Liebe suchender Blick.
Es hatte gar nicht lange gedauert, als er sie vor einigen Wochen im Internet angeschrieben hatte, bis sie sich auf ein Treffen mit einem scheinbar einfühlsamen, etwas jüngeren Mann eingelassen hatte, der angeblich solch ein großer Bewunderer ihrer schriftstellerischen – mehr laienhaften – Arbeit gewesen war. Sie war einfach zu liebesbedürftig und zu einsam gewesen, um sich dem Risiko nicht zu stellen, welches mit jedem Treffen mit einem Fremden aus dem Internet einhergeht.
Vielleicht fürchtete sie sogar, er wäre nur ein verrückter Stalker, doch der Wunsch nach Nähe und Bestätigung war drängender gewesen als jede Vernunft. Und was sollte Ihr schon in einem netten kleinen Café in der Innenstadt geschehen? Und dann war dieser Mann, dieser Fremde, auch noch so freundlich und charmant, wusste, was er sagen musste, um ihr ein gutes Selbstwertgefühl zu geben, das wegen der Scheidung ihres Gatten, der sie für eine dünnere Frau verlassen hatte, deutlich geschrumpft war. Also ging sie auf seine eher zögerliche, ja fast schüchterne, Einladung zu einem privateren Kaffee ein und folgte ihm nach Hause. Ohne zu wissen, dass sie nie wieder das Tageslicht sehen würde.
Er blickte in das Loch, ohne etwas zu sehen, und legte bedauernd den Kopf schief. So einsam die Frau in den letzten Jahren gewesen war, so einsam würde sie nun auch hier begraben bleiben.
Doch so sehr er sich auch anstrengte, sein Hass war größer als sein Mitleid.
Erst bedeckte er den Sack mit einer dicken Schicht Erde, um die Urne nicht in Berührung mit seiner schändlichen Tat zu bringen – Die Toten müssen in Frieden ruhen, na ja zumindest diejenigen, die es verdienten –, dann schüttete er alles wieder zu.
Im strömenden Regen ging er langsam durch den düsteren Wald zurück. Sein Wagen stand am Waldrand. Doch obwohl er jetzt aus vielerlei Gründen eine warme Dusche gebraucht hätte, um den kalten Regen, der durch seinen schwarzen Wollmantel drang, und auch um die Berührung der Frau endlich abzuwaschen, die ihm das Gefühl gab, schmutzig und wiederwertig zu sein, gab es noch viel zu tun, ehe er zurück in seine derzeitige Einzimmerwohnung konnte.
Seine Springerstiefel, seine schwarze Jeans und ein Teil seines Mantels waren schlammbedeckt, als er den vom Regen recht sauber gewaschenen Spaten in den Kofferraum warf und vorne wieder einstieg.
Er fuhr los und dachte auf dem Weg zur Stadt darüber nach, ob er nicht vielleicht irgendwie seine Taten erklären sollte. Der Öffentlichkeit.
Wie viele böse Geschöpfe seines Handwerks taten es? Hinterließen kleine Botschaften, gaben den Jägern Rätseln auf, schrieben sogar Briefe an die Presse. Um sich wichtig zu machen, um sich Aufmerksamkeit oder Furcht zu sichern, oder vielleicht sogar um sich zu erklären. In den meisten Fällen jedoch, um das Gefühl von Macht zu spüren. Um sich nicht wie der Gejagte, sondern wie der Jäger zu fühlen.
Aber was hätte es ihm gebracht, sich zu rechtfertigen, der weder Furcht noch Anerkennung hervorrufen wollte. Die Wahrheit war, er konnte nicht ganz definieren, warum er tat, was er tat. Er würde es weder sich, noch anderen je gänzlich erklären können.
Rache?
Ja, vielleicht. Rache war ein nur allzu menschliches Bestreben seit der Geschichte der Menschheit.
Möglicherweise war er aber auch nur ein Mensch, der seine Gefühle nicht unter Kontrolle hatte, und mit Hass am allerwenigsten umgehen konnte. Hass auf Menschen. Insbesondere Frauen. Aber gelegentlich auch Männer.
Er könnte versuchen, jemanden zu erklären, dass er jenen Hass schon seit frühster Kindheit verspürte, doch woher jener Hass kam und wie er anfing, konnte er sich nicht einmal selbst beantworten.
Vielleicht bei seiner Mutter, die besessen von seinem Vater gewesen war und ihn dafür vernachlässigt hatte. Vielleicht wegen seines Vaters, der trotz aller Vergötterung zu Hause, selten bis gar nicht anwesend war, ihn aber, sobald er seine Familie mal mit seiner Anwesenheit beehrte, mit eiserner Strenge zu einem spießigen, schwer arbeitenden Mann erziehen wollte. Was jedoch scheiterte, denn so sehr er sich auch angestrengt hatte, er war nicht klug genug gewesen, um die Familie stolz zu machen.
Vielleicht waren die vielen familiären Kränkungen, die ständige Missachtung, die Vereinsamung, die Verachtung und die Ignoranz der eigenen Familie Schuld. Oder die Hänseleien in der Schule, die Tatsache, von der Gesellschaft schon im Jugendalter ausgeschlossen worden zu sein, weil man irgendwie seltsam war und darüber hinaus auch noch unter schlimmer Akne litt. Die ständigen Beleidigungen, Erniedrigungen und öffentlichen Demütigungen.
Die Würde des Menschen sei unantastbar? Nicht in Schulen. Nicht unter Kindern.
Möglicherweise kam jener ausschlaggebende Hass erst schleichend, ausgelöst durch ein frustriertes, tristes Leben, durch viele Enttäuschungen, den Druck der Gesellschaft, durch all die Angeber, Klugscheißer, Spießer und Möchtegernprofessoren, die sich für besser hielten als der Rest der Welt, denen man jeden Tag, jede Sekunde, überall auf der Straße begegnet, und die einen ohnehin labilen Menschen mit ihren verachtenden Blicken und unüberlegten bissigen Bemerkungen zur Weißglut trieben.
Vielleicht gab es gar keinen richtigen Grund, keinen echten Grund. Vielleicht war er auch einfach nicht für diese Welt geschaffen, vielleicht trug gar niemand Schuld. Warum musste es immer einen Grund geben, eine verzweigte Hintergrund Geschichte, die beinahe herzzerreißend gewesen wäre?
Na klar, er wusste, dass die Öffentlichkeit das brauchte, einen Grund, weshalb das Böse tat, was es tat, weil die Vorstellung, dass man mit gewissen Neigungen geboren wurde – darunter auch die Neigung, skrupellos Leben zu nehmen – zu beängstigend war.
Dabei erschien es nur logisch.
Täglich wurden Menschen mit Neigungen geboren, und nicht jede hatte einen sexuellen Hintergrund.
Die vermutlich unverschonte Wahrheit wäre, dass er einfach zu labil war, zu schwach war, um die Dinge aus der Vergangenheit zu verarbeiten, seien sie für andere noch so belanglos, dass er sich jetzt an – für die Öffentlichkeit – unschuldigen Opfern rächte, für all das, was ihn innerlich zerriss. Angefangen bei arroganten, selbstverliebten Menschen, bevorzugt Frauen, weil sie ihn in seinem Leben immer wieder herablassend behandelt hatten, und die auch den einzigen Menschen in den Tod getrieben hatten, dem er vertraute, der für ihn da gewesen war.
Insofern, ja, es ging um Rache.
Doch er wusste auch, wie sinnlos Erklärungen in seinem Fall waren. Grundsätzlich war das Warum unwichtig, denn jede noch so befriedigende Erklärung seiner Entscheidungen, würde nichts an dem ändern, was er war.
Ein Mörder.
Und nein, er fühlte sich nicht wohl damit. Nein, er empfand keine perverse Freude an seinem Tun, er geilte sich nicht an seinen Taten auf, wichste nicht dabei oder vergewaltigte seine Opfer aus Lust. Im Gegenteil, er verabscheute sich selbst, konnte aber nicht damit aufhören.
Er fühlte sich tagtäglich als würde er in einem Meer aus grausamen Erinnerungen ertrinken, als würde die Gesellschaft ihn ersticken, so weit entfernt er sich auch hielt, das Gefühl wurde tagtäglich unerträglicher, und seine Taten waren das einzige, was ihn befreien konnte, was ihm Luft zum Atmen schenkte.
Es war nicht verständlich, nicht nachvollziehbar, nicht … verzeihlich, wenn man nicht in seiner Haut steckte.
Er war Raven.
Natürlich war das nicht sein richtiger Name, aber diesen hatte er abgelegt, als er sein normales Leben aufgegeben hatte, um seiner wahren Natur zu folgen. Und sein »Künstlername«, den eigentlich auch nur er kannte, gefiel ihm. Erschien passend. Er mochte Raben. Sie waren geheimnisvolle Einzelgänger, vor denen selbst ein Schwarm Krähen flüchtete, obwohl sie in der Überzahl waren.
Er, Raven, war der geheimnisvolle Einzelgänger, und die Krähen, die vor ihm flohen, waren die Menschenscharen auf den Straßen, die ihr Leben so oberflächlich und rücksichtlos frönten.
Ihnen einen Spiegel vorzuhalten, aus ihnen die Schlimmsten zu wählen und sie den Schmerz körperlich spüren zu lassen, den sie rücksichtslos und in voller Absicht anderen seelisch zufügten, erfüllte ihn mit Genugtuung, die selbst die größte Schuld übertünchte.
Die Frau von heute hatte sterben müssen, weil sie, wie viele andere, nur ihren eigenen Vorteil im Sinn hatte. Weil sie nur an sich und ihre eigenen Gefühle gedacht hatte und, um sich besser zu fühlen, andere verletzt hatte. Eine Autorin und Buchbloggerin, einfach nur Like-Geil, die schier nach Aufmerksamkeit schrie, weil ihr Mann sie verlassen hatte und ihre Weiblichkeit verwelkte, ihre Jugend dahin war.
Er hatte sie beobachtet, im Netz, oh ja, das hatte er. Und sie hatte noch so sehr versuchen können, ihre Identität zu verschleiern, er war ihr auf die Schliche gekommen. Kaum war in ihrem Genre ein neuer Titel auf dem Markt, gab sie eine mittelmäßige bis schlechte Bewertung ab, führte sich auf wie eine Literaturprofessorin, schmiss mit Fachbegriffen, die sie vermutlich selbst im Duden nachgeschlagen hatte, um sich, nur um andere zu verletzen, nur um ihres eigenen Vorteilswillen. Sie hielt sich für etwas Besseres, für talentierter und klüger als ihre Konkurrenz, obwohl sie nur eine vertrocknete, alleingelassene Hausfrau gewesen war, die über eine Liebe schrieb, von der sie keine Ahnung hatte.
Gewiss, das ist kein Grund, sie zu töten. Dass würde ja auch kein normaler Mensch, sollte er sich noch so ärgern, in Betracht ziehen. Schlechte Verlierer und unfaire Spieler gab es eben überall. Ob im Sport, in der Schule, bei der knallharten Klatschpresse oder eben auch unter den Autoren.
Aber Raven war nicht normal.
Es machte ihn wütend. Sie hatte ihn wütend gemacht. Ihre Arroganz, ihre Unverschämtheit, mit der sie absichtlich jemanden verletzte, den sie nicht einmal kannte. Genauso wie die zickige Kellnerin, Schrägstrich Model, ein halbes Jahr zuvor.
Sie hatte sich ja für so unwiderstehlich gehalten, diese kleine Ziege. Doch anders als die verlassene Hausfrau Schrägstrich Möchtegernautorin, war sie nicht so leicht zu umgarnen. Sie war jung gewesen, jünger als er, und sehr oberflächlich, sodass sie nur angewidert das Gesicht verzogen hatte, als er sie auf einen Drink einlud. Sie hielt sich für zu hübsch, um mit einem wie ihm abzuhängen.
Tja, er konnte sich eben noch so gut kleiden, noch so raffiniert die Haare tragen – es war gar nicht so einfach, die mittellangen Strähnen gewollt verstrubbelt aussehen zu lassen –, er konnte noch so gut riechen, die Aknenarben waren eben nicht gerade anziehend, seien seine Gesichtszüge noch so hübsch.
Ihre arrogante Abweisung – sie hatte ihren Ekel nicht einmal überspielen wollen – hatte ihn noch wütender gemacht, also hatte er ihr aufgelauert. Mehrere Tagelang hatte er sie beobachtet, sie verfolgt, ihre Adresse herausgefunden. Dann, nach einem Treffen bei einem zwielichtigen Fotographen, hatte er sie auf dem Parkplatz abgefangen und sie in ihrem Wagen entführt. Sie hatte schon aufgelöst geweint, als er sie gepackt hatte, und in ihrem Höschen war Blut gewesen, ihr Intimbereich war verletzt und an ihren Armen waren Blutergüsse gewesen. Ihre Modelkarriere war wohl durch eine Vergewaltigung erweitert worden. Sicher würde sie auf diese Bilder nicht stolz sein, geschweige denn damit angeben wollen. Aber das war nun mal der Fluch der Schönen.
Sie verdiente es. Aber der Fotograph ebenso. Nachdem Raven mit dem Mädchen fertig gewesen war, hatte er dem Schwein einen Besuch abgestattet und ihm mal gezeigt, wie das so war, wenn man gegen seinen Willen in den Arsch gefickt wurde. Er hatte mehr geflennt und geschrien als das Mädchen, das Raven kurz zuvor getötet hatte.
Den Mann ließ er am Leben, aber nur aus einem bestimmten Grund. Er konnte ihm nicht gefährlich werden, denn Raven ließ zu, dass die Leiche des Mädchens gefunden wurde, und diese Leiche wies nur Spermaspuren des Vergewaltigers auf.
In jener Nacht hatte er zwei Menschen das zugefügt, was sie verdienten.
Was sie seiner Meinung nach verdienten.
Er war gespannt auf den Tag, an dem er dann schließlich auch seine gerechte Strafe erhielt. Und er machte sich nichts vor, jener Tag würde kommen. In letzter Zeit hatte er sogar das körperlich spürbare, in Form ständiger Gänsehaut, Gefühl der Vorahnung. Es würde bald soweit sein. Auf die eine oder andere Weise.
Doch was das Schicksal in seiner raffinierten Grausamkeit tatsächlich für ihn bereithielt, darauf wäre er beim besten Willen niemals gekommen.
Und das Schicksal würde noch an jenem Abend seinen Lauf nehmen. In etwa eineinhalb Stunden …