Vom Kommen des Reiches Gottes
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Kurt Anglet. Vom Kommen des Reiches Gottes
Vom Kommen des Reiches Gottes
Inhalt
Erkenntniskritische Vorrede: Theologie und Wirklichkeit
I. Der Kreuzestod Christi – der Anfang der Vollendung
II. Kleiner Exkurs zu den drei großen K – eine kleine Geschichtstheologie der Moderne
III. Das Reich des Fragwürdigsten und das Reich Gottes
IV. Kreuzesnachfolge nach Christus: messianische und eschatologische Zeit
V. Sühne und Vollendung: Eschatologie und Christologie
Exkurs zu Ephräm dem Syrer: Eucharistie und Eschatologie
Exkurs: Eschatologie und Zeitgeschehen
VI. Vom Kommen des Reiches Gottes. Die Herrlichkeit Gottes auf dem Antlitz Jesu Christi: Freiheit und Gehorsam
Das Messianische – »die Welt allseitiger und integraler Aktualität«
Schlusswort
Literaturverzeichnis
Kurt Anglet
Отрывок из книги
Kurt Anglet Vom Kommen des Reiches Gottes
Schlusswort
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Genau hier aber liegt ein, wenn nicht der Grund für die derzeitige Krise des Christentums in der westlichen Welt. Dürfte doch selbst unter gläubigen Christen, sooft sie das Vaterunser beten, dessen – immerhin zweite [!] – Bitte kaum wirklich erhofft, erbeten sein. Gewiss, welcher ernsthafte Beter möchte schon nicht angesichts des Todes in das Himmelreich kommen. Aber die Bitte: »Dein Reich komme!«, die ja nicht weniger als die Vollendung der Zeit einschließt, möchte man doch lieber nicht gar so wörtlich nehmen, weil sie unserer »Weltverpflichtung« zu widersprechen scheint, obwohl nirgendwo im Neuen Testament wie auch in der kirchlichen Überlieferung die Welt den theologischen terminus ad quem abgibt, sondern – das Reich Gottes bzw. das Evangelium vom Reiche Gottes, dessen Erbe Christus denen verheißen hat, die Ihm in den »Geringsten« Ehre erwiesen haben. »Dann wird der König denen auf der rechten Seite sagen: Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, nehmt das Reich in Besitz, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist.« (Mt 25,34) Seit der Erschaffung der Welt – spätestens hier, in Jesu großartigem Gleichnis vom Weltgericht, zeichnet sich ab, wie Schöpfung, Erlösung und Vollendung zusammengehören, wie ja schon die Erlösung eine Neuschöpfung bedeutet, die wie die Schöpfung selbst – »denn wir wissen, dass die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt« (Röm 8,22) – am Jüngsten Tag zur Vollendung gelangt.
Dass es sich hierbei keineswegs um eine rein interne Glaubensfrage handelt, die dem profanen Zeitgenossen nichts anginge, mag aus den hier wie in den Eingangskapiteln angeführten theologischen Überlegungen des Philosophen Walter Benjamin hervorgehen, dem wir entscheidende theologische Einsichten in die Moderne verdanken, zumal in den Zeitraum zwischen 1910 und 1940, eine außerordentlich fruchtbare wie äußerst furchtbare Zeit, die im Geschehen der kommenden Kriegsjahre ihre volle Bestätigung finden sollte, obwohl wir in Messianität und Geschichte (Akademie Verlag, Berlin 1995) die Aporien seines Geschichtsbegriffs aufgewiesen haben. War doch Benjamin bis in das Projekt über die Pariser Passagen, seine »Urgeschichte der Moderne«, geradezu süchtig der urbanen Welt des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, zumal dem Paris eines Baudelaire und Proust, verhaftet. Erst der heraufziehende Krieg hat ihn auf seine frühere »theologische Gedankenmasse« zurückkommen lassen; so in den als sein Vermächtnis bezeichneten Thesen Zum Begriff der Geschichte – in »Gedanken«, wie er in einem Brief an Gretel Adorno vom April 1940 vermerkt, »von denen ich sagen kann, daß ich sie an die zwanzig Jahre bei mir verwahrt, ja, verwahrt vor mir selber gehalten habe« (vgl. GS I.3, 1226). Da heißt es zunächst abschließend zu These VI, in jeder Epoche müsse »versucht werden, die Überlieferung von neuem dem Konformismus abzugewinnen, der im Begriff steht, sie zu überwältigen«. Der Konformismus aber ist nichts anderes als der jeweils herrschende Zeitgeist, der sie zu adaptieren, ganz in seinem Sinne zu glätten sucht. Doch nicht allein um eine intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Zeitgeist handelt es sich, der seine Gestalt von Epoche zu Epoche wechseln mag – es geht buchstäblich um Leben und Tod. Und zwar nicht um ein Überleben der Überlieferung, ja nicht einmal der Menschen im Sinne ihrer Selbstbehauptung, sondern selbst um die Toten – um »die Hoffnung gegen alle Hoffnung« (vgl. Röm 4,18). Benjamin verlangt sie nun nicht dem Glaubenszeugen, dem Märtyrer, ab, ja nicht einmal dem Theologen, sondern dem Geschichtsschreiber: »Der Messias kommt ja nicht nur als der Erlöser; er kommt als der Überwinder des Antichrist. Nur dem Geschichtsschreiber wohnt die Gabe bei, im Vergangenen den Funken der Hoffnung anzufachen, der davon durchdrungen ist: auch die Toten werden vor dem Feind, wenn er siegt, nicht sicher sein. Und dieser Feind hat zu siegen nicht aufgehört.« (GS I.2, 695)
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