Читать книгу Tatort Märchenwald - Kristina Lohfeldt - Страница 6

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Es war einmal

vor langer Zeit,

ich weiß nicht welchen Landes,

ein Mädchen hohen Standes.

Prinzessin nennt man sowas wohl,

isst immer artig Rosenkohl,

ist selbst ganz appetitlich,

na, kurz gesagt, sehr niedlich.

Hat ihren Namen aber doch

vom Rosenstrauche – immer noch.

Und Eltern hat sie leider auch,

die wollen – wie es damals Brauch –

die Tochter früh vermählen

und können nicht verhehlen,

dass ihr Bestreben darin gründet,

dass nicht geschieht, was einst verkündet:

die böse Frau, die einst verfluchte

das Mägdelein, das gut betuchte.

Die Rachelust war nur entstanden,

weil Diener nur zwölf Teller fanden,

natürlich gülden, ist doch klar,

für Prunk sind Festbankette da.

Und ganz verständlich ist zudem,

dass dreizehn wäre unbequem,

denn Aberglauben schrieb man groß –

wie wurde man Frau Dreizehn los?

So reisten Ehrengäste an,

zwölf weise Frauen mittenmang,

und wünschten Glück dem Elternpaar,

verteilten Gaben wunderbar,

bis – dramaturgisch höchst korrekt –

nach schönster Handlung im Affekt

die Ausgeladene erschien –

das Festgewand nur ausgelieh’n –

doch auch geladen mit viel Wut,

was ihrem Teint nicht wirklich gut

gestanden, aber muss ja nicht,

denn sogleich erlosch das Licht,

denn auch Feuer weiß genau

wozu fähig ist die Frau.

„Kleine Hoheit, sollst einst sehen,

was mir heute hier geschehen.

Sollst dich an der Spindel stechen,

sterben und mich dadurch rächen,

der ein Stich im Herzen sitzt,

weil bei Hof ich abgeblitzt.“

Dieses Schweigen konnt‘ man hören,

darauf möcht‘ ich heut noch schwören!

Alle Gäste stumm erbleichten,

Wachen rasch den Saal erreichten.

Eine weise Frau dagegen

sah man flugs sich zu bewegen

auf die Wiege der Infantin,

machte sie sich zur Mandantin

und sprach dann auch allsogleich

jene Worte, segensreich:

„Kann den Fluch nicht einfach brechen,

doch die Pointe will ich schwächen,

statt zu sterben wird sie dösen,

bis ein Prinz kommt, zu erlösen

und zu freien dieses Kind –

was der Prinzen Jobs heut sind.“

Seit dem Tage, liebe Leute,

weniges das Kind erfreute.

Denn sie wurde streng behütet,

das Geheimnis wohl gehütet.

Spitzes wurde schnell entbehrlich,

da dem Kinde zu gefährlich,

Allergie heißt sowas dann,

wenn man’s nicht erklären kann.

Allzuschnell kam dann der Tag,

der vordem im Dunkel lag.

Neugier trieb das dumme Kind

in den höchsten Turm geschwind.

Doch das Spiel wird Ernst sogleich,

da im ganzen Königreich

ein Insekt sich klug versteckte,

gierig sich den Rüssel leckte,

als Prinzesschen lieblich hold,

Lippen rot und Haar wie Gold,

in die Kammer ging zu gucken,

konnte eilig sich nicht ducken,

denn der Angriff überraschte –

Königsblut die Mücke naschte.

Hatte nur nichts vom Triumph,

denn sogleich fiel steif und stumpf

sie herab und Mädchen drauf,

da den Fluch nun nichts hielt auf.

Hundert Jahre sind vergangen,

Rosen um die Mauern ranken,

als ein Prinz auf lautem Ross,

Outfit Leder und von Boss,

ganz beherzt dem Schlosse naht,

müde von der langen Fahrt.

Parkt die Harley ganz behände

mit gekonnter heißer Wende.

In der Zeit von Harry Potter

sind die Prinzen heute hotter.

Reiseführer in der Linken,

kann er rechts ein Bierchen trinken,

schüttelt Kopf ob dieser Sagen,

keiner da, um nachzufragen.

So spaziert er mutig vor

auf das dornbestrüppte Tor.

Und – o Wunder! – diese Hecken

machen Platz dem jungen Recken.

Dieser wundert sich ein wenig,

dieser Kampf ist arg bequemlich!

Doch er wandert durch die Hallen,

wo – manch Forschern zum Gefallen –

Dutzende Skelette hausen,

fängt den Prinzen an zu grausen.

Tun noch das, was sie einst taten,

lesen, tanzen, spielen Karten,

halten aber die Bewegung –

Tote zeigen selten Regung.

Mit den Tieren ganz dasselbe;

ist vom Ei nicht grad das Gelbe

dieses Totsein, aber gut,

seh’n wir, was das Prinzlein tut.

Neugier treibt, wie einst die Kleine,

ihn zum höchsten Turm; alleine

ist ihm zwar ein wenig bange,

doch bald hält ihn bei der Stange

dieses Bild, das sich ihm bietet –

hätte ihn fast umgenietet.

Schau! Da schlummert unser Röschen,

unterm Kleid ahnt man ihr Möschen,

macht den Prinzen tierisch an,

da er Altes leiden kann.

Klappe! Schluss! Nun wird’s makaber –

als Erklärung sag ich aber:

Viele Märchen grausam sind,

deshalb liebt sie jedes Kind.


Tatort Märchenwald

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