Читать книгу Der stille Schrei - Leon Specht - Страница 6

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Prolog

„Leon, ich muss dir eine verrückte Geschichte erzählen. Ja, sie ist wirklich verrückt. Ich bin schuld an einem Verbrechen.“

Meine Augen weiteten sich. Er registrierte es und zuckte hilflos, gar nicht seine Art, die Schultern. „Und ganz paradox: in Ausübung meines Asklepios-Eids.“

Dann spannte er aber seine Schultern und fuhr auf seine souveräne und so einzigartige Art fort. „Also, hör zu und mach etwas draus. Eines Tages kam eine Klientin zu mir und trug mir ihr Leid vor. Ihr Mann behandle sie sehr schlimm. Er schlage und vergewaltige sie. Sie wisse nicht mehr ein und aus. Über die Jahre sei sie innerlich fast zerbrochen, habe sich aufgegeben. Aus Kompensation habe sie sich Kummerspeck angefressen, fast 20 Kilogramm. Jetzt leide sie doppelt.“

Das Sonnenlicht fiel schräg auf sein lebensgegerbtes Gesicht und hob die tiefen Falten plastisch hervor. Er schwieg. Ich wusste, dass ich ihn in seiner Erzählung nicht unterbrechen durfte. Gleich fuhr er auch fort. „Also sagte ich der Frau, wie sie abnehmen solle und überhaupt in Bewegung kommen würde. Damit würde sie ihre Probleme lösen. Das viel anspruchsvollere Thema mit ihrem Mann wollte ich dann in der zweiten Sitzung angehen. Ich gab ihr einen zweiten Termin. Aber sie kam nicht.“

Er machte wieder eine Pause. „Auch die nächsten Wochen und Monate meldete sie sich nicht. Irgendwann vergaß ich sie im Strom der immer wieder neuen Patienten und ihrer größeren und kleineren Probleme. Bis eines Tages dieselbe Frau erneut in meine Praxis kam. Ich erkannte sie zunächst nicht. Und dann erzählte sie mir die Geschichte, was sie mit ihrem Mann angestellt hatte, weil ich ihr das so empfohlen hätte.“

Der stille Schrei

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