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ОглавлениеMelancholie des Sterbens
(eines Weinstocks)
Vom Traubenspiel verzaubert, leis‘
mit Perlen im Gewand,
wischt ab der Jugend Ungestüm
mit knorrig brauner Hand.
War es nicht gestern erst voll Lust,
mit Saft im Wuchs und Pracht,
dass alle Wonnen niederfiel 'n,
vollmundig, köstlich, sacht?
Aufgebäumt bis zur Ekstase,
den Trieben Einhalt gebend,
geliebt, liebkost und zart geknebelt
den Höhepunkt erlebend,
ist es vorbei nun, das Zittern und das Beben.
Melancholie als letzte Melodie,
und Abschied vom süßen Leben.
Unbestechlicher Wächter,
nahmst eilig das letzte Grün hinfort,
und Hoffnung möchte sterben,
»Lebe wohl«, ein letztes Wort.
Verstummt zu eis'ger Stille,
hält es den Atem an.
Es ist ein kurzes Sterben,
mit einem Traum, wie es begann.
Bald wird von neuem Mut getrieben
und der Sonne Kuss entfacht,
des Winters Bach entfliehen,
und Alles von Neuem erwacht.