Читать книгу Kick-Off in Dein Wahres Leben - Kristian Ignatov - Страница 9

Оглавление

3

EIN LEBEN IN ANGST BEDEUTET VERLUST UND LEID

Ich möchte dir zuerst ein reales Paradebeispiel für ein Leben aus Angst, Selbstverrat, Zweifel, Depressionen und Leid zeigen –meine Real-Life-Story! Meine Geschichte hat schon so manchem Menschen die Augen geöffnet. Daher sieh dies bitte nicht als Biografie des Autors an, sondern als eigenständiges Kapitel. Denn in die Geschichte baue ich immer wieder wichtige Aspekte und Erkenntnisse ein.

Vor allem aber möchte ich dir anhand meiner an hollywoodreifen, traumatischen Erlebnissen, Verlusten und Schicksalsschlägen nicht so leicht zu übertreffenden Story signalisieren, dass es für die Erschaffung deines Wunschlebens sekundär ist, welche Vergangenheit du auf deinem Rücken trägst und mit welchen und wie vielen Höhen und Tiefen dein Rucksack befüllt ist.

Du kannst immer wieder aufstehen und gerade aus Krisen und Dramen etwas wunderbares Neues und noch Schöneres zaubern. Krisen sind die Sprache des Lebens, deiner Seele. Das Leben spielt immer für dich, auch wenn unser eingeschränkter Verstand dies im Moment selten verstehen kann.

Mir ist es wichtig, ganz klar festzuhalten, dass ich nichts aus meiner Vergangenheit verurteile oder ändern wollen würde. Ganz im Gegenteil: All meine Gaben und Geschenke resultieren aus meinen Erfahrungen und ich bin in absolutem Frieden mit mir, allen Umständen und Menschen.

Ich bedanke mich an dieser Stelle aus tiefstem Herzen bei allen Frauen und Männern, die Teil meiner Lebensgeschichte waren und sind. Alles ist in Vollkommenheit passiert und gehört als Teil meines Weges zu meiner Bestimmung.

Film ab …

Als aufgeweckter und neugieriger Junge im Alter von sechs Jahren musste ich den radikalen Abschied aus einem behüteten familiären Umfeld in meiner Herkunftsheimat Bulgarien auf mich nehmen. In dieser Zeit des Kommunismus hatte eine freie Meinung enorme Konsequenzen. Also durften meine Eltern aufgrund ihrer politischen Überzeugung (sie weigerten sich, Kommunisten zu werden) ihre Arbeit als Lehrer nicht mehr ausüben.

Nachdem die Leiter meines damaligen Kindergartens von der politischen Meinung meiner Eltern erfahren hatten, bekam ich den kompromisslosen Ausdruck des Staates am eigenen Leib zu spüren. Es war ein früher, schon dunkler Winterabend in meinem Kindergarten in Bulgarien. Es konnte also nicht mehr allzu lange dauern, bis mein Vater mich abholen würde. Als ich gerade an meinem Saft schlürfte, stürmten zwei der Kindergarten-Pädagoginnen in das Zimmer und trommelten alle Kinder zu einem Sesselkreis zusammen.

»Wessen Eltern sind keine Kommunisten?«, schrie eine der Pädagoginnen. Diejenigen sollten aufzeigten.

Ich zeigte als Einziger auf.

Eine der Pädagoginnen sprang auf, packte meine Hand und zerrte mich, ohne mir Jacke oder irgendetwas anzuziehen, auf die dunkle Straße hinaus. Ich sehe die Pädagogin noch heute vor meinem geistigen Auge, wie sie sich zu mir herunterbeugt und mir überzeugend mit einer stechend scharfen Stimme sagt: »Deine Eltern werden dich nie mehr finden. Du bist ab jetzt hier draußen verloren und für immer allein!«

Sie drehte sich um, ging und ließ mich alleine zurück.

Seit diesem Zeitpunkt weiß ich, was es bedeutet, Angst zu haben. Todesangst. Das Gefühl von Hilflosigkeit und Ohnmacht. Angst kennt kein Mindestalter.

Der dichte Winternebel trübte meinen Blick und ich hatte das Gefühl, mein Herz würde jeden Augenblick explodieren. In der kindlichen Hoffnung nach einem Wunder begann ich zu weinen. Nach einer gefühlten Ewigkeit geschah für mich ein Wunder. Ich traf meinen ersten Mentor. Eine alte, zahnlose Frau blieb stehen und fragte mich, was ich alleine da draußen auf der Straße machen würde.

Diese alte Frau war der Grund, dass ich nicht das allerletzte bisschen Vertrauen in das Leben verlor. Sie versuchte, mich aufzumuntern. Das war für mich das bezauberndste, zahnlose Lächeln meines Lebens, und es erwärmte mein Herz.

Nach einiger Zeit fand mich mein Vater.

Mit dieser Handlung von emotionaler Gewalt war die Schmerzgrenze meiner Eltern endgültig erreicht. Das war der Schlüsselpunkt, der meinen Vater schlagartig zum Entschluss brachte, dieses Land zu verlassen, um seiner Familie Meinungs- und Handlungsfreiheit zu ermöglichen. Eine freie Meinung haben zu dürfen, freies Denken und Handeln. In Bulgarien war dies leider nicht mehr möglich. Deshalb verließ er am nächsten Tag das Land und floh nach Österreich.

Trotz des enormen Drucks aus dem familiären Umfeld, fahrlässig zu handeln, flohen meine Mutter und ich sechs Monate später zu meinem Vater. Wir fuhren in der Kriegszeit mit einem Zug, der mitten in der Nacht bombardiert wurde, durch das ehemalige Jugoslawien.

Nach einer Nacht, ähnlich wie in einem amerikanischen Action-Thriller (das erklärt meine damalige Vorliebe zu solchen Filmen), kamen wir heil nach Budapest, wo mein Vater auf uns wartete. Die Einreise direkt nach Österreich war zu dieser Zeit politisch nicht möglich. Also flohen wir mit ihm gemeinsam von Budapest durch einen Wald mit Restminen und scharfen Grenzkontrollen in Richtung österreichischer Grenze. Alles verlief weitaus komplizierter, als erwartet, da wir uns verliefen.

Es war stockdunkel und so leise, dass ich meine eigenen Herzschläge hören konnte, als säßen sie in meinen Ohren. Ich zitterte und mein Vater sagte: »Pssst, wenn du leise bist, werden uns die Grenzkontrollen nicht hören.«

Darauf antwortete ich: »Nein, Papa, ich habe keine Angst vor den Grenzkontrollen. Ich habe Angst von dem Waldbären, dass er uns frisst!«

In Bulgarien gab es zu der Zeit sehr viele Bären und der Bär spielte bei mir eine große Rolle. In sehr vielen Kindermärchen kam der Bär als Figur vor, der nicht brave Kinder auffrisst.

Meine Mutter und ich versteckten uns in einem hohen Maisfeld, während mein Vater versuchte, die Route aufzuspüren. Die Taschenlampen der Grenzkontrollen wanderten durch das Gestrüpp an unseren Köpfen vorbei. Meine Mutter hielt mich ganz fest, um nicht aufzufallen. Denn ich konnte nicht aufhören zu zittern – aus Angst.

Nach unzähligen Hindernissen schafften wir es unverletzt nach Österreich. Wir verbrachten einige Tage im Flüchtlingslager und kamen anschließend in eine kleine Dorfgemeinde.

Meine Eltern, eigentlich Akademiker, fingen in Österreich komplett von Null an, mein Vater als Fliesenleger und meine Mutter als Näherin.

Für mich begann sich der kindliche Glaube zu manifestierten, ich sei weniger wert als die einheimischen Kinder. Ich fühlte mich fremd und ausgeschlossen. Denn die Mitschüler in der Schule waren brutal ehrlich und scheuten nicht davor zurück, mir meinen Minderwert immer wieder zu bestätigen, bis sich eine Überzeugung daraus bildete.

Nach zwei Jahren wurde mein Leben in seinen Grundfesten erschüttert. Mein Vater erkrankte an Krebs und verstarb mit nur dreiunddreißig Jahren. Das war der für mich unverständlichste und schrecklichste Abschied. Der Verlust des männlichen, stärksten Familienmitgliedes, und das in einem für mich noch fremden Land, ohne familiären Rückhalt.

Ich versuchte, meinen Vater mit einem aus einem Kassetten-Walkman selbstgebauten Spielzeug-Arzt-Set zu heilen und fühlte mich ohnmächtig und schuldig, als ich dabei versagte. Nachdem ich miterlebte, wie er vor allen schaulustigen Nachbarn im Sarg aus dem Wohnhaus herausgetragen wurde, entstanden in mir ein Gefühl der Kleinheit, Minderwertigkeit und die Illusion, alle anderen seien und hätten es besser als ich. Spätestens hier muss sich wohl mein Wesen eines Kämpfers gebildet haben. »Ich zeig es euch allen!«, das war mein Gedanke.

Schnell lief ich in die Wohnung zurück, um meinen braunen Plüschhund zu holen. Diesen legte ich meinem Vater in den Sarg. Wir hatten oft gemeinsam mit diesem Hund gekuschelt und er sollte meinen Vater ab diesen Zeitpunkt beschützen, damit er nicht allein war.

Ich erinnere mich noch ganz klar an den Moment, in dem mein Papa in das Auto verladen wurde und meine Mutter und ich ihm hinterherschauten, als das Auto losfuhr. Das war ein überflutendes Gefühl der Ohnmacht. Ich hatte Todesangst, fühlte mich verloren und verstand die Welt nicht. Wieso fuhren diese fremden Männer meinen starken Papa in dieser engen Kiste mit einem Auto weg?

In den darauffolgenden Monaten und Jahren prägten mich alle Verlust- und Existenzängste – es waren die meiner Mutter, einer alleinerziehenden Frau in einem noch fremden Land, einer Frau, die ihre große Liebe, ihren besten Freund und ihren Halt verloren hatte. Mich überrollten tiefste Ängste und Trauer, die ich nicht verarbeiten konnte. Stattdessen unterdrückte ich sie, wie es jedes Kind macht. Mein Vertrauen in das Leben war damit endgültig gebrochen.

Durch die Verlustangst meiner Mutter entwickelte ich mich zum Hypochonder, indem ich alle Spitäler in kürzester Zeit und in regelmäßigen Intervallen kennenlernte. So verlor ich obendrein jegliches Vertrauen in meine Gesundheit und meinen Körper. Nach zwei Operationen, die Ähnlichkeit mit denen meines Vaters hatten, setzte sich in mir die endgültige Überzeugung fest, dass mich früher oder später dasselbe Schicksal erwarten würde. Dass ich sterben würde wie er.

Ich musste schnell erwachsen werden, meine Mutter trösten und ihr Halt geben, wodurch, in Verbindung mit meiner Sensibilität, die Fähigkeit starker Empathie stets wuchs.

Meine Mutter sorgte sich um meine Integration und wollte mir weitere Schmerzen und das Gefühl der Minderwertigkeit ersparen. Daher versuchte sie, mich zu motivieren, gute Noten in der Schule zu erringen. Jedoch war ihre Motivations-Methode für das Selbstwertgefühl eher kontraproduktiv.

Sie sagte mir: »Wenn du nicht büffelst und etwas erreichst, wirst du obdachlos. Dann werden alle Einheimischen im Anzug und mit dem Aktenkoffer an dir vorbeigehen und dich auslachen!« Sie wusste es nicht besser, denn sie hatte es selbst nicht anders erfahren. Ich liebe meine Mutter. Sie tat alles aus tiefster, mütterlicher Liebe.

Ich fühlte eine tiefe Sehnsucht in mir, einen Weg zu finden, um diese unbeschreiblichen inneren Schmerzen zu lindern.

Meine Ängste, Trauer und Wut begann ich mittels Musik, Schreiben von Gedichten und meinem ersten eigenen Buch zu verarbeiten. In meinen kreativen Tätigkeiten blühte ich auf.

Mit zwölf Jahren gründete ich meine erste Musikband. Ich wollte jemand sein. Ich brannte für das, was ich tat. Das Feuer in mir ging einher mit Kreativität, Talent und Leader-Qualitäten und es führte mich in eine Jugend-Musikkarriere. Ich war Sänger, Komponist, Gitarrist und Bandleader auf internationalen Bühnen, im Fernsehen bei MTV, VIVA & Co, die Leute hörten mich im Radio.

Ich wusste es nicht besser und nutzte die Bühne, um meinen Mangel an Selbstwert zu kompensieren und meine innere Leere zu füllen. Das Wissen und das Verständnis, dass Äußeres dich niemals retten oder nachhaltig erfüllen kann, waren mir zu dem Zeitpunkt allein aufgrund meines zarten Alters unmöglich.

Im Alter von siebzehn Jahren lernte ich meine Traumfrau kennen, die ich erfolgreich eroberte. Die Liebe überwältigte uns beide, wir stürzten uns in eine vollkommene Verschmelzung, in ein gemeinsames WIR. Sie schleppte eine ebenso traumatische Kindheit mit sich herum wie ich. So retteten wir uns gegenseitig, es fühlte sich unbeschreiblich an. Wir hatten uns gefunden und es war, als ob wir uns schon seit einer Ewigkeit kennen würden.

Und so begann ich mich Stück für Stück aufzugeben, mich zu vergessen, mich zu verlieren, mich nicht mehr als Individuum wahrzunehmen. Ich machte meine Frau zu meinem Lebensinhalt, sie gab mir meinen Lebenssinn. Aus purer Liebe entwickelte sich eine co-abhängige Beziehung. In der Zweisamkeit musste ich keine kindlichen Schmerzen mehr fühlen.

Als Doppelpack fühlten wir uns beide richtig, bestätigt, geliebt, stark und anerkannt. Selbstverständlich war enorm viel Liebe da, nur wird diese verbraucht, sobald ein Partner die Funktion eines Elternteils übernimmt. Wir erfüllten uns gegenseitig die Rolle der Mutter und des Vaters. Sobald die Beziehung mit Angst durchflutet ist und ein Mensch sich erst durch den anderen vollständig fühlt, geht die eigene Identität verloren. So war es auch bei uns: Alleine fühlte jeder von uns Leere und Mangel.

Mit unserer Beziehung war meine Mutter absolut nicht einverstanden. Mein innerer Konflikt intensivierte sich damit auf ein Maximum.

Das Leben schenkte uns zwei wundervolle Kinder. Wir lebten das klassische, romantische Ideal eines Familienkonzeptes, mit der immerwährenden Angst, dieses Märchen könnte irgendwann durch Trennung, Unfall oder Krankheit enden.

Spätestens als ich zur Gänze mein wahres Wesen verleugnete, die Musik aufgab, mich in irgendwelchen nicht erfüllenden Jobs herumtrieb, die nichts mit meinen Gaben zu tun hatten, um meiner gesellschaftlichen Rolle eines braven Familienvaters zu entsprechen, verfiel ich in tiefe Depressionen, und dies jahrelang! Ich glaubte, ich sei nicht richtig aufgrund meiner in mir sprudelnden Kreativität. Meine Wünsche, Träume und Sehnsüchte kehrte ich vollständig unter den Teppich, setze mir Masken auf, versuchte, einem äußeren Bild zu entsprechen. Meine Musik, meine Hobbys, meine Freunde, fast alles hatte ich einfach aufgegeben und zugelassen, dass meine Partnerin an meinen Wünschen und Träumen herumsezierte. Ich wollte ihren Erwartungen gerecht werden.

Aufgrund meiner traumatischen Kindheitsgeschichte verspürte ich ein starkes Sicherheitsbedürfnis. Als ich jedoch eines Tages nach einer Filmproduktion von drei Männern überfallen wurde, war dies der Auslöser für mich, Kampfkunst und Selbstverteidigung zu lernen. Diese neue Leidenschaft entzündete mich und war ein äußerst wichtiger Halt, ohne den ich es in diesen schwierigen Zeiten nicht geschafft hätte. Demzufolge bin ich diesen drei Männern heute sehr dankbar für den Überfall. Sie haben zu meinem Wachstum und Erfolg beigetragen. Diese drei Männer waren Engel. Zwar bescheuerte Engel, aber dennoch Engel.

Trotz meiner starken Rückenprobleme aufgrund eines Sportunfalls ignorierte ich die Meinungen von Ärzten, ich könne keinen Kampfsport machen. Ich trainierte weiter, arbeitete dadurch hart und diszipliniert auch an meiner Gesundheit. Ich wurde schnell zu einem Top-Kämpfer und zum international anerkannten Trainer in dem Hand-to-hand-Combat-System, das u. a. die Navy Seals nutzen.

In den darauffolgenden Jahren definierte ich mich am Angestelltenmarkt, wurde Marketing-Experte, machte Karriere als Führungskraft und baute erfolgreich zwei Unternehmen auf. Ich konnte meine Skills und Stärken erfolgreich in den Aufbau, das Führen und Coachen von Sales-Teams einfließen lassen. Aber dennoch ging es mir nicht gut, ich befand mich oft in depressiven Zuständen und fühlte mich klein und leer. Alles fühlte sich irgendwie nicht ganz stimmig an. Doch ich hatte schon lange den Zugang zu meinem Herzen verschlossen und lebte ein Leben aus dem Kopf heraus.

Irgendwann wollte ich wissen, was die tatsächliche Ursache meiner Depression und all meiner Zwänge, Phobien und Hypochondrie war. Also begann ich akribisch meine Suche im Selbststudium der Psychologie in der Zusammenarbeit mit Top-Therapeuten. Kurzzeitig stabilisierte ich damit meinen Zustand, doch es fühlte sich wie eine symptomatische Behandlung auf der Oberfläche an.

So arbeitete ich an mir, kämpfte, verriet mich, war im Widerstand, reflektierte, probierte mit meinem sportlichen Ansatz alles Mögliche aus, von Mentaltrainern und Sport Coaches über Meditationen, Affirmationen bis hin zum Verschlingen von Hunderten von Büchern.

Ja, ich konnte mit klassischen Mitteln aus der Psychologie, kämpferischer Disziplin und Hingabe schon sehr gute Erfolge bei mir selbst und später auch im Coaching anderer Menschen erzielen. Doch ich hatte das Gefühl, noch immer nicht tief genug zu graben. Alles, was ich probierte, musste noch effizienter, noch effektiver gehen. Ich wusste: Irgendwo waren die Wurzeln des Leids, aber ich wusste noch nicht genau, wo.

Als sich meine Frau nach siebzehn Jahren Ehe plötzlich dazu entschloss, mich zu verlassen, brach meine Welt zusammen. Es war wie ein Tod, ich fühlte ihn noch intensiver als den Tod meines Vaters. Ich fühlte mich als scheinbar erwachsener Mann verloren, verletzt, herabgesetzt, wertlos, ungeliebt, klein, ersetzt, war unfähig, alleine zu überleben, und die Schmerzen waren nicht auszuhalten. Ich fühlte mich wieder wie das Kind, das damals von der Kindergartenpädagogin auf die Straße gestellt worden war.

Anfangs versuchte ich aus einem kämpferischen Überlebensinstinkt (EGO) heraus alles, um meine Frau zurückzugewinnen. Dies war der Anfang einer fast zweijährigen Krise, wir versuchten, wieder zueinanderzufinden.

Es war die schrecklichste und spannendste Zeit zugleich. Aus jetziger Perspektive jedoch war es vor allem das größte Geschenk, das das Leben mir und meiner Frau geben konnte.

Denn ich verstand relativ schnell, was hinter den Kulissen des Dramas steckte. Jetzt konnte ich meine ungeheilte kindliche Leere samt Ängsten und Zweifeln erneut fühlen – aber in hundertfacher Verstärkung. Alle alten, unverarbeiteten und verdrängten Gefühle hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt durch die Anwesenheit meiner Frau kompensiert. Dies war mir aber nie bewusst gewesen und ich verstand nun, dass sich Abhängigkeit sehr gut zu tarnen weiß. Alles, was sich nach meiner Liebe, Annahme und Heilung sehnte, kam in mir hoch.

Es war mein Wendepunkt, an dem mein radikaler und schon längst fälliger Heilungsprozess wirklich begann. Er reichte bis tief in die Wurzeln. Keine oberflächliche Schmiertherapie und kurzzeitige Ablenkung mehr! Das Leben heilte mich.

Ich begann selbst, mein »inneres, leeres Gefäß« zu befüllen, und ich arbeitete konsequent an mir. Durch meine größten Ängste gehend, veränderte ich mein Bewusstsein, entschied mich für mich und meinen eigenen Weg. Ich beendete jetzt selbst in Liebe und Achtung die hart zurückerbettelte Beziehung mit meiner Frau.

Im Herzen bleibe ich natürlich für immer mit meiner Wegbegleiterin verbunden. Doch als physischer Mensch war es an der Zeit, meinen Weg zu gehen.

Ich ging in eine bedingungslose Liebesbeziehung zu mir und löste mich aus dem gesellschaftlichen Traum des unbedingten und moralisch notwendigen Familienkonzeptes. Der Weg zu meinem Herzen war wieder frei geschaufelt und ich konnte meine innere Führung nach vielen Jahren der Vergessenheit wieder spüren.

Alle Ängste, Zweifel, Minderwertigkeiten, Phobien, die Hypochondrie und Zwänge wurden damit schlagartig aufgelöst. Sie waren einfach weg!

Wie viele Jahre hatte ich zuvor mühsam, aber erfolglos mit unzähligen in den Alltag integrierten Affirmationen, Meditationen, Therapien um diese innere Freiheit gekämpft. Jetzt war alles verschwunden. Nachhaltig. Ich hatte das Gefühl, gestorben zu sein, um jetzt das erste Mal richtig zu leben.

Der Glaube über mich veränderte sich, ich konnte echtes und tiefes Selbstvertrauen und wahre Selbstliebe entwickeln. Diese mir zu dem Zeitpunkt noch unbekannten Gefühle hatten von der Intensität, Echtheit und Tiefe nichts mit meinem vorherigen konventionellen Verständnis von Selbstvertrauen und Selbstliebe gemeinsam.

Folglich veränderte sich auch mein gesamtes Leben im Außen. Ich ordnete mein Leben neu nach meinen Wünschen, Träumen, eigenen Regeln und meiner gefühlten inneren Wahrheit. Ein unbeschreiblich erfülltes Lebensgefühl wurde zur gelebten Realität. Ein Leben, das ich zuvor nur für meine illusionären Träume gehalten hatte.

Ich distanzierte mich klar von emotionaler Umweltverschmutzung wie Nachrichten, Smalltalks, Klatschzeitungen. Mich selbst zu erfahren, würde womöglich den zeitlichen Rahmen dieses geschenkten Lebens sprengen und ich wollte meine Aufmerksamkeit und kostbare Lebenszeit nicht in Ablenkung verpulvern, die mich nicht weiterbrachte.

All diese Ereignisse und Schicksalsschläge betrachte ich als unbezahlbare Erfahrungen. Die daraus gewonnenen Kompetenzen verleihen meiner Arbeit im Life-Coaching einen tiefen, breiten und praktischen Zugang. Demnach bin ich zutiefst dankbar, aus dem wahren Leben schöpfen zu dürfen. Denn nur wer die Nacht kennt, kann den Tag wahrnehmen.

Menschen zu helfen, auf ihren wahren Pfad zurückzufinden, sehe ich als meine Pflicht und den inneren Ruf meines menschlichen Daseins. Denn wir sind alle ein Bewusstsein, alle miteinander auf Augenhöhe. Unser aller Haut wird von nur einer Sonne gewärmt.

Hilfst du dir, hilfst du anderen, hilfst du anderen, hilfst du auch dir.

Kick-Off in Dein Wahres Leben

Подняться наверх