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Cyrills Leben und Schriften
ОглавлениеIn Aufzählung der Schriften des Cyrillus folgen wir der Anordnung in der Ausgabe von Migne, welche unter allen bisher erschienenen die vollständigste ist (in zehn Bänden, series graeca, tom. 68—77), und in welcher zuerst die exegetischen und dann die dogmatischen Werke und Abhandlungen nebst den Homilien und Briefen zusammengestellt sind.
** I. Exegetische Schriften **
1. Von der Anbetung im Geiste und in der Wahrheit, siebenzehn Bücher (περὶ τῆς ἐν πνεύματι καὶ ἀληθείᾳ προσκυνήσεως καὶ λατρείας, de adoratione et cultu in spiritu et veritate), ein sehr umfangreiches Werk (bei Migne den ganzen ersten Band ausfüllend). Der Verfasser beantwortet zuerst die Frage, wie, da doch das alte Testament durch das neue abgeschafft wurde, dennoch Christus sage: „Ich bin nicht gekommen, das Gesetz aufzulösen,“ und wie man „Gott im Geiste und in der Wahrheit anbeten müsse“. Die mosaischen Gesetze, die von den fleischlichen Israeliten fleischlich gehalten wurden, müssen von uns, dem geistigen Israel, geistig beobachtet werden. Dort war Alles „Buch stabe und Vorbild“, im Christenthum ist Alles „Geist und Wahrheit“. Da der Mensch durch die Sünde sein Heil verloren hat, muß er jener entsagen, das Joch des Teufels abschütteln und dem Gesetze Gottes folgen, welches uns zur wahren Freiheit ruft (1. Buch). Das ist aber dem Menschen nur durch die Gnade Christi möglich, nicht durch das mosaische Gesetz (2. u. 3. Buch). Die Gnade verlangt jedoch die treueste Mitwirkung von Seite des Menschen (4. u. 5. Buch). Anfang und Grundlage des Heiles ist der Glaube und die Liebe Gottes und des Nächsten (6. 7. u. 8. Buch). Sodann wird gezeigt, wie die mosaischen Gesetze über das Bundeszelt, die Priester und Leviten Vorbildlich zu beziehen seien auf die christliche Kirche und das neutestamentliche Priesterthum (9. 10. 11. 12. u. 13. Buch). Die Reinigungsvorschriften des alten Testamentes waren Vorbilder von der von den Christen verlangten Reinheit des Herzens (14. Buch) und die Opfer Bilder von dem Opferleben der Christen (15. u. 16. Buch). Wenn der Christ in der Kirche sein ganzes Leben Gott weiht, wird er als Lohn die ewige Seligkeit erlangen, wovon die religiösen Festtage der Juden ein Vorbild waren (17. Buch).
2. Kommentare zu den fünf Büchern Mosis (γλαφυρά, glaphyra seu elegantia commentaria in V. lib. Moysis) in dreizehn Büchern, worin er zeigen will, daß alle Schriften Mosis das Mysterium Christi und seiner Kirche vorbilden gemäß dem paulinischen Worte: „Das Ende des Gesetzes ist Christus.“ 1 Wir haben hier keineswegs eine zusammenhängende Erklärung des mosaischen Textes, sondern nur eine Auswahl verschiedener Stellen nach der Reihenfolge der Geschichte von Adam bis Josue, welche in der vorhergehenden Schrift noch nicht erörtert waren und allegorisch erklärt werden.
Hieran reihen sich noch (bei Migne im 2. Bd.) folgende, in der Ausgabe von Aubert fehlende Fragmente von Kommentaren zu den Büchern der Könige, zu den Psalmen, zum Canticum des Moses, zum Canticum der Anna, zu den Sprüchwörtern und zum hohen Liede.
3. Kommentar zum Propheten Isaias (ἐξήγησις ὑπομνηματική) in fünf Büchern und (bei Migne 3. Bd.) Fragmente von Kommentaren zu den Propheten Jeremias, Baruch und Daniel.
4. Kommentare zu den zwölf kleineren Propheten, woran sich (Migne 4. u. 5. Bd.) noch die Überreste der Kommentare zum Matthäus- und Lukas-Evangelium anreihen. Die Erklärung ist hier wie bei Isaias, sowohl historisch als allegorisch.
5. Kommentar zum Johannis-Evangelium in zehn Büchern (Migne 6. u. 7. Bd.). Dieser Kommentar besteht eigentlich in zwölf Büchern, wovon zwei (das siebente und achte, welche die Erklärung von Joh. 10, 18—12, 48 enthielten) nebst einigen Fragmenten ausgefallen sind. Hier erklärt der Verfasser nicht bloß den buchstäblichen und geistigen Sinn des Evangeliums, sondern widerlegt auch die falschen Ansichten der Häretiker sowohl über die Gottheit als über andere Hauptstücke der christlichen Lehre. So vertheidigt er (1. 9. 11. Buch) die Lehrsätze von der heiligen Dreieinigkeit, dem Unterschiede der göttlichen Personen, ihrer Gleichheit und ihrem Wechselverhältniß, beweist die Vorsehung Gottes (5. Buch), zeigt, das alte Gesetz sei nur ein Vorbild des neuen gewesen (4. Buch), und dgl.
6. An diesen Kommentar zum Johannis Evangelium schließen sich bei Migne die (bei Aubert fehlenden) Fragmente von Kommentaren an: a) zur Apostelgeschichte, b) zum Römerbriefe, c) zum ersten und zweiten Briefe an die Korinther, d) zum Briefe an die Hebräer, e) zum Briefe Jakobus, f) zum ersten und zweiten Briefe des Petrus g) zum ersten Briefe des Johannes und h) zum Briefe des Judas.
** II. Dogmatische Schriften. **
a) Über die heilige Dreieinigkeit.
1. Schatzkammer von der heiligen und wesensgleichen Dreieinigkeit (ἡ βίβλος τῶν θησαυρῶν περὶ τῆς ἁγίας καὶ ὁμοουσίου Τριάδος — thesaurus de sancta et consubstantiali Trinitate), auf Bitten eines Freundes verfaßt und so betitelt, weil es einen großen Vorrath von Beweisen für die Wahrheit dieses Geheimnisses enthält. In fünfunddreissig Behauptungen (λόγοις), deren Verzeichniß an der Spitze des Buches steht, wird gegen die Arianer und Eunomianer der Beweis für die Gottheit und Wesensgleichheit des Sohnes und heiligen Geistes mit dem Vater durchgeführt und gegen alle Einwendungen der Gegner vertheidigt.
2. Die (von uns übersetzten) sieben Gespräche über die heilige Dreieinigkeit (ὅτι ὁμοούσιος καὶ συναΐδιος τῷ θεῴ καὶ πατρὶ ὁ υἱός), auf Bitten desselben Freundes geschrieben und ähnlichen Inhaltes wie das vorige Werk, in Form von Dialogen mit dem Priester Hermias. Hier wird aus der heiligen Schrift nachgewiesen, daß der Sohn gleichewig und wesensgleich sei mit Gott dem Vater, und gezeigt, daß es nicht, wie die Arianer wollten, ein Mittelwesen gebe zwischen Schöpfer und Geschöpf (1. Gesp.); der Sohn sei vielmehr in Wahrheit aus dem Vater erzeugt (2. Gesp.) und somit wahrer Gott (3. Gesp.), keineswegs aber gemacht oder geschaffen (4. Gesp.). Dann werden die auf Grund einiger Schriftstellen gemachten Einwürfe gegen die Gottheit des Sohnes widerlegt und das Geheimniß der Menschwerdung erklärt, durch welche dem Sohne allerdings auch menschliche Eigenschaften zukommen (5. u. 6. Gesp.). Endlich wird auch die wahre Gottheit des heiligen Geistes aus der Schrift nachgewiesen (7. Gesp.).
3. Die kleine Schrift von der heiligen und lebendigmachenden Dreieinigkeit (περὶ τῆς ἁγίας καὶ ζωοποιοῦ Τριάδος) behandelt denselben Gegenstand kürzer und nicht so fast zur Widerlegung der Ketzer als zur Belehrung der Gläubigen. (Fehlt in der Ausgabe von Aubert.)
b) Über die Menschwerdung.
4. Die (von uns übersetzte) Abhandlung über die Menschwerdung des Eingeborenen (περὶ τῆς ἐνανθρωπήσεως καὶ ὅτι Χριστὸς εἷς καὶ κύριος) in Form eines Dialogs mit Hermias.
5. Das Gespräch: „Daß Christus Einer ist“ (ὅτι εἷς ὁ Χριστός), ein Dialog mit Hermias, bekämpft den Nestorius. Hier erörtert Cyrill, wie das ewige Wort Gottes ein Mensch gleich uns geworden und unsertwegen geboren sei aus der Jungfrau Maria, die deßhalb mit Recht Gottesgebärerin heisse, ferner, warum das menschgewordene Wort Christus (Gesalbter) genannt werde. Dann behauptet er die Einheit der göttlichen und menschlichen Natur in Christo und zeigt, welche Übel aus der Lehre des Nestorius folgen, wenn man die natürliche (φυσική) Einheit läugne und ein bloßes Verhältniß (σχέσις) zwischen Gott und Mensch, also zwei Personen annehme. Nicht einmal Das dürfe man den Nestorianern zugeben, daß das ewige Wort zwar Sohn Gottes sei von Natur, der angenommene Mensch aber von Natur ein Sohn Davids und nur durch Gnade Sohn Gottes, weil damit zwei Söhne Gottes eingeführt würden, ein natürlicher und ein adoptirter, wodurch das Erlösungswerk zerstört werde. Der Lehre aber, daß Christus nur Einer sei, stehe es nicht entgegen, wenn Christus bisweilen auch Prophet und Apostel und Hoherpriester und geheiligt und betrübt und verlassen genannt werde; denn die natürlichen Eigenschaften des Menschen werden wegen der wahren Einheit Gottes und des Menschen in Christo Gott zugeschrieben wie umgekehrt auch die Eigenschaften der Gottheit dem Menschen.
6. In den Scholien über die Menschwerdung des Eingeborenen (scholia de incarnatione Unigeniti) erklärt Cyrill zuerst die Worte, was Christus, was Emmanuel, was Jesus, was Einigung sei. (1. 2. 3. 8. u. 9. Kap.) Dann zeigt er, inwieferne Christus oder Emmanuel Einer sei, wie das Wort sich entäussert und mit dem Fleische verbunden habe und Mensch geworden sei, ohne seine Gottheit zu verändern oder abzulegen. (4.—7., 10.—16. Kap.) Dann erörtert er, daß Christus kein gottbegeisterter (θεοφόρος) Mensch, sondern in Wahrheit Gottmensch sei, und inwiefern das Wort in uns wohne, zu uns gesendet werde und einen eigenen Leib habe. (17.—25. Kap.) Hierauf zeigt er, daß der menschgewordene Eingeborene Gott und Mensch genannt werde, woraus erhelle, wie Maria Gottesgebärerin sei, und was von dem Leiden Christi zu denken sei. (26.—34. Kap.) Endlich folgt die Widerlegung Derer, welche behaupteten, die menschlichen Eigenschaften könnten auf keine andere Weise Gott zukommen als vermöge eines Verhältnisses (σχέσει), nicht aber durch Einheit der Person. (35. Kap.)
7. Hieher gehört auch die ganz kleine (nur drei Seiten umfassende) Schrift „über die Menschwerdung des Wortes Gottes, des Sohnes, des Vaters,“ in Fragen und Antworten, und endlich
8. die (bei Aubert noch fehlende, zuerst von Aug. Mai herausgegebene) Schrift „von der Menschwerdung des Herrn“ (περί τῆς τοῦ Κυρίου ἐνανθρωπήσεως), welche in fünfunddreissig Kapiteln das gleiche Thema behandelt.
Alle diese unter 1—8 ausgeführten Abhandlungen füllen bei Migne den achten Band.
* c) polemische Schriften gegen Nestorius und andere Irrlehrer. *
9. Streitschrift gegen die Lästerungen des Nestorius in fünf Büchern (κατὰ τῶν Νεστορίου δυσφημιῶν πεντάβιβλος ἀντίῤῥησις). Da Cyrillus eine Sammlung von Reden des Nestorius voll gefährlicher Irrthümer gelesen hat, so will er diese widerlegen. Er führt daher die eigenen Worte des Nestorius an und bekämpft sie durch Argumente wie durch die Autorität der Schrift und der Väter; und zwar erklärt und vertheidigt er zunächst den Namen „Gottesgebärerin“ (1. Buch). Dann bekämpft er den Nestorius, weil er zu behaupten wagte, Christus sei nicht wahrer Gott, sondern ein gottbegeisterter (θεοφόρος) Mensch, dem die Göttlichkeit nur aus Gnade zukomme. Dem gegenüber erläutert er die hypostatische Einigung, wonach Christus allerdings zwei Naturen in sich vereinige, aber in einer Person (2. u. 3. Buch). Christus ist nicht, wie Nestorius behauptete gleichsam wie durch eine fremde Macht vom Vater aufgenommen und vom heiligen Geiste verherrlicht worden, und in der Eucharistie wird uns das Fleisch des Menschensohnes zu essen gegeben, nicht das Wort Gottes verzehrt (4. Buch). Was das Leiden und den Tod Christi betrifft, so hat nicht bloß ein Mensch für sich gelitten und den Tod erduldet und ist auferstanden, sondern alles Dieses bezieht sich auf Christus, den Herrn, der zugleich Gott und Mensch ist; denn das Fleisch, dem Dieses widerfuhr, war das eigene Fleisch des Sohnes Gottes, jedoch ohne Vermischung der Naturen oder Verwandlung der Gottheit (5. Buch).
10. Eine kleine Abhandlung gegen Nestorius (διάθεσις πρὸς Νεστόριον), „daß Maria Gottes-, nicht Christus-Gebärerin sei;“ sowie
11. eine andere (von uns übersetzte) gleichen Inhaltes (λόγος κατὰ τῶν μὴ βουλομένων ὁμολογεῖν θεοτόκον τὴν ἁγίαν παρθένον) hat erst Aug. Mai herausgegeben, und beide fehlen noch bei Aubert.
12. Erklärung der zwölf Kapitel oder Anathematismen (ἐπίλυσις τῶν ιβ’ κεφαλαίων), auf Veranlassung der ephesinischen Synode in Ephesus während seiner Gefangenschaft geschrieben, um das Mißtrauen und Mißverständniß der Orientalen zu heben, welche in seinen Behauptungen Apollinarismus und Arianismus witterten.
13. Vertheidigung der zwölf Kapitel gegen die orientalischen Bischöfe (ἀπολογητικὸς τῶν ιβ’ κεφαλαίων), in deren Namen nämlich Andreas von Samosata dieselben bekämpft hatte, indem er zu zeigen suchte, daß Cyrill darin sich selbst widerspreche.
14. Vertheidigung der zwölf Kapitel gegen Theodoret von Cyrus (ἐπιστολὴ πρὸς Εὐόπτιον).
15. Selbstvertheidigung gegen den Kaiser Theodosius (λόγος ἀπολογητικὸς πρὸς τὸν εὐσεβέστατον βασιλέα Θεοδώσιον) worin er sein bisheriges Auftreten in der nestorianischen Sache beim Konzil zu Ephesus und gegen die antiochenische Partei (der Orientalen) dem Kaiser darlegt und rechtfertigt.
16. Zehn Bücher gegen den Kaiser Julian. Schon im Jahre 363 hatte Julian, der Apostat, ein großes Werk gegen die christliche Religion verfaßt, das wegen seiner geschickten Abfassung manchen Christen verwirrte und die Heiden stolz machte. Nach dem Vorgange Anderer verfaßte Cyrill im Jahre 433 eine umfangreiche Widerlegung unter dem Titel ὑπὲρ τῆς τῶν Χριστιανῶν εὐαγοῦς θρησκείας πρὸς τὰ ἐν ἀθέοις Ἰουλιανοῦ. Von Dieser Schrift sind noch zehn Bücher vollständig vorhanden; kleine, in abgerissenen Sätzen bestehende Bruchstücke von neun weiteren Büchern veröffentlichte erst Aug. Mai. Von den drei Büchern Julians scheint Cyrill in den vorhandenen zehn Büchern nur das erste widerlegt zu haben. Im ersten Buche sucht er das von Julian den griechischen Philosophen gespendete Lob zu verringern, indem er zeigt, die Bücher Mosis seien viel älter als die der griechischen Weisen und enthielten eine viel reinere Lehre von Gott und Ursprunge der Welt als die vielfach einander widersprechenden griechischen Philosophen. Im zweiten Buche beginnt er zunächst die alttestamentlichen Schriften zu vertheidigen und zeigt, daß die in der Genesis erzählte Geschichte der Erschaffung der Welt und des Menschen, worin Julian nur alberne Lügen und Mythen sah, im Vergleich mit den Dichtungen Plato’s und Anderer weit vorzüglicher sei. Im dritten Buche vertheidigt er die Erzählung der Schrift vom Paradiese, der Schöpfung des Weibes, der Sprache der Schlange, dem verbotenen Baume der Erkenntniß des Guten und Bösen und der Vertreibung der Menschen aus dem Paradiese. Dann dem Einwürfe Julians gegenüber, der mosaische Gott sorge nur für die Juden, sei also nicht Schöpfer von Allen, zeigt er, daß derselbe allerdings Schöpfer der ganzen Welt und Lenker aller Völker sei, aber aus guten Gründen das Volk Israel unter seine besondere Leitung genommen habe. Im vierten Buche bekämpft Cyrill die Meinung Julians, der aus der Verschiedenheit der Sitten, Gesetze und Sprachen zu beweisen suchte, der Schöpfer und Vater Aller habe über die verschiedenen Völker untergeordnete Götter gesetzt, deren einer der mosaische Gott war, den aber Moses zum einzigen habe machen wollen. Dem gegenüber erklärt Cyrill die Gründe der Verschiedenheit der Sitten und Gesetze und Sprachen bei verschiedenen Völkern, wobei er auch die verschiedenen Opferhandlungen, besonders die der Juden erörtert, die sogenannten niederen Götter aber seien entweder gute Engel oder böse Dämonen, über deren Natur, Ursprung und Wirksamkeit er sich ausläßt. Im fünften Buche erklärt er die Vorzüglichkeit des mosaischen Gesetzes gegen die Einwürfe Julians, welcher behauptete, der Dekalog enthalte mit Ausnahme des Gebotes der Verehrung eines Gottes und der Sabbatfeier nichts Besonderes, da alle Völker dieselben Gebote beobachteten, ja, der mosaische Gottesbegriff sei sogar unwürdig, denn Dieser Gott sei voll Eifersucht und Zorn. Dem entgegnet Cyrill, der Dekalog stimme gewiß mit dem Naturgesetz überein, aber Moses habe ihn unter allen Gesetzgebern zuerst aufgestellt, übrigens dürfe man sich die Eifersucht und den Zorn Gottes nicht als menschlichen Affekt denken. Dann begegnet er noch dem Einwurfe, der höchste Gott habe seine Güter wie Weisheit und Tapferkeit vielmehr den Griechen verliehen als den Juden, indem er zeigt, die wahren Güter hätten die Juden im höheren Maße besessen. Im sechsten Buche zeigt Cyrill gegen Julian, daß Moses und die übrigen Heiligen des alten Testamentes die griechischen Weisen wie Sokrates, Plato, Lykurg, Thales u. s. f. weit übertreffen und auch die besten Könige der Griechen, Römer und anderer Völker den Königen der Juden nachstehen. Dann widerlegt er die Behauptung Julians, der Kultus der Heiden, ihre magischen Künste und die wunderbaren Heilungen Äskulaps seien Beweise für die Wahrheit ihrer Religion, und vertheidigt die Christen und die Juden gegen die Vorwürfe und Schmähungen Julians. Im siebenten Buche wird diese Vertheidigung des Christenthums und der Christen fortgesetzt und die Kraft der Taufe erklärt. Im achten Buche widerlegt Cyrill die Behauptung Julians, die Christen stimmten in den wichtigsten Punkten nicht mit den Juden überein, namentlich weil sie Christum, von dem in den mosaischen Schriften Nichts enthalten sei, anbeteten. Zu diesem Behufe setzt er das Mysterium der Trinität und die von Moses und anderen Propheten vorhergesagte Menschwerdung des Sohnes Gottes auseinander. Im neunten Buche setzt er dasselbe Thema fort und zeigt, Moses habe gewiß die von Gott dem Vater unzertrennliche Existenz des Sohnes und sogar auf gewisse Weise die Menschwerdung gekannt und bildlich angedeutet; dann erläutert er, warum die Christen das mosaische Gesetz nicht mehr beobachten, das heißt dem Buchstaben nach, wohl aber dem Geiste nach. Im zehnten Buche widerlegt er die Behauptung Julians, keiner der Evangelisten ausser Johannes habe Christum für Gott erklärt, und vertheidigt die von Julian als dem Gebote Christi selbst widersprechend bezeichnete Heiligenverehrung, beantwortet den Einwurf, daß die Christen durch ihre Nichthaltung des mosaischen Gesetzes Christo selbst widersprechen, der doch selbst gesagt habe, er sei nicht gekommen, das Gesetz aufzuheben, und weist endlich die Versicherung Julians, seine Religion sei mit der des Abrabam befreundet, als eine Täuschung zurück, weil er kein Recht habe, seinen Aberglauben mit dem Glauben Abrahams zu vergleichen.
17. Die Schrift gegen die Anthropomorphiten (κατὰ ἀνθρωπομορφιτῶν) scheint wenigstens theilweise zweiselhaft. Vorausgeht ein ächter Brief des Cyrill an Kalosyrius, worin die Vorstellung ägyptischer Mönche, daß Gott einen Leib habe, und daß die Gegenwart Christi in der heiligen Eucharistie nur einen Tag dauere, zurückgewiesen wird. Das Weitere hängt mit diesem Briefe gar nicht zusammen und ist eine Zusammenstellung von Fragen und Antworten über das Bild Gottes im Menschen, über die Menschwerdung, über den Zustand des Menschen im ewigen Leben, die Auferstehung des Fleisches u. s. w.
18. In der Abhandlung über den rechten Glauben (an Christus) an den Kaiser Theodosius (προσφωνητικὸς περὶ τῆς ὀρθῆς πίστεως) unternimmt er nach einem Vorwort an den Kaiser und seine Gemahlin Eudoxia und Schwester Pulcheria die Erklärung des Mysteriums der Menschwerdung. Nach Aufzählung der Irrthümer hierüber widerlegt er dieselben und zwar zuerst die Manichäer und Gnostiker, welche Christo nur einen Scheinleib zuschrieben, dann Andere, welche die Geburt aus der Jungfrau für Gottes unwürdig hielten und daher eine Verwandlung des Wortes Gottes in irdisches Fleisch lehrten, dann die Marcellianer, welche das Wort selbst erst mit der Menschwerdung zu existiren anfangen ließen, ferner die Anhänger des Photinus, welche die persönliche Subsistenz des Wortes Gottes läugneten und Jesus nur für einen gotterfüllten Menschen hielten, endlich die Apollinaristen, welche Christo die vernünftige menschliche Seele absprachen. Sodann kommt er mit Verschweigung des Namens aus des Nestorius Irrthümer und legt die katholische Lehre dar, daß nämlich ein und derselbe Herr Jesus Christus aus vollkommener Menschheit wie Gottheit bestehe, so daß man nur in Gedanken, nicht aber in Wirklichkeit bei Betrachtung seiner Geburt, seines Leidens und Todes die göttliche und menschliche Natur trennen könne und wegen dieser unzertrennlichen Einheit ebenso Gott menschliche als dem Menschen göttliche Prädikate zukommen, weßhalb Christus mit Recht angebetet werde.
19. Verwandten Inhaltes sind die zwei Bücher über den rechten Glauben an die beiden Königinnen (Eudoxia und Pulcheria: προσφωνητικὸς α. καὶ β. ταῖς εὐσεβεστάταις βασιλίσσαις), worin er ebenfalls den Irrthümern des Nestorius gegenüber die richtige Lehre von der Menschwerdung darlegt.
20. Die (erst von Aug. Mai edirte) Abhandlung gegen Diejenigen, welche läugnen, daß man für die Gestorbenen opfern müsse (adversus eos, qui negant offerendum esse pro defunctis).
21. Dogmatische Fragmente.
22.
Alle diese unter 9—21 aufgeführten Schriften stehen bei Migne im neunten Bande, alles Folgende aber im zehnten Bande.
d) Briefe und Homilien.
Die noch theils in griechischer theils lateinischer Sprache (nach einer sehr alten Übersetzung) erhaltenen achtundachtzig Briefe behandeln theils dogmatische oder disziplinäre Gegenstände, theils bilden sie seine die nestorianischen Streitigkeiten und andere amtliche Verhandlungen betreffende Korrespondenz.
Von den noch vorhandenen Homilien sind dreissig sogenannte Osterhomilien (λόγοι ἑορταστικοί). Alexandriens Bischof hatte nämlich auf der Synode von Nicäa den Auftrag erhalten, alljährlich die Zeit des Osterfestes berechnen zu lassen und sie dann den übrigen Kirchen kund zu machen. Dieß that Cyrill wie Theophilus in Form von Osterhomilien, welche nach auswärts verschickt wurden, und in denen er zugleich über mannigfaltige Gegenstände des christlichen Lebens und dringende Zeitfragen handelt, auch Heiden und Juden bekämpft. — Sechs andere sind während des Konzils in Ephesus gehalten. — Wieder andere sechs (homiliae diversae), die jedoch von Einigen angezweiselt werden, sind auf verschiedene Feste (Menschwerdung, Mariä Reinigung, Verklärung, Palmfest, Abendmahl), wozu auch die Rede über die in den Weinberg geschickten Arbeiter gehört.
Endlich existirt noch ein liturgisches Formular, die liturgia sancti Cyrilli oder coptica in lateinischer Sprache, welche die Kopten unserem Cyrillus zuschreiben. Sie hat viele Ähnlichkeit mit der noch griechisch erhaltenen Liturgie des heiligen Markus für die alexandrinische Kirche.
Fußnoten
1. Röm. 10, 4.